(Mannheim) Weil er die Forschung an embryonalen Stammzellen mit den Verbrechen der Mediziner aus der NS-Zeit gleichgesetzt hat, ist gestern Klaus Günter Annen vom Landgericht Mannheim wegen Beleidigung verurteilt worden. Die 11. Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitz des Richters Andreas Lindenthal bestätigte damit das Urteil des Weinheimer Amtsgerichts, gegen das Annen Berufung eingelegt hatte.
Annen, der mit seiner Initiative Nie wieder seit vielen Jahren als überzeugter Abtreibungsgegner aktiv und diesbezüglich bereits mehrfach wegen Beleidigung und übler Nachrede von Ärzten verurteilt worden ist, hatte ein Flugblatt veröffentlicht. Darin bringt er den Bonner Embryonenforscher Prof. Brüstle mit den Verbrechen der NS-Zeit in Verbindung. Damit an embryonalen Stammzellen geforscht werden kann, müssen Menschen in der embryonalen Phase zerstört werden. Daß er diesen „Kannibalismus“ (Robert Spaemann am 6. Oktober 2008 in der FAZ) als Mord kritisiert hatte, hat nunmehr erneut strafrechtliche Konsequenzen für den Kritiker nach sich gezogen.
In dem Flugblatt spricht Annen vom „Geist von Auschwitz“. Dieser dürfe nicht perfektioniert, sondern müsse überwunden werden. Daß er die Verbrechen der NS-Mediziner mit Brüstle in Verbindung bringe, sei beleidigend, urteilte die Strafkammer. Die vom Weinheimer Amtsgericht verhängte Geldstrafe (30 Tagessätze à 15 Euro) sei angemessen.
Mit dem Flugblatt habe er Bischof Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg-Stuttgart Recht geben wollen, verteidigte sich Annen. In einem Interview hatte der Bischof gesagt „auch die Nationalsozialisten hätten Menschenversuche mit der Begründung gerechtfertigt, hiermit die Heilungschancen anderer Menschen zu verbessern“ (Sonntag Aktuell vom 9.12.07 sowie FAZ vom 10.12.07).
Die Universität Bonn schrieb darauf in einer Erklärung, die 18 deutsche Forscher, vor allem Akteure und Lobbyisten der Stammzellforschung, unterschrieben: „Die vom Bischof unterstellte Nähe der Stammzellforschung zu den Menschenversuchen der Nationalsozialisten ist eine Beleidigung.“ Annen formulierte daraufhin das Flugblatt „Getroffene Hunde bellen“, für das er nun auch in zweiter Instanz verurteilt wurde.
(JF)