(Mailand) Vom traditionsverbundenen Kulturverein Signum Ambrosianum wurde soeben das Ordinarium Missae in der überlieferten Form des Ambrosianischen Ritus veröffentlicht. Die Erzdiözese Mailand erteilte das Imprimatur.
Eine einfache gedruckte lateinisch-italienische Ausgabe liegt bereits vor, eine durchgehend farbige, schön gestaltete Ausgabe wird noch vor Weihnachten fertiggestellt. Bereits jetzt kann das Ordinarium als PDF auf der Internetseite von Signum Ambrosianum eingesehen werden. Ebenso wurde eine e‑book-Version für Tablet und Smartphone bereitgestellt. Das Ordinarium Missae kann kostenlos heruntergeladen, ausgedruckt und weiterverbreitet werden. Einzige Auflage ist die Quellenangabe www.signumambrosianum.it – ISBN 978–88-907422–2‑4.
Motu proprio Summorum Pontificum in Mailand ohne Gültigkeit
Als Papst Benedikt XVI. 2007 das Motu proprio Summorum Pontificum erließ, war der von Erzbischof Carlo Maria Kardinal Martini (1979–2002) geprägte Mailänder Klerus wenig begeistert. Als Seminaristen des erzbischöflichen Priesterseminars um Ausbildung auch in der „außerordentlichen“ Form ersuchten, vertrat Martinis Nachfolger Dionigi Kardinal Tettamanzi (2002–2011) den Standpunkt, das Motu Proprio gelte nur für den Römischen Ritus, nicht aber für den Ambrosianischen Ritus. Die erbischöflichen Kirchenrechtler stützen sich darauf, daß im Motu proprio nur der Römische Ritus genannt wird. Demnach gilt für den Geltungsbereich des Ambrosianischen Ritus weiterhin das Motu proprio Ecclesia Dei von 1988.
Unter dem seit 2011 amtierenden Erzbischof Angelo Kardinal Scola läßt sich eine Änderung der Haltung an der erzbischöflichen Kurie feststellen. Kardinal Scola hatte bereits als Patriarch von Venedig der Petrusbruderschaft zur Betreuung der Gläubigen des alten Ritus das Rektorat einer Kirche am Canal Grande übertragen. Um die Zelebration der überlieferten Form des Ambrosianischen Ritus bemühten sich vor allem die beiden Mailänder Domherren, Kanonikus Angelo Amodeo und Kanonikus Attilio Cavalli. Nach dem Tod von Domherr Amodeo hat der überlieferte Ambrosianische Ritus im neuen erzbischöflichen Zeremonienmeister, Msgr. Claudio Fontana, einen kräftigen Fürsprecher gefunden. Auch die Priesterbruderschaft St. Pius X. begann nach dem Tod von Msgr. Amodeo mit der Zelebration im überlieferten Ambrosianischen Ritus, nachdem sie bisher auch in Mailand nur im überlieferten Römischen Ritus zelebriert hatte.
Ambrosianischer Ritus in Teilen der Lombardei und des Tessin
Der Ambrosianische Ritus ist der offizielle liturgische Ritus der Erzdiözese Mailand. Oberhaupt ist der Erzbischof von Mailand. Der Ritus geht in seiner Kanonisierung auf den heiligen Kirchenvater Ambrosius zurück, der von 374–397 Erzbischof von Mailand war, ist aber in wesentlichen Teilen viel älter.
Als Papst Gregor I. Ende des 6. Jahrhunderts den Römischen Ritus auf die lateinische Kirche ausweitete, konnte sich der Ambrosianische Ritus neben dem mozarabischen (iberisch-westgotischen) und anderen lokalen Riten, wie dem Aquilejschen Ritus und Ordensriten erhalten. Während der Ritus des Patriarchen von Aquileja und Venedig durch das Konzil von Trient mit dem Römischen Ritus ersetzt wurde, besteht der Ambrosianische Ritus bis heute. Dieser Umstand wird der Tatsache zugeschrieben, daß Papst Pius IV. Mailänder war und die Seele des Konzils von Trient, der Heilige Karl Borromäus von 1560–1584 Erzbischof von Mailand war.
Karl Borromäus bewahrte den Ambrosianischen Ritus, Paul VI. unterwarf ihn der Liturgierreform
Umgekehrt wurde auch der Ambrosianische Ritus von der nachkonziliaren Liturgiereform erfaßt, weil Paul VI. vor seiner Wahl zum Papst Erzbischof von Mailand war. Er interessierte sich persönlich, daß die Liturgiereform auch in seiner ehemaligen Diözese umgesetzt wurde. Dies besorgte sein Nachfolger Giovanni Kardinal Colombo, der mit „eisernem Willen“ (Vita Pastorale 9/2008) die Liturgiereform durchführte. Unter Kardinal Tettamanzi wurde die „Reform im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils“ (Vita Pastorale) 2008 mit dem „Neuen Ambrosianischen Lektionar“ (NLA) weitgehend abgeschlossen, das 1976 ad experimentum eingeführt worden war.
Der Ambrosianische Ritus umfaßte ursprünglich weite Teile Norditaliens. Heute wird er noch in der ganzen Erzdiözese Mailand zelebriert (ausgenommen zwei kleine Enklaven) sowie in einigen angrenzenden Gebieten der Diözesen Bergamo, Lodi und Novara sowie besonders im Norden der Schweizer Diözese Lugano.
Der 2012 gegründete Kulturverein Signum Ambrosianum widmet sich der Pflege der überlieferten Form des Ambrosianischen Ritus. Bisher wurden von ihm neben dem nun erschienen Ordinarium Missae bereits ein Antiphonale Missarum und Te Laudamus mit den wichtigsten Gesängen der ambrosianischen Liturgie veröffentlicht. Die Herausgabe des Ambrosianischen Psalters sowie Veröffentlichungen zum Ambrosianischen Gesang sind in Vorbereitung.
Signum Ambrosianum arbeitet eng mit den seit 2011 bestehenden Cantori Ambrosiani und der Vereinigung Res Musica zusammen, die sich der Pflege des Ambrosianischen Gesangs in der Liturgie verschrieben haben.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Signum Ambrosianum