Nachfolge Williams gestaltet sich schwierig – Spaltung der Anglikaner unaufhaltsam?


(Lon­don) Die Nach­fol­ge von Rowan Wil­liams als Erz­bi­schof von Can­ter­bu­ry und an der Spit­ze der angli­ka­ni­schen Welt­ge­mein­schaft gestal­tet sich schwie­rig. Seit der Ankün­di­gung Wil­liams im Spät­som­mer 2011 sich zurück­zu­zie­hen lie­fen unter­ir­disch zahl­rei­che Aktio­nen, um die­sen oder jenen Kan­di­da­ten zu för­dern oder zu ver­hin­dern. Justin Wel­by, der Bischof von Dur­ham, schaff­te es als erster Kan­di­dat vom 16köpfigen Nomi­nie­rungs­ko­mi­tee der Kir­che von Eng­land, der Crown Nomi­na­ti­ons Com­mis­si­on, offi­zi­ell nomi­niert zu wer­den. Da Rowan Wil­liams mit Jah­res­en­de in den Ruhe­stand tritt, müs­sen dem­nächst auch die Wür­fel für den zwei­ten Kan­di­da­ten fal­len. Dar­an hakt die Sache jedoch. Die König­li­che Nomi­nie­rungs­kom­mis­si­on hat gro­ße Schwie­rig­kei­ten, sich auf einen zwei­ten Namen zu eini­gen, um den Vor­schlag zu ver­voll­stän­di­gen. Wegen der Ver­schrän­kung der Kir­che von Eng­land als Mut­ter­kir­che aller angli­ka­ni­schen Gemein­schaf­ten mit der eng­li­schen Kro­ne, die ein Abhän­gig­keits­ver­hält­nis von Staat und Kir­che schafft, ist das Wahl­pro­ze­de­re kom­pli­ziert. Es ist vor­ge­se­hen, daß die Kom­mis­si­on dem bri­ti­schen Pre­mier­mi­ni­ster David Came­ron einen Zwei­er­vor­schlag unter­brei­ten muß, der erst dann die letz­te Bestä­ti­gung als offi­zi­el­ler Wahl­vor­schlag erhält, womit der Weg für die Neu­wahl frei ist.

Muß Premierminister Cameron eingreifen um Wahlvorschlag zu vervollständigen?

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Wie die Times bereits vor eini­gen Tagen ankün­dig­te, konn­te Bischof Wel­by, ein 56-jäh­ri­ger ehe­ma­li­ger Mana­ger der Mine­ral­öl­in­du­strie, die Stim­men von min­de­stens zwei Drit­tel der Nomi­nie­rungs­kom­mis­si­on für sich gewin­nen und damit die vor­ge­schrie­be­ne Nomi­nie­rungs­hür­de schaf­fen. Bis­her schaff­te dies kein zwei­ter Kan­di­dat. Die mei­sten Stim­men der Crown Nomi­na­ti­ons Com­mis­si­on erhiel­ten zuletzt John Sen­ta­mu, der Erz­bi­schof von York, Gra­ham James, Bischof von Nor­wich, Chri­sto­pher Cocks­worth, Bischof von Coven­try und Richard Char­tres, der Bischof von London.

Die Pres­se­stel­le des Erz­bi­schof von Can­ter­bu­ry teil­te mit, daß Mit­te Okto­ber auch der zwei­te Namen fest­ste­hen wer­de. Wie die Times schrieb, könn­te es jedoch not­wen­dig wer­den, daß Pre­mier­mi­ni­ster Came­ron ein­grei­fen muß, um die Kom­mis­si­on zu einer Ent­schei­dung zu bringen.

Rowan Williams wurde von Bewahrung der Einheit überfordert

Mit der Wahl hängt die Ein­heit der angli­ka­ni­schen Welt­ge­mein­schaft zusam­men, die seit Jah­ren von zen­tri­fu­ga­len Kräf­ten gebeu­telt wird. Erz­bi­schof Wil­liams vor­zei­ti­ger Rück­zug hängt unmit­tel­bar damit zusam­men. Er sah sich von der Her­aus­for­de­rung über­for­dert, die sich in allen wesent­li­chen Punk­ten feind­lich gegen­über­lie­gen­den kon­ser­va­ti­ven und libe­ra­len Grup­pen zusam­men­hal­ten zu kön­nen. Der erst 62-Jäh­ri­ge zieht die­sem immer här­ter wer­den­den Kampf die Rück­kehr in sei­nen alten Beruf an der Uni­ver­si­tät Cam­bridge vor.

The­men wie Frau­en im Prie­ster­stand, Frau­en im Bischofs­stand, Homo­se­xu­el­le als Prie­ster, Homo­se­xu­el­le als Bischö­fe oder die Seg­nung homo­se­xu­el­ler Bezie­hun­gen hal­ten die angli­ka­ni­sche Welt­ge­mein­schaft seit Jah­ren stets am Abgrund der Spal­tung. Wil­liams gehört nicht zum Lager der Libe­ra­len, neigt die­sem aber ten­den­zi­ell zu oder war zumin­dest gewillt, die­sem schritt­wei­se nachzugeben.

Frauen- und Homosexuellenordination höhlten Fundamente aus

Ent­schei­den­der Aus­gangs­punkt für die heu­ti­gen inner­an­gli­ka­ni­schen Ver­wer­fun­gen war die Zulas­sung von Frau­en zum Prie­ster­stand im Jahr 1992. Eine umstrit­te­ne Ent­schei­dung, die auch einen gro­ßen Rück­schritt in der öku­me­ni­schen Annä­he­rung in den Bezie­hun­gen zwi­schen der katho­li­schen Kir­che und den Angli­ka­nern bedeu­te­te und seit­her eines der Haupt­hin­der­nis­se auf dem Weg zur vol­len Ein­heit darstellt.

2003 übten die angli­ka­ni­schen Bischö­fe Asi­ens, Afri­kas und Latein­ame­ri­kas har­te Kri­tik an der Ent­schei­dung der Epi­skopal­kir­che, wie die Angli­ka­ner in den USA hei­ßen, einen beken­nen­den Homo­se­xu­el­len zum Bischof von New Hamp­shire zu wäh­len. Die ame­ri­ka­ni­schen Epi­skopa­len waren es auch, die die erste Frau, Kathe­ri­ne Jef­ferts Scho­ri, bis vor kur­zem Bischö­fin von Neva­da, zu ihrer Prä­si­den­tin machten.

Dem Wali­ser Rowan Wil­liams gelang es mit Geschick und Diplo­ma­tie die angli­ka­ni­sche Welt­ge­mein­schaft vor dem Gang in die Spal­tung zu bewah­ren. Er selbst scheint Zwei­fel bekom­men zu haben, wie lan­ge dies noch gelin­gen kann. Die schritt­wei­sen Libe­ra­li­sie­run­gen sto­ßen nicht nur auf Kri­tik. Sie haben seit Jah­ren eine Rück­kehr­wel­le von Angli­ka­nern in die vol­le Ein­heit mit der katho­li­schen Kir­che aus­ge­löst. Die Bewe­gung ist so stark, daß Papst Bene­dikt XVI. 2009 die­se Grup­pen kano­nisch aner­kann­te und für sie Per­so­nal­or­di­na­ria­te errichtet.

Rückkehr nach Rom oder Eigenständigkeit? Die anglikanische Versuchung

In der angli­ka­ni­schen Welt­ge­mein­schaft sieht man die Gefahr, daß eine Spal­tung nicht zwei, son­dern eine Viel­zahl von Ein­zel­grup­pen hin­ter­las­sen wür­de. Eine Spal­tung zwi­schen Kon­ser­va­ti­ven und Libe­ra­len, des­sen ist man sich auch in Rom bewußt, muß nicht auto­ma­tisch die Rück­kehr aller Kon­ser­va­ti­ven in die Ein­heit mit Rom bedeu­ten. Es gibt Signa­le dafür, daß sich man­che angli­ka­ni­schen Lan­des­kir­chen der Drit­ten Welt, vor allem in Afri­ka, selb­stän­dig machen könn­ten. Die angli­ka­ni­sche Gemein­schaft wür­de dann end­gül­tig den Gang in die pro­te­stan­ti­sche Zer­split­te­rung unternehmen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: The Catho­lic Knight

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1 Kommentar

  1. Die Ver­knüp­fung von Kir­che mit Poli­tik ist ein Bünd­nis mit der Hure Baby­lon. So, wie die Din­ge sich in Engel-Land ver­wickelt haben, könn­te man sagen: Schlim­mer geht es nimmer.
    Der Blick könn­te aber auch auf die refor­ma­to­ri­schen Kir­chen in Deutsch­land fal­len. Frei nach „Wer bin ich – und wenn ja, wie vie­le?“ soll­te sich jede Kir­che defi­nie­ren, die die Zeit nicht über­dau­ern möchte.
    Stel­le man sich einen Bogen vor, den man irgend­wann in der Zeit durch­schrei­tet. Hin­ten die Ver­gan­gen­heit, davor die Gegen­wart. Viel spä­ter, in der Gegen­wart stellt sich die unaus­weich­li­che Fra­ge: WER ist da eigent­lich durch­ge­schrit­ten? WER bist Du? Die­se Fra­ge stellt sich an Indi­vi­du­en und Kol­lek­ti­ve. Warst Du ein­mü­tig, oder ein Sam­mel­su­ri­um von Gegen­sätz­lich­kei­ten und Abhän­gig­kei­ten? Chri­stus sagt: „Die Lau­en speie ich aus.“

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