(London) Die englischen Pfadfinderinnen, die Girl Guides von Girlguiding UK streichen Gott aus ihrem Pfadfindersprechen, das jeder Pfadfinder öffentlich bei seiner Aufnahme ablegen muß. Die Entscheidung sorgt für Diskussion auf den britischen Inseln, denn die Anrufung Gottes im Versprechen geht auf den Gründer Robert Baden-Powell zurück, der 1907 die Pfadfinderbewegung und 1909 die Pfadfinderinnen ins Leben rief:
Ich verspreche bei meiner Ehre und mit besten Kräften:
- meine Pflicht gegenüber Gott und dem König (oder gegenüber Gott und meinem Land) zu tun
- anderen Menschen jederzeit zu helfen
- das Pfadfindergesetz zu erfüllen.
Obwohl das Pfadfinderwesen sich in unterschiedlichem kulturellen, politischen und religiösen Umfeld ausbreitete, hatte auch der Bezug auf Gott, der zudem in Baden-Powells Versprechen vor allen anderen den ersten Platz einnimmt, überall Geltung.
Ausgerechnet in Großbritannien, wo die Bewegung entstanden ist, hat nun einer der größten Bünde der dortigen Pfadfinderei sich vom Gründer und seinem Auftrag verabschiedet. Künftig wird jedes Mädchen, das die Kluft des Bundes anzieht, im neuformulierten Pfadfinderversprechen nur mehr versprechen, das Möglichste zu tun „um mir selbst gegenüber ehrlich zu sein und meine Überzeugungen zu stärken, der Königin und meiner Gemeinschaft zu dienen, anderen Menschen zu helfen und das Pfadfindergesetz zu erfüllen.“
Die Girl Guides zählen auf den Inseln rund eine halbe Million Mitglieder. Ihr männliches Pendant könnte es den Mädchen bald gleichtun. Auch in der UK Scout Association gibt es entsprechende Diskussionen.
Die seit 2011 amtierende Vorsitzende Gill Slocombe, Chief Guide genannt, sagte zur Entscheidung: „Unsere Bewegung war immer ein Umfeld, in dem jedes Mädchen seine eigenen Überzeugungen und seine eigene ethische Sicht wachsen lassen konnte, sowohl innerhalb wie außerhalb einer formal definierten Religion. Einige fanden dazu die Formel des Versprechens zweideutig, was einige Mädchen entmutigte, sich unseren Gruppen anzuschließen.“
Die Entscheidung, den Gottesbezug zu tilgen, wurde von atheistischen und agnostischen Vereinigungen mit lautem Beifall begrüßt. Die anglikanische Kirche von England hatte sich gegen eine Streichung ausgesprochen, ohne Gehör zu finden.
Die Entscheidung reiht sich in Großbritannien in eine generelle Tendenz ein, die christlichen Wurzeln des Landes im Namen eines militanten Laizismus zu tilgen. Ein Vorgang, der nur möglich ist, weil die Christen weitgehend gleichgültig einer radikalen Minderheit das Feld überlassen. Die Neuformulierung des Pfadfinderversprechens des Mädchenbundes spricht eine deutliche Sprache. Der Gottesbezug wurde durch einen Bezug auf die „Ehrlichkeit zu sich selbst“ ersetzt. Die Selbstbezogenheit des Menschen in der höchsten Steigerungsform der Ichbezogenheit, vor der Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch 2010 in England und Schottland ebenso warnte, wie nun Papst Franziskus.
„Ein Beispiel für das Umsichgreifen einer individualistischen Gesellschaftssicht? Nun genügt es das Versprechen der Pfadfinderinnen zu lesen“, kommentierte die ehemalige Tory-Abgeordnete Ann Widdecombe die Gottestilgung. „Sie entfernen Gott aus dem öffentlichen Leben und es gelingt ihn viel zu einfach. Das ist einer jener Fälle, in denen es ein Fehler ist, auch die andere Wange hinzuhalten“, schrieb die katholische Publizistin Cristina Odone im Telegraph.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: WAGGGS