(Mailand) „Der Teufel? Er findet sich selten in Mailand, aber manchmal doch“, schreibt der Vatikanist Paolo Rodari über die Stadt der Heiligen Ambrosius und Karl Borromäus. Die Anzahl der Menschen, die sich Tag für Tag an die erzbischöfliche Kurie wenden, weil sie meinen, vom Teufel besessen zu sein oder in dieser Sorge um einen ihnen nahestehenden Menschen sind, nimmt ständig zu.
Die Anfragen sind so zahlreich, daß Erzbischof Angelo Kardinal Scola das Exorzistenkollegium der Erzdiözese aufgestockt und durch Neuernennungen verdoppelt hat. Inzwischen zählt die größte Diözese der Welt nicht mehr sechs, sondern zwölf Exorzisten.
„Wie die Anfragen zeigen, hat sich auch das Bedürfnis verdoppelt“, so Msgr. Angelo Mascheroni, Weihbischof von Mailand und verantwortlicher Leiter des Exorzistenkollegiums seit 1995. „Es gehen so viele Fragen ein, daß wir eine eigene Telefonzentrale als erste Ansprechstelle einrichten mußten.“ Dieser erste telefonische Kontakt gibt Auskunft, bietet erste Informationen und sichtet die eingehenden Anfragen nach verschiedenen Kriterien, vor allem nach dem Territorialprinzip, um den Betroffenen lange Anreisewege zu ersparen.
Wie aber zeigt sich der Teufel?, so Rodari. „Ich frage grundsätzlich immer, ob die Betroffenen, bevor sie sich an uns wandten, bei Magiern waren, die ihnen vielleicht auch Geld abgeknöpft haben. Ich frage auch, ob sie bei einem Facharzt waren, da es sich zum Teil um psychische Probleme handeln kann. Schließlich gilt es auch, sich vor Verwandten zu schützen, da manchmal die Eltern, Geschwister oder Kinder darauf beharren, daß ‚der Teufel im Spiel sein muß‘. Die allererste Aufgabe der Exorzisten ist es zuzuhören und Trost zu spenden, da sie meist durch verschiedenste Erlebnisse kaputte Personen antreffen, die den Nächsten verwünschen. Es gilt alle mit großer Gelassenheit anzunehmen und wiederaufzurichten und diesen Menschen vor allem den richtigen Blick auf die Realität wiederzugeben, vor allem auch die Sicherheit, daß der Herr immer größer und mächtiger ist als der Teufel. Die wirklich diabolischen Erscheinungen sind meiner Erfahrung nach sehr selten.“
Wer wendet sich an einen Exorzisten? „Es kommen Junge und Alte, Männer und Frauen, Menschen der unterschiedlichsten Bildungsebenen von der Grundschule bis zu den Akademikern. Meist rufen zunächst Verwandte an, für die Kinder und Jugendlichen die Eltern. Sie berichten, daß ihr Sohn oder ihre Tochter nicht mehr zur Schule gehen will, Drogen nimmt, sich auflehnt. In den allermeisten Fälle liegt keine Besessenheit vor. Es handelt sich vielmehr um natürliche Generationenkonflikte in der Entwicklung der Jugendlichen. Es geht dann darum, auf geeignete Hilfsangebote hinzuweisen, wo Jugendliche und Eltern richtige Umgangsformen miteinander lernen, um die Umbruchphase gemeinsam zu meistern. Es ist also wichtig, die Anfragen zu sieben, um jeweils helfen zu können, vor allem aber, um wirkliche dämonische Erscheinungen zu erkennen. Msgr. Lorenzo Longoni, ein bekannter Exorzist sagte, daß er in seinem Leben nur einen wirklichen Exorzismus durchführen mußte.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Museovirasto.fi