
(Rom) Die römische Glaubenskongregation revidierte die Entscheidung des Erzbischofs von Lipa und hob die Anerkennung der Marienerscheinungen von Lipa wieder auf.
Bereits 1951 hatte eine zuständige Kommission mehrerer philippinischer Bischöfe erklärt, daß die „Marienerscheinungen“ von Lipa nicht übernatürlichen Ursprungs sind. Die Entscheidung wurde von Papst Pius XII. approbiert.
Im November 2009 setzte sich der amtierende Erzbischof, Msgr. Ramon Cabrera Argüelles, über das Negativurteil hinweg. Er hob aufgrund neuer Untersuchungen, die 1991 begonnen worden waren, das Verdikt gegen die Echtheit der Erscheinungen auf. 2015 sprach er schließlich die kirchliche Anerkennung des Phänomens aus, das er für „glaubwürdig“ hält und von dessen „übernatürlichem“ Charakter er überzeugt ist.
Es gilt weiterhin das Negativurteil von 1951
Wie der Erzbischof Cabrera Argüelles am 31. Mai bekanntgeben mußte, wurde seine Entscheidung vom 15. September 2015 nun von der Glaubenskongregation für „null und nichtig“ erklärt.

Das Negativurteil vom 11. April 1951, das durch den Papst bestätigt wurde, sei eine definitive Entscheidung gewesen. Die Zuständigkeit, über das „Phänomen von Lipa“ zu entscheiden, liege seither nicht mehr beim Ortsbischof.
Das entsprechende Dokument der Glaubenskongregation wurde am 11. Dezember 2015 vom Kardinalpräfekten Gerhard Müller und dem Sekretär der römischen Kongregation, Kurienerzbischof Luis Ladaria SJ unterzeichnet und am 30. Mai dem Erzbischof offiziell ausgehändigt.
Im damals in Lipa bestehenden Karmelitinnenkloster soll am 18. August 1948 der Novizin Teresita Castillo die Gottesmutter Maria erschienen sein. Die Erscheinung, begleitet von „himmlischem Geruch“, sei eine „wunderschöne Frau“ gewesen. Bei jeder der insgesamt 19 „Erscheinungen“ im Klostergarten soll es Rosenblätter mit heiligen Darstellungen vom Himmel geregnet haben. Auf den Rosenblättern seien das Jesuskind, der heilige Joseph, der segnende Jesus, die heilige Familie mit dem Heiligen Geist, der Gekreuzigte, das Letzte Abendmahl, Maria mit dem Jesuskind und andere Motive zu sehen. Bei der letzten „Erscheinung“ habe sich Maria als „Mittlerin aller Gnaden“ vorgestellt.
„Phänomen nur vorgetäuscht“
Der damalige Bischof von Lipa (die Erhebung zum Erzbistum erfolgte erst 1972), Msgr. Alfredo Verzosa y Florentin, forderte ein Wunder, um die Echtheit des Phänomens zu bestätigen. Daraufhin sei Teresita völlig erblindet. Die Priorin des Klosters, Mutter Maria Cecilia de Jesus habe eine Stimme gehört, die ihr gesagt habe, die Blindheit der Novizin werde erst enden, wenn sie deren Augen küßt. Im Beisein des Bischofs küßte die Priorin Teresitas Augen, und die konnte wieder sehen. Der Bischof war seither von der Echtheit des Phänomens überzeugt.

Das Phänomen wurde daraufhin von einer Theologenkommission untersucht, die rasch zu einem ganz anderen Schluß gelangte. Bereits 1949 wurde den zuständigen Stellen im Vatikan ein negatives Urteil übermittelt (Prot. Nr. 226/1949 Presumed Apparitions of the BVM at the Carmelite Convent in Lipa, Philippines).
Das Phänomen von Lipa sei „nicht übernatürlichen Ursprungs“, sondern von Teresita vorgetäuscht und von der Priorin unterstützt worden. Eine Kommission aus sechs Bischöfen, darunter auch der neu ernannte Apostolische Administrator von Lipa stellte 1951 ein Negativurteil aus. Mit päpstlicher Zustimmung wurde die Aufhebung des Karmelitinnenkloster und das Verbot jeglicher Verehrung rund um das Phänomen verordnet.
Rosenblätterregen, Heilungen, Bekehrungen und Strafmaßnahmen
Dennoch kam es in Lipa zu Bekehrungen, Heilungen und dem bereits geschilderten wunderbaren Rosenblätterregen mit heiligen Darstellungen. Rom sah darin keinen Widerspruch. Das vorgetäuschte Phänomen habe in den Menschen Erwartungen geweckt und sie für Gottes Wirken geöffnet.
Eine Marienstatue, die die „Mittlerin aller Gnaden“ hatte der öffentlichen Sichtbarkeit entzogen zu werden. 1992 erlaubte Erzbischof Mariano Gaviola, der Vorgänger von Ramon Cabrera Argüelles die öffentliche Ausstellung.
Die Priorin und die Sub-Priorin wurden aus dem Kloster verbannt.
Der damalige Weihbischof von Lipa, der Beichtvater im Karmelitinnenkloster war, wurde versetzt.

Bischof Verzosa y Florentin wurde wegen der Ereignisse 1951 vorzeitig emeritiert. Bis zu seinem Tod 1954 lebte er in großer Zurückgezogenheit. 2013 wurde von Kardinal Gaudencio Rosales, der emeritierte Erzbischof von Manila, ein Seligsprechungsverfahren für Verzosa.
Die Novizin Teresita Castillo stammte aus einer der einflußreichsten Familien der Provinz Batanga. Sie war die Tochter von Modesto Castillo, einem hohen Richter und ehemaligen Gouverneur der Provinz. Der Eintritt in den Karmel erfolgte an ihrem 21. Geburtstag mit Erreichung der Volljährigkeit, weil ihre Familie dagegen war. Allen Beteiligten war 1948 vom Apostolischen Nuntius der Philippinen ein Schweigegebot auferlegt worden. Wegen der ständigen Befragungen, Denunziationen und Anschuldigung verfiel sie einer langen Krankheit. Diese zwang sie schließlich das Kloster zu verlassen, weil ihre Zeit als Novizin überschritten war.
Die heute 88-Jährige lebt seither in großer Zurückgezogenheit. 38 Jahre lang half sie einem Priester bei der Ausarbeitung eines englisch-tagalogischen Wörterbuchs. Einer ihrer wenigen öffentlichen Auftritte erfolgte 2015 auf Einladung von Erzbischof Cabrera Argüelles im Rahmen seiner Anerkennung der Marienerscheinungen von 1948. Wie sie in einem Interview 2012 sagte, sei ihr die Gottesmutter seit 1948 nicht mehr erschienen. „Ihre Nähe“ fühle sie aber ständig. Ausschlaggebend für neue Untersuchungen, die 1991 vom damaligen Erzbischof von Lipa eingeleitet wurden, waren neue Rosenblätterregen zwischen 1991 und 1996. „Insgesamt zehn Mal“, wie Teresita Castillo erklärte. 1999 und 2000 habe sie an ihrem Geburtstag auch ein „Rosenblättergeschenk“ erhalten. Sie sieht darin kleine Gunsterweise ihrer „Mutter Maria“.
Das Verbot von 1951 konnte weder die Verehrung noch Pilgerfahrten nach Lipa unterbinden. Im Laufe der Zeit kam es zu einer „Wiederentdeckung“ des Phänomens und zu seiner Förderung, die ab 1991 einsetzte. Dieser nicht abreißende Zuspruch veranlaßte Erzbischof Cabrera Argüelles, das Verdikt von 1951 aufzuheben und die „Erscheinungen“ anzuerkennen.
Seither kommen zahlreiche Pilger nach Lipa. 2008, zum 60. Jahrestag des Rosenblütenregens, befand sich auch die damalige philippinische Staatspräsidentin Arroyo unter den Pilgern.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: cristusrex/PCN (Screenshots)
Schoene und spannende Geschichte.Dank KatholischesInfo,ich hatte nocht nie davon gehoert.
Wer macht sich die Arbeit und gestaltet tausende von Rosenblättern mit einer solchen Akribie derart künstlerisch?