Papst Franziskus und Patriarch Kyrill – Gemeinsame Erklärung im Wortlaut

Patriarch Kyrill und Papst Franziskus Havanna
Patriarch Kyrill und Papst Franziskus Havanna

BEGEGNUNG DES HEILIGEN VATERS
MIT KYRILL, PATRIARCH VON MOSKAU UND GANZ RUSSLAND 

UNTERZEICHNUNG DER GEMEINSAMEN ERKLÄRUNG 

Inter­na­tio­na­ler Flug­ha­fen „José Martà­“ von Havan­na – Kuba
Frei­tag, 12. Febru­ar 2016

[Mul­ti­me­dia]


„Gemeinsame Erklärung“
von Papst Franziskus
und Patriarch Kyrill von Moskau und dem ganzen Rus

„Die Gna­de Jesu Chri­sti, des Herrn, die Lie­be Got­tes und die Gemein­schaft des Hei­li­gen Gei­stes sei mit euch allen!“ 2 Kor 13,13)

1. Durch den Wil­len Got­tes des Vaters, von dem jede Gabe kommt, im Namen unse­res Herrn Jesus Chri­stus und mit dem Bei­stand des Hei­li­gen Gei­stes des Trö­sters haben wir, Papst Fran­zis­kus und Kyrill, Patri­arch von Mos­kau und dem gan­zen Rus, uns heu­te in Havan­na getrof­fen. Wir dan­ken Gott, der in der Drei­fal­tig­keit ver­herr­licht ist, für die­se Begeg­nung, die erste in der Geschichte.

Mit Freu­de sind wir als Brü­der im christ­li­chen Glau­ben zusam­men­ge­kom­men, die sich tref­fen, um per­sön­lich mit­ein­an­der zu spre­chen (vgl. 2 Joh 12), von Herz zu Herz, und die wech­sel­sei­ti­gen Bezie­hun­gen zwi­schen den Kir­chen, den wesent­li­chen Pro­ble­men unse­rer Gläu­bi­gen und die Aus­sich­ten zur Ent­wick­lung der mensch­li­chen Zivi­li­sa­ti­on zu erörtern.

2. Unser brü­der­li­ches Tref­fen hat auf Kuba statt­ge­fun­den, am Kreu­zungs­punkt von Nord und Süd sowie von Ost und West. Von die­ser Insel, dem Sym­bol der Hoff­nun­gen der „Neu­en Welt“ und der dra­ma­ti­schen Ereig­nis­se der Geschich­te des 20. Jahr­hun­derts, rich­ten wir unser Wort an alle Völ­ker Latein­ame­ri­kas und der ande­ren Kontinente.

Wir freu­en uns, dass der christ­li­che Glau­be hier in dyna­mi­scher Wei­se im Wach­sen begrif­fen ist. Das star­ke reli­giö­se Poten­ti­al Latein­ame­ri­kas, sei­ne jahr­hun­der­te­al­te christ­li­che Tra­di­ti­on, die in der per­sön­li­chen Erfah­rung von Mil­lio­nen von Men­schen zum Aus­druck kommt, sind die Garan­tie für eine gro­ße Zukunft für die­se Region.

3. Da wir uns weit weg von den alten Aus­ein­an­der­set­zun­gen der „Alten Welt“ tref­fen, emp­fin­den wir mit beson­de­rem Nach­druck die Not­wen­dig­keit einer gemein­sa­men Arbeit zwi­schen Katho­li­ken und Ortho­do­xen, die geru­fen sind, mit Sanft­mut und Respekt der Welt Rede und Ant­wort zu ste­hen über die Hoff­nung, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15).

4. Wir dan­ken Gott für die Gaben, die wir durch das Kom­men sei­nes ein­zi­gen Soh­nes in die Welt emp­fan­gen haben. Wir tei­len die gemein­sa­me geist­li­che Tra­di­ti­on des ersten Jahr­tau­sends der Chri­sten­heit. Die Zeu­gen die­ser Tra­di­ti­on sind die Aller­se­lig­ste Got­tes­mut­ter und Jung­frau Maria und die Hei­li­gen, die wir ver­eh­ren. Unter ihnen sind unge­zähl­te Mär­ty­rer, die ihre Treue zu Chri­stus bezeugt haben und „Samen der Chri­sten“ gewor­den sind.

5. Trotz die­ser gemein­sa­men Tra­di­ti­on der ersten zehn Jahr­hun­der­te sind Katho­li­ken und Ortho­do­xe seit unge­fähr tau­send Jah­ren der Gemein­schaft in der Eucha­ri­stie beraubt. Wir sind getrennt durch Wun­den, die durch Kon­flik­te in fer­ner oder naher Ver­gan­gen­heit her­vor­ge­ru­fen wur­den, durch von den Vor­fah­ren ererb­te Gegen­sät­ze im Ver­ständ­nis und in der Aus­übung unse­res Glau­bens an Gott, einer in drei Per­so­nen – Vater, Sohn und Hei­li­ger Geist. Wir bekla­gen den Ver­lust der Ein­heit als Fol­ge der mensch­li­chen Schwä­che und der Sün­de, die trotz des Hohe­prie­ster­li­chen Gebets Chri­sti, des Erlö­sers, ein­ge­tre­ten ist: „Alle sol­len eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sol­len auch sie in uns sein“ (Joh 17,21).

6. Im Bewusst­sein, dass zahl­rei­che Hin­der­nis­se andau­ern, hof­fen wir, dass unse­re Begeg­nung zur Wie­der­her­stel­lung die­ser von Gott gewoll­ten Ein­heit, für die Chri­stus gebe­tet hat, bei­tra­gen kann. Möge unser Tref­fen die Chri­sten in aller Welt inspi­rie­ren, Gott mit neu­em Eifer um die vol­le Ein­heit aller sei­ner Jün­ger zu bit­ten. In einer Welt, die von uns nicht nur Wor­te, son­dern auch kon­kre­te Taten erwar­tet, möge die­se Begeg­nung ein Zei­chen der Hoff­nung für alle Men­schen guten Wil­lens sein!

7. In unse­rer Ent­schlos­sen­heit, alles, was not­wen­dig ist, zu unter­neh­men, um die uns über­kom­me­nen geschicht­li­chen Gegen­sät­ze zu über­win­den, wol­len wir unse­re Bemü­hun­gen ver­ei­nen, um das Evan­ge­li­um Chri­sti und das all­ge­mei­ne Erbe der Kir­che des ersten Jahr­tau­sends zu bezeu­gen und mit­ein­an­der auf die Her­aus­for­de­run­gen der gegen­wär­ti­gen Welt zu ant­wor­ten. Ortho­do­xe und Katho­li­ken müs­sen ler­nen, in Berei­chen, wo es mög­lich und not­wen­dig ist, ein ein­mü­ti­ges Zeug­nis für die Wahr­heit zu geben. Die mensch­li­che Zivi­li­sa­ti­on ist in eine Zeit epo­cha­len Wan­dels ein­ge­tre­ten. Unser christ­li­ches Gewis­sen und unse­re pasto­ra­le Ver­ant­wor­tung erlau­ben es uns nicht, ange­sichts der Her­aus­for­de­run­gen, die eine gemein­sa­me Ant­wort erfor­dern, untä­tig zu bleiben.

8. Unser Augen­merk rich­tet sich in erster Linie auf die Gebie­te in der Welt, wo die Chri­sten Opfer von Ver­fol­gung sind. In vie­len Län­dern des Nahen Ostens und Nord­afri­kas wer­den Fami­li­en, Dör­fer und gan­ze Stän­de unse­rer Brü­der und Schwe­stern in Chri­stus aus­ge­löscht. Ihre Kir­chen wer­den ver­wü­stet und bar­ba­risch aus­ge­plün­dert, ihre sakra­len Gegen­stän­de pro­fa­niert, ihre Denk­ma­le zer­stört. In Syri­en, im Irak und in ande­ren Län­dern des Nahen Ostens stel­len wir mit Schmerz eine mas­sen­haf­te Abwan­de­rung der Chri­sten fest, aus dem Gebiet, in dem sich unser Glau­be einst aus­zu­brei­ten begon­nen hat und wo sie seit den Zei­ten der Apo­stel zusam­men mit ande­ren Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten gelebt haben.

9. Bit­ten wir die inter­na­tio­na­le Gemein­schaft, drin­gend zu han­deln, um einer wei­te­ren Ver­trei­bung der Chri­sten im Nahen Osten zuvor­zu­kom­men. Wenn wir die Stim­me zur Ver­tei­di­gung der ver­folg­ten Chri­sten erhe­ben, möch­ten wir zugleich unser Mit­ge­fühl für die Lei­den zum Aus­druck brin­gen, die die Ange­hö­ri­gen ande­rer reli­giö­ser Tra­di­tio­nen erfah­ren, wel­che ihrer­seits Opfer von Bür­ger­krieg, Cha­os und ter­ro­ri­sti­scher Gewalt gewor­den sind.

10. In Syri­en und im Irak hat die Gewalt bereits Tau­sen­de von Opfern gefor­dert sowie Mil­lio­nen von Men­schen obdach­los und ohne Mit­tel zurück­ge­las­sen. Wir rufen die inter­na­tio­na­le Gemein­schaft auf, sich zu ver­ei­nen, um der Gewalt und dem Ter­ro­ris­mus ein Ende zu set­zen, und zugleich durch den Dia­log zu einer raschen Wie­der­her­stel­lung des inne­ren Frie­dens bei­zu­tra­gen. Es ist ent­schei­dend, eine huma­ni­tä­re Hil­fe in gro­ßem Umfang für die gepei­nig­ten Bevöl­ke­run­gen und für die so vie­len Flücht­lin­ge in den angren­zen­den Län­dern bereit zu stellen.

Wir bit­ten alle, die auf das Schick­sal der Ent­führ­ten, unter ihnen die Metro­po­li­ten von Alep­po Pav­los und Yohan­na Ibra­him, die im April 2013 ver­schleppt wur­den, Ein­fluss neh­men kön­nen, alles zu unter­neh­men, was für ihre rasche Befrei­ung nötig ist.

11. Fle­hen wir in unse­ren Gebe­ten zu Chri­stus, dem Erlö­ser der Welt, um die Wie­der­her­stel­lung des Frie­dens im Nahen Osten, der „das Werk der Gerech­tig­keit“ (Jes 32,17) ist, auf dass sich das brü­der­li­che Zusam­men­le­ben zwi­schen den ver­schie­de­nen Volks­grup­pen, Kir­chen und Reli­gio­nen dort inten­si­vie­re, auf dass die Flücht­lin­ge in ihre Häu­ser zurück­keh­ren kön­nen, die Ver­letz­ten wie­der gene­sen und die See­len der unschul­dig Getö­te­ten die Ewi­ge Ruhe finden.

Einen drin­gen­den Appell rich­ten wir an alle Par­tei­en, die in die Kon­flik­te ver­wickelt sein kön­nen, auf dass sie guten Wil­len zei­gen und sich an den Ver­hand­lungs­tisch set­zen. Zugleich ist es nötig, dass die inter­na­tio­na­le Gemein­schaft alle mög­li­chen Anstren­gun­gen unter­nimmt, um dem Ter­ro­ris­mus mit Hil­fe von gemein­sa­men, ver­ein­ten und abge­stimm­ten Aktio­nen ein Ende zu set­zen. Wir rufen alle Län­der auf, die in den Kampf gegen den Ter­ro­ris­mus invol­viert sind, in ver­ant­wor­tungs­vol­ler und umsich­ti­ger Wei­se zu han­deln. Wir ermah­nen alle Chri­sten und alle Gott­gläu­bi­gen, mit Inbrunst den sor­gen­den Schöp­fer der Welt zu bit­ten, auf dass er sei­ne Schöp­fung vor der Ver­nich­tung bewah­re und kei­nen neu­en Welt­krieg zulas­se. Für einen dau­er­haf­ten und zuver­läs­si­gen Frie­den sind beson­de­re Bemü­hun­gen erfor­der­lich, die dar­auf aus­ge­rich­tet sind, die gemein­sa­men, uns ver­bin­den­den Wer­te wie­der­zu­ent­decken, die im Evan­ge­li­um unse­res Herrn Jesus Chri­stus ihr Fun­da­ment haben.

12. Wir ver­beu­gen uns vor dem Mar­ty­ri­um der­je­ni­gen, die auf Kosten ihres eige­nen Lebens die Wahr­heit des Evan­ge­li­ums bezeugt haben und den Tod der Ver­leug­nung des Glau­bens an Chri­stus vor­ge­zo­gen haben. Wir glau­ben, dass die­se Mär­ty­rer unse­rer Zeit, die ver­schie­de­nen Kir­chen ange­hö­ren, aber im gemein­sa­men Lei­den geeint sind, ein Unter­pfand der Ein­heit der Chri­sten sind. An euch, die ihr für Chri­stus lei­det, rich­tet sich das Wort des Apo­stels: „Lie­be Brü­der! … Freut euch, dass ihr Anteil an den Lei­den Chri­sti habt; denn so könnt ihr auch bei der Offen­ba­rung sei­ner Herr­lich­keit voll Freu­de jubeln“ (1 Petr 4,12–13).

13. In die­ser beun­ru­hi­gen­den Zeit ist der inter­re­li­giö­se Dia­log uner­läss­lich. Die Unter­schie­de im Ver­ständ­nis der reli­giö­sen Wahr­hei­ten dür­fen die Men­schen unter­schied­li­cher Glau­bens­über­zeu­gun­gen nicht davon abhal­ten, in Frie­den und Ein­tracht zu leben. Unter den aktu­el­len Umstän­den haben die Lei­ter der Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten die beson­de­re Ver­ant­wor­tung, ihre Gläu­bi­gen in einem respekt­vol­len Geist gegen­über den Über­zeu­gun­gen derer, die ande­ren reli­giö­sen Tra­di­tio­nen ange­hö­ren, zu erzie­hen. Abso­lut inak­zep­ta­bel sind die Ver­su­che, kri­mi­nel­le Hand­lun­gen mit reli­giö­sen Slo­gans zu recht­fer­ti­gen. Kein Ver­bre­chen kann im Namen Got­tes began­gen wer­den, „denn Gott ist nicht ein Gott der Unord­nung, son­dern ein Gott des Frie­dens“ (1 Kor 14,33).

14. Indem wir den hohen Wert der Reli­gi­ons­frei­heit bekräf­ti­gen, dan­ken wir Gott für die noch nie dage­we­se­ne Erneue­rung des christ­li­chen Glau­bens, die gera­de in Russ­land und in vie­len Län­dern Ost­eu­ro­pas geschieht, wo über Jahr­zehn­te hin­weg athe­isti­sche Regime vor­ge­herrscht haben. Heu­te sind die Ket­ten des mili­tan­ten Athe­is­mus zer­bro­chen, und die Chri­sten kön­nen an vie­len Orten ihren Glau­ben frei beken­nen. In einem Vier­tel­jahr­hun­dert sind Zehn­tau­sen­de von neu­en Kir­chen gebaut sowie Hun­der­te von Klö­stern und theo­lo­gi­schen Schu­len eröff­net wor­den. Die christ­li­chen Gemein­schaf­ten brin­gen eine wich­ti­ge kari­ta­ti­ve und sozia­le Akti­vi­tät vor­an, indem sie den Bedürf­ti­gen viel­fäl­ti­ge Unter­stüt­zung bie­ten. Ortho­do­xe und Katho­li­ken arbei­ten oft Sei­te an Sei­te. Sie bestä­ti­gen die bestehen­den gemein­sa­men spi­ri­tu­el­len Fun­da­men­te des mensch­li­chen Zusam­men­le­bens und bezeu­gen die Wer­te des Evangeliums.

15. Gleich­zei­tig sind wir über die Situa­ti­on in vie­len Län­dern besorgt, in denen die Chri­sten immer häu­fi­ger mit einer Ein­schrän­kung der reli­giö­sen Frei­heit, des Rechts, die eige­nen Über­zeu­gun­gen zum Aus­druck zu brin­gen, und der Mög­lich­keit, ihnen ent­spre­chend zu leben, kon­fron­tiert sind. Beson­ders stel­len wir fest, dass die Trans­for­ma­ti­on eini­ger Län­der in säku­la­ri­sier­te Gesell­schaf­ten, die jedem Bezug zu Gott und sei­ner Wahr­heit fern­ste­hen, eine schwe­re Bedro­hung für die Reli­gi­ons­frei­heit dar­stellt. Quel­le zur Beun­ru­hi­gung ist für uns die gegen­wär­ti­ge Beschrän­kung der Rech­te der Chri­sten, wenn nicht gar ihre Dis­kri­mi­nie­rung, wenn gewis­se poli­ti­sche Kräf­te, die durch die Ideo­lo­gie eines oft sehr aggres­si­ven Säku­la­ris­mus gelei­tet wer­den, sie an den Rand des öffent­li­chen Lebens zu drän­gen versuchen.

16. Der Pro­zess der Inte­gra­ti­on Euro­pas, der nach Jahr­hun­der­ten blu­ti­ger Kon­flik­te begon­nen wur­de, ist von vie­len mit Hoff­nung auf­ge­nom­men wor­den, wie eine Garan­tie für Frie­den und Sicher­heit. Wir möch­ten aller­dings dazu ein­la­den, gegen­über einer Inte­gra­ti­on, die die reli­giö­se Iden­ti­tät nicht ach­tet, wach­sam zu sein. Auch wenn wir für den Bei­trag ande­rer Reli­gio­nen zu unse­rer Kul­tur offen sind, sind wir davon über­zeugt, dass Euro­pa sei­nen christ­li­chen Wur­zeln treu blei­ben muss. Wir bit­ten die Chri­sten Ost- und West­eu­ro­pas sich im gemein­sa­men Zeug­nis für Chri­stus und das Evan­ge­li­um zu ver­ei­nen, so dass Euro­pa sei­ne See­le bewahrt, die sich in zwei­tau­send Jah­ren christ­li­cher Tra­di­ti­on gebil­det hat.

17. Unser Blick rich­tet sich auf die Men­schen, die sich in gro­ßer Schwie­rig­keit befin­den, die unter Bedin­gun­gen extre­mer Bedürf­tig­keit und Armut leben, wäh­rend der mate­ri­el­le Reich­tum der Mensch­heit zunimmt. Wir kön­nen nicht gleich­gül­tig gegen­über dem Los von Mil­lio­nen von Migran­ten und Flücht­lin­gen sein, die an die Tür der rei­chen Län­der klop­fen. Der zügel­lo­se Kon­sum, wie man ihn in eini­gen der am mei­sten ent­wickel­ten Län­der antrifft, beginnt all­mäh­lich die Res­sour­cen unse­res Pla­ne­ten auf­zu­brau­chen. Die wach­sen­de Ungleich­heit in der Ver­tei­lung der irdi­schen Güter erhöht den Ein­druck von Unge­rech­tig­keit im Hin­blick auf das sich aus­ge­bil­de­te System der inter­na­tio­na­len Beziehungen.

18. Die christ­li­chen Kir­chen sind auf­ge­ru­fen, die Erfor­der­nis­se der Gerech­tig­keit, den Respekt vor den Tra­di­tio­nen der Völ­ker und eine ech­te Soli­da­ri­tät mit allen Lei­den­den zu ver­tei­di­gen. Wir Chri­sten dür­fen nicht ver­ges­sen, dass Gott das Törich­te in der Welt erwählt hat, um die Wei­sen zuschan­den zu machen. Das Schwa­che in der Welt hat Gott erwählt, um das Star­ke zuschan­den zu machen. Und das Nied­ri­ge in der Welt und das Ver­ach­te­te hat Gott erwählt: das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zu ver­nich­ten, damit kein Mensch sich rüh­men kann vor Gott (vgl. 1 Kor 1,27–29).

19. Die Fami­lie ist die natür­li­che Mit­te des mensch­li­chen Lebens und der Gesell­schaft. Wir sind über die Kri­se der Fami­li­en in vie­len Län­dern besorgt. Ortho­do­xe und Katho­li­ken tei­len die glei­che Auf­fas­sung über die Fami­lie. Sie sind auf­ge­ru­fen zu bezeu­gen, dass sie ein Weg zur Hei­lig­keit dar­stellt, der in der Treue der Ehe­leu­te in ihren gegen­sei­ti­gen Bezie­hun­gen, in ihrer Offen­heit für den Nach­wuchs und für die Erzie­hung der Kin­der, in der Soli­da­ri­tät zwi­schen den Gene­ra­tio­nen und der Ach­tung der Schwäch­sten zum Aus­druck kommt.

20. Die Fami­lie grün­det sich auf der Ehe, dem Akt der frei­en und treu­en Lie­be eines Man­nes und einer Frau. Die Lie­be besie­gelt ihre Ver­bin­dung und lehrt sie, sich gegen­sei­tig als Geschenk anzu­neh­men. Die Ehe ist eine Schu­le der Lie­be und der Treue. Wir bedau­ern, dass ande­re For­men des Zusam­men­le­bens mitt­ler­wei­le auf die glei­che Stu­fe die­ser Ver­bin­dung gestellt wer­den, wäh­rend die durch die bibli­sche Tra­di­ti­on gehei­lig­te Auf­fas­sung der Vater­schaft und der Mut­ter­schaft als beson­de­re Beru­fung des Man­nes und der Frau in der Ehe aus dem öffent­li­chen Bewusst­sein aus­ge­schlos­sen wird.

21. Wir bit­ten alle, das unver­äu­ßer­li­che Recht auf Leben zu respek­tie­ren. Mil­lio­nen Kin­dern ist selbst die Mög­lich­keit ver­sagt, zur Welt zu kom­men. Das Blut der unge­bo­re­nen Kin­der schreit zu Gott (vgl. Gen 4,10).

Die Ent­wick­lung der soge­nann­ten Eutha­na­sie führt dazu, dass die alten Men­schen und die Kran­ken begin­nen, sich als eine über­mä­ßi­ge Last für ihre Fami­li­en und die Gesell­schaft all­ge­mein zu fühlen.

Wir sind auch besorgt über die Ent­wick­lung der tech­ni­schen Ent­wick­lung der bio­me­di­zi­ni­schen Fort­pflan­zung, denn die Mani­pu­lie­rung des mensch­li­chen Lebens ist ein Angriff auf die Grund­la­gen der Exi­stenz des Men­schen, der als Abbild Got­tes erschaf­fen ist. Wir hal­ten es für unse­re Pflicht, an die Unver­än­der­lich­keit der christ­li­chen mora­li­schen Grund­sät­ze zu erin­nern, die auf der Ach­tung der Wür­de des Men­schen beru­hen, der nach dem Plan Got­tes ins Leben geru­fen ist.

22. Heu­te möch­ten wir uns im Beson­de­ren an die jun­gen Chri­sten wen­den. Ihr lie­be Jugend­li­che, habt die Auf­ga­be, euer Talent nicht in der Erde zu ver­stecken (vgl. Mt 25,25), son­dern alle Fähig­kei­ten, die Gott euch geschenkt hat, zu gebrau­chen, um in der Welt die Wahr­hei­ten Chri­sti zu bekräf­ti­gen und in eurem Leben die im Evan­ge­li­um ver­an­ker­ten Gebo­te der Got­tes- und der Näch­sten­lie­be zu ver­kör­pern. Habt kei­ne Angst, gegen den Strom zu schwim­men, wenn ihr die Wahr­heit Got­tes ver­tei­digt, der sich die heu­ti­gen welt­li­chen Nor­men durch­aus nicht immer angleichen.

23. Gott liebt euch und erwar­tet von jedem von euch, dass ihr sei­ne Jün­ger und Apo­stel seid. Seid das Licht der Welt, damit die Men­schen in eurer Umge­bung eure guten Wer­ke sehen und euren Vater im Him­mel prei­sen (vgl. Mt 5,14.16). Erzieht eure Kin­der im christ­li­chen Glau­ben, gebt die kost­ba­re Per­le des Glau­bens (vgl. Mt 13,46), die ihr von euren Eltern und euren Vor­fah­ren emp­fan­gen habt, an sie wei­ter. Erin­nert euch dar­an: „Um einen teu­ren Preis seid ihr erkauft wor­den“ (1 Kor 6,20), um den Preis des Kreu­zes­to­des des Gott­men­schen Jesus Christus.

24. Ortho­do­xe und Katho­li­ken sind nicht nur durch die gemein­sa­me Tra­di­ti­on der Kir­che des ersten Jahr­tau­sends mit­ein­an­der ver­bun­den, son­dern auch durch die Sen­dung, das Evan­ge­li­um Chri­sti in der Welt von heu­te zu ver­kün­den. Die­se Sen­dung beinhal­tet die gegen­sei­ti­ge Ach­tung für die Mit­glie­der der christ­li­chen Gemein­schaf­ten und schließt jede Form von Pro­se­ly­tis­mus aus.

Wir sind nicht Kon­kur­ren­ten, son­dern Geschwi­ster, und von die­ser Vor­stel­lung müs­sen alle unse­re wech­sel­sei­ti­gen Unter­neh­mun­gen wie auch die gegen­über der Außen­welt gelei­tet sein. Wir for­dern die Katho­li­ken und die Ortho­do­xen aller Län­der auf zu ler­nen, in Frie­den, in der Lie­be und in „Ein­mü­tig­keit“ (Röm 15,5) zusam­men­zu­le­ben. So darf man nicht zulas­sen, dass unlau­te­re Mit­tel ein­ge­setzt wer­den, um die Gläu­bi­gen zum Über­tritt von einer Kir­che zur ande­ren zu bewe­gen, und so ihre Reli­gi­ons­frei­heit und ihre Tra­di­tio­nen ver­neint wer­den. Wir sind beru­fen, nach der Regel des Apo­stels Pau­lus zu han­deln: Ich habe „dar­auf geach­tet, das Evan­ge­li­um nicht dort zu ver­kün­di­gen, wo der Name Chri­sti schon bekannt gemacht war, um nicht auf einem frem­den Fun­da­ment zu bau­en“ (Röm 15,20).

25. Wir hof­fen, dass unse­re Begeg­nung auch dort zur Ver­söh­nung bei­tra­gen möge, wo Span­nun­gen zwi­schen Grie­chisch-Katho­li­schen und Ortho­do­xen bestehen. Heu­te ist klar, dass die Metho­de des „Unia­tis­mus“ aus der Ver­gan­gen­heit, der als Ver­ei­ni­gung einer Gemein­schaft mit der ande­ren durch ihre Los­lö­sung von ihrer Kir­che ver­stan­den wur­de, nicht eine Wei­se ist, die es ermög­licht, die Ein­heit wie­der­her­zu­stel­len. Den­noch haben die kirch­li­chen Gemein­schaf­ten, die unter die­sen histo­ri­schen Umstän­den ent­stan­den sind, das Recht zu exi­stie­ren und alles zu unter­neh­men, was not­wen­dig ist, um die geist­li­chen Ansprü­che ihrer Gläu­bi­gen zu befrie­di­gen, bei gleich­zei­ti­gem Bemü­hen, mit ihren Nach­barn in Frie­den zu leben. Ortho­do­xe und Grie­chisch-Katho­li­sche haben es nötig, sich mit­ein­an­der zu ver­söh­nen und For­men des Zusam­men­le­bens zu fin­den, die bei­der­sei­tig annehm­bar sind.

26. Wir bedau­ern die Aus­ein­an­der­set­zung in der Ukrai­ne, die bereits vie­le Opfer gefor­dert, unzäh­li­ge Ver­wun­dun­gen bei den fried­li­chen Ein­woh­nern ver­ur­sacht und die Gesell­schaft in eine schwe­re wirt­schaft­li­che und huma­ni­tä­re Kri­se gewor­fen hat. Wir laden alle Kon­flikt­par­tei­en zur Beson­nen­heit, zur sozia­len Soli­da­ri­tät und zum Han­deln ein, um den Frie­den auf­zu­bau­en. Wir laden unse­re Kir­chen in der Ukrai­ne ein zu arbei­ten, um zur gesell­schaft­li­chen Ein­tracht zu gelan­gen, sich einer Betei­li­gung an der Aus­ein­an­der­set­zung zu ent­hal­ten und nicht eine wei­te­re Ent­wick­lung des Kon­flik­tes zu unterstützen.

27. Wir hof­fen, dass die Kir­chen­spal­tung unter den ortho­do­xen Gläu­bi­gen in der Ukrai­ne auf der Grund­la­ge der bestehen­den kano­ni­schen Rege­lun­gen über­wun­den wer­den kann, dass alle ortho­do­xen Chri­sten der Ukrai­ne in Frie­den und Ein­tracht leben und dass die katho­li­schen Gemein­schaf­ten des Lan­des auch dazu bei­tra­gen, so dass unse­re christ­li­che Brü­der­lich­keit immer deut­li­cher sicht­bar wird.

28. In der viel­ge­stal­ti­gen und doch durch eine gemein­sa­me Bestim­mung ver­ein­ten Welt von heu­te sind Katho­li­ken und Ortho­do­xe beru­fen, in der Ver­kün­di­gung der Fro­hen Bot­schaft brü­der­lich zusam­men­zu­ar­bei­ten und gemein­sam die ethi­sche Wür­de und die authen­ti­sche Frei­heit der Per­son zu bezeu­gen, „damit die Welt glaubt“ (Joh 17,21). Die­se Welt, in der die gei­sti­gen Grund­pfei­ler des mensch­li­chen Lebens in zuneh­men­dem Maß ver­schwin­den, erwar­tet von uns ein star­kes christ­li­ches Zeug­nis in allen Berei­chen des per­sön­li­chen und gesell­schaft­li­chen Lebens. Von unse­rer Fähig­keit, in die­sen schwie­ri­gen Zei­ten gemein­sam Zeug­nis zu geben für den Geist der Wahr­heit, hängt zum gro­ßen Teil die Zukunft der Mensch­heit ab.

29. In die­sem küh­nen Zeug­nis für die Wahr­heit Got­tes und die Fro­he Bot­schaft möge uns der Gott­mensch Jesus Chri­stus, unser Herr und Erlö­ser, unter­stüt­zen, der uns gei­stig mit sei­ner untrüg­li­chen Ver­hei­ßung stärkt: „Fürch­te dich nicht, du klei­ne Her­de! Denn euer Vater hat beschlos­sen, euch das Reich zu geben.“ (Lk 12,32)!

Chri­stus ist die Quel­le von Freu­de und Hoff­nung. Der Glau­be an ihn ver­wan­delt das mensch­li­che Leben und erfüllt es mit Sinn. Davon haben sich durch die eige­ne Erfah­rung alle über­zeu­gen kön­nen, auf die man die Wor­te des Apo­stels Petrus bezie­hen kann: „Einst wart ihr nicht sein Volk, jetzt aber seid ihr Got­tes Volk; einst gab es für euch kein Erbar­men, jetzt aber habt ihr Erbar­men gefun­den“ (1 Petr 2,10).

30. Erfüllt von Dank für das Geschenk des gegen­sei­ti­gen Ver­ste­hens, das wäh­rend unse­rer Begeg­nung zum Aus­druck kam, schau­en wir dank­bar auf die Aller­se­lig­ste Got­tes­mut­ter und rufen sie mit den Wor­ten die­ses alten Gebe­tes an: „Unter den Schutz und Schirm flie­hen wir, o hei­li­ge Got­tes­mut­ter“. Möge die seli­ge Jung­frau Maria durch ihre Für­bit­te alle, die sie ver­eh­ren, zur Brü­der­lich­keit ermu­ti­gen, damit sie zur von Gott bestimm­ten Zeit in Frie­den und Ein­tracht in einem ein­zi­gen Got­tes­volk ver­eint sei­en, zur Ehre der Aller­hei­lig­sten und unteil­ba­ren Dreifaltigkeit!

Fran­zis­kus
Bischof von Rom
Papst der katho­li­schen Kirche
Kyrill
Patri­arch von Moskau
und dem gan­zen Rus

12. Febru­ar 2016, Havan­na (Kuba)

Bild: Vati​can​.va/OR (Screen­shot)

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18 Kommentare

  1. Nur drei kur­ze Bemer­kun­gen: Das deut­li­che Bekennt­nis zum allein wah­ren Gott, der Aller­hei­lig­sten Drei­fal­tig­keit, fällt auf. Dank­bar neh­me ich es zur Kennt­nis ohne uner­wähnt zu las­sen, dass die Ortho­do­xie der katho­li­schen Kir­che vor­wirft, seit der Neu­zeit die­se Ver­eh­rung zu vernachlässigen.
    In der Mes­se Paul VI. wird die Prä­fa­ti­on von der Aller­hei­lig­sten Drei­fal­tig­keit, die wäh­rend des Kir­chen­jah­res die Prä­fa­tio­nen an Sonn­ta­gen war, nur am Drei­fal­tig­keits­sonn­tag gebetet.

    • @Thea Nicht zu ver­ges­sen das ersatz­lo­se Weg­fal­len des Opfe­rungs-Gebets „Sus­ci­pe Sanc­ta Tri­ni­tas…“ in der Mes­se P. Paul VI.

    • Wie sehr die Ver­eh­rung der Hei­lig­sten Drei­fal­tig­keit in der latei­ni­schen Kir­che dem Ver­ges­sen anheim gege­ben wur­de, wird mir immer dann bewusst, wenn ich barocke Kir­chen betre­te, wo in der Glo­rio­le des Hoch­al­tars stets Gott Vater, Sohn und Geist als Aus­gangs- und Ziel­punkt allen Glau­bens und aller Schöp­fung über dem Gesche­hen am Altar schwebt. Welch theo­lo­gi­sche Tie­fe und Weis­heit das Barock in sei­ner kirch­li­chen Kunst doch zur Ent­fal­tung brach­te und wel­che berg­o­gli­o­nes­ke Pro­fa­ni­tät heu­te in den Got­tes­häu­sern vorherrscht. 

      Berg­o­glio sah mir auf der Pres­se­kon­fe­renz übri­gens ziem­lich sau­er­töp­fisch aus. Er nestel­te bestän­dig gelang­weilt an sei­nen Fin­gern her­um und mach­te neben Kyrill wie­der ein­mal eine unglaub­lich schlech­te Figur. Sei­ne Anspra­che war an Bana­li­tät nicht zu über­bie­ten. Ganz abge­se­hen davon, dass es ober­pein­lich ist, wenn solch geist­li­chen Füh­rer eine Pres­se­kon­fe­renz abhal­ten. Hier wird der gemei­ne Poli­ti­ker ein­fach nach­ge­äfft. Man muss sich als Katho­lik direkt schämen.

    • Rich­tig. Und suchen Sie mal einen eini­gen Hin­weis auf die Hei­li­ge Drei­fal­tig­keit im Novus Ordo!

  2. Nach­trag: Ein gro­ßer Ver­eh­rer der Aller­hei­lig­sten Drei­fal­tig­keit war Erz­bi­schof Mar­cel Lefeb­v­re. Mehr noch: Er war von die­sem Glau­bens­ge­heim­nis „durch­drun­gen.“ Dies sag­te Pater Schmid­ber­ger FSSPX anläss­lich sei­ner Pre­digt in der Bei­set­zungs­mes­se (von der es eine sehr schö­ne CD gibt – für Liebhaber/​innen der Gregorianik).
    Natür­lich beten gläu­bi­ge Katho­li­ken andäch­tig das „Ehre sei dem Vater…“
    Doch eine Wahr­heit glau­ben, heißt noch nicht „durch­drun­gen sein“ von ihr.

    Das Buch „Mar­cel Lefeb­v­re: Das Geheim­nis unse­res Herrn Jesus Chri­stus“ legt von die­sem „Durch­drun­gen­sein“ Zeug­nis ab. Eine klei­ne Kostbarkeit. 

    Die Leh­re von der Tri­ni­tät und der hypo­sta­ti­schen Uni­on spie­len in der katho­li­schen Uni­ver­si­täts­theo­lo­gie kei­ne Rol­le mehr – die mei­sten Profs sind eh Agno­sti­ker, Pan­the­isten – oder was immer.

    Aber auch alt­ri­tu­el­le Prie­ster schei­nen lei­der die aller­größ­ten Schwie­rig­kei­ten zu haben, über die­se wich­tig­sten Glau­bens­wahr­hei­ten anschau­lich pre­di­gen zu kön­nen. Weil es Gene­ra­tio­nen von Prie­stern vor ihnen auch schon nicht mehr konnten.
    Die bedroh­li­che Kir­chen­kri­se, in der wir uns befin­den, lässt sich sicher am Papst und an vie­len Bischö­fen fest­ma­chen. Doch die Ursa­chen lie­gen tie­fer. Der Ablauf des 2. Vati­ka­ni­schen Kon­zils wäre nicht mög­lich gewe­sen ohne eine vor­kon­zi­lia­re Fehl­ent­wick­lung der Frömmigkeit.

  3. Auch wenn der Ein­druck eines „har­mo­ni­schen Mit­ein­an­ders“ ver­mit­telt wer­den soll; gera­de bei den an die aller­se­lig­ste Jung­frau gerich­te­te Schluss­bit­te „zur Ehre der Aller­hei­lig­sten und unteil­ba­ren Drei­fal­tig­keit!“ dür­fen die theo­lo­gisch gewich­ti­gen Diver­gen­zen nicht ver­ges­sen werden:

    So haben die Ost­kir­chen auf­grund ande­rer Auf­fas­sung der Erb­sün­den­leh­re das Dog­ma der unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis der aller­se­lig­sten Jung­frau und Got­tes­mut­ter Maria nicht angenommen.
    Wei­ter folgt die latei­ni­sche Kir­che bez. dem „fili­o­QUE“ der Leh­re des hl. Augu­sti­nus – der im Gegen­satz zur fal­schen sub-ordi­nier­ten Aus­le­gung der Ost­kir­che rich­ti­ge ko-ordi­nier­te Aus­le­gung -, die besagt, dass die Zeu­gung des ein­ge­bo­re­nen Soh­nes Got­tes IN EWIGKEIT kei­ne „Zeit­rei­hen­fol­ge“ beim Her­vor­ge­hen des Hei­li­gen Gei­stes zulas­se und somit der Hei­li­ge Geist vom Vater
    UND
    vom Soh­ne ausgehe.

    Wei­te­re ost­kirch­li­chen Abirrungen:

    - Chri­stus als Haupt von versch. „Natio­nal­kir­chen“
    – die hl. Wand­lung als „meta­bo­le“; der Leib Chri­sti als „Ver­ei­ni­gung“ mit Brot und Wein
    ( dage­gen die wah­re katho­li­sche Transsubstantations-Lehre
    der völ­li­gen Wesens­ver­wand­lung in Leib und Blut Chri­sti in nur noch Gestalt von Brot und Wein ! )
    – das Fege­feu­er als läu­tern­de Stra­fe lehnt die Ost­kir­che ab
    – Die Ehe gilt als nicht unbe­dingt unauflöslich
    – Das „end­gül­ti­ge Gericht“ sieht die Ost­kir­che erst nach der Auferstehung
    (röm. katho­li­sche Leh­re besagt, das beson­de­re – end­gül­ti­ge– Gericht folgt unmit­tel­bar nach dem irdi­schen Tode)

    • @ defen­dor
      Ihre Dar­stel­lung benö­tigt m.E. Prä­zi­sie­run­gen, Kor­rek­tu­ren und eine Ergänzung.
      Der Aus­druck „Ost­kir­chen“ ist nicht kor­rekt, denn die unier­ten Ost­kir­chen sind von Ihrer Liste nicht betrof­fen, nur die Ortho­do­xie (wel­che inzwi­schen eine welt­wei­te, also auch west­li­che Kir­che ist).
      Die katho­li­sche Kir­che auch vor Vati­ca­num II hat nie die ortho­do­xe Eucha­ri­stie für ungül­tig erklärt. Wel­cher Nut­zen liegt also dar­in, even­tu­el­le Dif­fe­ren­zen in theo­lo­gi­schen Fein­hei­ten zu beto­nen bzw. hochzuspielen?
      Wie die römi­sche Kir­che unter­schei­det die ortho­do­xe Kir­che zwi­schen dem per­sön­li­chem Gericht direkt nach dem Tod (mit end­gül­ti­gem Urteil) und dem End­ge­richt. Die nach­tod­li­chen Zustän­de aber unter­schei­det sie in Über­ein­stim­mung mit der Bibel und mit bibli­scher Ter­mi­no­lo­gie (Hades, Tar­ta­rus, Abyssus, Feu­er­see…). Das kann nicht falsch sein, und wenn man glaubt, dass die römi­sche Leh­re wahr ist, dann muss man eben ver­su­chen, sie unter­ein­an­der abzu­glei­chen. Mei­nes Erach­tens gibt es hier kei­nen unver­söhn­li­chen Wider­spruch, wohl auch nicht in der Fege­feu­er­leh­re. Da sich die Ortho­do­xie in den escha­to­lo­gi­schen Fra­gen nicht dog­ma­tisch fest­ge­legt hat, bestehen zu man­chen Fra­gen auch unter­schied­li­che theo­lo­gi­sche Auffassungen.
      Der gra­vie­rend­ste Punkt unter denen, die Sie anfüh­ren, erscheint mir die Ehe­dis­zi­plin. In der Leh­re hält die auch Ortho­do­xie an der Unauf­lös­lich­keit fest, weil die­se klar biblisch ist, ein Wort Unse­res Herrn Jesus Christus.
      Den wirk­li­chen Haupt­un­ter­schied haben Sie erstaun­li­cher­wei­se dies­mal aus­ge­las­sen. Die Ortho­do­xie erkennt nur einen päpst­li­chen Ehren­pri­mat an. Nach der römi­schen Leh­re hin­ge­gen hat der Papst einen Juris­dik­ti­ons­pri­mat über die gan­ze Kir­che und ist unfehl­bar in Din­gen der Leh­re und der Moral, wenn er ex cathe­dra spricht. Das erkennt die Ortho­do­xie bis dato nicht an.

      • Jesus Chri­stus i s t das Haupt der Kir­che, auf jeder Ebe­ne: der Pfar­rei (Orts­ge­mein­de), des Bis­tums, des Patri­ar­chats oder Erz­bis­tums, der welt­wei­ten Kir­che. „Natio­nal­kir­che“ ist kein ortho­do­xer theo­lo­gi­scher Begriff.

      • Die Ortho­do­xie hat die unbe­fleck­te Emp­fäng­nis nicht dog­ma­ti­siert, weil sie so gut wie kein Dog­ma ange­nom­men hat seit 1054. (Viel­leicht mit Aus­nah­me der Ent­schei­dung im Hesy­chas­mus-Streit, an dem auch der Westen betei­ligt war.) Aber wenn die Ortho­do­xie in unzähl­ba­ren Gebe­ten und Gesän­gen die hl. Got­tes­mut­ter als völ­lig hei­lig, rein und ganz unbe­fleckt preist, war­um muss man dann auf die­sem Punkt her­um­hacken, fra­ge ich mich. Dass die römisch-katho­li­sche Kir­che meh­re­re hun­dert Sät­ze dog­ma­ti­sier­te, ist nicht so selbst­ver­ständ­lich, wie es man­chem viel­leicht erscheint, und es hat neben Vor­tei­len auch Nach­tei­le. Als man im vier­ten Jahr­hun­dert aus der Not häre­ti­scher Angrif­fe her­aus anfing, Sät­ze zu dog­ma­ti­sie­ren, war das nicht unum­strit­ten und wur­de von Kir­chen­vä­tern auch beklagt. Es hat auch Vor­tei­le, Glau­bens­ge­heim­nis­se ein­fach mit den von Got­tes Offen­ba­rung gebrauch­ten Begrif­fen zu benen­nen, ohne sie in immer mehr und noch mehr Ein­zel­hei­ten zu zer­le­gen und auf­zu­glie­dern (wie etwa in der Gna­den­leh­re) und in Sät­zen zu for­mu­lie­ren und zu fixieren.

    • @ defen­dor
      Nen­nen Sie bit­te einen ein­zi­gen ortho­do­xen Theo­lo­gen aus 2000 Jah­ren, der jemals von einer „Zeit­rei­hen­fol­ge“ in der Hei­lig­sten Drei­fal­tig­keit gespro­chen hat. Soll­ten Sie dazu nicht in der Lage sein, soll­ten Sie Ihre Aus­sa­ge zurück­neh­men, denn auch bei frem­den und geg­ne­ri­schen Posi­tio­nen haben wir die Pflicht, sie rich­tig dar­zu­stel­len, und kei­ne Lizenz für Falsch­be­haup­tun­gen. Alle gött­li­chen Per­so­nen (Hypo­sta­sen) sind ewig. Es ist, Ent­schul­di­gung, wirk­lich ein Unsinn, hier von „Zeit­rei­hen­fol­ge“ zu reden, und es ist unver­ant­wort­lich, der­glei­chen in die Welt zuset­zen, wenn es ohne Grund­la­ge ist. Beden­ken Sie, dass die ortho­do­xe Tri­ni­täts­leh­re auf den im Westen eben­falls aner­kann­ten gro­ßen kap­pa­do­zi­schen Kir­chen­vä­tern bzw. sogar Kir­chen­leh­rern und den öku­me­ni­schen Kon­zi­li­en von Niz­äa und Kon­stan­ti­no­pel gründet.

      • Ein katho­li­scher Prä­lat, der aus einer alten west­fä­li­schen Bau­ern­fa­mi­lie stammt und mit dem ich seit 30 Jah­ren gut bekannt bin, sag­te zu die­ser Fra­ge ein­mal: Ob die drei Pfer­de neben­ein­an­der oder hin­ter­ein­an­der oder neben- und hin­ter­ein­an­der ange­spannt sind, ist nicht so wich­tig. Haupt­sa­che, sie zie­hen die Kar­re aus dem Dreck.

  4. Ich stim­me € defen­dor zu, wenn er von einer in Anfüh­rungs­zei­chen „Zeit­rei­hen­fol­ge“ inner­halb der Tri­ni­tät spricht. Tat­säch­lich hat die Ortho­do­xie ja das Fili­o­que des­halb abge­lehnt und tut es bis heute.
    Ich habe das viel­fach in ortho­do­xer Lite­ra­tur gele­sen, dass man zwar aner­kennt, dass der Sohn den Hl. Geist sen­den kann, aber nicht, dass der Hl. Geist aus dem Sohn regel­recht her­vor­geht – eben­so wie aus dem Vater, der der Urgrund ist.

    Wenn man die­ses orhtod­o­xe Kon­strukt durch­denkt, lan­det man zwangs­läu­fig bei einem aria­ni­schen Denk­mo­dell, das von Unter­ord­nun­gen oder „Emana­tio­nen“ aus­geht, die als Emana­ti­on je eine Schwä­chung des ursprüng­lich Guten und Einen bedeuten.

    Die römi­sche Leh­re dage­gen bleibt streng logisch: Wenn der Sohn Gott IST, muss auch der Hl. Geist aus IHm hervorgehen.

    Das geläu­fi­ge ortho­do­xe Bild ist das des Vaters, der rechts und links jeweils eine Per­son hat, die unab­hän­gig von der ande­ren aus Ihm her­vor­geht bzw. gezeugt wird.

    Da aber der Sohn nicht aus dem Vater „her­vor­geht“, son­dern regel­recht gebo­ren und gezeugt ist, ist auch hier nach römi­scher Leh­re bereits voll und ganz der Hl. Geist im Spiel, als vin­cu­lum armoris, das den Zeu­gungs­vor­gang trägt (ähn­lich dann spä­ter auch die Rol­le des Hl. Gei­stes bei der zwei­ten Zeu­gung aus Maria).

    Es ist also in der römi­schen Dog­ma­tik ein „Hin­ter­ein­ader“ nicht inten­diert, auch wenn der Vater der Urgrund ist.

    Unmit­tel­bar damit hängt das Imma­cu­la­ta-Dog­ma zusammen.

    Der Mensch, der allei­ne die­se aller­höch­ste Wür­de, näm­lich die Inkar­na­ti­on des Got­tes­sohns aktiv durch sein „Fiat“ mit zu (er)zeugen, kann unmög­lich in irgend­ei­ner Wei­se je durch die Sün­de befleckt wor­den sein – die­ser Mensch hät­te sonst sofort ster­ben müs­sen, als Gott sich in ihm niederließ.

    Die­se Frau muss­te also selbst bereits unbe­fleckt, also ohne Erb­sün­de, emp­fan­gen wor­den sein.
    Es lag eben nicht eine ein­fa­che Sünd­lo­sig­keit wie etwa bei ihrem „rein­sten Bräu­ti­gam“ dem Fleisch nach vor. das hät­te nie­mals aus­ge­reicht, um die unaus­sprech­li­che Hei­lig­keit Got­tes in einem Men­schen wach­sen las­sen zu können.

    Es mag sein, dass der Westen eine Nei­gung hat, die Din­ge objek­ti­ver und logi­scher zu durch­den­ken. Ein Feh­ler ist es sicher nicht, wenn es auch Gefah­ren birgt.

    Es gibt sicher­lich Din­ge, die dürf­te man schwer­lich dog­ma­ti­sie­ren, v.a. wenn man sich dabei selbst macht­fül­le zuschu­stern will. Selbst wenn man sie hät­te, ist es doch gefähr­lich, sie sich selbst zu definieren…Bischof Ket­te­ler von Mainz schrieb damals sogar, also beim Vt I, in einem Brief, der Hang alles mög­li­che zu dog­ma­ti­sie­ren, sei „vom Bösen“. Es ging hier um das Papstdogma.

    Ande­rer­seits, wenn man nicht soviel dog­ma­ti­siert, was folgt daraus?
    Die ortho­do­xe Theo­lo­gie ist wesent­lich vager und schwä­cher als die west­li­che, es fehlt ihr an Prä­zi­si­on, und macht­an­sprü­che sind damit erst recht nicht gebannt. Der Zer­fall der Ortho­do­xie erin­nert an den des Pro­te­stan­tis­mus, und das kann es auch nicht sein.

  5. @Leo Laemm­lein
    Ich benut­ze die Ost­kir­chen“ hier natür­lich allei­ne für die nicht unier­ten Natio­nal­kir­chen. Deren pau­scha­le Nen­nung als „ortho­dox“ (recht­gläu­big?!) ist nicht angebracht.

    Zu Ihren Ein­wän­den eini­ge ver­tie­fen­de Ergänzungen:

    Bez. des „fili­o­que“; ich habe nicht behaup­tet, dass die Theo­lo­gie der Ost­kir­chen die Wesens­gleich­heit der Drei Gött­li­chen Per­so­nen bezweifeln.
    Frei­lich kann durch das Aus­las­sen des fili­o­QUE der irri­ge Ein­druck einer „Zeit­rei­hen­fol­ge“ ( sehen Sie dazu bit­te die Aus­le­gung des hl. Augu­sti­nus) ent­ste­hen. Etwas konkreter:
    das Glau­bens­be­kennt­nis von Nicäa-Kon­stan­ti­no­pel beinhal­te­te ursprüng­lich nicht den Zusatz „fili­o­que“.
    Die ursprüng­li­che Fas­sung war denn auch ohne die­sen Zusatz.
    Die­ser Zusatz fand erst­mals unter Papst Bene­dikt VIII. ( gestor­ben 1024 ) Ein­zug ins Glau­bens­be­kennt­nis und wur­de auf dem 4. Late­r­an­kon­zil 1215 – also nach dem Schis­ma von 1054 – zu einem Dog­ma erklärt.

    Die öst­li­chen Kir­chen­vä­ter hat­ten eine etwas ande­re Inter­pre­ta­ti­on der Hei­lig­sten Dreifaltigkeit:
    So etwa der hei­li­ge Atha­na­si­us, der des­sen Wesen als aus dem Vater durch den Sohn im Geist auslegte…den Geist als „per fili­um“ ( durch den Sohn )
    also eine „sub-ordi­nier­te“ Auslegung.
    Die Ost­kir­chen legen den Focus nur auf den Ursprung der Drei Gött­li­chen Per­so­nen; den Vater als Ursprung, der Sohn und der Hei­li­ge Geist gleich­sam als „lin­ker und rech­ter Arm“.
    Daher ist für sie der Zusatz „fili­o­que“ gleich­be­deu­tend mit einer „zwei­ten Quel­le der Gott­heit“, die den Anschein erwecken wür­de als wäre der Hei­li­ge Geist erst durch den Sohn ins Leben geru­fen worden.
    „Per fili­um“ war nun nicht hin­rei­chend gefeit gegen­über der damals auf­kom­men­den aria­ni­schen Irr­leh­re, die vor­ge­ben woll­te, dass der Geist eine „Krea­tur“ des Soh­nes sei ( und dass im Übri­gen der Sohn die „erste Krea­tur“ sei ?!)
    Das Wort „per“ kann denn so auch immer noch auf eine „Schöp­fungs­mit­t­ler­schaft“ hinweisen. 

    Der hei­li­ge Augu­sti­nus aber hat für die west­li­che Kir­che das Wesen der Heilg­s­ten Drei­fal­tig­keit so ausgelegt:
    Der Geist von Vater und Sohn geht auch aus die­sen bei­den her­vor: Vom Vater und vom Sohn.…also eine „ko-ordi­nier­te“ Auslegung.
    Er ver­wies auch auf die Geist­sen­dung durch unse­ren Herrn und Gott Jesus Chri­stus. Die Zeu­gung des Soh­nes ist eine Zeu­gung in der Ewigkeit.
    Daher ist auch im Her­vor­ge­hen des Gei­stes kei­ne zeit­li­che Rei­hen­fol­ge mög­lich. Der Sohn muss denn auch dabei betei­ligt sein.
    Die latei­ni­sche Kir­che ist denn auch durch den Zusatz „fili­o­que“ die­ser Aus­le­gung gefolgt und sieht in die­sem auch den Hin­weis auf die per­so­na­le Bezie­hung der Drei Wesens­glei­chen Gött­li­chen Per­so­nen zueinander.
    Da der SOHN wesens­gleich mit dem VATER ist, ist Er denn auch mit­wir­kend am Her­vor­ge­hen des mit dem VATER und dem SOHNE
    wesens­glei­chen HEILIGEN GEISTES beteiligt !
    +
    +
    Bez. der Eucharistie:
    Die „Gött­li­che Lit­ur­gie“ ist in der Ost­kir­che Ver­ge­gen­wär­ti­gung von Opfer, Kreuz und Heil – die Fei­er der hl. Eucha­ri­stie – wobei die Chry­so­sto­mos-Lit­ur­gie eine Vari­an­te der Gött­li­chen Lit­ur­gie darstellt.
    Somit ist auch schon ange­deu­tet, dass auch die Ost­kir­chen in der hl. Kom­mu­ni­on die Gegen­wart Chri­sti beken­nen, aller­dings mit einer gewich­ti­gen Einschränkung.…sie ken­nen auch die Ver­wand­lung und nen­nen die Gestal­ten von Brot und Wein „kost­ba­rer Leib und kost­ba­res Blut unse­res Herrn Jesu Chri­sti“, aber…
    sie leh­nen die von der Hei­li­gen Mut­ter Kir­che defi­nier­te Trans­sub­stan­ta­ti­ons-Leh­re – also die Wesens­ver­wand­lung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Chri­sti – ab !
    Auch voll­zieht sich die Wand­lung nicht allei­ne durch die Wand­lungs­wor­te des Prie­sters son­dern durch die gesam­te Liturgie.
    Die Ost­kir­chen ken­nen also zwar eine wah­re Ver­wand­lung – metabole -
    von Brot und Wein zu Leib und Blut Chri­sti durch die Ein­set­zungs­wor­te und das Wir­ken des Hei­li­gen Gei­stes im eucha­ri­sti­schen Hoch­ge­bet – dem ana­pho­ra – ABER.…bloss im Sin­ne einer „Ver­ei­ni­gung“ mit Brot und Wein.
    Fol­gen­des sei noch Fol­gen­des nur kurz angerissen.…
    auf einer Home­page über die „Ortho­do­xie“ ist über die hl. Eucha­ri­stie zu lesen:
    -
    „In der Eucha­ri­stie voll­zieht sich nach ortho­do­xem Glau­ben die Ver­ei­ni­gung des Gläu­bi­gen mit Chri­stus nicht sym­bo­lisch und bild­lich, son­dern wirk­lich, real und vollständig.
    So wie Chri­stus Brot und Wein durch­dringt und sie mit sei­ner Gött­lich­keit erfüllt, so geht er auch in den Men­schen ein und erfüllt sei­nen Leib und sei­ne See­le mit sei­ner lebens­schaf­fen­den Prä­senz und gött­li­chen Energie“
    -
    Es ist die Rede vom „Durch­drin­gen“ von Brot und Wein.…und
    „Erfül­len“ von Brot und Wein mit Sei­ner Göttlichkeit.…

    dem­ge­gen­über aber z.b. die Aus­sa­ge des des hl. Franz von Sales, der die Trans­sub­stan­ta­ti­ons-Leh­re der römisch katho­li­schen Kir­che in einem Satz prä­gnant zusammenfasst:
    -
    „In der hei­li­gen Eucha­ri­stie wer­den wir eins mit Gott wie die Spei­se mit dem Körper.“
    -

    Nach der hl. Wand­lung sind denn auch nur noch die
    G e s t a l t
    von Brot und Wein vor­han­den und wir emp­fan­gen den
    LEIB und das BLUT
    die SEELE und die GOTTHEIT
    unse­res HERRN und GOTTES JESUS CHRISTUS !

    Wie zu sehen liegt zwi­schen „Durch­drin­gen“ /​ „Erfül­len“ und
    „eins wer­den“ doch ein beträcht­li­cher Auffassungs-Unterschied !
    +
    +
    Bez. der Mariologie:
    Grun­sätz­lich ist zu bemer­ken, dass die Theo­lo­gie der Ost­kir­chen sehr wohl eine Mario­lo­gie kennt, die­se aber – wie von Ihnen erwähnt – nicht dog­ma­tisch lehrt. So beruht denn aber die Nicht-Annah­me Dog­mas der unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis ins­be­son­de­re auch auf der unter­schied­li­chen Auf­fas­sung der Erbsündenlehre !

    Römisch-katho­li­sche Lehre:
    Der Sün­den­fall Adams bewirkt den Ver­lust der hei­lig­ma­chen­den Gna­de und die Nei­gung zu unge­ord­ne­ten Lei­den­schaf­ten durch die Schwä­chung des frei­en Wil­lens zum Guten.

    Leh­re der Ostkirchen:
    Nicht die Sün­de Adams son­dern des­sen Fol­ge, der Tod, wür­de auf die Nach­kom­men vererbt.
    Der freie Wil­le sei unbe­scha­det und wei­ter unge­schwächt zum Guten fähig.…
    die­ser Auf­fas­sung fol­gend wird auch die Annah­me der „Nicht­not­wen­dig­keit“ der unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis Mari­äs abgeleitet.
    +
    +
    Bezüg. dem Fegefeuer:
    Die ost­kirch­li­che Theo­lo­gie kennt kein stra­fend-läu­tern­des Fegefeuer.…
    bloss ein nicht genau defi­nier­ter Zwi­schen­zu­stand der Toten, für die denn auch gebe­tet wer­den soll, ohne dass dabei eine Wirk­sam­keit defi­niert wäre.
    +
    +

    Nähe­res zum ost­kirch­li­chen Ver­ständ­nis der Unauf­lös­lich­keit der Ehe in mei­nem näch­sten Beitrag.

  6. @Leo Laemm­lein

    Nach­fol­gend wie erwähnt noch eine Anmer­kung bez. der ost­kirch­li­chen Auf­fas­sung der „Unauf­lös­lich­keit“ der Ehe.

    Es lohnt sich die Erklä­run­gen einer „grie­chisch-ortho­do­xen“ Kir­chen­ge­mein­de in Deutsch­land zu Ehe­schei­dung und Wie­der­ver­hei­ra­tung zu lesen, um dies­be­züg­lich sehr deut­lich das in die Ost­kir­chen ein­ge­flos­se­ne Men­schen­ge­dach­te bzw. Men­schen­ge­mach­te her­aus­zu­le­sen und so wohl auch auf den Ursprung der aktu­ell inner­halb der römisch katho­li­schen Kir­che von „zeit­ge­mä­ssen“ Krei­sen so infla­tio­när gefor­der­ten „neu­en Barm­her­zig­keit“ zu stossen:
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    „Zwar stellt das Gebot Jesu zur dau­er­haf­ten Bin­dung zwi­schen Mann und Frau für alle Ehe­leu­te einen idea­len Zustand dar – nie­mand zwei­felt dar­an –, kann aber, genau­so wie jedes ande­re Gebot, u.a. auch auf­grund der Unvoll­kom­men­heit des Men­schen, die Über­tre­tung und die Sün­de, ja sogar die Tod­sün­de und schließ­lich auch das Schei­tern einer Ehe nicht aus­schlie­ßen. Wo die idea­le Situa­ti­on der Hin­ge­bung und der unei­gen­nüt­zi­gen Lie­be nicht mehr vor­han­den ist, wird die Gemein­schaft zwi­schen den Part­nern erschüt­tert. Das führt zur Situa­ti­on, dass die abso­lu­te hin­ge­ben­de und auf­op­fern­de Lie­be zur Gleich­gül­tig­keit gegen­über dem Part­ner, ja manch­mal auch zum Hass ver­wan­delt wird. So wird das vor­bild­haf­te, sakra­men­ta­le Ver­hält­nis zwi­schen Chri­stus und der Kir­che, zwi­schen dem Bräu­ti­gam und der Braut nicht mehr sei­ne Ver­ge­gen­wär­ti­gung in der Ehe haben. Daher gibt es nicht nur den natür­li­chen Tod, der die Ehe erschüt­tert, son­dern auch den mora­li­schen. D.h. die Ortho­do­xe Kir­che kennt auch eine Ehe­schei­dung aus meh­re­ren Grün­den, mit der Mög­lich­keit danach für eine Wie­der­ver­hei­ra­tung durch kirch­li­che Ehe­schlie­ßung mit sakra­men­ta­lem Cha­rak­ter bis zu drei Mal. Es ist bekannt, dass die­se Pra­xis auch in der Früh­kir­che zugun­sten der Men­schen fest­zu­stel­len ist. Das bedeu­tet also bis heu­te in der Ortho­do­xen Kir­che, dass ein nach dem ortho­do­xen Kir­chen­recht „legi­tim“ Geschie­de­ner wie­der sakra­men­tal-kirch­lich hei­rats­fä­hig ist:
    a) Wie­der­her­stel­lung der Ehe von geschie­de­nen Ehe­leu­ten und
    b) Zwei­te und drit­te Eheschließung.
    Aus gege­be­nem Anlass muss hier fest­ge­stellt wer­den, dass auch die­se zwei­te und drit­te kirch­li­che Ehe­schlie­ßung als Anteil­nah­me am Myste­ri­um Chri­sti und der Kir­che, genau­so wie die Erste Ehe Sakra­ment sind. Natür­lich stellt die erste bzw. ein­zi­ge Ehe­schlie­ßung einen „Ide­al­zu­stand“ dar. Aber wenn die Kir­che Nach­sicht übt (Oiko­no­mia) auch für die Schwä­che­ren bzw. die schuld­los Geschei­ter­ten, und das tut sie mit der Erlaub­nis der zwei­ten und drit­ten Ehe­schlie­ßung, dann gibt sie eben die­sen reu­mü­ti­gen Gläu­bi­gen die neue Mög­lich­keit, an der gött­li­chen Gna­de durch das Sakra­ment der Ehe teil­zu­ha­ben, wenn auch mit weni­ger Glanz im Ritus und spä­ter, nach einer gewis­sen Buß­zeit, auch am Sakra­ment der hl. Eucha­ri­stie durch den Emp­fang der hl. Kom­mu­ni­on teil­zu­neh­men. Die Sün­de wird von der Kir­che immer bekämpft und ver­ur­teilt, der Sün­der jedoch immer barm­her­zig und hilfs­be­reit behan­delt, weil Gott selbst allen Sün­dern gegen­über barm­her­zig und nach­sich­tig ist. Die Gebe­te der zwei­ten und drit­ten Ehe­schlie­ßung sind Zeug­nis­se von groß­ar­ti­ger Barm­her­zig­keit, jedoch inner­halb des sakra­men­ta­len Lebens im the­ra­peu­ti­schen Sinn.“
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  7. @ defen­dor
    Dan­ke für Ihre zusätz­li­chen Erläuterungen.
    Bei den Dog­men ist nicht der unwich­tig­ste, aber heu­te oft ver­nach­läs­sig­te Aspekt, wel­che Aus­wir­kung sie auf das christ­li­che Leben haben, wor­auf es doch letzt­lich ankommt.
    Weil in der katho­li­schen Kir­che vie­les in der Glau­bens- und Sit­ten­leh­re prä­zis fest­ge­legt ist, kann man Abwei­chun­gen rela­tiv rasch und leicht erken­nen. Wenn die Pra­xis fast der gan­zen Kir­che dazu in schrei­en­den Wider­spruch gerät, ist das Resul­tat Lüge, Heu­che­lei, Doppelmoral…
    Ich den­ke zum Bei­spiel an die Schwan­ger­schafts­ver­hü­tung. Nur eine Min­der­heit von Katho­li­ken hält sich ja dar­an. Und die Hir­ten und Ober­hir­ten tun so, als wäre das über­haupt kein Thema.
    In der Ortho­do­xie gibt es dazu m.W. kei­ne auto­ri­ta­ti­ve Rege­lung, wohl auch nicht die Unter­schei­dung zwi­schen künst­lich und nicht­künst­lich. Die Theo­lo­gen äußern sich zu dem The­ma auch recht unter­schied­lich und viel­fäl­tig. Die Nicht­ver­wen­dung von Anti­kon­zep­ti­va wird von vie­len durch­aus als vor­bild­lich und als aske­ti­sches Ide­al aner­kannt, aber man ist nach­sich­tig gegen ihre Ver­wen­dung. Und so geht es auch in ande­ren Din­gen. Das aske­ti­sche Ide­al ist hoch ange­sie­delt, auf dem Niveau von „Klas­si­kern“ wie der „Lei­ter zum Para­die­se“ des hl. Johan­nes Kli­ma­kos (7. Jh.), das im Osten noch immer weit ver­brei­tet ist, der Phi­lo­ka­lia, ua. Die Mön­che eifern nach dem Ide­al beru­fungs­mä­ßig, und soll­ten dar­in Vor­bild sein, und man­che Lai­en neh­men sich Mön­che zum Vor­bild, hal­ten mit ihnen Ver­bin­dung, holen sich bei ihnen Rat und Gebets­un­ter­stüt­zung… Dane­ben gibt es dann eben auch die Lax­heit wie in allen Kirchen.
    Die Revo­lu­ti­on in der römisch-katho­li­schen Kir­che in den 60er Jah­ren ist viel­leicht das ein­schnei­dend­ste Ereig­nis in der Geschich­te des 20. Jahr­hun­derts mit den größ­ten, und zwar schlimm­sten Aus­wir­kun­gen auf die Mensch­heit. Man kann das, was da im Vati­ca­num 2 und den dar­auf­fol­gen­den „Refor­men“ gesche­hen ist, in sei­ner Bedeu­tung kaum überschätzen.

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