Neokardinal Salazar Gómez schwenkt wenige Stunden vor Konsistorium auf Kirchenlinie ein – Römisches Ultimatum?


(Bogo­ta) Der desi­gnier­te Pur­pur­trä­ger Msgr. Rubén Sala­zar Gómez fand zum The­ma Abtrei­bung die rich­ti­gen Wor­te. Der Erz­bi­schof von Bogo­ta hat­te sich noch vor weni­gen Tagen für Straf­frei­heit bei Tötung unge­bo­re­ner Kin­der in jenen Fäl­len aus­ge­spro­chen, die das kolum­bia­ni­sche Gesetz erlaubt. Nach einer Zurecht­wei­sung durch den Hei­li­gen Stuhl kor­ri­gier­te Erz­bi­schof Sala­zar Gómez nun sei­ne Mei­nung – weni­ge Stun­den vor Beginn des Kon­si­sto­ri­ums, bei dem er zum Kar­di­nal erho­ben wird.

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„Ja zur Ent­kri­mi­na­li­sie­rung der Abtrei­bung in den drei von der kolum­bia­ni­schen Gesetz­ge­bung vor­ge­se­he­nen Fäl­len“, hat­te Msgr. Sala­zar Gómez am 13. Novem­ber in einem Inter­view mit der  kolum­bia­ni­schen Tages­zei­tung El Tiem­po geäu­ßert. Die ekla­tan­te Abwei­chung von der katho­li­schen Hal­tung zum Lebens­schutz löste hef­tig­ste Debat­ten aus. Die Kar­di­nals­er­he­bung des Vor­sit­zen­den der kolum­bia­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz war bereits vor­her in kon­ser­va­ti­ven Kir­chen­krei­sen auf wenig Gegen­lie­be gesto­ßen. Das Inter­view bestä­tig­te die Befürch­tun­gen zu einem The­ma, das die Kir­che an vor­der­ster Front gegen eine Kul­tur des Todes sieht. Aus Rom kam umge­hend die Auf­for­de­rung, sich die kirch­li­che Posi­ti­on zu eigen zu machen.

„Abtreibung ist ein abscheuliches Verbrechen“

„Die Abtrei­bung ist ein abscheu­li­ches Ver­bre­chen und ihre Straf­frei­heit ist in kei­nem Fall akzep­ta­bel, eben­so wenig ist sie als ein Recht zu betrach­ten“. Mit die­sem kla­ren und unzwei­deu­ti­gen Satz, bekräf­ti­ge Erz­bi­schof Sala­zar Gómez nun die katho­li­sche Hal­tung in einem Schrei­ben an den Vati­kan. Das Staats­se­kre­ta­ri­at des Hei­li­gen Stuhls hat­te das bal­di­ge Mit­glied des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums auf­ge­for­dert, sei­ne Posi­ti­on zur Tötung unge­bo­re­ner Kin­der zu klä­ren. Die­se Kehrt­wen­de des Erz­bi­schofs von Bogo­ta bestä­tig­te inzwi­schen auch El Tiem­po in Kolum­bi­en.

Das El Tiem­po-Inter­view des Neo-Kar­di­nals erfolg­te zu einem Zeit­punkt, da das kolum­bia­ni­sche Par­la­ment tat­säch­lich über eine umfas­sen­de Straf­frei­stel­lung der Abtrei­bung dis­ku­tier­te und weni­ge Tage nach der Bekannt­ga­be, daß Papst Bene­dikt XVI. den Erz­bi­schof beim Kon­si­sto­ri­um vom 24. Novem­ber zum Kar­di­nal erhe­ben wird. Im Vati­kan wur­de in man­chen Krei­sen sogar die Ver­schie­bung der Kar­di­nals­kre­ierung erwo­gen. In Kolum­bi­en führ­te das Inter­view zu erheb­li­cher Ver­wir­rung, da die per­sön­li­che Mei­nung des Kar­di­nals mit der Posi­ti­on der Kir­che ver­wech­selt wurde.

Verfassungsgericht Kolumbiens stellte 2006 Abtreibung in drei Fällen straffrei

In Kolum­bi­en, wie auch anders­wo waren es die Rich­ter, die sich zum Gesetz­ge­ber auf­schwan­gen. Mit dem Urteil C 355 erlaub­te der kolum­bia­ni­sche Ver­fas­sungs­ge­richts­hof am 10. Mai 2006 die Tötung unge­bo­re­ner Kin­der in drei Fäl­len: wenn die Ent­wick­lung der Schwan­ger­schaft eine Gefahr für das Leben oder die Gesund­heit der Frau dar­stellt, wenn eine Miß­bil­dung des Fötus des­sen zukünf­ti­ges Leben unmög­lich macht, wenn die Schwan­ger­schaft Fol­ge einer Ver­ge­wal­ti­gung oder von Inzest ist.

Von die­sen drei Fäl­len sprach Erz­bi­schof Sala­zar Gómez, des­sen Äuße­run­gen im gan­zen Land auf allen Ebe­nen hef­tig­ste Dis­kus­sio­nen aus­lö­sten. Die Lebens­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen und im Vati­kan war man regel­recht ent­setzt. Eine sol­che Anbie­de­rung an den Zeit­geist hat­te man sich nicht ein­mal von Sala­zar Gómez erwar­tet. Dem Erz­bi­schof wur­de eine Art Ulti­ma­tum gestellt, sei­ne Posi­ti­on zu klä­ren. Eine Klä­rung, die weni­ge Stun­den vor Beginn des Kon­si­sto­ri­ums erfolg­te, bei dem Bene­dikt XVI. sechs Neo-Kar­di­nä­len im Peters­dom den Kar­di­nals­ring über­rei­chen wird.

Eignen sich „widersprüchliche“ Kirchenvertreter für das Kardinalskollegium?

Der Erz­bi­schof von Bogo­ta war nicht das erste Mal durch eine „unbe­dach­te“ Wort­mel­dung auf­ge­fal­len. Im ver­gan­ge­nen April hat­te er sich in einem Rund­funk­in­ter­view für die Straf­frei­heit von Dro­gen­kon­sum aus­ge­spro­chen und damit Kolum­bi­en und das Aus­land über­rascht. Er sei gegen eine Lega­li­sie­rung, aber für eine Ent­kri­mi­na­li­sie­rung, hat­te Msgr. Sala­zar Gómez damals erklärt. Damals igno­rier­te Rom die Äuße­rung. Dies­mal nicht mehr. Kurz vor dem Kon­si­sto­ri­um gibt es damit Ent­war­nung. Der fei­er­li­chen Kar­di­nals­kre­ierung steht nichts im Wege. Den­noch blei­ben eini­ge Fra­gen: Eine davon lau­tet: Ist jemand für das Kar­di­nals­kol­le­gi­um geeig­net, der mehr­fach sei­ne Aus­sa­gen nach ent­spre­chen­der Zurecht­wei­sung kor­ri­gie­ren muß­te? Man­che Kir­chen­ver­tre­ter, sie­he die schwin­del­erre­gen­de Posi­tio­nie­rung des St. Gal­ler Bischof Mar­kus Büchel, schei­nen nur schwer dem Druck der vor­herr­schen­den Mei­nung standzuhalten.

Text: Vati­can Insider/​Giuseppe Nardi
Bild:  La cigüeña de la torre

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2 Kommentare

  1. Es ist und bleibt ein gro­ßes Rät­sel, wes­halb Rom immer und immer wie­der win­di­gen Theo­lo­gen die höch­sten Wei­hen und Wür­den ver­leiht. Wird man denn im Vati­kan aus Scha­den nie klug?

  2. „Die Kri­se der Kir­che ist eine Kri­se der Bischö­fe“, die­se Fest­stel­lung eines frü­he­ren Glau­bens­prä­fek­ten ist inzwi­schen weit­ge­hend bekannt. Lei­der ist hin­zu­zu­fü­gen, dass sie ab Johan­nes XXIII. auch eine Kri­se der Päp­ste ist, wobei natür­lich zu dif­fe­ren­zie­ren ist zwi­schen den ein­zel­nen Kon­zils- und Nach­kon­zil­s­päp­sten. Davon abge­se­hen ist dies für tra­di­ti­ons­treue Katho­li­ken die denk­bar schlimm­ste Situa­ti­on. Sich im Gegen­satz zum Papst zu befin­den, was ist schlim­mer für rom­treue Katholiken?
    Für die­se Kar­di­nals­er­nen­nung trägt Bene­dikt XVI. die Ver­ant­wor­tung. Er selbst wird wis­sen, dass ein Ulti­ma­tum nur Kos­me­tik ist. Zu spe­ku­lie­ren, wie sehr die Pro­gres­si­sten in Rom inzwi­schen die Über­hand gewon­nen haben und Druck aus­üben, erüb­rigt sich. Nur mit Sor­ge kann man dem näch­sten Kon­kla­ve ent­ge­gen­se­hen. Viel­leicht wird ja Büchel danach eines Tages noch Kardinal.
    Lei­der hat Erz­bi­schof Lefeb­v­re mit sei­ner Posi­ti­on Rom gegen­über mehr als recht gehabt. Leider!!!

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