(Madrid) Haben christdemokratische Parteien im europäischen Westen noch Rückgrat? Spaniens regierender Partido Popular (PP) scheint aus wahltaktischen Überlegungen den Gesetzentwurf zur Einschränkung der Abtreibung und zum Schutz der ungeborenen Kinder und der Frauenrechte zurückziehen zu wollen.
Das politische Personal der westlichen Christdemokraten vermittelt häufig den Eindruck, weltanschaulich kaum gefestigt zu sein. Es ist daher nicht in der Lage, eingenommene gesellschaftspolitische Positionen gegenüber einer ideologisch entschlossenen linksliberalen Allianz zu verteidigen. Die Folge ist ein seit langem anhaltendes Rückzugsgefecht, das jenseits des bürgerlichen Habitus eine vielschichtige Anpassung an linksliberale Positionen erkennen läßt. Jüngstes Beispiel könnte die spanische Volkspartei Partido Popular (PP) sein.
Entwurf von Justizminister Ruiz-Gallardon zum Schutz von Frauen und Ungeborenen
Seit dem Wahlsieg im November 2011 regiert der PP-Ministerpräsident Mariano Rajoy das Land. Zu den Wahlzielen gehörte eine Änderung des Abtreibungsgesetzes, das unter der sozialistischen Regierung Zapatero liberalisiert wurde. Die Rechtlosigkeit der ungeborenen Kinder sollte durch die PP-Regierung zumindest teilweise beendet werde. Ein gänzliches Abtreibungsverbot stand nie zur Debatte. Es fände wegen der geistigen Abrüstung selbst in christdemokratischen Parteien kaum eine Mehrheit.
Justizminister Alberto Ruiz-Gallardon brachte einen Entwurf zur Einschränkung der Abtreibung und zur Stärkung des Lebensrechts ungeborener Kinder ein. Sofort erhob sich wütender Protest linker und feministischer Kreise. Die Politsöldner von Femen führten mehrere Aktionen in Spanien durch. Bei einer wurde Erzbischof Kardinal Ruoco von Madrid attackiert. Dennoch zeigte sich Justizminister Ruiz-Gallardon Ende Juli noch zuversichtlich, daß das Gesetz für das Lebensrecht Ungeborener noch vor Ende September beschlossen werde.
Unterdessen berichten spanische Medien, daß die Regierung Rajoy den Gesetzesentwurf zurückziehen könnte. Die Meldung wurde am vergangenen Sonntag von der linken Tageszeitung El Mundo verbreitet. Eine Bestätigung durch den PP erfolgte bisher nicht. El Mundo beruft sich auf Hinweise ungenannter PP-Vertreter, die von einem „mangelnden Konsens innerhalb der Partei“ sprechen. Deshalb werde der Entwurf „nicht einmal das Parlament erreichen“, frohlockte die Tageszeitung.
Kaum woanders ist es leichter legal ein ungeborenes Kind töten zu dürfen
Bereits im Dezember 2011, wenige Tage nach der Vereidigung der neuen PP-geführten Regierung brachte der neue Justizminister das Gesetz zur Einschränkung des vorgeburtlichen Kindermordes ein. Der Entwurf richtet sich unmittelbar gegen das sozialistische Gesetz von 2010, das Spanien zu einem der liberalsten der liberalsten Abtreibungsländer der Welt machte. Die Einführung des Zapatero-Gesetzes war von heftigen öffentlichen Diskussionen begleitet gewesen. Die Entscheidung für die Abtreibungsliberalisierung fiel im Senat mit haudünner Mehrheit.
Der Entwurf von Justizminister Ruiz-Gallardon sieht nun die Möglichkeit der Abtreibung nur mehr im Fall einer Vergewaltigung und einer „ernsten und anhaltenden“ Gefahr für die psychische und physische Gesundheit der Mutter vor. Eine Gefahr, die von zwei Ärzten bestätigt werden muß. Seit dem 1. Juli 2010 gilt in Spanien hingegen eine Fristenlösung, die die legale Tötung ungeborener Kinder bis zu 14. Schwangerschaftswoche uneingeschränkt erlaubt, in Ausnahmenfällen bis zur 22. Woche.
Das Gesetz wird von Spaniens Lebensrechtlern nicht als “großer Wurf“ für den Lebensschutz gewertet, aber als Schritt in die richtige Richtung, um den Massenmord an den ungeborenen Kindern einzuschränken.
PP schweigt – Rückzug aus wahltaktischen Gründen?
Seit dem El Mundo-Bericht jubelt die Linke, während man sich beim PP in Schweigen hüllt. In wenigen Tagen sollte der Entwurf dem Parlament vorgelegt werden und die Debatte beginnen. Der Partido Popular habe, laut El Mundo, den Rückzug angetreten, weil 2015 Parlamentsneuwahlen bevorstehen. Die Parteizentrale befürchtet eine emotionale Überlagerung des Wahlkampfes, die sie nicht nur bei der Stimmenmaximierung behindern, sondern den Wahlsieg kosten könnte.
Der El Mundo-Bericht schlug wie eine Bombe ein, das er für alle Seiten völlig überraschend kam. Lebensrechtsorganisationen und Teile des PP sind entsetzt. Parteiintern laufen die Telefon heiß. Erst am vergangenen Mittwoch war der Antrag der sozialistischen Fraktion, den Gesetzentwurf schon vorab zu blockieren, in geheimer Parlamentsabstimmung mit 183 gegen 153 Stimmen abgelehnt worden. Die Fraktion des PP stimmte geschlossen gegen den Antrag.
Handelt es sich bei der Nachricht nur um ein linkes Störmanöver, um den PP in interne Schwierigkeiten zu bringen? Sollte die Nachricht allerdings stimmen, würde sich Justizminister Ruiz-Gallardon in einer mißlichen Lage befinden. Er hatte noch Anfang September erklärt: „Ich gebe euch mein Wort, daß das Geschrei und die Beleidigungen mich nicht davon abbringen werden, die Rechte der Frauen und der Ungeborenen zu sichern. Wir reden von der Verteidigung der Grundrechte.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Tempi
Und das wollen die Söhne Francos sein? Der Generalisimo würde sich im Grabe herumdrehen. Schande!
Werte Cinderella001. Mir ist ja inzwischen bekannt, dass Sie nicht die richtige Cinderella01 sind. Aber es ist schön, dass ich Ihnen hier einmal zustimmen kann.
Denn wenn ich auf dem Beiboot als Anonymus kommentiere, werde ich ja niemals durchgelassen. Vielleicht liest ja die echte Cinderella01 hier auch mit und ich kann ihr auf diesem Wege einmal sagen, dass es mir sehr weh tut, dass meine wohlmeinenden Kommentare nie freigeschaltet werden.