Kann die Kirche einen „Dialog ohne Vorurteile“ führen? – Einige kritische Einwände an Papst Franziskus


Jesus beruft Simon Petrus und AndreasIn ihrem neu­en Gast­kom­men­tar befaßt sich die frei­schaf­fen­de Schrift­stel­le­rin und Künst­le­rin Han­na Jüng­ling aus­ge­hend vom Brief von Papst Fran­zis­kus an den Athe­isten Euge­nio Scal­fa­ri mit dem Span­nungs­feld Kir­che und Dia­log mit der moder­nen Welt. Han­na Jüng­ling geht der Fra­ge nach, ob die Kir­che über­haupt einen „Dia­log ohne Vor­ur­tei­le“ füh­ren kann, und macht eini­ge „kri­ti­sche Ein­wän­de“ an Papst Franziskus. 
Zuletzt ver­öf­fent­lich­ten wir von Han­na Jüng­ling den Bei­trag: „Gei­ster im Wei­zen­feld – Gegen­wär­ti­ger Zustand der Kir­che: Ver­such einer heils­ge­schicht­li­chen Ein­ord­nung“.

Anzei­ge

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Gast­kom­men­tar von Han­na Jüngling*

Die Kom­mu­ni­ka­ti­on kam zwi­schen der Kir­che und der christ­lich inspi­rier­ten Kul­tur einer­seits und der moder­nen, durch die Auf­klä­rung gepräg­ten, Kul­tur ande­rer­seits zum Still­stand. Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil ebne­te den Weg für einen offe­nen Dia­log ohne Vor­ur­tei­le, auf des­sen Grund­la­ge eine ernst­haf­te und frucht­ba­re Begeg­nung erneut ermög­licht wird. Nun ist die Zeit gekom­men. (Papst Fran­zis­kus an Euge­nio Scal­fa­ri, La Repubbli­ca 11. Sep­tem­ber 2013) [1]Der Text des Brie­fes an Euge­nio Scal­fa­ri, der am 11. Sep­tem­ber 2013 in der ita­lie­ni­schen Zeit­schrift „La Repubbli­ca“ erschie­nen ist, wur­de am 12.+13. Sep­tem­ber 2013 im katho­li­schen … Con­ti­n­ue rea­ding

1. “Omnia tempus habent … tempus tacendi et tempus loquendi…“ [2]Ecclesiastes 3, 1+7

Die Kom­mu­ni­ka­ti­on kam zum Still­stand“ – ja, das gehört zum schma­len Weg der Nach­fol­ge Chri­sti. Hat ER nicht auch ab einem bestimm­ten Zeit­punkt mit dem Hohen Rat, den Schrift­ge­lehr­ten und Pha­ri­sä­ern und mit Pila­tus nicht mehr dis­ku­tiert? Die gele­gent­li­che Not­wen­dig­keit des Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ab­bru­ches in fin­ste­ren Zei­ten hat unser Herr uns gelehrt.

Wir ken­nen alle die­se oder ähn­lich lau­ten­de Sät­ze, wie sie Fran­zis­kus’ Brief an den Athe­isten Euge­nio Scal­fa­ri for­mu­liert, stets wohl­tö­nend, auf bei­den Sei­ten hin­kend, vol­ler Spit­zen gegen Unge­nann­te und mit einem Sen­dungs­be­wusst­sein vor­ge­tra­gen, das in eigen­ar­ti­gem Gegen­satz zu sei­ner argu­me­na­to­ri­schen Dürf­tig­keit steht.

Natür­lich zeu­gen sol­che Sät­ze von nai­ver Frie­dens­sehn­sucht und dem Wunsch, etwas Wich­ti­ges und Beson­de­res zu tun, einen der vor­der­sten Plät­ze im Reich Got­tes einzunehmen.

Je mehr wir jedoch eine Kul­tur der defen­si­ven Frie­dens­kon­zep­te pro­pa­giert haben, desto bru­ta­ler ent­fal­te­te sich die Gewalt auf der gesam­ten Erde. Die Anzahl der Krie­ge und die Metho­den, ande­re syste­ma­tisch zu ter­ro­ri­sie­ren, sind eska­liert. Seit 1945 wäl­zen sich immer gigan­ti­sche­re Flücht­lings­strö­me über den Glo­bus wie eine glü­hen­de Lava­mas­se, und lösen vie­ler­orts Über­for­de­rung und Desta­bi­li­sie­rung aus – das fer­ne Grol­len zukünf­ti­ger Vul­kan­aus­brü­che und neu­er Flücht­lings­strö­me… Die Tat­sa­che, dass der welt­wei­te, tie­fe Unfrie­den sich zum All­tags­zu­stand eta­bliert hat, zeugt für die Unzu­läng­lich­keit aller gän­gi­gen „Friedens“-Konzepte und für die Frie­dens­un­fä­hig­keit des Men­schen, der dem drei­fal­ti­gen Gott abge­sagt hat, des­sen Wesen unbe­greif­lich, gemäß der Offen­ba­rung Gerech­tig­keit und Barm­her­zig­keit, und in die­ser Unbe­greif­lich­keit als Rich­ter und Erbar­mer für uns ehr­furcht­ge­bie­ten­de Hei­lig­keit ist.

Ja: Hei­lig­keit und Gerech­tig­keit müss­ten immer zusam­men mit der Lie­be genannt wer­den! Gott gilt uns inzwi­schen als ein Über-alles-Hin­weg­se­her. Dass zwi­schen der uns zuge­wand­ten Lie­be und Barm­her­zig­keit von­sei­ten Got­tes und uns, die wir Sün­der sind, der grau­sa­me Opfer­tod Jesu steht, wird nicht mehr prä­zi­se zele­briert und in der Ver­kün­di­gung durch ober­fläch­li­che Moral­ap­pel­le unter­ge­pflügt. Fran­zis­kus hat gele­gent­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ein Glau­be ohne „das Kreuz“ nicht Nach­fol­ge Chri­sti ist – es ist ver­schwom­men for­mu­liert, immer­hin ver­schweigt er es nicht voll­stän­dig wie so vie­le ande­re Bischö­fe! [3]So bei­spiels­wei­se in sei­ner ersten Anspra­che nach der Papst­wahl

Nach der Leh­re der Kir­che liebt Gott uns als hei­li­ger und ehr­furcht­ge­bie­ten­der Gott! Wer IHN liebt, muss got­tes­fürch­tig und gerecht, wie Sime­on ein „homo ius­tus et timo­ra­tus[4]Vgl. Anm. 23 sein.

Fran­zis­kus hat allein des­we­gen unrecht, weil ihm die Hei­lig­keit und Gerech­tig­keit Got­tes kei­ne Erwäh­nung wert ist. Er folgt damit der „pasto­ra­len“ Spra­che des Kon­zils, die jeden Anklang an die berühm­te „Droh­bot­schaft“ ver­mei­den will. Dem­ge­gen­über muss klar­ge­stellt wer­den: die Froh­bot­schaft ist defi­ni­tiv eine Droh­bot­schaft für alle, die sie nicht anneh­men: „Qui cre­dit in Fili­um, habet vitam aeter­nam; qui autem inc­re­dulus est Filio, non vide­bit vitam, sed ira Dei manet super eum“ – (Wer dem Sohn glaubt, hat das ewi­ge Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, son­dern der Zorn Got­tes bleibt über ihm.) [5]Joh. 3, 36

Der Begriff der „Demut“, den er so häu­fig als Kar­di­nal­tu­gend bemüht, ergibt Sinn nur in der Hei­lig­keit Gottes.

Bei Fran­zis­kus fun­giert die „Demut“ als kan­zel­red­ne­ri­scher Rohr­stock gegen kri­ti­sche Gei­ster, die sich nicht abspei­sen las­sen wol­len mit ober­fläch­li­chen und häre­ti­schen Appel­len. Fast hat man den Ein­druck: wer auf­grund eines geist­li­chen Cha­ris­mas etwas zu sagen hat, wird mit der Demuts­keu­le aus­ge­bremst, der Hart­her­zig­keit, Unbarm­her­zig­keit und der Arro­ganz geziehen.

Das unrei­fe Motiv des „Hopp­la, jetzt kom­me ich!“ schwingt durch­aus mit, wenn Fran­zis­kus schreibt: „Nun ist die Zeit gekom­men“ für die „tief­grei­fen­de Neu­aus­rich­tung der Fra­ge“ – wobei mir nicht ganz klar wer­den konn­te, um wel­che Fra­ge es sich genau han­delt, aber es scheint, dass Fran­zis­kus den pola­ri­sie­ren­den Kurs, den die Kir­che auf­grund ihres dog­ma­ti­schen Cha­rak­ters immer ris­kiert hat, auf­ge­ben will. Wie anders soll­te man sei­ne Wor­te vom „Aus­tre­ten aus den engen Pfa­den einer … abso­lu­ten Gegen­über­stel­lung“ ver­ste­hen: „Ich den­ke, dass dies heu­te von grund­le­gen­der Not­wen­dig­keit ist, wenn die­ser von mir erhoff­te fro­he und kon­struk­ti­ve Dia­log vor­ge­bracht wer­den soll.

Mit dem Kon­zil haben Johan­nes XXIII. und Paul VI. die „Öff­nung zur Welt“ prak­ti­ziert, die nicht mehr das Opfer Jesu und eine Schei­dung der Gei­ster zur Ret­tung der ein­zel­nen See­len, son­dern All­ver­söh­nung, das Shake-hands von Licht und Fin­ster­nis und die merk­wür­di­ge theo­re­ti­sche Zwangs­kol­lek­ti­vie­rung der Men­schen zur „Mensch­heits­fa­mi­lie“ ins Zen­trum der Ver­kün­di­gung stell­te. Was will Fran­zis­kus noch mehr? Was drückt sei­ne Behaup­tung vom „Still­stand der Kom­mu­ni­ka­ti­on“ hier und heu­te aus, 50 Jah­re nach dem glor­rei­chen Kon­zil, als dass es ein Feh­ler gewe­sen sei, immer einer Schei­dung der Gei­ster treu zu blei­ben, wie es vor dem Kon­zil durch­weg gesche­hen war? Was aber ist seit 1965 gesche­hen? Man kann ihn so ver­ste­hen, als glaub­te er, mit ihm fan­ge nun erst die Zeit der wah­ren Früch­te des Kon­zils an…

Wor­auf will er hin­aus ange­sichts gra­vie­ren­der anti­christ­li­cher Eska­la­tio­nen inner­halb der auf­klä­re­ri­schen Kul­tur, die sich seit 200 Jah­ren immer tie­fer ins gesell­schaft­li­che Leben der euro­päi­schen und ame­ri­ka­ni­schen Völ­ker ein­gra­ben, genau­so wie auch in den Macht­be­rei­chen ande­rer Reli­gio­nen, vor allem im Islam, eine mas­si­ve Chri­sten­ver­fol­gung zu beob­ach­ten ist?

2. Der „Dialog“ und das Grundprinzip „tertium non datur“

Bei dem vom Papst beschrie­be­nen „Dia­log“ geht es um das Gespräch, das kei­nes­falls ein „Streit[6]Beim Tref­fen mit japa­ni­schen Stu­den­ten – vgl. Anm. 12 sein darf, zwi­schen grund­sätz­lich ver­schie­de­ne Anschau­un­gen, Reli­gio­nen und Kul­tu­ren, die in ihrer Ganz­heit jeweils einen kon­sti­tu­ie­ren­den Wahr­heits­an­spruch auf­wei­sen. Eine Reli­gi­on oder Kul­tur ohne die­ses Merk­mal exi­stiert nicht.

Die Wor­te des Pap­stes an eine japa­ni­sche Stu­den­ten­grup­pe legen nahe, dass man zu Beginn des Dia­logs nicht aus­schlie­ßen dür­fe, die eige­ne Über­zeu­gung zurück­zu­neh­men und zu ver­än­dern. Er behaup­tet, dass eine Kul­tur bzw. eine ein­zel­ne Per­son (das bleibt unklar) nicht ohne sol­che Bereit­schaft zur Selbst-Infra­ge­stel­lung durch das Frem­de oder Ent­ge­gen­ste­hen­de „rei­fen“ bzw. „wach­sen[7]Beim Tref­fen mit japa­ni­schen Stu­den­ten – vgl. Anm. 12 kön­ne. Die­se Aus­sa­ge ist bedenk­lich aus päpst­li­chem Mund – denn die Kir­che hat sol­cher­lei nie gelehrt. Viel­mehr lehrt sie, dass der Mensch nur in Jesus Chri­stus recht wach­sen und rei­fen kön­ne – er ist der Wein­stock, wir sind die Reben. Nur in ihn ein­ge­pfropft gedei­hen wir. In der Los­lö­sung von Jesus Chri­stus reift der Mensch grund­sätz­lich nicht zu sei­nem Heil. War­um pro­ji­ziert Fran­zis­kus die­se tota­le Abhän­gig­keit von Jesus Chri­stus nun auf ande­re Kulturen?

Kann man in ein Reli­gi­ons-Gespräch gehen, ohne zuvor sta­bi­le Begrif­fe und Urtei­le gebil­det zu haben? Wüss­te man andern­falls über­haupt, wor­über man redet? Zwei­fel­los gibt es Über­ein­stim­mun­gen auf­grund der (begrenz­ten) natür­li­chen Wahr­heits­fä­hig­keit der Ver­nunft. Lehrt aber nicht die ver­tief­te Refle­xi­on von Begrif­fen im Rah­men eines kom­ple­xen kul­tu­rel­len Systems, dass gleich­lau­ten­de Begrif­fe, die auch die frem­de Kul­tur benutzt, dort anders besetzt sind, manch­mal sogar einen (bewuss­ten) Wider­spruch auf­bau­en zum eige­nen Begriffs­ver­ständ­nis? Es han­delt sich um Äqui­vo­ka­tio­nen, die Anlass zu Miss­ver­ständ­nis­sen, Ent­täu­schun­gen, Ver­wir­rung und Riva­li­tä­ten geben.

Ich möch­te das an einem Bei­spiel ver­deut­li­chen. Die Tat­sa­che, dass alle mono­the­isti­schen Reli­gio­nen einen ein­zi­gen Gott beken­nen, ruft eine Äqui­vo­ka­ti­on des Begriffs vom „einen Gott“ her­vor. In der Tat mei­nen aber alle drei einen jeweils ande­ren Gott. Etwas ande­res kann nicht begrün­det ange­nom­men wer­den – andern­falls müss­te erklärt wer­den, wie man beim Mei­nen des­sel­ben ein­an­der wider­spre­chen­de Bil­der zeich­nen kann? Das Argu­ment, dass Gott ja immer der­sel­be blei­be, auch wenn eine Reli­gi­on ein fal­sches Got­tes­bild habe, und man inso­fern an den­sel­ben Gott glau­be, ist unlo­gisch! [8]Vgl. P. Engel­bert Reck­ten­wald: Glau­ben Chri­sten und Mus­li­me an den­sel­ben Gott? Und vgl. P. Franz Pro­sin­ger: Der­sel­be Gott? Auf www​.kath​-info​.de/​m​o​n​o​t​h​e​i​s​m​u​s​.​h​tml am 21.9.2013 Eine Reli­gi­on, die nicht den tri­ni­ta­ri­schen Gott bekennt und IHN, im Gegen­teil, sogar ablehnt – was zum Bei­spiel zur spe­zi­fi­schen Sen­dung des Islam gehört – glaubt nicht an den­sel­ben Gott wie ein Christ. Ein Mus­lim meint auch nicht „eigent­lich“ den­sel­ben Gott. Wie soll­te ein Mensch inner­halb eines Got­tes­bil­des, das sogar aus­drück­lich dem Got­tes­bild der ande­ren Reli­gi­on wider­spricht, an den den­sel­ben Gott glau­ben kön­nen? Es ist evi­dent, dass eine sol­che Annah­me absurd ist und eher unse­rem Har­mo­nie­be­dürf­nis als nüch­ter­ner Ver­nunft ent­springt. In der Spra­che der Bibel muss man soweit gehen zu sagen, die­se Reli­gi­on beken­ne einen Göt­zen. Bloß weil es ein ein­zi­ger Göt­ze anstel­le von vie­len ist, ist das Got­tes­bild ja nicht zwangs­läu­fig rea­li­sti­scher. Es mag dem eige­nen Got­tes­bild for­mal schein­bar näher­ste­hen. Das ergibt aber noch kei­ne aus­rei­chen­de Begrün­dung dafür, einem ande­ren mono­the­isti­schen Got­tes­bild mehr Rea­li­tät zuzu­ge­ste­hen als einem wie auch immer gear­te­ten nicht-mono­the­isti­schen Glau­ben. In jedem Fall muss genau geprüft wer­den, was objek­tiv aus­ge­sagt wird und in wel­cher Rela­ti­on es zur Wahr­heit in Jesus Chri­stus steht. Nur der Geist, der Jesus Chri­stus, wie ihn die Kir­che bezeugt, bekennt und lehrt, ist in der gan­zen, natür­li­chen und über­na­tür­li­chen Wahr­heit. So steht es im 1. Johan­nes­brief: In hoc cogno­s­ci­tis Spi­r­itum Dei: omnis spi­ri­tus, qui con­fi­tetur Iesum Chri­s­tum in car­ne venis­se, ex Deo est.

Et omnis spi­ri­tus, qui non con­fi­tetur Iesum, ex Deo non est; et hoc est anti­chri­sti, quod audi­stis quo­niam venit, et nunc iam in mun­do est. – (Dar­an erkennt ihr den Geist Got­tes: jeder Geist, der bekennt, dass Jesus ins Fleisch gekom­men ist, ist aus Gott. Und jeder Geist, der Jesus nicht bekennt, ist nicht aus Gott; und das ist der des Anti­chri­sten, von dem ihr gehört habt, dass er kommt und schon jetzt in der Welt ist.) [9]1. Johan­nes 4,2 ff

Das ist eine kla­re Aus­sa­ge der Hl. Schrift: Weil alle nicht-christ­li­chen Reli­gio­nen die­sen Geist nicht aner­ken­nen, sind sie aus christ­li­cher Sicht als Reli­gio­nen im gan­zen falsch – die Wahr­heit ist nicht teil­bar! Dem wider­spricht nicht, dass der eine oder ande­re Gedan­ke oder Brauch, der dort auf­grund natür­li­cher Wahr­heits­er­kennt­nis ange­trof­fen wird, iso­liert betrach­tet, gut sein kann.

Tref­fen wir nicht all­zu oft Wider­sprü­che zum Eige­nen an, wenn wir dem Frem­den begeg­nen? Aus mei­ner Sicht ist es wich­tig, den ande­ren, den Frem­den, viel­leicht sogar den erbit­ter­ten Feind nicht zu unter­schät­zen: er kann den­ken, er hat sich sei­ne Posi­ti­on erwählt, er hat einen nor­ma­len IQ! Das ist mein Aus­druck von Respekt. Er irrt, weil er ein irren­der Mensch ist, wie ich einer war, bevor mich Jesus berühr­te und wie­der bin, sobald ich mich von Jesus abwen­de. War­um soll­ten wir anneh­men, dass sein Wider­spruch ein Miss­ver­ständ­nis sei, das sich mit ein paar Dia­log­sit­zun­gen auf­lö­sen lässt?
Wie viel Sinn ergibt der Ver­such, eine Aus­sa­ge, die eine Reli­gi­on für wahr hält, in „Dia­log“ mit ihrem Wider­spruch zu brin­gen? Der Wider­spruch geschieht ja nicht aus spie­le­ri­schen oder belang­lo­sen Grün­den. Er ist ernst gemeint. Der erwähn­te Anti­christ ist kei­ne harm­lo­se Spiel­fi­gur, son­dern eine mör­de­ri­sche Gestalt, die im Namen bereits die Kon­tra­dik­ti­on trägt!

Auch hier möch­te ich ein Bei­spiel geben: Wenn das Chri­sten­tum bekennt „Jesus ist von Gott in Maria gezeugt und nicht geschaf­fen“, der Islam dage­gen aus­drück­lich bekennt „Allah zeugt nicht und wur­de nicht gezeugt“, dann han­delt es sich um einen klas­si­schen Wider­spruch. Eine frucht­ba­re Kom­mu­ni­ka­ti­on kann aus logi­schen Grün­den nicht stattfinden.

Selbst wenn wir nicht ent­schei­den woll­ten, ob wir die Aus­sa­gen einer Reli­gi­on für wahr hal­ten, gilt der „Satz vom aus­ge­schlos­se­nen Drit­ten“, der uns lehrt, dass zwi­schen einer Aus­sa­ge und ihrem Gegen­teil kei­ne Mit­te, kein Kom­pro­miss mög­lich ist. Dass also selbst im Fal­le einer aus­blei­ben­den Wahr­heits­ent­schei­dung weder bei­des gleich­be­rech­tigt gel­ten noch eine Mit­te zwi­schen bei­dem gene­riert wer­den kann.
Man wird mir ent­ge­gen­hal­ten, dass nicht alles in einer frem­den Reli­gi­on oder Kul­tur ein Wider­spruch zur christ­li­chen Kul­tur ist. Dazu möch­te ich mit Nach­druck sagen: Es läge mir fern, alles Nicht-Christ­li­che pau­schal zu ver­teu­feln. Ich möch­te aber auch anmer­ken, dass nicht alles, was Nicht­chri­sten tun, Aus­druck ihres Nicht­christ-Seins ist. Vie­les in ande­ren Reli­gio­nen und Kul­tu­ren ist aus der mensch­li­chen Ver­fasst­heit erwach­sen und an sich selbst neu­tral. All das Schö­ne, Spie­le­ri­sche, Musi­ka­li­sche, das, was die natür­li­chen Gaben des Men­schen her­vor­brin­gen und was die natür­li­che Ver­nunft als Wahr­heit zu erken­nen ver­mag, ist gut!

Mir geht es um etwas ande­res: Eine Kul­tur ist immer eine gei­sti­ge Syn­the­se und kon­ta­mi­niert mit ihrem Geist alles, was sie inte­griert. An die­ser Stel­le sehe ich das Problem.
Nach einer Bekeh­rung zu Jesus Chri­stus erfährt der Gläu­bi­ge stets eine Neu­ori­en­tie­rung, eine Reform sei­ner bis­he­ri­gen kul­tu­rel­len Ver­fas­sung. Vie­les wird trans­for­miert, vie­les ver­wor­fen, alles IHM zu Füßen gelegt. Einem sol­chen Umge­stal­tungs­pro­zess ist ja die abend­län­di­sche Kul­tur erwach­sen… Wer umkehrt zu Jesus Chri­stus, kann unmög­lich so blei­ben, wie er war. Er lässt sich wil­lent­lich von der Wahr­heit, die Jesus Chri­stus heißt, umge­stal­ten. Allein das ist schon ein prak­ti­scher Beweis gegen den Sinn eines „Dia­logs ohne Vor­ur­tei­le“: in mei­ner „Umkehr“ voll­zieht sich kein lebens­lan­ger „Dia­log“ zwi­schen dem Vor­her und Nach­her, son­dern sogar eine regel­rech­te Läu­te­rung aus dem Vor­her her­aus. Die von Gott gut geschaf­fe­ne Sub­stanz bleibt, alles Akzi­den­ti­el­le ver­wan­delt sich.

Aber zurück zur Fra­ge nach den Mög­lich­kei­ten und Gren­zen des „Dia­logs“: Wel­ches Ziel hat ein „Dia­log“, in den man „offen“, eintritt?
Ist er ein unver­bind­li­cher „kon­tro­ver­ser“ Salon­talk unter Ver­mei­dung ernst­haf­ter Kon­fron­ta­tio­nen und kla­rer Aus­sa­gen, ein bür­ger­li­ches Spiel­chen, wie wir ihn tag­täg­lich über alle Fern­seh­ka­nä­le unter der Rubrik „Talk­show“ flim­mern sehen?
Fra­gen über Fragen!

Eines scheint klar gewor­den zu sein – eine sol­che Visi­on vom „Dia­log“ ist unmensch­lich und beraubt den Men­schen sei­ner Wür­de. Die Wür­de des Men­schen als ima­go Dei beinhal­tet zen­tral die Sehn­sucht danach und in Jesus Chri­stus auch das unver­dien­te Recht dar­auf, in der Wahr­heit zu sein – nicht stets auf der Suche außer­halb der Wahr­heit nach der immer wie­der flie­hen­den Wahr­heit, in Abwand­lung des Spru­ches „Das Kapi­tal ist ein scheu­es Reh!“.
Man kann nur in der Wahr­heit oder außer­halb der Wahr­heit sein. Im Licht oder in der Fin­ster­nis. Fran­zis­kus aber will offen­bar ein Schat­ten­reich zwi­schen Licht und Fin­ster­nis kreieren.

Wie anders soll­te man Fran­zis­kus’ For­mu­lie­rung im Brief an Scal­fa­ri ver­ste­hen: Mit ande­ren Wor­ten ver­langt die Wahr­heit, die letzt­lich mit der Lie­be voll­kom­men eins ist, Demut und ein Offen­sein für die Suche, die Auf­nah­me und ihren Aus­druck. Dies erfor­dert Klar­heit über die Begriff­lich­keit und viel­leicht ein Aus­tre­ten aus den engen Pfa­den einer … abso­lu­ten Gegen­über­stel­lung, eine tief­grei­fen­de Neu­aus­rich­tung der Frage.
Die engen Pfa­de der abso­lu­ten Gegen­über­stel­lung“ – Fran­zis­kus kann damit nur auf die Rela­ti­vie­rung der je eige­nen Wahr­heits­an­nah­men anspie­len. Die­ser Satz ergä­be sonst kei­ner­lei Sinn. Da er nach­schiebt: „…eine tief­grei­fen­de Neu­aus­rich­tung der Fra­ge…“, ist unver­kenn­bar, dass er für ein end­gül­ti­ges Abrücken vom tra­di­tio­nel­len kirch­li­chen Kurs vor dem Vati­ca­num II plädiert.

Die­ser Kurs aller Päp­ste vor dem Vati­ca­num II, des Triden­ti­nums und des Vati­ca­num I, der die Unver­ein­bar­keit der phi­lo­so­phi­schen Grund­la­gen der Moder­ne und der Leh­re der Kir­che viel­fäl­tig in Kon­zils­tex­ten, Dekre­ten, Enzy­kli­ken und Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men kon­sta­tier­te, hat­te den Gläu­bi­gen die­se kla­re Schei­dung der Gei­ster dar­ge­legt und als zu Glau­ben­des abver­langt. Am mar­kan­te­sten sta­chen hier der Index librorum pro­hi­bi­torum und der Anti­mo­der­ni­sten­eid her­aus. Bei­des wur­de unter dem Pon­ti­fi­kat Pauls VI. aufgegeben.

Ein wei­te­rer Begriff, der für unse­re Betrach­tung hier zen­tral ist, ist die Reli­gi­ons- und Gewis­sens­frei­heit. Fran­zis­kus geht dar­auf aus­drück­lich ein:

„Um eine Sün­de han­delt es sich auch beim Nicht­glau­ben­den dann, wenn er gegen sein Gewis­sen han­delt. Auf es zu hören und ihm zu gehor­chen bedeu­tet, sich ange­sichts des für gut oder für böse Erkann­ten zu ent­schei­den. Und an die­ser Ent­schei­dung hängt Güte oder Schlech­tig­keit unse­res Handelns.“

Fran­zis­kus wiegt Scal­fa­ri mit die­sen Wor­ten in eine fal­sche Sicher­heit hin­ein. Natür­lich muss auch ein Ungläu­bi­ger – zwangs­läu­fig möch­te man sagen – sei­nem Gewis­sen fol­gen! Was jedoch das Gewis­sen, das sich nicht an der Wahr­heit in Jesus Chri­stus ori­en­tiert, für gut oder böse hält, kann voll­kom­men falsch sein. Die Güte und Schlech­tig­keit unse­res Han­delns hängt gera­de nicht dar­an, dass wir etwas gut oder böse gemeint haben, son­dern ob es objek­tiv gut oder böse war. Selbst der Volks­mund fasst dies in einen Sinn­spruch: „Gut gemeint ist noch lan­ge nicht gut gemacht!“ Die­se Tat­sa­che kommt in den bibli­schen Sze­nen vom Jüng­sten Gericht zum Aus­druck. [10]Vgl. Mt. 25, 31 ff + Mt. 7, 22

Es ist Dog­ma der Hei­li­gen römisch-katho­li­schen Kir­che, dass die Zuge­hö­rig­keit zur Kir­che für alle Men­schen heils­not­wen­dig ist.

Fran­zis­kus’ Satz „Sie (die Wahr­heit, Anm. HJ) gibt sich uns immer nur als Weg und als Leben“ muss folg­lich in die­ser For­mu­lie­rung als falsch bezeich­net wer­den: Die Wahr­heit in der Per­son Jesu Chri­sti gibt sich uns zwar als Weg und Leben. Dar­aus folgt aber nicht, dass sie sich uns „immer nur“ als Weg und Leben gibt, wie Fran­zis­kus meint. Sie gibt sich uns sehr wohl – und das ist wohl die Dif­fe­renz zwi­schen der Leh­re der Kir­che und der „tief­grei­fen­den Neu­aus­rich­tung“ – in Form objek­ti­ver Dog­men, die dem Gläu­bi­gen als de fide gel­ten, auch dann, wenn er sie noch nicht leben­dig ver­ste­hen kann! Kurz: sie gibt sich uns aus­schließ­lich durch die Ver­mitt­lung der Kir­che! Es gehört zu den Absur­di­tä­ten der moder­nen Theo­lo­gie zu sug­ge­rie­ren, nur das sei de fide für den ein­zel­nen, was sich ihm bis­her erschlos­sen hat! Cum autem vene­rit ille, Spi­ri­tus veri­ta­tis, dedu­cet vos in omnem veritatem. [11]Joh. 16, 13 – (Wenn aber jener kom­men wird, der Geist der Wahr­heit, wird er euch in die gan­ze Wahr­heit heim­füh­ren.) In die gan­ze, natür­li­che und über­na­tür­li­che Wahr­heit! Wir wer­den in die Wahr­heit heim­ge­führt wie eine Braut, die­ses Zuhau­se exi­stiert schon lan­ge vor uns und erwar­tet den, der glaubt, ohne zu schau­en, als eine fest gebau­te Stadt, in der nichts wankt. „Et cogno­s­ce­tis veritatem, et veri­tas libera­bit vos“ – (Wenn ihr die Wahr­heit erkennt, wird euch die Wahr­heit befrei­en.) [12]Joh. 8, 32

Davon hören wir bei Fran­zis­kus kein Wort. Er spricht aus sich selbst her­aus. Das wird nicht abge­mil­dert durch sei­ne Ich-Bot­schaft „Ohne die Kir­che – das kön­nen Sie mir glau­ben – hät­te ich Jesus, selbst im Bewusst­sein, die uner­mess­li­chen (sic!) Gabe des Glau­bens in zer­brech­li­chen Ton­töp­fen der Mensch­heit auf­be­wahrt zu wis­sen, nicht begeg­nen kön­nen.“ Er hät­te Manns genug sein müs­sen, Scal­fa­ri zu sagen: Ohne die Kir­che kön­nen Sie Jesus, der allei­ne die gan­ze Wahr­heit ist, nicht begeg­nen! Der Rück­zug auf die Ich-Bot­schaft bleibt dem Fra­gen­den die Weg­wei­sung schuldig.

Ent­spre­chend hat Papst Fran­zis­kus die Not­wen­dig­keit und den Sinn des „Dia­logs“ gegen­über jun­gen Japa­nern bereits im Som­mer 2013 defi­niert. Las­sen wir ihn aus­führ­lich zu Wort kommen:

Denn wenn wir in uns selbst iso­liert sind, haben wir nur das, was wir haben und kön­nen kul­tu­rell nicht wach­sen. Wenn wir aber zu ande­ren Per­so­nen gehen, zu ande­ren Kul­tu­ren, ande­re Denk­wei­sen und Reli­gio­nen ken­nen­ler­nen, gehen wir aus uns selbst her­aus und begin­nen die­ses schö­ne Aben­teu­er, dass sich ‚Dia­log’ nennt. Der Dia­log ist sehr wich­tig für die eige­ne Rei­fe, denn im Kon­takt mit ande­ren Per­so­nen und ande­ren Kul­tu­ren, auch in der gesun­den Aus­ein­an­der­set­zung mit ande­ren Reli­gio­nen wächst man: man wächst und reift.

Denn wir füh­ren einen Dia­log, um uns zu fin­den, nicht um zu strei­ten. Und was ist die tief­ste Hal­tung, die wir für einen Dia­log brau­chen und nicht für den Streit? Die Sanft­mut. Die Fähig­keit, Per­so­nen und Kul­tu­ren mit Frie­den auf­zu­su­chen. Die Fähig­keit, intel­li­gen­te Fra­gen zu stel­len wie: ‚War­um denkst du so? War­um macht die­se Kul­tur das so?’ Die ande­ren zu hören und dann zu spre­chen. Zuerst zuhö­ren, dann spre­chen. Das ist Sanftmut.

Es gibt kei­nen Frie­den ohne Dia­log. Alle Krie­ge, Kämp­fe, alle Pro­ble­me, die sich nicht lösen und denen wir begeg­nen gibt es auf­grund eines Man­gels an Dia­log. Wenn es ein Pro­blem gibt – Dia­log: die­ser bringt den Frie­den, dass ihr einen Dia­log zu füh­ren ver­steht: ‚aha, so denkt also die­se Kul­tur, wie schön, dies aber gefällt mir nicht so’… immer aber im Dia­log. [13]Die­ser Text stammt von der Web­sei­te https://de.radiovaticana.va/news/2013/08/21/papst_franziskus_trifft_japanische_studenten:_%E2%80%9Enur_begegnung_bringt/ted-721447 des Inter­net­auf­tritts von Radio … Con­ti­n­ue rea­ding

Dass ein Mensch, der allein Jesus fol­gen und sich nicht auf ande­re Kul­tu­ren ein­las­sen will, nicht „in sich iso­liert“ ist, ergibt sich allein dar­aus, dass einer, der in Chri­stus und in Maria ist, kei­nes­falls mehr „in sich“ selbst „iso­liert“ sein kann. Er wächst und reift in Maria zu Jesus Chri­stus hin und ande­rer­seits wächst und reift in ihm selbst – wie in Maria – Jesus Chri­stus. Bei­des gilt. Nie­mand ist weni­ger iso­liert als ein wah­rer Christ! Es ist völ­lig gleich, ob er dabei das Pri­vi­leg hat, in der Welt her­um­rei­sen zu kön­nen. Fran­zis­kus rich­tet ein bekla­gens­wer­tes, begriff­li­ches Cha­os an! Und dies bei der voll­mun­dig gefor­der­ten „Klar­heit über die Begriff­lich­keit“!

Fran­zis­kus redet ger­ne von der „Zärt­lich­keit Got­tes“ und der „Sanft­mut des Chri­sten“. Was meint er damit? Gegen­über den Japa­nern sag­te er wört­lich:  „Und was ist die tief­ste Hal­tung, die wir für einen Dia­log brau­chen und nicht für den Streit? Die Sanft­mut.“ Nüch­tern bemerkt ist es hin­sicht­lich der Wahr­heit nicht von Belang, ob sie sanft oder unsanft vor­ge­tra­gen wird – was wahr ist, ist wahr. In Fran­zis­kus’ Sät­zen klingt der Spruch „Der Ton macht die Musik!“, aber die­ser Satz ist hin­sicht­lich der Wahr­heit – falsch. Die Auf­wer­tung der „Ver­packung“ zum unver­zicht­ba­ren Bestand­teil der Wahr­heit, eine irri­ge Frucht des „Pasto­ral­kon­zils“, hat nicht nur die tra­di­tio­nel­le Lehr­ver­kün­di­gung in Miss­kre­dit gebracht, son­dern die Wahr­heit ihrer Objek­ti­vi­tät beraubt

Es ist evi­dent, dass dies logi­scher Unsinn ist. Ent­we­der bin ich „in“ der Wahr­heit gebor­gen (also in Chri­stus) oder eben nicht. Ter­ti­um non datur. „Utinam fri­gi­dus esses aut cali­dus!“ – (O, wenn du kalt oder heißt wärest!) [14]Offen­ba­rung 3, 15 ruft der himm­li­sche Jesus in der Johan­nes-Offen­ba­rung. Die Erschei­nung des Herrn wird übri­gens dort so beschrie­ben: „et de ore eius gla­di­us anceps acu­tus exi­bat[15]Offen­ba­rung 1, 16 – (und aus sei­nem Mund wuchs ein schar­fes, zwei­schnei­di­ges Schwert her­aus). Das schar­fe, zwei­schnei­di­ge Schwert ist das Kon­trast­pro­gramm zu Fran­zis­kus’ Dialog!

Fran­zis­kus For­mu­lie­rung ist nicht miss­ver­ständ­lich, son­dern falsch: „Mit ande­ren Wor­ten ver­langt die Wahr­heit, die letzt­lich mit der Lie­be voll­kom­men eins ist, Demut und ein Offen­sein für die Suche, die Auf­nah­me und ihren Aus­druck.“ Nein! Die Lie­be ist immer ohne Falsch. Was wahr ist, ist wahr. Was falsch ist, ist falsch. Ech­te Demut beugt sich der objek­ti­ven, schwert­schar­fen Wahr­heit, die Jesus Chri­stus heißt, und nicht dem, was wir, ich selbst oder ein ande­rer Mensch, momen­tan gera­de für wahr hal­ten, wenn wir über­haupt noch nach objek­ti­ver Wahr­heit fra­gen. Denn Scal­fa­ri tut dies offen­sicht­lich nicht. Fran­zis­kus geht dar­auf direkt ein: „Sie (fra­gen) mich, ob es ein Irr­tum oder eine Sün­de sei zu glau­ben, dass es kei­ne abso­lu­te Wahr­heit gebe. Zunächst wür­de ich auch für einen Glau­ben­den nicht von einer „abso­lu­ten“ Wahr­heit im Sin­ne eines Los­ge­löst­seins und daher einer Bezie­hungs­lo­sig­keit des Abso­lu­ten spre­chen. Nun ist die Wahr­heit dem christ­li­chen Glau­ben zufol­ge die Lie­be Got­tes zu uns in Jesus Chri­stus und daher eine Bezie­hung! Jeder von uns geht von sich selbst aus, wenn er die Wahr­heit auf­nimmt und aus­drückt: von sei­ner Geschich­te, sei­ner Kul­tur, sei­ner Lage usw.

Der Exkurs dar­auf, dass auch ein Gläu­bi­ger nicht von einer „abso­lu­ten“, im Sin­ne einer „los­ge­lö­sten“ Wahr­heit aus­ge­he, stellt eine kru­de Ver­kür­zung des kirch­li­chen Wahr­heits­be­griffs dar und ist nichts wei­ter als ein fei­ges Um-den-Brei-her­um-Reden. Die Wahr­heit ist sehr wohl „abso­lut“, denn sie exi­stiert tat­säch­lich los­ge­löst von jeder Bin­dung an Wahr­heits­min­dern­des, Kor­rum­pie­ren­des, Rela­ti­vie­ren­des. Und noch etwas: nicht wir gehen von uns aus, wenn wir die Wahr­heit(!) auf­neh­men! Im Moment der Umkehr zu IHM neh­men wir tat­säch­lich aus­schließ­lich IHN in uns auf und las­sen unse­re „Geschich­te, unse­re Lage, unse­re Kul­tur etc.“  zurück! „At illi con­ti­nuo, relic­tis reti­bus, secu­ti sunt eum[16]Mt. 4, 18 – (Sie folg­ten IHM sogleich, nach­dem sie ihre Net­ze lie­gen­ge­las­sen hat­ten.)  Was sie ver­spon­nen, gebun­den und gefan­gen gehal­ten hat­te, war­fen sie ab und folg­ten IHM…

3. An IHM scheiden sich die Geister!

Die Tat­sa­che, dass vie­le Dif­fe­ren­zen zwi­schen Ein­zel­per­so­nen und kul­tu­rel­len Aus­prä­gun­gen ganz offen­kun­dig im Zusam­men­hang mit Wahr­heit und Irr­tum, mit Bos­heit und Güte, Gerech­tig­keit und Unge­rech­tig­keit ste­hen, scheint Fran­zis­kus nicht im Blick zu haben, gar nicht ernst zu neh­men – als sei­en die Mäch­te und Gewal­ten in der Luft, vor denen uns der Hl. Pau­lus warnt, ein Kin­der­spiel. „Quia non est nobis col­luc­ta­tio adver­sus san­gui­nem et car­nem sed adver­sus prin­ci­pa­tus, adver­sus pote­sta­tes, adver­sus mun­di rec­to­res ten­ebrarum harum, adver­sus spir­ita­lia nequitiae in cae­le­sti­bus.“ – (Denn wir kämp­fen nicht gegen Fleisch und Blut, son­dern gegen Für­sten, gegen Mäch­te, gegen die Herr­scher die­ser fin­ste­ren Welt, gegen böse Gei­ster in den Him­mels­re­gio­nen.) In der Waf­fen­rü­stung gegen die­se Mäch­te nennt der Hl. Pau­lus zuerst das Umgür­ten der Len­den mit der Wahr­heit! [17]Eph. 6, 12 ff

Nicht von Unge­fähr wird am Ende der Zei­ten der Wel­ten­rich­ter Jesus Chri­stus eine Schei­dung von „Scha­fen“ und „Böcken“ vor­neh­men: nicht alles war gleich „gut“ oder hat­te die glei­che Berech­ti­gung. Und vie­les, was „gut gemeint“ war, wird ER abwei­sen und böse nen­nen! Vor IHM wer­den Men­schen ste­hen, die ein­kla­gen wol­len, dass sie doch – sogar „in sei­nem Namen“ – „das­sel­be“ getan hät­ten wie die vor IHM Gerech­ten. Mehr­fach mahnt uns das NT: Er wird sagen, er ken­ne sie nicht und wird sie hin­aus­wer­fen in die äußer­ste Fin­ster­nis, die ihre Hei­mat war. [18]Vgl. Mt. 25 31 ff oder Mt 7, 22 Jeder, der die­se Wor­te der Hl. Schrift liest, muss erschau­ern vor dem Ernst der Lage!

Die Leh­re der Kir­che kann­te aus die­sem Grund kei­nen „Dia­log als Mit­tel des Frie­dens“. Unser Frie­de ist allein Chri­stus. Unser Herz ist im Unfrie­den, und was im Her­zen ist, dringt – ohne Ver­söh­nung mit Gott – unwei­ger­lich nach außen. Frie­den heißt in der christ­li­chen Vor­stel­lung, dass der Wil­le Got­tes ohne Abstri­che erfüllt wird. Es ist ver­schie­dent­lich dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, dass ein sol­cher Frie­den nicht von einem Kol­lek­tiv initi­iert wer­den kann, son­dern nur in den Her­zen der ein­zel­nen Gläu­bi­gen ent­facht zur Gemein­schaft drängt. „Secund­um vol­untatem tuam paci­fi­ca­re et coad­una­re digne­ris“ – (Dei­nem Wil­len gemäß mögest DU befrie­den und ver­ei­ni­gen) beten wir im Alten Mess­ka­non. Erst geschieht die per­sön­li­che Befrie­dung des ein­zel­nen, danach ist die Ver­ei­ni­gung möglich…

In die Rea­li­tät mensch­li­chen Unfrie­dens ragt die merk­wür­di­ge Aus­sa­ge Jesu, der Frie­de, den er gebe, sei nicht der Frie­de, den die Welt gibt. [19]Joh. 14, 27 Sein Frie­de ist also jen­seits alles des­sen, was der Mensch an Frie­dens­be­mü­hung vor­neh­men könnte.

Im Agnus Dei kommt der Ein­bruch die­ser frem­den Frie­dens­vor­stel­lung, die nicht von die­ser Welt ist, zum Aus­druck: „qui tol­lis pec­ca­ta mun­di dona nobis pacem“ – (der Du trägst die Sün­den der Welt, gib uns Frie­den…). Die Bezie­hung zwi­schen unse­rer Sün­de und der pri­va­tio des Frie­dens ist hier deut­lich aus­ge­spro­chen. Ein rein irdi­scher „Welt­frie­den“ ist – auf­grund des apo­ka­lyp­ti­schen Kamp­fes zwi­schen Licht und Fin­ster­nis – vor der Wie­der­kunft Jesu Chri­sti sogar aus­drück­lich ausgeschlossen:

ER, so ist es von Anfang an gesagt, bringt das „Schwert“. An IHM schei­den sich die Gei­ster. An IHM wird offen­bar, was in den Her­zen schlum­mert. ER trennt unter uns Licht und Fin­ster­nis. So wie Gott am Anfang der Schöp­fung das Licht und die Fin­ster­nis schied… Ange­sichts SEINER Gegen­wart kann sich kei­ner verstellen.

Sime­on pro­phe­zeit der Got­tes­mut­ter im Tem­pel: „Ecce posi­tus est hic in ruinam et resur­rec­tion­em mul­torum in Isra­el et in signum, cui con­tra­di­ce­tur „” et tuam ipsi­us ani­mam per­tran­siet gla­di­us „” ut reve­len­tur ex mul­tis cor­di­bus cogi­ta­tio­nes.“ – (Sie­he, die­ser ist gesetzt zum Ruin und zur Auf­er­ste­hung vie­ler in Isra­el und zum Zei­chen, dem wider­spro­chen wird – und dir wird selbst ein Schwert durch dei­ne See­le gesto­ßen wer­den – damit die Gedan­ken aus den Her­zen vie­ler ans Tages­licht kom­men.) [20]Lk. 2, 25 ff

Zum Ruin! Er wird Wider­spruch her­vor­ru­fen! Das Schwert in Mari­as See­le ist kei­ne roman­tisch-pathe­ti­sche Beschrei­bung müt­ter­li­cher Affen­lie­be, son­dern die Ankün­di­gung der Teil­ha­be Mari­ens am Erlö­sungs­werk ihres Soh­nes. Das Schwert in der See­le Mari­ens ist Teil des Lei­dens­we­ges Jesu, der den Frie­den in Gott mög­lich machen wird für viele.

Mit Jesus steht jeden­falls der ein­zel­ne Mensch vor der Mög­lich­keit des end­gül­ti­gen Ruins oder der Auf­er­ste­hung. Ab jetzt ist die Rede von den Wer­ken der Fin­ster­nis und denen des Lichts:

Nemo vos deci­pi­at ina­ni­bus ver­bis; prop­ter haec enim venit ira Dei in fili­os diffidentiae.
Noli­te ergo effi­ci com­par­ti­cipes eorum;
era­tis enim ali­quan­do ten­ebrae, nunc autem lux in Domi­no. Ut filii lucis ambulate
„” fruc­tus enim lucis est in omni boni­ta­te et ius­ti­tia et veritate „”
pro­ban­tes quid sit bene­pla­ci­tum Domino;
et noli­te com­mu­ni­ca­re ope­ri­bus infruc­tuo­sis ten­ebrarum, magis autem et redarguite;
quae enim in occul­to fiunt ab ipsis, tur­pe est et dicere;
omnia autem, quae argu­un­tur, a lumi­ne manifestantur,
omne enim, quod mani­fe­sta­tur, lumen est. Prop­ter quod dicit: “ Sur­ge, qui dor­mis, et exsur­ge a mor­tuis, et illu­minabit te Chri­stus
„. [21]Eph 5, 6–14

(Nie­mand täu­sche euch mit lee­ren Wor­ten; wegen ihnen kommt der Zorn Got­tes auf die Kin­der des Misstrauens.
Dar­um ergebt euch nicht als deren Teilhaber;
Einst­mals wart ihr Fin­ster­nis, jetzt aber Licht im Herrn. Auf dass ihr wie Kin­der des Lich­tes wan­delt – die Frucht des Lich­tes näm­lich besteht in Güte und Gerech­tig­keit und Wahr­heit – prüft, was dem Herrn ein Wohl­ge­fal­len sei;
Und macht euch nicht gemein mit den unfrucht­ba­ren Wer­ken der Fin­ster­nis, viel­mehr aber deckt sie auf;
was näm­lich im Gehei­men von jenen getan wird, ist zu schänd­lich, um gesagt zu werden;
alles aber, was offen­ge­legt wird, wird vom Licht sicht­bar gemacht,
alles näm­lich, was sicht­bar gemacht wird, ist Licht.

Des­we­gen sagt man:
„Steh auf, der du schläfst, ersteh von den Toten auf, damit dich Chri­stus erleuchtet.“
Wer nicht von Chri­stus erleuch­tet ist mit sei­ner wil­lent­li­chen Zustim­mung, liegt „im Grab“, ist „tot“!
Es ist dem Chri­sten nicht erlaubt, mit den „Toten“ an einem Strang zu zie­hen: „Noli­te iugum duce­re cum infi­de­li­bus! Quae enim par­ti­ci­pa­tio ius­ti­tiae cum ini­qui­ta­te? Aut quae socie­tas luci ad ten­ebras? [22]2. Kor. 6, 14 – (Zieht nicht ein Joch mit den Ungläu­bi­gen! Hat denn die Gerech­tig­keit teil an der Bos­heit? Oder was hat das Licht mit der Fin­ster­nis zu tun?)

Distanz ist immer dann gebo­ten, wenn Din­ge aus einem bestimm­ten Geist her­aus vor­ge­nom­men wer­den, der der Leh­re der Kir­che aus­drück­lich wider­spricht oder bei nüch­ter­ner Ana­ly­se impli­zit ent­ge­gen­steht. Dazu zäh­len poli­ti­sche, sozia­le und kul­tu­rel­le Pro­jek­te, die eine star­ke ideo­lo­gi­sche Fun­die­rung haben und immer ande­re Reli­gio­nen und ihre Kulte.
Es ist nicht „über­heb­lich“, wie Fran­zis­kus behaup­tet, die­se gei­sti­gen Fun­die­run­gen, die den Hl. Geist abwei­sen, als „Werk der Fin­ster­nis“ zu bezeich­nen. Wer sich wirk­lich bekehrt hat, weiß, dass der Mensch außer­halb der Kir­che unwei­ger­lich in die Hän­de der Fin­ster­nis gerät. Wer wagt, die Gei­ster von­ein­an­der zu schei­den – es ist ja bei vie­lem nicht ein­fach, zu erken­nen, wes Gei­stes Kind es ist!?

Und es gibt schon in alt­te­sta­ment­li­cher Zeit das Cha­ris­ma der Unter­schei­dung der Gei­ster, das der­je­ni­ge, der es hat, sei­nen Glau­bens­ge­schwi­stern schen­ken muss. Die Gabe der Unter­schei­dung ist ver­bun­den mit einem pro­phe­ti­schen Cha­ris­ma. Dass Sime­on und Han­na (letz­te­re wird aus­drück­lich eine pro­phe­tis­sa genannt) [23]Lk. 2, 36 in die­ser unschein­ba­ren Fami­lie, die in den Tem­pel kam, um ihren Erst­ge­bo­re­nen Gott zu wei­hen, die Hei­li­ge Fami­lie erkann­ten, dass Sime­on in Maria die Got­tes­mut­ter und Teil­ha­be­rin des Erlö­sungs­wer­kes sah und ihr das unter Segens­sprü­chen sogar zuspre­chen konn­te, basiert auf der Fähig­keit, das, was wahr ist und von Gott kommt, sofort zu unter­schei­den von allem ande­ren, das nicht die­sen Sta­tus hat. Sime­on wird ein „homo ius­tus et timo­ra­tus“ genannt, dem der Hl. Geist ein­ge­ge­ben habe, „non visurum se mor­tem nisi pri­us vide­ret Chri­s­tum Domini.“ Unter Ein­wir­kung des Gei­stes geht er zur besag­ten Stun­de in den Tem­pel. [24]Lk. 2, 26+27 Auch er ist ein Pro­phet wie Han­na – ganz ein­deu­tig. Die Kir­che braucht auch die­ses Cha­ris­ma. Das Lehr­amt hät­te die Auf­ga­be, die­ses Cha­ris­ma und sei­ne Frucht im Ein­zel­fall zu prü­fen und zu bestätigen.

Aus der zitier­ten Stel­le aus dem Ephe­ser­brief geht her­vor, dass die Wer­ke der Fin­ster­nis, sobald sie beleuch­tet wer­den, sich zwangs­läu­fig als nicht-licht­voll erwei­sen wer­den: „Omne enim, quod mani­fe­sta­tur, lumen est.“ Hin­ter die­sem Satz steht die Vor­stel­lung der Fin­ster­nis als Abwe­sen­heit des Lich­tes. Wenn etwas wesen­haft fin­ster ist, bleibt es auch im Licht fin­ster, „wie ein schwar­zes Loch“. Das Licht scheint und beleuch­tet – nichts! Was sich dage­gen beleuch­ten lässt und erkenn­ba­re Gestalt gewinnt, das ist Licht! Ein Läu­te­rungs­pro­zess klingt auch hier an die­ser Stel­le an: das Licht „heilt“ die gekränk­te, ver­min­der­te, ursprüng­lich gut geschaf­fe­ne, ver­fin­ster­te Sub­stanz des Men­schen. Jesus trat des­halb so über­aus wirk­mäch­tig als Arzt in Erschei­nung. Das Hei­len der mensch­li­chen Gebre­chen blieb immer eine zen­tra­le Beru­fung der Kir­che und fand einen sicht­ba­ren Nie­der­schlag in der Pfle­ge und Behand­lung Kran­ker, aber auch in Wun­der­hei­lun­gen durch die Für­bit­te der Hei­li­gen. Im Licht der Leh­re der Kir­che muss alles geprüft wer­den und wird sei­nen Cha­rak­ter erwei­sen. Es ist nicht „über­heb­lich“, so vor­zu­ge­hen, wie Fran­zis­kus behaup­tet, son­dern so ist es uns gebo­ten zu unse­rem Heil und dem der gan­zen Welt.

4. Das „Vorurteil“ als Kampfbegriff gegen die Objektivität

Ein letz­tes Wort sei gegen den gedan­ken­lo­sen Ein­satz des Begrif­fes „Vor­ur­teil“ durch Papst Fran­zis­kus ein­ge­wandt: Wir mei­nen zu wis­sen, was ein „Vor­ur­teil“ ist. Bis weit ins 20. Jahr­hun­dert hin­ein hät­te nie­mand von „Vor­ur­tei­len“ gespro­chen. Er hät­te von einem „Urteil“, „Fehl­ur­teil“ oder „Irr­tum“ gespro­chen. Man hät­te einem bestimm­ten Urteil auf­grund ratio­na­ler Ein­wän­de viel­leicht nicht zuge­stimmt. Man hät­te aber nicht bestrit­ten, dass das Urtei­len, die Gewin­nung einer aus­schließ­li­chen Über­zeu­gung an sich selbst, legi­tim sei.

Was aber meint der Begriff „Vor-Urteil“, der 1954 von Gor­don All­port theo­re­tisch begrün­det wor­den sein soll und als nega­ti­ver Kampf­be­griff all­täg­lich ver­wen­det wird? [25]Vgl. https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​V​o​r​u​r​t​e​i​l​#​D​e​f​i​n​i​t​i​o​nen, abge­ru­fen am 17.9.2013 Es lässt sich schnell defi­nie­ren, was die Rede von den „Vor­ur­tei­len“ meint: Wer „Vor­ur­tei­le“ hat, denkt angeb­lich abwer­tend oder dis­kri­mi­nie­rend über ande­re, liegt damit selbst­ver­ständ­lich falsch und muss zurecht­ge­wie­sen wer­den. Der Begriff ist ein ideo­lo­gi­scher Tot­schlä­ger, denn jedes Urteil kann als Vor­ur­teil zurück­ge­wie­sen wer­den. Fast jedem All­tags-Urteil haf­tet etwas Vor­läu­fi­ges an. Dar­aus ist ver­nünf­tig nicht zu schlie­ßen, dass ein sol­ches „vor­schnel­les“ Urteils falsch oder abwer­tend sein muss. Das Urteil ist sach­lich mög­li­cher­wei­se kor­rekt, aber spon­tan gefällt. Die Mög­lich­keit posi­ti­ver Vor-Urtei­le wird bezeich­nen­der­wei­se von­sei­ten der Begriffs­an­wen­der nicht in Erwä­gung gezo­gen – auch dies ein Hin­weis auf die hohe ideo­lo­gi­sche Kon­ta­mi­na­ti­on die­ses Wortes.

Und wie kann das „Vor­ur­teil“ scharf abge­grenzt wer­den von aus­rei­chend begrün­de­ten und bewuss­ten Urtei­len? Es ist unschwer zu erken­nen, dass dies nicht mög­lich ist. Nie­mand ist in der Lage, ratio­na­le, all­ge­mein­gül­ti­ge Kri­te­ri­en zu for­mu­lie­ren, nach denen ein ille­gi­ti­mes „Vor­ur­teil“ von einem legi­ti­men Urteil unter­schie­den wer­den kann. Ratio­nal lässt sich nur über die Begrün­det­heit eines Urteils entscheiden.

Längst hat sich die Rede von der Ille­gi­ti­mi­tät der Vor­ur­tei­le zum Gemein­platz auf­ge­weicht, man dür­fe über­haupt nicht urtei­len. „Urtei­len“ wird als gleich­be­deu­tend mit „ver-urtei­len“ auf­ge­fasst. Die Kri­tik­fä­hig­keit ist ver­lo­ren gegan­gen: jedes Urteil wird als ein Urteil ad per­so­nam – als nar­ziss­ti­sche Krän­kung – auf­ge­fasst, nicht mehr in der Sache, also ad rem!

Iro­nisch spre­chen wir bereits von „poli­ti­cal cor­rect­ness“, einem vor-tota­li­tä­ren gesell­schaft­li­chen Kli­ma, das nicht mehr ertra­gen will, dass jemand auf­grund ratio­na­ler Erwä­gun­gen zu uner­wünsch­ten Urtei­len kommt. In man­cher Ein­zel­fra­ge – zum Bei­spiel der nach der Homo­se­xua­li­tät – geschieht inzwi­schen in vie­len Staa­ten eine Kri­mi­na­li­sie­rung all jener, die aus wohl­erwo­ge­nen Urtei­len her­aus nicht bereit sind ein ideo­lo­gisch fun­dier­tes Urteil über das Phä­no­men zu tei­len, im Rah­men von „Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­ge­set­zen“. Es genügt der ver­ba­le Wider­spruch, um vor ein Gericht gestellt zu werden.

Fran­zis­kus ist zu fei­ge, sich zu The­men wie dem genann­ten öffent­lich zu äußern und win­det sich wie eine Schlan­ge zwi­schen Licht und Fin­ster­nis. Er will im Licht sein und doch die Fin­ster­nis nicht brüs­kie­ren: „Wer den christ­li­chen Glau­ben lebt, flüch­tet nicht aus der Welt oder sucht irgend­ei­ne Hege­mo­nie, son­dern stellt sich in den Dienst des Men­schen; er dient dem gan­zen Men­schen und allen Men­schen, begin­nend bei den Peri­phe­rien der Geschich­te, stets erfüllt von der leben­di­gen Hoff­nung, die trotz allem zu Wer­ken des Guten drängt, und den Augen dem Jen­seits zuge­wandt.

Der Christ „ist nicht von die­ser Welt“. Sein Stre­ben ist, dass er nicht dem Men­schen, son­dern dem Herrn die­nen will. Dass der Herr, der sich zum Die­ner aller gemacht hat, auch die Sei­nen zum Dienst an allen aus­sen­det, ist wahr. Ob der Herr im Ein­zel­fall dabei „bei den Peri­phe­rien der Geschich­te“ begin­nen will, soll­ten wir IHM nicht vor­schrei­ben. War­um soll­te er nicht im Zen­trum wir­ken wollen?

War­um aber erwähnt Fran­zis­kus nicht, dass der Christ pri­mär sei­nem Herrn und erst sekun­där dem Men­schen dient? Weiß er nicht, dass die­se pri­mä­re Moti­va­ti­on erst das spe­zi­fisch Christ­li­che aus­macht und den „Dienst am Men­schen“ unter­schei­det von der Ver­göt­zung des Men­schen, der alle Welt frönt?

Ein tie­fer Seuf­zer ent­fährt mir – O, Fran­zis­kus, war­um wirfst Du Dich nicht vor IHM nie­der und flehst unse­re Mut­ter um Für­bit­te an, war­um lässt Du Dir nicht raten von klu­gen Män­nern und Frau­en, bevor Du redest oder schreibst? Was willst Du hin­ter­las­sen mit solch chao­ti­schen und fal­schen Ver­laut­ba­run­gen? Soll die Kir­che unter Dir zusam­men­sin­ken wie eine ver­mo­der­te Lei­che? Wenn ich nicht wüss­te, dass nicht Du es bist, der die Kir­che bewahrt vor den Pfor­ten der Höl­le – ich müss­te es jetzt befürchten!

O Maria!

* Han­na Jüng­ling, frei­schaf­fen­de Musi­ke­rin, Schrift­stel­le­rin und Künstlerin

Text: Han­na Jüngling
Bild: Zeit­schnur

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1 Der Text des Brie­fes an Euge­nio Scal­fa­ri, der am 11. Sep­tem­ber 2013 in der ita­lie­ni­schen Zeit­schrift „La Repubbli­ca“ erschie­nen ist, wur­de am 12.+13. Sep­tem­ber 2013 im katho­li­schen Nach­rich­ten­ma­ga­zin „Zenit“ (www​.zenit​.org/de) in einer eige­nen deut­schen Über­set­zung und auch im Ori­gi­nal ver­öf­fent­licht: https://​www​.zenit​.org/​d​e​/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​w​a​h​r​h​e​i​t​-​i​s​t​-​e​i​n​e​-​b​e​z​i​e​h​u​n​g​-​e​r​s​t​e​r​-​t​eil und https://​www​.zenit​.org/​d​e​/​a​r​t​i​c​l​e​s​/​w​a​h​r​h​e​i​t​-​i​s​t​-​e​i​n​e​-​b​e​z​i​e​h​u​n​g​-​z​w​e​i​t​e​r​-​t​eil
Alle Zita­te aus die­sem Brief, die ich anfüh­re, stam­men aus die­ser Zenit-Übersetzung.
2 Eccle­sia­stes 3, 1+7
3 So bei­spiels­wei­se in sei­ner ersten Anspra­che nach der Papstwahl
4 Vgl. Anm. 23
5 Joh. 3, 36
6, 7 Beim Tref­fen mit japa­ni­schen Stu­den­ten – vgl. Anm. 12
8 Vgl. P. Engel­bert Reck­ten­wald: Glau­ben Chri­sten und Mus­li­me an den­sel­ben Gott? Und vgl. P. Franz Pro­sin­ger: Der­sel­be Gott? Auf www​.kath​-info​.de/​m​o​n​o​t​h​e​i​s​m​u​s​.​h​tml am 21.9.2013
9 1. Johan­nes 4,2 ff
10 Vgl. Mt. 25, 31 ff + Mt. 7, 22
11 Joh. 16, 13
12 Joh. 8, 32
13 Die­ser Text stammt von der Web­sei­te https://de.radiovaticana.va/news/2013/08/21/papst_franziskus_trifft_japanische_studenten:_%E2%80%9Enur_begegnung_bringt/ted-721447 des Inter­net­auf­tritts von Radio Vatikan
14 Offen­ba­rung 3, 15
15 Offen­ba­rung 1, 16
16 Mt. 4, 18
17 Eph. 6, 12 ff
18 Vgl. Mt. 25 31 ff oder Mt 7, 22
19 Joh. 14, 27
20 Lk. 2, 25 ff
21 Eph 5, 6–14
22 2. Kor. 6, 14
23 Lk. 2, 36
24 Lk. 2, 26+27
25 Vgl. https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​V​o​r​u​r​t​e​i​l​#​D​e​f​i​n​i​t​i​o​nen, abge­ru­fen am 17.9.2013
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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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Vergelt’s Gott!

 




 

28 Kommentare

  1. Der hw Domi­ni­ka­ner­pa­ter Gio­van­ni Cavalcoli , 
    Dozent für Moral­theo­lo­gie und Christ­li­che Anthro­po­lo­gie an der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät der Emilia-Romagna, 
    hat vor gut drei Mona­ten einen sehr treff­li­chen Vor­trag zum Thema
    „Der Dia­log­kult und die Fein­de Jesu“
    gehalten.
    Ein Auszug: 

    -
    [.…]
    „Chri­stus sagt uns klar und deutlich, 
    wenn wir sei­ne Jün­ger sein und mit ihm an der Ret­tung der Welt mit­wir­ken wollen, 
    dann müs­sen auch wir den Mut haben, unse­re Iden­ti­tät als Kin­der Got­tes zu zeigen, 
    indem wir uns den Irr­tü­mern und Sün­den der Welt für deren Rei­ni­gung und Ret­tung widersetzen 
    auch um den Preis, wie Selbst­ge­rech­te zu erscheinen.
    Dar­aus folgt eine letz­te Konsequenz: 
    Wir müssen 
    den scha­len, ergeb­nis­lo­sen und zwei­deu­ti­gen Dia­log­kult unse­rer Tage 
    korrigieren, 
    eine Pra­xis, die, wenn wir das Vor­bild von Chri­stus ernst nehmen, 
    ganz und gar nicht christ­lich ist und 
    unter des­sen Deck­man­tel von Freund­lich­keit und Tole­ranz sich ein beschä­men­der Opportunismus 
    und ein Dop­pel­spiel ver­steckt, das eines wah­ren Jün­gers Chri­sti abso­lut unwür­dig ist.

    Wenn wir von uns wirk­lich sagen wol­len, sei­ne Jün­ger zu sein, 
    dann müs­sen wir in einer Art mit den Men­schen unse­rer Zeit sprechen, 
    die wenn nötig – und wir hof­fen natür­lich, daß dies sel­ten der Fall ist – 
    auch har­te und muti­ge Töne gebraucht, auch auf die Gefahr hin, 
    Ver­fol­gung zu erlei­den oder sogar zum Preis unse­res Lebens.

    Wenn Chri­stus sich damit begnügt hätte, 
    es wie Bud­dha oder Moham­med zu machen, 
    gäbe es kein
    „Myste­ri­um crucis“, 
    das der Weg und das Unter­pfand für unser ewi­ges Heil ist“.
    -

    Zum gesam­ter Text:

    https://​katho​li​sches​.info/​2​0​1​3​/​0​5​/​1​6​/​d​e​r​-​d​i​a​l​o​g​k​u​l​t​-​u​n​d​-​d​i​e​-​f​e​i​n​d​e​-​j​e​su/

  2. ein ganz treff­li­cher Text von Han­na Jüng­ling-von mes­ser­schar­fem Ver­stand eine glanz­vol­le Analyse
    was aber noch wich­ti­ger ist :gläu­big und vol­ler Lie­be zu Chri­stus, sei­ner Braut.nur so kann man kom­pe­tenst von sol­chen Din­gen reden.
    Ein Appell der mir in den Ohren nach​hallt​.Es ist der Auf­schrei des von den Funk­tio­nä­ren im Stich gelas­se­nen enga­gier­ten guten gläu­bi­gen Menschen
    Möge doch die­ses Schrei­en über die Alpen hin­un­ter ins Herz der sicht­ba­ren Kir­che drin­gen-wenn unge­hört, es wird sicher ins Herz des vom Vater erhöh­ten Herrn drin­gen-der erschei­nen wird auf den Wol­ken des Him­mels mit gro­sser Macht und Herr­lich­keit und mit dem Zei­chen des Kreu­zes Rechen­schaft ein­for­dern von einem jeden nach sei­nem Tun.Dann gibt es kei­ne Ver­dre­hun­gen und Aus­flüch­te mehr, denn Sei­ne Urtei­le sind wahr und gerecht.

  3. Ähn­li­ches hat­ten wir schon zu Zei­ten des soge­nann­ten Kon­zils, und danach, da wur­den vie­le Prie­ster weil sie mit der Frei­ga­be des Zöli­ba­tes rech­ne­ten, und da lie­ßen sich vie­le schei­den und gin­gen zur Über­näch­sten , weil sie mit der Frei­ga­be der Eheun­auf­lös­lich­keit rech­ne­ten. Wer das Reich Got­tes zu ver­kün­den hat ver­letzt sei­ne Auf­ga­be wenn er dialogisiert.

    • nein, nach mei­ner Erfah­rung waren es nicht sosehr die ange­hen­den Prie­ster, die mit der Frei­ga­be des Zöli­ba­tes rech­ne­ten-es wur­de ihnen damals sug­ge­riert, in Aus­sicht gestellt von mass­geb­li­chen Pro­fes­so­ren, Regen­tes in Seminarien,welche sich zT abfäl­lig etwa über Papst Paul als Pil­len­pau­li vor den Alum­nen äusser­ten, von einem ver­her­en­den State­ment wie folgt sich nicht ent­hal­ten konn­ten „punk­to Zöli­bat wird es gewis­se Erleich­te­run­gen(?) geben“ so ein Rat eines Dekans(der spä­ter Bischof wur­de-aber end­lich von Rom abge­setzt wurde).
      Es ist unver­ant­wort­lich sol­che The­sen zu ver­brei­ten beson­ders in kri­ti­schen Zei­ten-die sind wie­der präsent-.Mich beelen­den die­se Getäusch­ten und Ent­täusch­ten und höre nicht auf sie in mei­ne arm­se­li­ge Für­bit­te mit­zu nehmen.

  4. Fort­set­zung des Dia­logs im Thread des Arti­kels „Sedis­va­kanz“
    https://​katho​li​sches​.info/​2​0​1​3​/​0​9​/​2​6​/​s​t​i​c​h​w​o​r​t​-​s​e​d​i​s​v​a​k​a​n​z​-​a​u​s​-​a​k​t​u​e​l​l​e​m​-​a​n​l​a​ss/

    Sehr geehr­te Frau Jüngling,
    zu Ihrer wort­rei­chen Kri­tik an dem Schrei­ben von Papst Fran­zis­kus an den Athe­isten Scal­fa­ri möch­te ich auf man­che Unsach­lich­keit und man­chen Irr­tum (neben manch Uner­klär­li­chem und Unzu­tref­fen­dem) hinweisen.

    Sie schrei­ben:
    „Fran­zis­kus hat allein des­we­gen unrecht, weil ihm die Hei­lig­keit und Gerech­tig­keit Got­tes kei­ne Erwäh­nung wert ist.“ Das ist Unsinn. Der Papst ant­wor­tet in sei­nem Brief auf ganz kon­kre­te weni­ge Fra­gen. Dass er nicht jedes Dog­ma und jede Glau­bens­wahr­heit erwäh­nen kann ist offe­sicht­lich – oder um es mit Ihren eige­nen Wor­ten zu sagen: „Wenn ein Auf­satz ein bestimm­tes The­ma hat, kann dar­in unmög­lich auf alles ein­ge­gan­gen wer­den, was in einem Zusam­men­hang damit steht. Es ist nur ein Auf­satz, bei dem man sein Ziel nicht aus den Augen ver­lie­ren will“. Andern­falls müss­te man wohl auch Ihnen beschei­ni­gen, dass Sie ‑allein schon aus die­sem Grun­de (!) – unrecht haben, trotz Ihrer wort­rei­chen Abhand­lun­gen, die in der Tat vie­le schö­ne Wor­te enthalten.

    Sie schrei­ben:
    „Mit dem Kon­zil haben Johan­nes XXIII. und Paul VI. die „Öff­nung zur Welt“ prak­ti­ziert, die nicht mehr das Opfer Jesu und eine Schei­dung der Gei­ster zur Ret­tung der ein­zel­nen See­len, son­dern All­ver­söh­nung, das Shake-hands von Licht und Fin­ster­nis und die merk­wür­di­ge theo­re­ti­sche Zwangs­kol­lek­ti­vie­rung der Men­schen zur „Mensch­heits­fa­mi­lie“ ins Zen­trum der Ver­kün­di­gung stellte.“
    Die Erlö­sung (des Men­schen!) war schon immer die Ver­kün­di­gung der Kir­che. Es ist die Fro­he Bot­schaft schlecht­hin. Adres­sat die­ser Fro­hen Bot­schaft ist in der Tat die gan­ze Mensch­heits­fa­mi­lie – und das nicht erst seit Johan­nes XXIII.! Juden und Hei­den – alle Menschen.
    Auch im Gebet, dass Jesus uns selbst gelehrt hat, heißt es „kol­lek­ti­vie­rend“ „Vater UNSER…“.
    Vgl. (übri­gens auch zum „welt­li­chen“ Frie­den, den anzu­ster­ben für Sie ein Pro­blem darstellt:
    http://​www​.vati​can​.va/​h​o​l​y​_​f​a​t​h​e​r​/​b​e​n​e​d​i​c​t​_​x​v​i​/​m​e​s​s​a​g​e​s​/​p​e​a​c​e​/​d​o​c​u​m​e​n​t​s​/​h​f​_​b​e​n​-​x​v​i​_​m​e​s​_​2​0​0​7​1​2​0​8​_​x​l​i​-​w​o​r​l​d​-​d​a​y​-​p​e​a​c​e​_​g​e​.​h​tml

    For­te­set­zung folgt

  5. Fortsetzung1

    Sie schrei­ben in Bezug auf die mono­the­isti­schen Religionen:
    „In der Tat mei­nen aber alle drei einen jeweils ande­ren Gott.“ 

    Einen JEWEILS ANDEREN…
    Ich neh­me mal an, dass Sie neben den genann­ten, näm­lich Chri­sten­tum und den Islam, als drit­te Reli­gi­on das Juden­tum mei­nen. Und Sie behaup­ten, dass auch der Gott der Juden ein ande­rer sei als der der Chri­sten und erei­fern sich in schein­bar (!) logi­schen aber äußerst kurz­sich­ti­gen Schlussfolgerungen.

    Inter­es­san­ter­wei­se füh­ren Sie zu die­sem The­ma die Erläu­te­run­gen an von P. E. Reck­ten­wald FSSP und P. F. Pro­sin­ger, so als wür­den die­se Ihre Posi­ti­on unter­stüt­zen. Wer aber die Arti­kel der bei­den Theo­lo­gen auf­merk­sam gele­sen hat, wird fest­stel­len, dass genau das Gegen­teil der Fall ist. Bei­de bestä­ti­gen die auch von den Päp­sten ver­tre­te­ne Hal­tung, dass Mus­li­me bzw. Juden (den­sel­ben) Gott mei­nen und anbe­ten wie wir Chri­sten – auch wenn das Got­tes­bild ein ande­res ist. So sieht es die Kir­che, wie Sie auch aus den Wor­ten der Päp­ste erse­hen kön­nen. Es ist unnö­tig, alles dort Gesag­te zu wie­der­ho­len, es kann ja jeder nach­le­sen, nur dies:
    P. Reck­ten­wald: „Noch viel weni­ger hebt die Leug­nung der Drei­fal­tig­keit die Refe­renz auf den einen Gott auf. Auch die Juden wuß­ten noch nichts von der Drei­fal­tig­keit, den­noch war Jah­we, an den sie glaub­ten, der eine drei­fal­ti­ge Gott. Die Mus­li­me glau­ben wie die Juden und die Chri­sten an den Gott Abra­hams, Isaaks und Jakobs. Daß Chri­stus die Drei­fal­tig­keit Got­tes offen­bar­te, macht Jah­we im Nach­hin­ein nicht zu einem ande­ren Gott. Es ist der­sel­be Gott, über den eine wei­te­re Wahr­heit geof­fen­bart wurde.“
    P. Pro­sin­ger: „Anstatt die selbst­ge­rech­te Behaup­tung auf­zu­stel­len, die Mus­li­me und die Juden wür­den nicht an den wah­ren Gott glau­ben (im Gegen­satz zu uns!), soll­ten wir die Her­aus­for­de­rung derer, die die Ein­zig­ar­tig­keit Got­tes bezeu­gen wol­len, annehmen.“

    Sie bemän­geln „Äqui­vo­ka­tio­nen, die Anlass zu Miss­ver­ständ­nis­sen, Ent­täu­schun­gen, Ver­wir­rung und Riva­li­tä­ten“ geben, und stel­len aber gleich­zei­tig fest, dass ein (sog. offe­ner) Dia­log, der den ande­ren anhört und ihn zu ver­ste­hen sucht und so zur Klä­rung der Begrif­fe bei­tra­gen kann, nicht nur sinn­los ist son­dern dass „eine sol­che Visi­on vom „Dia­log“ (…) unmensch­lich [ist]und (…) den Men­schen sei­ner Wür­de [beraubt]“. Offen­sicht­lich ist auch das Unsinn. 

    Genau des­we­gen, lie­be Frau Jüng­ling ist recht­ver­stan­de­ner Dia­log (der etwas ganz ande­res ist als das, was ein Erz­bi­schof Zol­lit­sch und die DBK dar­un­ter ver­ste­hen), wich­tig. Kein ver­nünf­ti­ger Mensch wird das bestrei­ten, und kein Katho­lik wür­de behaup­ten, dass (recht­ver­stan­de­ner) Dia­log, so wie ihn Bene­dikt XVI. und auch Papst F. emp­feh­len, eine Form des Auf­trags des Chri­sten ist.
    http://​fri​scher​-wind​.blog​spot​.de/​2​0​1​2​/​0​2​/​d​i​a​l​o​g​-​i​s​t​.​h​tml
    http://​fri​scher​-wind​.blog​spot​.de/​2​0​1​1​/​0​8​/​d​i​a​l​o​g​-​m​i​s​s​i​o​n​_​2​7​.​h​tml

    • Einen JEWEILS ANDEREN…
      Ich neh­me mal an, dass Sie neben den genann­ten, näm­lich Chri­sten­tum und den Islam, als drit­te Reli­gi­on das Juden­tum mei­nen. Und Sie behaup­ten, dass auch der Gott der Juden ein ande­rer sei als der der Chri­sten und erei­fern sich in schein­bar (!) logi­schen aber äußerst kurz­sich­ti­gen Schlussfolgerungen.

      Man lernt immer neu dazu. Das habe ich auch nicht gewußt das der „Drei­fal­ti­ge Gott“ eine kurz­sich­ti­ge Schluss­fol­ge­rung ist.
      Per Mari­am ad Christum.

  6. Fort­set­zung 2

    Sie kri­ti­sie­ren, dass F. von der „Zärt­lich­keit Got­tes“ und der „Sanft­mut der Chri­sten“ spricht und die Sanft­mut als die tief­ste Hal­tung bezeich­net, die es für einen (kul­tu­rel­len wie auch den reli­giö­sen) Dia­log braucht.
    Sie meinen:
    „Nüch­tern bemerkt ist es hin­sicht­lich der Wahr­heit nicht von Belang, ob sie sanft oder unsanft vor­ge­tra­gen wird – was wahr ist, ist wahr.“ Natür­lich! Selbst­ver­ständ­lich kön­nen Sie Anders­gläu­bi­gen die Wahr­heit ins Gesicht klat­schen, so wie Sie das in die­sem Forum, auf Ihrem Blog oder sicher auch bei sich zu Hau­se tun. Das hat aber mit der Tugend der Klug­heit und wirk­li­cher christ­li­cher Lie­be nicht viel zu tun. Für den per­sön­li­chen Dia­log von Mensch zu Mensch ist aber die per­sön­li­che Ein­stel­lung durch­aus für den Erfolg des Dia­lo­ges (den wir ja wün­schen um das Got­tes­reich zu bau­en) wich­tig. Da ist es ein Unter­schied, ob Sie sich fein­füh­lig dem ande­ren nähern wol­len, oder ob Sie wie ein Ele­phant im Por­zel­lan­la­den alles zer­stamp­fen was schon dage­we­sen wäre. Nicht der Spruch „Der Ton macht die Musik!“ klingt hier an, son­dern – wenn schon ein Spruch, dann doch eher „Mit einem Trop­fen Honig fängt man mehr Flie­gen als mit einem Fass voll Essig“. 

    Aller­dings ver­ken­nen Sie hier, dass es sich bei der Sanft­mut um eine christ­li­che Tugend han­delt, die wir uns aneig­nen sol­len: Chri­stus sagt selbst: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin sanft­mü­tig und demü­tig von Her­zen; so wer­det ihr Ruhe fin­den für eure See­le“ (Mt 11,29). Sicher ist Ihnen bekannt, dass die Herz-Jesu-Ver­eh­rung eine beson­de­re Stel­lung bei den Jesui­ten hat, aus der auch F., wie die stän­di­ge Erwäh­nung der Tugen­den Demut und Sanft­mut zei­gen, merk­lich schöpft. 

    Ihr Satz: „Die Auf­wer­tung der „Ver­packung“ zum unver­zicht­ba­ren Bestand­teil der Wahr­heit, eine irri­ge Frucht des „Pasto­ral­kon­zils“, hat nicht nur die tra­di­tio­nel­le Lehr­ver­kün­di­gung in Miss­kre­dit gebracht, son­dern die Wahr­heit ihrer Objek­ti­vi­tät beraubt“ ist offen­sicht­li­cher Unsinn. Weder wird die „Ver­packung“, also die „Ver­kün­di­gung in der Hal­tung der Sanft­mut“, ein „unver­zicht­ba­ren Bestand­teil der Wahr­heit“, son­dern trans­por­tiert die Wahr­heit viel­mehr, noch wur­de durch die­sen Anspruch die Wahr­heit „ihrer Objek­ti­vi­tät beraubt“. Wie soll das denn gesche­hen sein? Noch­mal: Dadurch, dass ich in sanft­mü­ti­ger Hal­tung einen Dia­log füh­re, dadurch soll die Wahr­heit an Objek­ti­vi­tät ver­lie­ren? … Schmarrn.

    • “ Da ist es ein Unter­schied, ob Sie sich fein­füh­lig dem ande­ren nähern wol­len, oder ob Sie wie ein Ele­phant im Por­zel­lan­la­den alles zer­stamp­fen was schon dage­we­sen wäre.“

      „Ihr seid nicht heiß, ihr seid nicht kalt, ihr seid nur lau. Ich spuck euch aus.“
      Ist das fein­füh­lig genug?
      Per Mari­am ad Christum.

  7. Fort­se­tung 3

    Ich wüss­te nicht dass die Kir­che ihre Leh­re ver­kün­det unter der Prä­mis­se „Friss oder stirb“. Schein­bar stel­len Sie sich so „die tra­di­tio­nel­le Lehr­ver­kün­di­gung“ vor. In sol­cher unbarm­her­zi­ger und arro­gan­ter Wei­se wol­len Sie denen, denen Sie die Wahr­heit ver­kün­den, kei­nen Raum für einen Rei­fungs­pro­zess hin zum wah­ren Glau­ben las­sen. Sie mei­nen: “in mei­ner „Umkehr“ voll­zieht sich kein lebens­lan­ger „Dia­log“ zwi­schen dem Vor­her und Nach­her, son­dern sogar eine regel­rech­te Läu­te­rung aus dem Vor­her her­aus.“ Ja, aber des­we­gen bin ich nach mei­ner Bekeh­rung den­noch ein Kind mei­ner Zeit, im wesent­li­chen noch immer ein Kind mei­nes kul­tu­rel­len und son­sti­gen Umfeldes.

    Frei­lich wider­spre­chen Sie sich selbst, wenn Sie den­noch von einem „Umge­stal­tungs­pro­zess“ spre­chen, den aber nicht nur eine Kul­tur, son­dern auch jeder ein­zel­ne von uns – und zwar genau ein Leben lang – durch­läuft. Auch nach sei­ner Bekeh­rung – bis zu dem Punkt an dem wir voll­kom­men in Chri­stus umge­stal­tet, sprich hei­lig sind. Oder leug­nen Sie, dass dies für jeden von uns eine Lebens­auf­ga­be ist? 

    Sie raten (mit Recht) dazu den ande­ren, „den Frem­den“, nicht zu unterschätzen.
    Zitat: „Er irrt, weil er ein irren­der Mensch ist, wie ich einer war, bevor mich Jesus berühr­te und wie­der bin, sobald ich mich von Jesus abwen­de. War­um soll­ten wir anneh­men, dass sein Wider­spruch ein Miss­ver­ständ­nis sei, das sich mit ein paar Dia­log­sit­zun­gen auf­lö­sen lässt?“ Ande­ren wol­len Sie also ver­wei­gern, was Ihnen selbst wie­der­fah­ren ist, dass Jesus sie mög­li­cher­wei­se berüh­re – durch eine Erklä­rung, einen Hin­weis, ein Aus­räu­men eines Vor­ur­teils (zu dem Begriff spä­ter noch). 

    Sie fra­gen:
    „Wie viel Sinn ergibt der Ver­such, eine Aus­sa­ge, die eine Reli­gi­on für wahr hält, in „Dia­log“ mit ihrem Wider­spruch zu brin­gen?“ Gegen­über der Reli­gi­on als Gan­zer gese­hen, bringt das nichts. Aber gegen­über einer kon­kre­ten Per­son, einer Per­son, die an der Wahr­heit inter­es­siert und des­we­gen offen ist für einen Dia­log, die zuhört und sich Gedan­ken über das Gehör­te macht, für die­se Per­son kann es die­se Berüh­rung durch Jesus sein – wer woll­te das in Abspra­che stel­len. Aber hier gilt: wir säen; was dar­aus wird müs­sen wir Gott überlassen.

    Fort­set­zung folgt

    • „Ich wüss­te nicht dass die Kir­che ihre Leh­re ver­kün­det unter der Prä­mis­se „Friss oder stirb“.“

      „Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich“.
      Per Mari­am ad Christum.

  8. Fort­set­zung 4

    Noch zum Begriff des Vor­ur­teils. Ein Vor­ur­teil ist ein Urteil, das ich über jeman­den gefasst habe, aber nicht der Wirk­lich­keit ent­spricht. Und zwar habe ich mir die­ses Urteil gebil­det, weil ich nicht die Mög­lich­keit (oder das Inter­es­se dar­an) hat­te, her­aus­zu­fin­den, wie es in Wirk­lich­keit ist. Die­ses Vor­ur­teil kann aber, wenn ich es zur Grund­la­ge mei­nes Han­delns mache, zu Unge­rech­tig­keit (in jeg­li­cher Aus­prä­gung) führen. 

    Was Sie aller­dings zu die­sem Begriff schrei­ben, ist abso­lut suspekt: Unsinn, ver­mengt mit wikipedia-„Wissen“ (s. Quel­len­an­ga­be), das jeg­li­chem Bezug zu dem Gebrauch von Papst F. bar ist. Sie behaup­ten: „Bis weit ins 20. Jahr­hun­dert hin­ein hät­te nie­mand von „Vor­ur­tei­len“ gespro­chen.“ Um dann (mit Beru­fung auf wiki­pe­dia, das Sie aber lei­der wie­der falsch inter­pre­tie­ren) zu behaup­ten, dass der Begriff „von Gor­don All­port theo­re­tisch begrün­det wor­den sein soll und als nega­ti­ver Kampf­be­griff all­täg­lich ver­wen­det wird“.Unsinn!

    Selbst­ver­ständ­lich hat man auch vor dem 20. Jh. von „Vor­ur­tei­len“ gespro­chen und wuss­te, was das ist. Einen Beweis fin­den Sie z. B. im Titel einer im Jah­re 1813 erschie­ne­nen Novel­le von Jane Austen, namens „Pri­de and Pre­ju­di­ce“ – „Stolz und Vor­ur­teil“. Ja, wir wis­sen, was ein Vor­ur­teil ist: z. B. dass alle Ita­lie­ner Spa­ghet­ti-Esser sind; oder dass die Katho­li­ken Men­schen­fres­ser sind und Maria anbe­ten, oder dass alle Deut­schen blaue Augen und blon­de Haa­re haben, Leder­ho­sen und Dirndl tra­gen und Nazis sind. Und tat­säch­lich könn­ten sol­che Vor­ur­tei­le durch mutein­an­der­ge­führ­te Gesprä­che auf­ge­klärt und abge­baut wer­den – im kul­tu­rel­len wie im reli­giö­sen Bereich. Gibt es über­haupt eine ande­re Mög­lich­keit, Vor­ur­tei­le abzubauen? 

    In oben genann­tem Sin­ne gebraucht es F. wenn er (war­um nur unter­stel­len Sie F. Gedan­ken­lo­sig­keit?) an Scal­fa­ri schreibt: „So kam es zwi­schen der Kir­che und der christ­lich inspi­rier­ten Kul­tur einer­seits und der moder­nen, von der Auf­klä­rung gepräg­ten Kul­tur ande­rer­seits zu einer Kon­takt­un­fä­hig­keit. Nun ist die Zeit gekom­men – und das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil hat sie ja ein­ge­lei­tet – für einen offe­nen Dia­log ohne Vor­ur­tei­le, der die Tür zu einer ern­sten und frucht­ba­ren Begeg­nung wie­der öff­net.“ (auto­ri­sier­te Über­set­zung aus dem Italienischen)
    http://​www​.vati​can​.va/​h​o​l​y​_​f​a​t​h​e​r​/​f​r​a​n​c​e​s​c​o​/​l​e​t​t​e​r​s​/​2​0​1​3​/​d​o​c​u​m​e​n​t​s​/​p​a​p​a​-​f​r​a​n​c​e​s​c​o​_​2​0​1​3​0​9​1​1​_​e​u​g​e​n​i​o​-​s​c​a​l​f​a​r​i​_​g​e​.​h​tml
    Gibt es über­haupt eine ande­re Mög­lich­keit, Vor­ur­tei­le abzu­bau­en? Ja: Krieg, Erobe­rung, Ver­skla­vun­g… Okay.

    • Sie irren auch bezgl. des Begrif­fes „pre­ju­di­ce“ (Jane Austen):

      „Vor-urteil“ ist eine Nach­bil­dung des latei­ni­schen „praei­udi­ci­um“. Das aber meint nicht ein­ge­engt ein „Vor­ur­teil“ im Sin­ne einer Dis­kri­mi­nie­rung oder einer nega­ti­ven Vor­an­nah­me, also das ideo­lo­gi­sier­te Ver­ständ­nis des Begrif­fes, wie ich es in mei­nem Text beschrei­be, son­dern „praei­udi­ci­um“ meint folgendes:

      Es kann eine Vor­ent­schei­dung, eine Vor­her­sa­ge (im Sin­ne der Befürch­tung), bei Cae­sar sogar ein maß­geb­li­ches Urteil sein (also „vor“ hier im Sin­ne der Vorreiterschaft).
      Die abso­lut nega­ti­ve und ideo­lo­gi­sche Ein­engung auf ein „dis­kri­mi­nie­ren­des, vor­ge­fass­tes Urteil“ stammt erst aus der Mit­te des 20. Jh wie ich es erklärt habe.

      Kein ver­nünf­ti­ger und ver­ant­wort­li­cher Mensch, soll­te ein der­art kon­ta­mi­nier­tes Wort unbe­dacht ein­set­zen. Ich kann bei F. nicht erken­nen, dass er sich über die Pro­ble­ma­tik die­ses Begrif­fes über­haupt bewusst ist.

  9. „Nun ist die Zeit gekom­men – und das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil hat sie ja ein­ge­lei­tet – für einen offe­nen Dia­log ohne Vor­ur­tei­le, der die Tür zu einer ern­sten und frucht­ba­ren Begeg­nung wie­der öff­net.“ (auto­ri­sier­te Über­set­zung aus dem Italienischen).“

    Wer die­se Welt liebt kennt den Vater nicht. Und wer sich die­se Welt zum Freund macht, macht sich zum Feind Got­tes. Wenn die Zeit kommt wird es kei­nen Dia­log mehr geben. „Ihr habt mich nicht gekannt und ich ken­ne euch auch nicht“.
    Per Mari­am ad Christum.

  10. Ich kann nur jeden Leser bit­ten, mei­nen Text zu lesen und zu prü­fen, ob die­se lang­at­mi­gen Vor­wür­fe zutref­fen oder nicht. 

    Nur eine wich­ti­ge Kor­rek­tur: ich habe mich auf Reck­ten­wald und Pro­sin­ger kri­tisch bezo­gen und sie gera­de nicht für mei­ne Argu­men­ta­ti­on als „Unter­stüt­zer“ her­an­ge­zo­gen. Ich habe ihre Posi­ti­on kritisiert. 

    Anson­sten: ich habe alles gesagt, was zu sagen war. Auf eine der­art ver­grö­bern­de Kri­tik kann ich nicht wei­ter eingehen.

    • Lie­be @zeitschnur,

      “ … ob die­se lang­at­mi­gen Vor­wür­fe …“ und „.. ich habe alles gesagt, was zu sagen war. Auf eine der­art ver­grö­bern­de Kri­tik kann ich nicht wei­ter eingehen.“

      Bei­de Zita­te zei­gen m. E. dass Sie sich von @Frischer Wind per­sön­lich getrof­fen füh­len. Da ich Sie bzw. Ihre Bei­trä­ge immer sehr schät­ze, aber nicht immer in allem Ihnen wirk­lich zustim­men kann, glau­be ich auch berech­tigt zu sein, Ihnen emp­feh­len zu dür­fen, – dia­lo­gisch – den Stand­punkt des/​der ande­ren aus deren Sicht bzw. Her­kunft zu betrachten.

      Jemand, der nicht aus dem Den­ken der Pius­bru­der­schaft mit geprägt ist, hat wohl auch nicht die glei­chen Ver­ständ­nis­grund­la­gen wie Sie; das gilt aber auch umge­kehrt. Außer­dem ist es wohl so, dass wir alle begrenzt sind und Feh­ler machen kön­nen, auch – und gera­de dann – wenn wir uns ’so sicher sind‘. Zur Demut gehört an die­ser Stel­le gera­de die Fra­ge an den Herrn. „Herr, habe ich mich in eini­gen Punk­ten viel­leicht doch ver­rannt, willst Du mir mit diesem/​dieser ande­ren viel­leicht etwas sagen, was mir bis­her ent­gan­gen ist? Herr, ver­zeih mir, wenn ich mir zu sicher war.“

      Wah­re Grö­ße zeigt sich immer auch in der ange­mes­se­nen Demut. Das gilt immer für bei­de Sei­ten. Manch­mal ist die Bereit­schaft zum per­sön­li­chen Dia­log die Brücke zum jeweils ande­ren, auch wenn ich die­se Brücke mehr­fach – und schein­bar ver­geb­lich – betre­ten müsste.

      Darf ich Ihnen emp­feh­len, mit @Frischer Wind über deren E‑Mail-Adres­se (sie­he Blog) per­sön­lich in Kon­takt zu tre­ten? Ich bin über­zeugt: Sie wür­den sich wun­dern, wie vie­le Gemein­sam­kei­ten es zwi­schen Ihnen bei­den gibt; aber auch ent­decken, wor­aus die Unter­schie­de erwach­sen sind. So nur kann man m. E. fest­stel­len, was an den Vor­wür­fen dran ist.

      Ich wün­sche Ihnen bei­den von Her­zen gutes Gelin­gen dazu und Got­tes rei­chen Segen. Viel­leicht kann ja so sogar eine neue Freund­schaft ent­ste­hen bzw. will Gott Sie so damit beschenken.

  11. Die Ein­wän­de von @Frischer Wind sind, zumin­dest was mich angeht, wenig über­zeu­gend. Wie kann man an etwas glau­ben, was man nicht kennt? Natür­lich ist der Jah­we der Juden und der drei­fal­ti­ge Gott der Chri­sten der­sel­be Gott, aber wenn ich ihn letzt­lich nicht als den ken­ne und somit be-ken­ne, der er in Wahr­heit ist, dann hat die­ses Beten zu dem sel­ben Gott und die­ses Glau­ben an den einen Gott kei­ne Sub­stanz in der Wahrheit.
    Was den Dia­log betrifft, geht die Kri­tik ins Lee­re, weil es letzt­lich in der Fra­ge der Wahr­heit kei­nen Dia­log geben kann. So sah das m. E. auch Jesus. Frei­lich hat auch er, wenn man so will, den Weg des Dia­logs im Sin­ne einer Dar­le­gung sei­nes Stand­punk­tes betre­ten, aber als die­ser Stand­punkt abge­lehnt und ver­wor­fen wur­de, ist er aufs Kreuz gestie­gen und hat kon­se­quent und bis zum Tod die Wahr­heit bezeugt. Und in der Auf­er­ste­hung wur­de von Gott die­ses Zeug­nis als wahr bestä­tigt, so glau­ben wir – und nur wir! Was heu­te die Kir­che unter Dia­log mit ande­ren Reli­gio­nen und Kul­tu­ren ver­steht, darf sich nicht auf Chri­stus beru­fen, denn es ist ein Dia­log in Form einer Suche nach dem klein­sten gemein­sa­men Nen­ner. Ein sol­cher Dia­log führt nicht zur Wahr­heit, son­dern er ver­sucht Kom­pro­mis­se zu schlie­ßen, wo es letz­ten Endes kei­ne Kom­pro­mis­se geben kann. Es stimmt, man soll­te die Wahr­heit den Men­schen nicht um die Ohren hau­en (das ist letztl­cih sicher auch nicht@zeitschnurs Absicht!), man soll­te nicht über­all pro­vo­kant auf­tre­ten, aber man muss bei der Wahr­heit blei­ben und sich nicht mit Schein­kom­pro­mis­sen selbst betrü­gen. Aus einem sol­chen (Selbst-)Betrug ent­steht näm­lich nicht der ersehn­te Frie­de und die Ver­stän­di­gung, son­dern nur neu­er Streit oder ein voll­kom­me­nes Abglei­ten in die Lüge. Und wir erle­ben ja momen­tan die „Früch­te“ eines sol­chen jahr­zehn­te­lang falsch geführ­ten Dia­logs bspw. mit den Pro­te­stan­ten. Es sind fau­le Früch­te, die man nun ern­tet, brü­chi­ge Brücken, die man gebaut hat. Und inso­fern erscheint mir der Stand­punkt @zeitschnurs in unse­rer Situa­ti­on und gene­rell wirk­lich als der beden­kens- und beherzigerenswerte.

    • Dan­ke – Sie ver­ste­hen, wovon ich rede.
      Ein Detail noch zum Gott der Juden: durch die Ver­wer­fung Jesu, also des Soh­nes, haben sie aller­dings das Got­tes­bild, das das alte Isra­el über­lie­fer­te, ein­ge­engt auf – um es for­ma­li­stisch zu sagen: Der wah­re Gott – (minus) Jesus. Das ist dann defi­ni­tiv nicht der­sel­be Gott wie der der Christen.

      Ich habe übri­gens gera­de Berg­o­gli­os „Über Him­mel und Erde“ gele­sen. Es ist dar­in vie­les auf­fal­lend und im kla­ren Wider­spruch zu den über­lie­fer­ten Dog­men. Aber ganz beson­ders befremd­lich ist, dass Jesus in die­sem Buch nicht vorkommt.
      Im Kapi­tel „Über Gott“ spricht er nicht ein­mal den Namen Jesu aus. Alle ande­ren Kapi­tel han­deln mehr oder weni­ger von sozia­len und ethi­schen Fragen.

      Wir wer­den sehen, dass das, was Berg­o­glio bekennt – nach­prüf­bar und auf der fak­ti­schen Ebe­ne bekennt – nicht der tra­di­tio­nel­len Leh­re der Kir­che ent­spricht. Er lehrt etwas ande­res. Die bei­den ein­zi­gen The­men, bei denen er voll­kom­men, wie es scheint, tra­di­tio­na­li­stisch redet, sind einer­seits die Frau­en­fra­ge (daher auch die Exkom­mu­ni­ka­ti­on des Prie­sters in Austra­li­en), ande­rer­seits sei­ne Auf­fas­sung vom Teufel.
      Das passt aller­dings syste­ma­tisch nicht zusammen.

      • „Tra­di­tio­nel­le Leh­re“ – ich grei­fe die­ses Stich­wort auf, weil sich der inner­kirch­li­che Streit, wie ich das beob­ach­te, doch dar­um dreht, was tra­di­tio­nel­le Leh­re ist und was dar­an (für alle Zei­ten) ver­bind­lich und was ver­än­der­bar (wobei sich das in der brei­te­ren Öffent­lich­keit vor allem auf Moral- und Struk­tur­fra­gen fokus­siert). Das wird doch ins­be­son­de­re im Kon­flikt mit der Pius­bru­der­schaft in punc­to Reli­gi­ons­frei­heit deutlich. 

        Zum Dia­log: Ich sehe nicht, wie­so Dia­log und ein kla­res Bekennt­nis zu Chri­stus sich aus­schlie­ßen sol­len. Es wäre doch wider­sin­nig, wenn ich mit dem Ange­hö­ri­gen einer ande­ren Reli­gi­on einen reli­giö­sen Dia­log füh­re, ohne mei­nen Glau­ben an Chri­stus dar­zu­le­gen. Die Wahr­heit ver­trägt in der Tat kei­ne Kom­pro­mis­se, aber es ist doch auch wahr, dass jeder Mensch eine Wür­de hat, die es zu ach­ten gilt.

        • Da haben Sie mal eben zu 100 Pro­zent die Posi­ti­on der Pius­brü­der und damit die Posi­ti­on der Kir­che bis zum 2. Vati­ka­num über­nom­men. Sehr gut!

        • Es geht nicht drum, dass wir nicht mit­ein­an­der reden, son­dern dar­um, dass nie­mand sei­ne Über­zeu­gung inner­halb des Dia­logs an der Über­zeu­gung des ande­ren trans­for­mie­ren muss.
          Mei­ne Zita­te von F. bele­gen aber, dass er das offen­bar for­dert. Und dage­gen habe ich argumentiert. 

          Wesent­lich spielt hier auch die lei­der ver­nach­läs­sig­te Form-Inhalt-Debat­te her­ein: es ist schlech­ter­dings unmög­lich, einen Inhalt bei­zu­be­hal­ten bei inzwi­schen fast kon­trä­rer Form.

          Ich selbst habe erst im Vetus Ordo end­gül­tig ver­stan­den, wor­um es eigent­lich geht . Im Novus ordo war mir das ver­schlos­sen, weil er den Men­schen ins Zen­trum stellt und eben nicht Chri­stus. Die Dra­ma­tur­gie der Hl. Mes­se im Alten Ritus ist total auf Chri­stus hin zen­triert. Das ist wun­der­bar und heil­sam. Erst heu­te mor­gen habe ich wie­der erle­ben müs­sen, wie der Novus ordo dazu führt, dass sich die hal­be Gemein­de selbst dar­stellt udn fei­ert und die Eucha­ri­stie­fei­er auch noch mit einer Fei­er des eige­nen Hand­werks ver­wech­selt wird. Wir essen dann das hei­li­ge Brot, das wir selbst erar­bei­tet haben und natür­lich mit allen tei­len sol­len. Das Opfer Jesu wird im Sin­ne des Myste­ri­ums nicht mehr ver­ständ­lich, die Gesten ver­lie­ren ihren Sinn und der Prie­ster weiß auch so nicht mehr, war­um der Prie­ster zöli­ba­t­är lebt. Natür­lich begrieft man dann nur noch ober­fläch­lich, dass es hier irgend­wie um Come-tog­e­ther der „Men­schen­brü­der“ (die es in der Leh­re der Kir­che nicht gibt – da gibt es den Näch­sten, die Men­schen­kin­der und Glau­bens­brü­der/-schwe­stern. Das ist etwas ganz ande­res!) und ach ja… da gibt es ja auch noch Gott…geht.

          Tra­di­tio­nel­le Leh­re heißt: die objek­tiv dar­ge­leg­te Leh­re in lehr­amt­li­chen Akten. Und es heißt: A muss A hei­ßen, B muss B hei­ßen. Der Moder­nis­mus hat dazu geführt, dass man alles der­art aus­dehnt in der Deu­tung, dass man auch das Gegen­teil schließt aus ein und dem­dem sel­ben Satz. Oder ganz ein­fach das an der Leh­re igno­riert, was einem nicht passt.

          Wenn ein Kon­zil etwas for­mu­liert, was vor­her alle Päp­ste aus­drück­lich ver­wor­fen haben samt vor­an­ge­gan­ge­nen Kon­zi­li­en, dann ist das logisch ein Wider­spruch und nicht ein­fach eine „Deu­tungs­mög­lich­keit“. So wird seit dem Kon­zil Stück für Stück abge­tra­gen, was bis dato gelehrt wor­den ist. Und vie­le der Heu­ti­gen wis­sen das nicht, weil sie nie gehört haben, was zuvor gelehrt wurde.

          • Ich habe den Brief von Fran­zis­kus anders gele­sen als Sie. 

            Im Übri­gen zie­he ich die alte Mes­se klar vor, teil­wei­se aus den­sel­ben Grün­den wie Sie, und hal­te die Lit­ur­gie­re­form für ver­fehlt – wobei ich, seit ich die alte Mes­se ken­ne, aber der neu­en Form mit grö­ße­rem Gewinn fol­gen kann. Gegen den Tra­di­tio­na­lis­mus, wie Sie ihn offen­bar ver­tre­ten, habe ich jedoch gro­ße intel­lek­tu­el­le wie emo­tio­na­le Beden­ken. Dies im Detail aus­zu­füh­ren, wür­de hier den Rah­men spren­gen, zumal mir das theo­lo­gi­sche Fach­wis­sen fehlt. Ich kann es nur andeu­ten: Mir erscheint der Tra­di­ti­ons­be­griff ver­kürzt bzw. eine Fik­ti­on. Auch ein zuge­ge­ben ober­fläch­li­cher Blick in die Kir­chen­ge­schich­te lehrt mich, dass es immer Ent­wick­lung gab, und Ent­wick­lun­gen ver­lau­fen mit­un­ter wider­sprüch­lich. (Spon­tan fal­len mir Beicht­pra­xis und Zins­ver­bot ein.) Und aus der Dis­kus­si­on um die Reli­gi­ons­frei­heit habe ich mit­ge­nom­men, dass über­haupt nicht fest­ge­legt, wel­ches lehr­amt­li­che Schrei­ben wel­che Ver­bind­lich­keit erlangt.

  12. @ CHB Lehr­schrei­ben zur Religionsfreiheit:

    Vor allem „Quan­ta cura“ (Pius IX.) und „Mira­ri vos“ (Gre­gor XVI.). Was den islam betrifft wur­de er wirk­lich über­wäl­ti­gend und über Jahr­hun­der­te weg von sehr vie­len Päp­sten als Häre­sie ver­ur­teilt. Assis, ein Korankuss – das wäre bis zum Kon­zil ein Exkom­mu­ni­ka­ti­ons­grund gewe­sen und ein Grudn für eine Amts­ent­he­bung sowieso.

    Die Reli­gi­ons­frei­e­hit hängt mit dem Kon­strukt von der Gewis­sen­frei­heit zusammen.
    Hier­zu die Enzy­kli­ka „Immor­ta­le Dei“ (Leo XIII.).

    Ich kann Ihnen nur emp­feh­len, sich hier ein­fach lang­sam ein­zu­ar­bei­ten. An ande­rer Stel­le habe ich es schon öfters bekun­det: auch ich habe frü­her so gedacht, wie hier man­cher, der meint, sich gegen mei­ne Gedan­ken stem­men zu müs­sen. Es war den­noch für mich eine Art geist­li­cher Hei­lung, nun das Gan­ze in mich ein­zie­hen zu las­sen und nicht nur die total ver­eng­te nach­kon­zi­lia­re Version.

    Zum Begriff der Tra­di­ti­on. da sind ja heu­te vie­le leicht sen­ti­men­ta­le und­pa­the­ti­sche Sprü­che in Umlauf wie „Tra­di­ti­on ist nicht das Bewah­ren der Asche, son­dern das Wei­ter­tra­gen der Glut“. Sol­che Sprü­che sind bei genau­er Betrach­tungs­wei­se leer und hohl. Sie geben näm­lich total ins will­kür­li­che Ermes­sen, was man für Asche und was für Glut hält, sagen also über­haupt nichts aus.
    Man soll­te hier viel­leicht ein­fach zurück­fin­den zum objek­ti­ven, ratio­na­len, logi­schen Den­ken. Wenn ein Dog­ma A sagt, meint es A. Es ist unbe­dingt und immer vom Wort­sinn aus­zu­ge­hen. Daher ist ja der Ver­lust der Lat­in­i­tas so ver­hee­rend. Die moder­nen Spra­chen unter­lie­gen einem der­art rasan­ten Wan­del, dass nun jeder ganz „krea­tiv“ alles und nichts hin­ein- und her­aus­liest aus der Tra­di­ti­on. Jesus sag­te es ja: ja sei Ja. Nein sei Nein. Punkt.
    man­che ver­su­chen ja, die schos­la­sti­sche Metho­de wie­der zu eta­blie­ren aus die­sem Grund. Ob die aus­reicht, die moder­ne Kri­se zu hei­len, weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall führt sie zurück zu einem ver­läss­li­chen und kla­ren Denken.

    • Ver­zei­hung – die vie­len Tippfehler…

      Aber was ich ver­ges­sen hab: Dass Sie den Novus ordo, nach­dem Sie die Alte Mes­se ken­nen­ge­lernt haben, mit grö­ße­rem Gewinn fei­ern kön­nen, ver­ste­he ich. Das ging mir genau­so – wenn der Novus ordo nicht der­art ver­zerrt ist, dass sei­ne eigent­li­che Struk­tur kaum mehr erkenn­bar ist, was lei­der mei­stens der Fall ist.

  13. Ich habe mich in die The­ma­tik ein­ge­ar­bei­tet bis zu dem Punkt, wo ich zu der Erkennt­nis gelangt bin, dass ich die gesam­te Kir­chen- und Dog­men­ge­schich­te stu­die­ren müss­te, um zu einem vali­den Urteil zu kom­men. Ich habe Quan­ta cura gele­sen, auch Pas­cen­di und kann dar­in nicht die gesi­ti­gen Mei­len­stei­ne sehen, als die sie in tra­di­tio­na­li­sti­schen Krei­sen gehan­delt wer­den. Mir feh­len da not­wen­di­ge Dif­fe­ren­zie­run­gen. Indem ich bei­spiels­wei­se Reli­gi­ons- und Gewis­sens­frei­heit beja­he, ste­he ich in der­sel­ben moder­ni­sti­schen Ecke wie ein Theo­lo­ge, der alles Über­na­tür­li­che, das Wun­der­wir­ken Chri­sti oder Sei­ne Auf­er­ste­hung, leugnen.

    Dar­über hin­aus geht es um eine Meta-Fra­ge: Wie­so soll das Kon­zil die Leh­re zur Reli­gi­ons­frei­heit nicht abän­dern kön­nen? Wie­so soll die­se Leh­re für alle Zei­ten dog­ma­tisch ver­bind­lich sein?

    • Sie haben schon gestern mich in eine anti­mo­der­ni­sti­sche Ecke stel­len wol­len und befürch­ten nun, dass ich Sie in eine moder­ni­sti­sche Ecke stelle.
      Kei­ne Sor­ge – so den­ke ich nicht. Ich neh­me wahr, wel­che Posi­tio­nen Sie im ein­zel­nen äußern.
      Ich glau­be nicht, dass es genügt, ein­fach eine Posi­ti­on der Kir­che nach­zu­wei­sen und damit zu bewei­sen, dass ihr Inhalt gilt. Jeder Gläu­bi­ge soll natür­lich wis­sen dür­fen, war­um die­se Posi­ti­on gilt.
      „Mei­len­stei­ne“ sind die Rund­schrei­ben des­halb nicht, weil ja die Gewis­sens- und Reli­gi­ons­frei­heit „Errun­gen­schaf­ten“ der Auf­klä­rung sind, davor also nicht zur Debat­te stan­den. Sie sind Reak­tio­nen auf eine plötz­lich auf­tre­ten­de Her­aus­for­de­rung und stel­len eher eine Bekräf­ti­gung der bis­he­ri­gen Leh­re der Kir­che dar.
      Ich hat­te unlängst mit jeman­dem einen Email-Brief­wech­sel, der unbe­dingt nach­wei­sen woll­te, dass die Reli­gi­ons- und Gewis­sen­frei­heit schon lan­ge vor­her Leh­re der Kir­che gewe­sen sei. Er konn­te aller­dings nur dar­auf ver­wei­sen, dass das „Imago-Dei“-Sein des Men­schen ihm eine Wür­de gebe, die ein „Recht auf Irr­tum“ einschließe.
      Ich habe die­ses The­ma selbst noch „in der Pipe­line“, bin also damit noch nicht ganz „fer­tig“, aber soweit kann ich mich schon äußern:
      Da die Wür­de des Men­schen als Ima­go Dei ihm sub­stan­zi­ell eig­net, kann er sie nicht ver­lie­ren, aber durch­aus bis gegen Null ver­min­dern, indem er sün­digt oder sich frei und bewusst oder auch unbe­wusst dem Irr­tum ver­schreibt. Die „Höl­le“ ist dann die kon­se­quen­te Fol­ge die­ses Irr­tums-Ent­scheids: der end­gül­ti­ge Ver­lust der Wür­de auf eige­nen, frei­en Wunsch.
      Die Kir­che hat daher eine posi­tiv for­mu­lier­te „Irr­tums­frei­heit“ (die ja inbe­grif­fen ist in der Gewis­sens­frei­heit) stets abge­lehnt: sie wür­de damit dem irren­den Men­schen ein „Recht“ auf Höl­le, auf die Ver­nich­tung ein­ge­ste­hen. Die Kir­che ist dazu nicht in der Welt: sie ist gekom­men zu suchen und selig zu machen, was ver­lo­ren ist. Anders gesagt: ein Recht auf Irr­tum braucht man nicht, weil man schon im Irr­tum ist (wegen der Erbsünde).
      Die Kir­che kann allein des­halb kei­ne Reli­gi­ons­frei­heit auf der Basis einer ange­nom­me­nen „Gewis­sen­frei­heit“ gewäh­ren, weil sie den Men­schen nicht wis­sent­lich ins Ver­der­ben ver­ab­schie­den darf. Aller­dings darf sie natür­lich nie­man­den bedrän­gen, der unbe­dingt irren will. Inso­fern müs­sen ande­re Reli­gio­nen oder was auch immer an Irr­tü­mern aus Sicht der Kir­che „hin­ge­nom­men“ wer­den. Auf­trag ist und bleibt, Jesus Chri­stus und den Wil­len des Vaters zu verkünden.
      Die Kir­che hat sich daher – und hier hat die Pius­bru­der­schaft aus logi­schen Grün­den allein schon recht – auf eine häre­ti­sche Linie bege­ben. Wer die Men­schen in Chri­stus lieb­hat, kann ihnen nicht sagen: ja, wer­det auch ohne IHN selig.
      Aber wie gesagt, suche ich selbst gera­de noch nach der tra­di­tio­nel­len Posi­ti­on in grö­ße­rer Präzision.

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