(Riad) Im saudischen Königreich werden zum Tode Verurteilte mit dem Säbel enthauptet, wie es das islamische Gesetz, die Scharia, vorschreibt. Wegen der großen Zahl der Todesurteile fehlen dem Wahabitenstaat aber ausreichend Scharfrichter. Das Justizministerium läßt daher neue Hinrichtungsformen prüfen. Die Beamten tendieren dazu, die Enthauptung durch Erschießung zu ersetzen. Den Überlegungen im Ministerium liegt weder ein Anflug von Mitleid noch Überlegungen zu einer „Humanisierung“ der Hinrichtung zugrunde. Es geht darum den Mangel an „Henkern“ auszugleichen und das Hinrichtungssystem effizienter zu gestalten. Seit Jahresbeginn wurden bereits mindestens 40 Hinrichtungen durchgeführt. Die letzte bekannte am 14. Mai. 2012 wurden 76 Todesurteile exekutiert.
Das Justizministerium beklagt in einem Rundschreiben, daß unter den Saudis nur mehr wenige Männer mit dem traditionellen Säbel umzugehen wissen. Die Ausbildung im Umgang mit dem Krummschwert ist hart und zudem braucht es noch die nötige Kaltblütigkeit. Dadurch sei die Rekrutierung von Scharfrichtern stark eingeschränkt.
Die wenigen Scharfrichter müssen durch das ganze Land reisen, um die öffentlichen Enthauptungen durchzuführen. Das Ritual müsse wegen des öffentlichen Schauspiels mit Präzision durchgeführt werden. Die geringe Zahl der amtierenden „Henker“ blockiere das Justizsystem, wie das Justizministerium beklagt. Im selben Rundschreiben wird den Gerichten daher die Erlaubnis erteilt, vorerst provisorisch, notfalls Erschießungen durchzuführen. Diese Hinrichtungsmethode, so das Ministerium, stehe nicht im Widerspruch zu den islamischen Vorschriften, wie eine Überprüfung ergeben habe.
Der Mangel an Scharfrichtern scheint den Hinrichtungsbetrieb allerdings nicht wirklich zu blockieren, wie die bereits 40 Hinrichtung im Jahr 2013 belegen. Die jüngste bekannte Enthauptung fand am 14. Mai in Najran im Südwesten des Staates statt. Enthauptet wurde Maneh al-Daen. Er wurde für schuldig befunden, ein anderes Mitglied seines Stammes erdolcht zu haben.
Seit Jahren setzen sich führende Menschenrechtsorganisationen, unterstützt von westlichen Regierungen für gerechtere Gerichtsverfahren und weniger brutale Hinrichtungsformen in Saudi-Arabien ein. Der reiche arabische Staat mit seinem sunnitischen Islam wahabitischer Prägung ist das einzige Land der Welt, in dem Todesurteile durch Enthauptung auf einem öffentlichen Platz exekutiert werden. Die Todesstrafe wird verhängt bei Delikten wie Mord, bewaffnetem Raub, Vergewaltigung, Drogenhandel, Hexerei und homosexuellen Handlungen.
Die Strafen für geringere Delikte wie Diebstahl und Meinungsdelikte sind nicht weniger brutal. Neben einer Gefängnisstrafe sehen sie zusätzlich das Abhacken einer Hand oder eines Fußes oder die öffentliche Auspeitschung vor. Erst vor kurzem wurde ein libanesischer Christ und ein Saudi zur öffentlichen Auspeitschung verurteilt, weil sie einer saudischen Frau, die sich zum Christentum bekehrt hatte, zur Flucht aus dem Land verholfen hatten (siehe eigenen Bericht). Die Richter erklärten, die Männer hätten die Frau gezwungen, den Islam zu verleugnen und sich taufen zu lassen. Der Libanese muß für sechs Jahre ins Gefängnis und 300 Peitschenhiebe erdulden, die an einem öffentlichen Platz vor Schaulustigen exekutiert werden. Es half den Männern nichts, daß die junge Frau, die in Schweden Zuflucht gefunden hat, mehrfach beteuerte, aus freien Stücken das Christentum angenommen zu haben.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews