(Paris) Das Treffen fand am Mittwoch, den 8. Oktober am Sitze der Nationalversammlung, dem französischen Parlament in Paris statt. Die Abgeordneten Alain Clayes (regierende Sozialistische Partei, PS) und Jean Leonetti (Radikale Partei im oppositionellen UMP) empfingen offiziell oder besser gesagt im Auftrag von Premierminister Manuel Valls (PS) keinen geringeren als Daniel Keller, den Großmeister des Großorients von Frankreich (GODF), Dominique Mantion, als Vertreter der Großloge von Frankreich (GLNF) und Catherine Jeannin-Naltet, als Präsidentin der Frauen-Großloge von Frankreich (GLFF).
Mit wenigen Worten versammelten sich die Spitzenvertreter der französischen Freimaurerei. Um worüber zu sprechen? Über die „Begleitung der Menschen am Ende ihres Lebens“. Ein strategisches Thema, denn in der vorherrschenden Sprachregelung handelt es sich dabei um ein Synonym für Euthanasie.
Die beschürzten Brüder (und Schwestern)
Das Treffen auf höchster Ebene zwischen Staat und Freimaurerei am Sitz des Parlaments unterstreicht einmal mehr die hohe Wertschätzung und den großen Einfluß, den die beschürzten Brüder und seit 1974 auch Schwestern auf die Regierungspolitik und das Parlament westlich des Oberrheins haben. Dieser Sachverhalt ist lange bekannt, wird aber dennoch meist unterschätzt. Jüngst fiel die Ernennung des Freimaurers Patrick Kanner zum Minister für Stadtentwicklung, Jugend und Sport der Regierung Valls II auf. Sein Vorgänger in diesem Amt war Najat Vallaud-Belkacem, immerhin die Ehefrau eines beschürzten Bruders. Ebenso blieb die Teilnahme von Justizministerin Christiane Taubira nicht unbeachtet. Taubira ist Verfasserin der umstrittenen Lex Taubira zur Legalisierung der „Homo-Ehe“, gegen die seit zwei Jahren mit der Manif pour tous mehrfach Millionen Menschen auf den Straßen protestierten. Die Freimaurerei begrüßte hingegen mit Nachruck die Anerkennung der „Homo-Ehe“ und verurteilte die ablehnende Haltung der Kirche als „rückwärtsgewandt“ und „obskurantistisch“.
Die Radikale Partei: „humanistisch“ und antikatholisch
Einer der beiden von Premierminister Valls beauftragten Männer, Jean Leonetti kann eine ziemlich exklusive politische Laufbahn vorweisen. Er gehört der 1901 gegründeten Republikanischen, Radikalen und Radikal-sozialistischen Partei Frankreichs (PR) einer radikal antikatholischen, antimonarchistischen, linksliberalen, die als politischer Arm der Freimaurerei bezeichnet werden kann. Der PR war maßgeblich am Entstehen der Dritten Republik beteiligt und setzte 1905 die radikale Trennung von Staat und Kirche durch, mit der die Katholische Kirche aus dem öffentlichen Leben verbannt werden sollte. Bis in die 50er Jahre war sie in einem Linksbündnis Teil der Regierung, aus der sie erst durch den Aufstieg De Gaulles verdrängt wurde. Streng anti-gaullistisch eingestellt, spaltete sich die Partei nach De Gaulles Tod in einen rechten und einen linken Flügel. Leonetti gehört dem rechten Flügel an, der 2011 dem bürgerlichen Parteibündnis UMP beitrat.
Die zahlenmäßig wenigen Abgeordneten der Radikalen finden sich heute jedoch verteilt in allen großen Parlamentsfraktionen. Sieben gehören derzeit der UMP-Fraktion an, sechs der Zentrumsfraktion und zwölf der Sozialistischen Fraktion. Der Einfluß der Freimaurerei auf jeden Teil der Radikalen Partei blieb erhalten. Sie lebt noch heutige in der Welt Jean Jaques Rousseaus und Edward Gibbons, die jeden Einfluß des Christentums, besonders jedoch der Katholischen Kirche als Rückfall in „Barbarei“, „Unwissenheit“ und in ein „dunkles Zeitalter“ verstehen, weshalb aus ihrer Sicht „Humanismus“ geradezu zwingend antikatholisch sein müsse.
Jean Leonetti und der Logen-Einfluß
Seit der Spaltung regieren die Radikalen nach dem gaullistischen Intermezzo in der einen oder anderen Form wieder mit. Vor allem verfügt der Parti Radical auch über Einfluß auf die UMP, deren Vize-Präsident Leonetti seit vergangenem Februar ist.
Leonetti befaßte sich seit längerem mit bioethischen Fragen, besonders dem Lebensende. Das dazu erlassene Gesetz vom 22. April 2005 trägt seinen Namen. Am 20. August 2012 legte er gemeinsam mit anderen führenden französischen Persönlichkeiten eine Grundsatzerklärung der Bewegung France moderne et humaniste (Modernes und humanistisches Frankreich) vor, einer Strömung innerhalb der UMP. Der Ausdruck Humanismus findet sich weder zufällig dort noch meint er eine philosophische Richtung unter anderen. Der Begriff hat eine präzise ideologische Konnotation, auch in Sachen Lebensende, wie der Internetseite der European Humanist Federation (EHF) zu entnehmen ist. Der Begriff „Humanismus“ bringe am deutlichsten die Unterschiede zu einer konfessionellen Haltung zum Ausdruck. Eine Haltung, die von der Radikalen Partei seit jeher in die Sakristei verbannt werden möchte, weshalb sie jegliche kirchliche Stellungnahme zur Sache umgehend als „Einmischung“ kritisiert.
„Humanismus“, das stumme tatenlose Zusehen, wenn ein anderer Selbstmord begeht
Der „Humanismus“ fordert die Legalisierung der Euthanasie, die man zu einem Teil der Individualrechte erklärt hat. Jeder sei frei für sich und völlig unabhängig, ohne Druck, weder von der Familie noch von der Kirche zu entscheiden. Sollte er sich für den Selbstmord entscheiden, sei dies zu respektieren. Demnach sollte der „humane“ und „aufgeklärte“ Mensch schweigend und untätig zusehen, wie sich ein Familienmitglied oder ein anderer nahestehender oder befreundeter Mensch das Leben nimmt.
Der „Humanismus“ der Radikalen Partei kämpft nach wie vor für eine radikale Ausschaltung der Kirche aus dem öffentlichen Leben. Ihre Trennung von Staat und Kirche kennen keine Augenhöhe. Der Staat habe oben, die Kirche weit unten zu stehen, am besten unsichtbar. Christliche Symbole in der Öffentlichkeit werden bekämpft, auch öffentliche Kundgebungen für den Glauben oder für das Lebensrecht ungeborener Kinder. Jede staatliche Unterstützung für Schulen oder Krankenhäuser wird abgelehnt, sofern es sich um katholische Einrichtungen handelt. Aus diesem geistigen und kulturellen Umfeld stammt Leonetti und auf dieses Umfeld baut er seine politische Karriere auf. Aus diesem Grund ist es nicht mehr so unverständlich, daß er sich im Auftrag von Premierminister Valls zum Thema Lebensende mit den Spitzen der Freimaurerei traf. Vor allem das Zusammentreffen mit Dominique Mantion war ein Wiedersehen unter Brüdern, gehört doch Leonettis Loge in Nizza zur Großloge von Frankreich, wie L’Express schon 2002 schrieb.
Die Last, die Europa durch die Freimaurerei auferlegt wurde
Die Freimaurerei legt wert auf Diskretion. Vor allem will sie sich nicht in die Karten schauen lassen. Im 18. Jahrhundert begründete sie ihre Geheimnistuerei mit statlicher Verfolgung. Die Zeiten sind lange vorbei und dennoch ist sie ein Geheimbund geblieben. Etwas, was es in einem Rechtsstaat gar nicht geben dürfte, mit Duldung des Staates aber dennoch gibt. Sie bräuchte jedenfalls kein offizielles Treffen, um der französischen Regierung mitzuteilen, was sie wünscht. Ab und zu scheint sie aber Sichtbarkeit zeigen zu wollen. Aus welchem Grund auch immer. Gelegenheit für alle anderen, sich ihren Einfluß bewußt zu machen und an die Desinformation der vergangenen 300 Jahre zu denken, die durch die beschürzten Brüder auf Bildung, Wissen und kollektivem Gedächtnis der Völker lastet. Angefangen von der Erfindung des Mittelalters (weil christlich) als „dunkles Zeitalter“ bis zur Erfindung eines angeblich friedlich-toleranten Islam mit einer einst höherentwickelten Zivilisation. Alles was der Freimaurerei wirklich wichtig ist, ergibt sich aus einem kategorischen Widerspruch gegen die Katholische Kirche.
Text: Andreas Becker
Bild: Corrispondenza Romana
Ein Grund mehr, dass wir für die Bekehrung der Mitglieder dieser widerlichen Vereinigung mehr beten, dass wir aber auch ihre Machenschaften aufdecken!
Wie ist der Empfang der Freimaurer mit der Laizität des französischen Staates vereinbar?