(Straßburg/Athen) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte Griechenland und entschied, daß auch das krisengeschüttelte südeuropäische Land gleichgeschlechtliche Paare staatlich anerkennen und die besonderen Begünstigungen zum Schutz von Ehe und Familie auf Homosexuelle ausdehnen muß. Das Urteil des Gerichtshofs stammt vom vergangenen 7. November und wurde von 16 der 17 Richter der Großen Kammer beschlossen. Nur ein Richter, der portugiesische Rechtsexperte Paulo Pinto de Albuquerque war anderer Meinung.
Die erdrückende Mehrheit der Richter erklärte das griechische Staatsgesetz von 2008, das Ehe und eingetragene Partnerschaft heterosexuellen Paaren vorbehält, für diskriminierend. Die Richter entschieden, daß Griechenland jedem Kläger 5000 Euro Schadenersatz und die Anwalts- und Gerichtsspesen zu zahlen hat.
Griechenland wurde wegen Verletzung des Artikels 14 (Diskriminierungsverbot) und Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) der Europäischen Menschenrechtskonvention verurteilt. Der griechische Justizminister gab die Straßburger Entscheidung bekannt, eine Erklärung der griechischen Regierung zum Urteil gibt es aber noch nicht.
Die Richter am Europäischen Menschenrechtsgerichtshof begründeten die Richtigkeit ihrer Entscheidung mit dem Hinweis, daß homosexuelle Paare wie heterosexuelle Paare imstande seien, sich um „stabile Beziehungen zu bemühen“. Homosexuelle Paare hätten daher „dieselben Bedürfnisse in Sachen Versicherung und Vorsorge“ und bräuchten deshalb dieselbe rechtliche Anerkennung und denselben Rechtsschutz. Der Gerichtshof ging noch weiter und rechtfertige seine Entscheidung damit, daß der „Schutz der traditionellen Familie ein abstraktes Ziel“ sei. Um dieses Ziel zu verwirklichen, sei es möglich, viele Lösungen zu studieren und umzusetzen.
Das Urteil geht auf eine Eingabe des griechischen Homo-Aktivisten Grigoris Valliantos zurück, der seinen Fall und den seines Homo-Partners Nikolaos Mylonas vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof brachte und gegen das griechische Staatsgesetz klagte.
Valliantos kommentierte die Straßburger Entscheidung mit Begeisterung. Er sprach von einem „historischen“ Erfolg mit „übernationaler Bedeutung“ für die Rechte von Homosexuellen. Er betonte dabei, daß die griechischen Parteien alles versucht hätten, dies zu verhindern und unterstrich, daß die Straßburger Entscheidung gegen den politischen Willen der griechischen Gesellschaft und des griechischen Parlaments erfolgte. Valliantos zeigte dabei mit dem Finger auf die griechische Regierung: „Das Urteil ist eine kleine Revolution. Griechenland hat endlich den Streit verloren und die Regierung ist gezwungen, europäisch zu werden.“
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erfolgte im Namen eines zweideutigen und mißverstandenen Grundsatzes der Nicht-Diskriminierung. Sie mischt sich in die souveräne Gesetzgebung eines Mitgliedsstaates ein und zwingt diesem auf autoritäre Weise ein ideologisches Diktat auf, das mit dem Etikett „europäisch“ versehen wird. Das Urteil gegen Griechenland stellt in Wirklichkeit ein weiteres emblematisches Beispiel für ein zunehmendes Klima der Repression und der Intoleranz gegenüber den Verteidigern der Ehe zwischen Mann und Frau und der Familie dar.
Text: CR/Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana