[Update:] Die F.A.Z. weiß, wohin die Pferdchen Kardinals Meisner laufen: zurück nach Königstein.


Joachim_Kardinal_Meisner_2010von Johan­nes Buchmann

Anzei­ge

In der FAZ vom 5.2.2013 stellt Dani­el Deckers wie­der ein­mal „die Gret­chen­fra­ge der katho­li­schen Sexu­al­mo­ral“. Er lie­fert auch gleich die Ant­wort aus Kar­di­nals­mund, wenn er feststellt,

„der Köl­ner Kar­di­nal hat Norm­be­grün­dungs­ver­fah­ren in die inner­ka­tho­li­sche Debat­te über das Pro und Con­tra künst­li­cher Emp­fäng­nis­ver­hü­tung ein­ge­bracht, die auf Sei­ten des Lehr­am­tes bis­lang tabu waren. Kei­nen Zwei­fel läßt der Kar­di­nal an der grund­sätz­li­chen Ableh­nung der Abtrei­bung durch die katho­li­sche Kir­che. Wenn ‚im Not­fall‘ emp­fäng­nis­ver­hü­ten­de Mit­tel nicht mehr rund­her­aus abge­lehnt wer­den und eine abor­ti­ve Wir­kung ‚als Neben­wir­kung‘ um eines höhe­ren Gutes wil­len in Kauf genom­men wird, dann hat Meis­ner den Boden der in einer römisch-katho­li­schen Inter­pre­ta­ti­on des Natur­rechts begrün­de­ten Sexu­al­mo­ral des Lehr­am­tes ver­las­sen – wenn auch nur einen klei­nen Schritt weit. Ein wei­te­rer klei­ner Schritt für die Ethik, ein gro­ßer aber für die Kir­che wäre es, wenn sie ihre gesam­te Sexu­al­mo­ral nach den Regeln der Güter­ab­wä­gung revi­dier­te und dem Ver­hält­nis von Hand­lun­gen und Neben­wir­kun­gen mehr Beach­tung schenkte.“

Für den Jour­na­li­sten der F.A.Z. steht damit fest: „Kar­di­nal Meis­ner mißt dem Gewis­sen der Betrof­fe­nen höhe­ren Stel­len­wert bei als bisher.“

Mit Ver­weis auf die „Gewis­sens­ent­schei­dung“ wur­de das katho­li­sche Gret­chen bereits 1968 von den Bischö­fen im Regen ste­hen gelassen:

„Wer glaubt, in sei­ner pri­va­ten Theo­rie und Pra­xis von einer nicht unfehl­ba­ren Leh­re des kirch­li­chen Amtes abwei­chen zu dür­fen – ein sol­cher Fall ist grund­sätz­lich denk­bar – muß sich nüch­tern und selbst­kri­tisch in sei­nem Gewis­sen fra­gen, ob er dies vor Gott ver­ant­wor­ten kann.“ (König­stei­ner Erklä­rung vom 30.8.1968)

Der unter Zeit­druck ste­hen­de Kran­ken­haus­arzt, die ver­un­si­cher­te Bera­te­rin und die trau­ma­ti­sier­te ver­ge­wal­tig­te Frau sol­len eine trag­fä­hi­ge Gewis­sens­ent­schei­dung in einer Sache ver­ant­wor­ten, für die nach katho­li­scher Auf­fas­sung die Regeln der Güter­ab­wä­gung  nicht gel­ten – näm­lich im Hin­blick auf die mög­li­che Tötung eines wehr­lo­sen und unschul­di­gen Menschen.

Damit  läßt Dani­el Deckers es nicht bewen­den. Am Ende sei­nes Arti­kels holt er zu einem wei­te­ren Schlag aus, indem er die Ver­laut­ba­run­gen zur „Pil­le danach“ mit dem Aus­stieg der katho­li­schen Kir­che aus der Schwan­ger­schafts­kon­flikt­be­ra­tung verbindet:

„Am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag ver­pflich­te­te Meis­ner die Ärz­te in katho­li­schen Ein­rich­tun­gen, sich rück­halt­los und unter Berück­sich­ti­gung des neue­sten Stan­des der Wis­sen­schaft der Not ver­ge­wal­tig­ter Frau­en anzu­neh­men. Dabei dürf­ten sie auch über Metho­den und deren Zugäng­lich­keit auf­klä­ren, die nach katho­li­scher Auf­fas­sung nicht ver­tret­bar sei­en, wenn sie dabei auch die ‚katho­li­sche Posi­ti­on mit Argu­men­ten‘ erläu­ter­ten. Im Prin­zip haben die katho­li­schen Bera­te­rin­nen im Schwan­ger­schafts­kon­flikt bis zum Jahr 2001 genau das gemacht – und die­ses mit dem ‚Bera­tungs­schein‘ sogar schrift­lich bestätigt.“

Ange­nom­men, Kar­di­nal Meis­ner habe die­se nahe­lie­gen­de Inter­pre­ta­ti­on sei­ner Erklä­rung nicht kom­men sehen, so wird er sich spä­te­stens jetzt der Fra­ge nach einem Wie­der­ein­stieg in die Ver­ga­be von „Tötungs­li­zen­zen“ stel­len müssen.

Denn eines hat der Gynä­ko­lo­ge bei Jauchs Katho­li­ken-Bas­hing am 3.2.2013 klar gesagt:

„Es ist auf jeden Fall so, daß im Ein­zel­fall, d. h. wenn der Eisprung bereits statt­ge­fun­den hat, dann wirkt die ‚Pil­le danach‘ auch so, daß die Ein­ni­stung des befruch­te­ten Eies in die Gebär­mut­ter­schleim­haut ver­hin­dert wird.“

Der Arme muß­te sich einen Tag spä­ter von sei­nen Kol­le­gen eines Bes­se­ren beleh­ren las­sen. In einem „aus gege­be­nem Anlaß“ eilig zusam­men­ge­stell­ten Update zum The­ma „Not­fall­kon­tra­zep­ti­on“ vom 4.2.2013 wer­den die unlieb­sa­me Stu­di­en ein­fach unterschlagen.

Fazit: Ein Kar­di­nal läßt sich bera­ten und gibt danach eine Erklä­rung ab, die durch eine zeit­glei­che Erklä­rung sei­ner Pres­se­stel­le erläu­tert wer­den muß. Den betrof­fe­nen katho­li­schen Ärz­ten wird die Ver­ant­wor­tung für die Ver­ord­nung von Mit­teln über­tra­gen, „deren Wirk­prin­zip im Grenz­be­reich von Emp­fäng­nis­ver­hü­tung und Nida­ti­ons­hem­mung und damit einer Abtrei­bung liegt.“ Und die ver­ge­wal­tig­te Frau? Ihr wird ein Rezept aus­ge­hän­digt und (ganz neben­bei durch wen?) die „katho­li­sche Posi­ti­on mit Argu­men­ten“ erläutert.

Ärz­te, Bera­te­rin­nen, Ver­ge­wal­ti­gungs­op­fer – alle müs­sen sich vor ihrem Gewis­sen recht­fer­ti­gen. Der Kar­di­nal wäscht sei­ne Hän­de in „wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­sen“. Und der Ver­ge­wal­ti­ger plä­diert dem­nächst auf „Kör­per­ver­let­zung“  – schließ­lich braucht kei­nes sei­ner Opfer mehr das Ergeb­nis einer „ver­bre­che­ri­schen Befruch­tung“ auszutragen.

[Update: Der Arti­kel wur­de um einen Link zur Doku­men­ta­ti­on Frau­en­ärz­te-Berufs­ver­bän­de – ändern Stu­die um Kar­di­nal Meis­ner auf Kurs zu hal­ten ergänzt.]

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!