(Vatikan) Die Nachricht von der bevorstehenden Einigung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft St. Pius X. sorgt für Aufsehen. Die Hoffnungen auf eine Einigung sind innerhalb und außerhalb der Bruderschaft, vor allem in traditionsverbundenen Teilen der katholischen Kirchen sehr groß, wie die Reaktionen zeigen.
Zeiten und Rhythmen der Kirche sind anders
Da sich Zeiten und Rhythmen der Kirche grundlegend von jenen staatlicher Institutionen unterscheiden, eine Präzisierung und ein Ausblick.
Msgr. Fellay hat Rom die Präzisierungsbedingungen übermittelt, unter denen er unterschreiben werde
Formalrechtlich hat Msgr. Bernard Fellay, der Generalobere der Piusbruderschaft noch keine „Doktrinelle Präambel“ unterzeichnet. Msgr. Fellay ließ dem Vatikan am 17. April seinen Vorschlag mit Präzisierungen zukommen. Er teilte damit dem Heiligen Stuhl die Bedingungen mit, unter denen er, sollten sie auch vom Heiligen Stuhl akzeptiert werden, unterschreiben werde.
Wie sieht der weitere Weg bei positivem Verlauf aus?
Wie sieht der weitere Weg aus, sofern sich alles positiv – wofür es derzeit begründete Anzeichen gibt – entwickeln sollte? Die Glaubenskongregation wird die Präzisierungen der Bruderschaft prüfen. Anschließend wird der Präfekt der Glaubenskongregation und Vorsitzende der für die Gemeinschaften der Tradition zuständigen Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, William Kardinal Levada, dem Papst Bericht erstatten. Benedikt XVI. wird dann die Letztentscheidung treffen.
Vatikansprecher Lombardi: Text der Präambel wird nur in der Endfassung veröffentlicht
Sieht er die Voraussetzungen für eine Einigung gegeben, wird dies Msgr. Fellay mitgeteilt, der die „Doktrinelle Präambel“ in der Formulierung, auf die man sich geeinigt hat, unterschreiben und der zuständigen Stelle des Vatikans zukommen lassen wird. Pater Federico Lombardi, der Pressesprecher des Heiligen Stuhls erklärte bereits, daß der Text der Präambel dann in der endgültigen Fassung veröffentlicht werden wird, nicht aber in der ursprünglichen, die im September 2011 vom Vatikan der Bruderschaft übergeben wurde.
Keine spektakuläre, mediengerechte Inszenierung der Unterschrift
Wer sich eine spektakuläre, mediengerechte Inszenierung der Unterschrift erwartet, wie es auf diplomatischer oder politischer Ebene üblich ist, wird enttäuscht werden.
Der Papst entscheidet auch die kanonische Form, in der die Bruderschaft kirchenrechtlich errichtet wird. Sie wird sich natürlich demselben Prozedere für die vom Papst gewählte, im Kirchenrecht vorgesehene Form unterwerfen müssen, wie es jede andere kirchliche Gemeinschaft auch tun muß. Mit der Frage werden sich die Kirchenrechtler beider Seiten befassen.
Öffentlich sichtbarste Zeichen der Einigung könnte Audienz beim Papst sein
Das öffentlich sichtbarste Zeichen der Einigung dürfte eine offizielle Audienz sein, zu der Papst Benedikt XVI. die Priesterbruderschaft St. Pius X. empfangen wird. Der Zeitrahmen einer solchen läßt sich noch nicht absehen. Die Kirche hat ihre eigenen Zeiten. Der Rahmen kann ein Empfang für die Leitung der Piusbruderschaft unter ihrem Generaloberen Msgr. Fellay sein, aber auch eine allgemeine Dank-Wallfahrt der Piusbruderschaft nach Rom.
Statt auf Medienberichte starren beten, beten, beten
„Die Leute starren jetzt auf die Medienberichte, die momentan wie unruhig im Wind flatternde Fähnchen zu sein scheinen, statt zu beten“, lautet der Kommentar in einem Blog. In kirchlichen Dingen empfiehlt es sich, Ruhe und Geduld aufzubringen. Der Generalobere der Piusbruderschaft rief bereits vor dem Palmsonntag eindringlich dazu auf, die Gespräche zwischen dem Heiligen Stuhl und der Bruderschaft im Gebet mit „verdoppeltem Gebet“ zu begleiten. Eine Einladung, die unabhängig von den Medienberichten weiterhin gilt und die Katholisches – Das Magazin für Kirche und Kultur gerne aufgreift und alle Katholiken und Menschen guten Willens einlädt, für eine Einigung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft St. Pius X. nach Gottes Willen zu beten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider
Wie sehr wünsche ich die Versöhnung zwischen Rom und der Priesterbruderschaft St. Pius X. Wie bin ich überzeugt, dass die Piusbruderschaft fruchtbarer in der Kirche wirken kann als außerhalb. Dieser Wunsch und die Überzeugung fließen dann ins Gebet ein.
Doch im letzten Absatz seiner Stellungnahme lädt der Generalobere die Gläubigen u.a. ein, sich die Vaterunser-Bitten „in Gedanken und Werken ganz zu eigen zu machen.… Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden!“
Für mich kann das nur heißen: Es geht nicht um meine Wünsche und Überzeugungen. Ich habe zu lernen: „Dein Wille geschehe“. Es geht eigentlich immer darum, nicht nur in dieser Situation…