(Vatikan) Das Päpstliche Jahrbuch bietet jährlich einen präzisen Überblick über die personelle Zusammensetzung der katholischen Kirche auf ihrer Führungsebene. Allerdings gibt es auch die Gruppe der Ungenannten. Jener, die aus dem Jahrbuch verbannt sind. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Unter den älteren Mitarbeitern der Römischen Kurie kursierte das geflügelte Wort eines Kardinals, der gerne sagte: „Unter den Aposteln hat einer von Zwölf Verrat geübt, und heute ist das unter den Nachfolgern der Apostel im Schnitt sicher nicht besser.“
„Unter den Aposteln war einer von Zwölf ein Verräter“
Ohne die anderen Denominationen zu berücksichtigen, liegt die Zahl der katholischen Bischöfe, den Erben der Apostel, bei rund 5200. Würde man auf sie den biblischen Anteil der Abtrünnigen und Verräter anwenden, müßten es mehr als 400 sein, die heute in der Kirche von Rom dem Beispiel des Judas Iskariot folgen. Die Zahl mag in den Augen von Traditionalisten und Modernisten, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen zu niedrig gegriffen sein, sie ist aber um ein Vielfaches höher als die Zahl derer, die in den vergangenen Jahren von Rom in unterschiedlichem Maße gemaßregelt oder bestraft wurden durch den einzigen, der Vollmacht dazu hat: den Papst.
Es gibt natürlich keine genauen Statistiken, nicht zuletzt, weil abseits von besonders eklatanten Fällen, den Bischöfen, die aus Gründen der Glaubenslehre, der Moral, der Mißwirtschaft aus ihrem Amt entfernt werden, von Rom nahegelegt wird, den Rücktritt noch vor Vollendung ihres 75. Lebensjahres einzureichen. Canon 401, Komma 2 des Kirchenrechts bietet die passende Formel dafür. Der Papst nimmt in solchen Fällen das „Rücktrittsgesuch“ sofort an.
Rücktritte wegen „schwerwiegender Gründe“
Komma 2 bezieht sich zwar in erster Linie auf physische und psychische Gründe, die eine weitere Ausübung des Amtes eines regierenden Diözesanbischofs unmöglich machen, doch fehlen nicht auch Fälle von „anderen schweren Gründen“.
Erst am 7. Juni trat der Weihbischof von Canberra in Australien zurück. Der erst 70 Jahre alte Patrick Percival Power war für seine modernistischen Positionen bekannt.
Am 4. Januar erfolgte der Rücktritt des Weihbischofs von Los Angeles in den USA. Der 61jährige Gabino Zavala ist, wie damals bekannt wurde, Vater von zwei Kindern. Es könnte sein, daß sein Name im nächsten Päpstlichen Jahrbuch nicht mehr aufscheint.
In der Vergangenheit, wie der Vatikanist Sandro Magister schreibt, waren die Namen von Bischöfen, die ihr Hirtenamt aufgaben, um zu heiraten, aus der nächsten Ausgabe des roten Jahrbuchs verschwunden.
Bischöfe die wegen Heirat laisiert wurden, verschwanden aus dem Jahrbuch
Ohne die Fälle des Argentiniers Jeronimo Podestà und des Amerikaners James Patrick Shannon auszugraben, die noch das Pontifikat von Papst Paul VI. betreffen, können einige aktuellere genannt werden. Dazu gehört der Bischof von Galway in Irland, Eamon Casey, der 1992 im Alter von 65 Jahren zurücktrat und aus dem Jahrbuch 1992 verschwand; der Schweizer Hansjörg Vogel, seinerzeit Bischof von Basel, der 1995 im Alter von nur 44 Jahren seinen Rücktritt einreichte und ab dem Jahrbuch 1997 nicht mehr aufschien. Oder der Schotte Roderick Wright, Bischof von Argill, der 1996 mit 56 Jahren seinen Abschied nahm und ebenfalls 1997 nicht mehr zu finden war. Dann noch der Kanadier Raymond Dumais, Bischof von Gaspé, der seinen Rücktritt 2001 vollzog und im Jahrbuch 2003 nicht mehr vorkam.
Aus dem aktuellen Jahrbuch ist der Name des ehemaligen kongolesischen Bischofs von Pointe-Noire, Jean-Claude Makaya Loembe verschwunden, den Papst Benedikt XVI. am 31. März 2011 seines Amtes enthob.
In den Fällen, in denen ein Bischof der Aufforderung seinen Rücktritt einzureichen, nicht Folge leistet, enthebt ihn der Papst direkt seines Amtes. Dies geschieht zwar selten, aber es geschieht.
Erst am 19. Mai enthob Papst Benedikt XVI. den Bischof des italienischen Trapani, Francesco Micciché im Alter von 69 Jahren wegen Mißwirtschaft von seinem Amt.
Rücktritt wegen Mißachtung der Glaubenslehre
Ganz anders lag die Sache beim australischen Bischof von Toowoomba, William M. Morris, der am 2. Mai 2011 von Benedikt XVI. wegen schwerwiegender Mißachtung der Glaubenslehre amtsenthoben wurde.
Gleiches tat Papst Johannes Paul II. im Falle des Franzosen Jacques Gaillot, damals Bischof von Evreux, den er im Alter von 60 Jahren 1995 aus doktrinellen Gründen aus dessen Diözese entfernte, allerdings den Rang eines Titularbischofs beließ.
Morris und Gaillot wurden entfernt, weil sie unhaltbaren modernistischen Positionen nachhingen. Allerdings gibt es auch Beispiele auf der entgegengesetzten Seite.
Rücktritt wegen Nähe zur Piusbruderschaft
2003 wurde unter einem bereits schwerkranken Johannes Paul II. der thailändische Bischof von Ratchaburi, John Bosco Manat Chuabsamai im Alter von 67 Jahren entfernt, weil er sich zu sehr der Priesterbruderschaft St. Pius X. angenähert hatte. 1985 zum Bischof ernannt, lernte er 1999 auf den Philippinen die Piusbruderschaft kennen, traf sich mit deren Generaloberen Msgr. Bernard Fellay und besuchte deren Niederlassungen in den USA. Die Position des 2011 verstorbenen Bischofs würde heute wahrscheinlich anders gesehen.
Eine offene Wunde in Österreichs Kirche ist noch immer die „Entbindung“ von Pfarrer Gerhard Maria Wagner vom Amt des Weihbischofs der Diözese Linz. Papst Benedikt XVI. hatte den romtreuen Priester im Januar 2009 ernannt, nahm aber bereits im März dessen Ersuchen um Entbindung von dem Amt an, das Pfarrer Wagner nie antreten konnte. Aufgerieben im Sperrfeuer modernistischer Kirchenteile und der Presse schaffte er es nicht einmal bis zur Bischofsweihe. Zu den Aufgeriebenen gehören auch die Bischöfe Kurt Krenn von St. Pölten (2004) und Walter Mixa in Augsburg (2010).
Rücktritt wegen sexueller Verfehlungen
Aus dem Päpstlichen Jahrbuch sind auch jene Bischöfe verschwunden, die in den Laienstand zurückversetzt wurden. Auf dem Amtsweg wurde 2009 der ehemalige sambesische Erzbischof Emmanuel Milingo laisiert. Seinem eigenen Ansuchen entsprechend erfolgte gleiches für den amtierenden Staatspräsidenten von Paraguay, Fernando Lugo, dem früheren Bischof von San Pedro im südamerikanischen Land.
Erwartungsgemäß wird auch der ehemalige kanadische Bischof von Antigonish, Raymond Lahey, aus dem Jahrbuch verschwinden, der unmittelbar nach seiner Verurteilung wegen des Besitzes von kinderpornographischen Materials aus dem Klerikerstand gestrichen wurde.
Der größte Teil der „schwerwiegenden Gründe“, wegen der es zu vorzeitigen Rücktritten von Bischöfen kam, betreffen moralische Verfehlungen.
Neben den bereits erwähnten sind hier die ehemaligen Erzbischöfe von Atlanta und Santa Fe in den USA zu nennen, die 1990 bzw. 1993 ihr Amt aufgeben mußten, der Erzbischof von La Serena in Chile (1997), die beiden Bischöfe von Palm Beach (1998 und 2002), der Bischof von Santa Rosa, immer in de USA (1999), der Erzbischof von Posen in Polen (2002), der Erzbischof von Milwaukee (2002) und ebenso in den USA der Erzbischof von Lexington (2002), der Erzbischof des argentinischen Santa Fe (2002), der philippinische Bischof von Novaliches (2003), der argentinische Bischof von Santiago del Estero (2005), der mexikanische Bischof von Zamora (2006), der ungarische Militärbischof (2007), die zentralafrikanischen Bischöfe von Bengui und Bossangoa (2009), der brasilianische Bischof von Minas (2009), der holländische Bischof von Ngong in Kenia (2009), der irische Bischof von Benin City in Nigeria (2010).
Besonderes mediales Aufsehen erregte 2010 der Fall des belgischen Bischofs von Brügge. Ein Mediengewitter ging auch über den Wiener Erzbischof und Kardinal Hans Hermann Groà«r nieder, dem 1995 sexueller Mißbrauch von Jugendlichen vorgeworfen wurde. Dahinter steckte auch ein verbissen ausgetragener antikirchlicher Kampf und ein innerkirchliches Tauziehen zwischen modernistischen und romtreuen Kreisen. Rom nahm den Rücktritt Groà«rs, der stets jede Schuld verneinte, erst nach Vollendung seines 75. Lebensjahres an.
Rücktritt von Bischöfen, die Mißbrauch deckten
Anders liegt die Sache bei Bischöfen, die zum vorzeitigen Rücktritt gedrängt wurden, nicht weil sie sich direkt schuldig gemacht hatten, sondern weil sie Priester gedeckt hatten, sie sich schuldig gemacht hatten.
Der aufsehenerregendste Fall ist jener des Bostoner Erzbischofs und Kardinals Bernard Francis Law, der 2002 im Alter von 71 Jahren zurücktrat. Zu nennen sind aber auch die irischen Bischöfe von Ferns (2002), Limrick (2009) und der Weihbischof von Dublik (2010) sowie der Bischof von Maitland-Newcastle in Australien (2011).
Zu den „schwerwiegenden Gründen“ gehören aber nicht nur direkt oder indirekt mit sexuellen Verfehlungen zusammenhängende Rücktritte. Da gab es den Rücktritt des Bischofs von Phoenix in den USA (2003) wegen unterlassener Hilfeleistung bei einem Unfall. Jenen des polnischen Bischofs von Elblag (2003) wegen Trunkenheit; des indischen Bischofs von Cochin (2009) wegen Adoption eines Mädchens; den des Erzbischofs von Warschau wegen Kollaboration mit einer Diktatur (2007); des Bischofs von Koudougou in Burkina Faso wegen Unfähigkeit (2011).
Zu den Nichtgenannten gehören auch Bischöfe der Piusbruderschaft und der Volksrepublik China
Ganz eigene Kapitel unter den Nichtgenannten des Päpstlichen Jahrbuchs sind auch die Bischöfe der Piusbruderschaft St. Pius X. und der Bischöfe der Volksrepublik China. Die vier Bischöfe der Piusbruderschaft sind nicht mehr exkommuniziert. In das Päpstliche Jahrbuch werden sie aber erst nach der Versöhnung mit dem Heiligen Stuhl aufgenommen.
Die Bischöfe der Volksrepublik China fehlen völlig im Jahrbuch, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Die Untergrundbischöfe zu ihrem Schutz. Die gegen den Willen des Papstes vom kommunistischen Regime in Peking ernannten und geweihten chinesischen Bischöfe sind exkommuniziert. Es fehlen aber auch die von Peking und Rom anerkannten Bischöfe, weil das Regime dem Heiligen Stuhl keinen normalen Kontakt mit ihnen möglich macht, wie er für Rom zu allen Bischöfen der Welt Gültigkeit hat.
Ältester Bischof aus Nordkorea scheint nach wie vor auf
Im Gegensatz dazu findet sich auch im aktuellen Päpstlichen Jahrbuch der Name des Bischofs von Pjöngjang in Nordkorea. Bischof Francis Hong Yong-ho wäre bald 106 Jahre alt. Er wird als einziger Bischof Nordkoreas geführt. In Wirklichkeit ist er schon seit vielen Jahrzehnten tot. Er wurde Opfer der kommunistischen Diktatur Nordkoreas, die jede kirchliche Betätigung und jede Bischofsernennung verhindert. Bischof Yong-ho wird vom Heiligen Stuhl als Symbol für die Religionsfreiheit und gegen die Diktatur weiterhin im Jahrbuch geführt, weil Nordkorea nie seinen Tod bestätigt hat und grundsätzlich jede Information zu seiner Person verweigert. Im Jahrbuch wird er deshalb als „verschollen“ geführt.
Text: Settimo Cielo/Giuseppe Nardi
Bild: vatican.va
Wie auf „Summorum-Pontificum“ im Internet nachzulesen, stehen die nächsten Aspiranten für die Löschung im Jahrbuch offenbar fest: Es werden fast alle Bischöfe der deutschsprachigen Länder sein, die offenen Bruch mit Rom vorbereiten. Wir befinden uns in einer ähnlichen Situation wie zur Zeit der ausbrechenden „Reformation“ um 1500. Die Forderungen sind die gleichen, die Handlungen und/oder die Vorbereitungen dazu entsprechen ebenfalls dem damaligen Strickmuster. In den kommenden zehn Jahren werden wir Zeugen eines neuen Schismas werden. Und wir werden Zeugen dafür sein, daß sich deutschsprachige Bischöfe dazu hergeben werden, mit Protestanten das Schisma von 1517 zu „feiern“. Die verbleibenden römisch-katholischen Gläubigen werden sich bereits heute entscheiden müssen. Erkennbar daran, daß sie aus der „Körperschaft öffentlichen Rechts – Katholische Kirche“ austreten, und so nicht „mitgenommen“ werden können.