(Rom) Manche katholische Medien sind bemüht, dem Papst bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine „Freude“ bereiten zu wollen. Man könnte das Verhalten zuweilen mit Liebdienerei oder Lobhudelei verwechseln. Der Osservatore Romano stolperte vor wenigen Tagen genau darüber, weil er zu großen Eifer an den Tag gelegt hatte.
Zuerst war es der österreichische Missionsbischof Erwin Kräutler, der sich bei Heimataufenthalten stets auffallend um die Nähe zur linken “Reichshälfte“ bemüht. Er tat öffentlich kund, was er mit Papst Franziskus in einer Privataudienz besprochen habe und erweckte dabei durch unscharfe Trennlinien den Eindruck, daß der Papst gewissermaßen seine Meinung teile. Letzteres bleibt unbewiesen, da es dazu weder eine Aussage des Papstes noch eine Stellungnahme des Vatikans gibt.
Dann folgte der Brasilianer Frei Betto, der sich unter allen Befreiungstheologen rühmt, die besten Kontakte zum kubanischen Regime zu haben. Dieser vermittelte denselben zustimmenden Eindruck des Papstes wie zuvor bereits Amazonas-Bischof Kräutler und wünschte gleich eine „Rehabilitierung“ des atheistischen Idols Giordano Bruno. Wiederum gab es keine Aussage des Papstes und keine Stellungnahme des Vatikans, die Frei Bettos Behauptung bestätigen oder dementieren würde.
Die beiden Vorfälle vermittelten zusammen mit früheren vergleichbaren Vorfällen den Eindruck, daß Papst Franziskus solchen Eigenmächtigkeiten in der Öffentlichkeit keinen Einhalt gebietet. Eine Haltung, die weitere Fragen aufwirft, etwa jene, ob es dem Papst einfach gleichgültig ist, was andere über seine tatsächlichen oder vermeintlichen Ansichten verbreiten. Oder ob sie alle wahrheitsgetreu berichten und der Papst tatsächlich ihnen gegenüber den Eindruck der Zustimmung erweckte. Was die grundsätzliche Frage aufwirft, welche Position der Papst wirklich einnimmt. Aber das scheint das größte Rätsel des ganzen Pontifikats zu sein.
Osservatore Romano veröffentlicht Foto von Papst Franziskus mit Castro-Freund Frei Betto
Der Atheisten-Versteher Frei Betto scheint es dann doch etwas zu bunt getrieben zu haben mit seiner Behauptung und dem Zusatz, von Papst Franziskus im Gästehaus Santa Marta empfangen worden zu sein. Vorauseilend beeilte sich der Osservatore Romano den päpstlichen Willen zu erahnen und veröffentlichte, offensichtlich in der Annahme dem Papst damit eine Freude zu bereiten, ein Foto des Papstes mit dem marxistischen Krawattendominikaner. Das war Papst Franziskus dann doch zuviel der „Nähe“ mit dem befreiungstheologischen Castro-Freund.
Der Osservatore Romano bereitete die gedruckte Ausgabe des nächsten Tages am Nachmittag des 9. April vor, nur wenige Stunden nach der Begegnung des Papstes mit Frei Betto. In der Zwischenzeit hatte Bruder Betto eifrig und schnell dafür gesorgt, seine Version der Begegnung publik zu machen und fand dabei willige offene Türen bei allen wichtigen Medien rund um den Globus. Bestimmte Stichwörter scheinen in den Redaktionsstuben wahre „Wunder“ zu wirken: Frei Betto, Befreiungstheologie, ein bißchen Fidel Castro, ein bißchen Che Guevara, ein nostalgisches Socialismo o muerte, dazu noch Papst Franziskus und die Aufforderung des brasilianischen Theologen, „einen Dialog mit dieser liebenden Tochter“ zu suchen, die die Befreiungstheologie sei, „eine treue Tochter, die der Kirche nur Gutes“ wolle. Und natürlich die Forderung, Giordano Bruno zu rehabilitieren. Laut Frei Betto habe der Papst gelächelt und geantwortet, für den Häretiker „zu beten“, so als hege er die Absicht, den vollmundigen Intriganten und Scharlatan wirklich zu rehabilitieren.
Giordano Bruno das funktionale Idol der Atheisten
Giordano Bruno ist einer der wenigen Fälle, den die römische Inquisition 1600 tatsächlich auf den Scheiterhaufen gebracht hat. Wenn er nicht längst der Vergessenheit anheimgefallen ist, dann allein deshalb, weil ihn im 19. Jahrhundert in ihrer Feindschaft gegen die Kirche die italienischen Freimaurer entdeckten. Über deren Publikationen und antichristliche Idealisierung wurde er in funktionaler Hinsicht zum Idol der Atheisten.
Papst verlangt Richtigstellung
Was dann auch immer hinter den Mauern des Vatikans geschehen ist, die Veröffentlichung im Osservatore Romano war zu schwere Kost, um verdaut zu werden. Jedenfalls verlangte Papst Franziskus von der Tageszeitung eine Richtigstellung, die prompt am nächsten Tag als Zweispalter an derselben Stelle erschien.
„Entgegen dem, was gestern, 10. April, von einigen Medien veröffentlicht wurde, gab es in Santa Marta keine Audienz von Papst Franziskus für Frei Betto, sondern lediglich eine sehr kurze Begegnung am Ende des am Mittwoch gewohnten Zusammentreffens mit den Gläubigen auf dem Petersplatz, bei der sich der Papst darauf beschränkte ihm zuzuhören und ihn zu grüßen.“
Vatikansprecher dementiert Befreiungstheologen
Damit noch nicht genug: Papst Franziskus setzte auch Vatikansprecher Pater Federico Lombardi in Aktion. Dieser präzisierte bei der täglichen Begegnung mit den Journalisten: „Der Papst hat Frei Betto nicht in Santa Marta empfangen. Es hat sich nicht um ein wirkliches Gespräch gehandelt, sondern lediglich um einen Gruß beim Vorübergehen im Rahmen des sogenannten Handkusses am Ende der Generalaudienz. Der Papst hielt für einen Augenblick an, hörte zu und am Ende schloß er, wie er es häufig tut, mit einer Einladung zum Gebet. Mit Sicherheit war es nicht seine Absicht, auf die Angelegenheit Giordano Bruno einzugehen.“
Welche Schlußfolgerungen lassen sich ziehen?
Läßt sich eine Moral aus der Geschichte ziehen? Sicher die, daß Frei Betto zu dick aufgetragen hatte. Darf man also Papst Franziskus nicht eigenmächtig interpretieren, ohne eine Erwiderung fürchten zu müssen? Wenn dem so wäre, haben dann alle anderen umstrittenen Aussagen von Audienzbesuchern mangels Erwiderung den Tatsachen entsprochen? Das scheint dann doch zweifelhaft. Die Verwirrung durch ein Zuviel an vielstimmigen Stellungnahmen ist sehr groß. Eine Unsitte, die tendenziell zunimmt, aber leicht abzustellen wäre, wenn der Papst grundsätzlich seinen Gesprächspartnern Diskretion auferlegen würde. Damit wären alle eigenmächtigen Aussagen zu tatsächlichen oder vermeintlichen Papstaussagen automatisch dementiert, solange es keine offizielle Erklärung gibt. Doch Papst Franziskus, ein regelrechtes Mediennaturtalent auf dem Papstthron, konnte sich bisher nicht zu einer solchen Maßnahme durchringen. Daß ihm die dadurch entstehende und immer neu alimentierte Verwirrung entgangen sein könnte, darf indes zumindest ausgeschlossen werden, wie die prompte Reaktion auf die Giordano-Bruno-Séance von Bruder Betto zeigt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Osservatore Romano
Sehr gut, daß Sie diese Hintergrundinformation nachreichen! Letztens hat es aufgrund des OR-Artikels noch alles etwas anders geklungen.
Sehr wichtig der letzte Absatz mit den Schlußfolgerungen. Das sollte man auch dem hl. Vater und seinem Pressesprecher vorlegen.
Das ist doch alles nur noch peinlich. Dieser Papst soll sich zurückziehen. Die Lobhudelei auf ihn erinnert in fataler Weise an Ostblock-Zeiten. Ein gräßliches Pontifikat der Nichtig,- und Beliebigkeiten.
Ein Papst, der den atheistischen Medien gefällt, müsste sich fragen, wie es zu den Fehlinterpretationen kommen kann und was dem Christentum eindeutig feindlich gesinnte Gruppen immer wieder veranlasst, ihn als Zeugen ihres Säkularismus heranzuziehen.
Dieses Pontifikat ist schon jetzt stark geprägt vom Dementi, das es eigentlich nicht geben dürfte, würde Katholizität so vom Papst formuliert, dass Missverständnisse und subjektive ideologische In-Beschlagnahme ausgeschlossen wird.
Papst Benedikt XVI. emeritus hat das Missverständnis stets vermieden und ganz klare Aussagen zum Glauben formuliert, die für ideologische Interpretationen keinen Raum gaben. In einer Zeit, in der der vom Säkularismus geprägte Geist medialer Allmacht alles zu dominieren scheint, sollte ein Papst das Wort Jesu Christi in Klarheit verkünden und nicht durch Vagheit die abstrusesten Spekulationen ermöglichen.