(Kairo) Ägyptische Salafisten haben ein Grundstück der koptisch-orthodoxen Kirche besetzt. Damit reagieren die radikalmoslemischen Kreise auf die Wahl Tawadros II. zum neuen koptischen Patriarchen von Alexandria. Dieser hatte in seiner ersten öffentliche Erklärung nach seiner Erwählung jede Einführung der Scharia in die künftige ägyptische Verfassung zurückgewiesen. Die Reaktion darauf folgte umgehend. Bereits in der Nacht des 5. November besetzten Salafisten in Shubra al-Kheima, in einem südlichen Stadtteil Kairos ein Kirchengrundstück. Koptischer Bischof dieser Gegend ist Antonius Morcos, der Sprecher des neuen koptischen Kirchenoberhauptes.
Die Besetzung ist eine „offene Drohung gegen den neuen Patriarchen“, so Pater Greiche, der Sprecher der katholischen Kirche in Ägypten. Die Islamisten möchten Tawadros II. noch vor seiner offiziellen Amtsübernahme einschüchtern.
Etwa einhundert mit Knüppel und Eisenstangen bewaffnete Extremisten drangen in der Nacht vom 5. auf den 6. November auf das Grundstück ein, das zur Kirche St. Mina gehört. Die Islamisten brachten ein Transparent mit der Aufschrift „Moschee Ebad al-Rahman“ an. Die alarmierte Polizei griff nicht ein. Erst gestern erfolgte die Räumung des Geländes, nachdem auf koptischen Druck hin das Innenministerium aktiv wurde. „Solche Aktionen sind an sich nichts Neues in Ägypten. Es ist aber das erste Mal, daß die Extremisten direkt einen hohen koptischen Würdenträger angreifen“, so Pater Greiche.
Patriarch Tawadros II. kritisierte in seiner programmatischen ersten Stellungnahme die Übermacht der Islamisten in der verfassungsgebenden Versammlung: „Die koptisch-orthodoxe Kirche wird sich jeder Initiative widersetzen, die Grundsätze der Scharia in die neue Verfassung aufzunehmen.“
Inzwischen forderten mehrere christliche, aber auch moderate moslemische Gruppen die Verhaftung der salafistischen Rädelsführer, die die Aktion angeführt hatten. Das Maspero Youth Movement und die Free Egyptian Party riefen Staatspräsident Morsi auf, solchen Aktionen des interreligiösen Hasses ein Ende zu bereiten.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews
Schöner arabischer „Frühling“.