(Rom/London) Am Dienstag wurde Papst Franziskus durch Übergabe der päpstlichen Insignien feierlich am Petersplatz in sein Amt eingeführt. Am Freitag erfolgte die Amtseinführung von Justin Welby als 105. Erzbischof von Canterbury, die allerdings seit Heinrich VIII. und damit bald 500 Jahren nicht mehr katholisch, sondern anglikanisch sind.
Das neue Oberhaupt der Kirche von England, steht damit auch an der Spitze der anglikanischen Weltgemeinschaft, die weltweit rund 70 Millionen Gläubige zählt. Thronfolger Prinz Charles vertrat bei der Zeremonie das Königshaus und vor allem seine Mutter, Königin Elisabeth II., die weltliches Oberhaupt der Kirche von England ist.
1530 spaltete König Heinrich VIII. England von der katholischen Kirche ab, als sich der Papst weigerte, den wiederverheiratet Geschiedenen anzuerkennen. Väterlicherseits hat Welby jüdische Wurzeln. Die Kirche von England kennt verheiratete Priester und die Frauenordination. Die Kirchenführung und liberale Fraktionen unter den Laien drängen seit Jahren, auch Bischöfinnen zuzulassen, was vorerst am Widerstand einer traditionsverbundenen Minderheit unter den Laien gescheitert ist. Die Weltgemeinschaft umfaßt liberale Gemeinschaften mit homosexuellen Bischöfen wie in den USA und konservativen Gemeinschaften vor allem in Afrika. Welby kommt die Aufgabe zu, zwischen den zentrifugalen Kräften zu vermitteln, um die seit Jahren schwelende Gefahr eines Auseinanderbrechens zu verhindern.
Welby wurde 1993 zum Priester ordiniert und 2011 zum Bischof von Durham ernannt.
Welby äußerte Wunsch Papst Franziskus zu treffen – „ignatianisch, sozial, charismatisch“
Wegen seiner eigenen Amtseinführung konnte er am Dienstag nicht in Rom sein. Er freue sich deshalb, hoffentlich bald mit dem neuen Papst zusammentreffen zu können „und die warme, brüderliche Verbindung fortzusetzen, die unsere Vorgänger verband“, ließ er Papst Franziskus in einer Grußbotschaft wissen.
Welby gilt als „ignatianisch, sozial und charismatisch“, drei Aspekte, die eine persönlichen Bezug zum neuen Papst herstellen können. Papst Franziskus hat gute Kontakte zu Charismatischen Gruppen Evangeliker und Katholischer Provenienz der CRECES, die mehrere Tagungen in Buenos Aires abhielt, an denen Erzbischof Bergoglio teilnahm, predigte, segnete und sich segnen ließ.
Welby steht einer christlichen Gemeinschaft vor, die sich in innerlicher Auflösung befindet. In der gesamten westlichen Welt einschließlich Australien und Neuseeland leben nur mehr 2,6 Millionen praktizierende Anglikaner. Lebendig ist die anglikanische Gemeinschaft vor allem in der südlichen Hemisphäre, vor allem in Afrika, wo man den Glauben ernst nimmt.
Was anglikanische Pastoren und Pastorinnen glauben
Eine Studie von For Christian Research im Jahr 2002 erfaßte, was anglikanische Pastoren in England nach Geschlechtern aufgeschlüsselt glauben. Das Ergebnis war ernüchternd.
An den Heiligen Geist glauben 77 Prozent der Pastoren, 74 Prozent der Pastorinnen
An Gott Vater glauben 83 Prozent der Pastoren, 74 Prozent der Pastorinnen
An die Heilige Dreifaltigkeit glauben 78 Prozent der Pastoren, 70 Prozent der Pastorinnen
An die leibliche Auferstehung Jesu Christi von den Toten glauben 68 Prozent der Pastoren, 53 Prozent Pastorinnen
An Jesus als einzigen Heilsweg glauben 53 Prozent der Pastoren, 39 Prozent der Pastorinnen
An die Jungfrauengeburt glauben 58 Prozent der Pastoren und 33 Prozent der Pastorinnen
„Das ist das Personal, mit dem der neue Erzbischof von Canterbury versuchen will, das Christentum, oder zumindest einige Werte desselben in England lebendig zu erhalten“, so Religion en Libertad.
Das ist die Gemeinschaft, der Papst Franziskus beim Zusammentreffen mit Welby begegnen wird. Benedikt XVI. schuf als Reaktion auf die Auflösungserscheinungen anglikanische Personalordinariate in der katholischen Kirche , von denen es inzwischen weltweit drei gibt. Seither sind neun anglikanische Bischöfe, zahlreiche Pastoren und Laien in die volle Einheit der katholischen Kirche übergetreten.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Religion en Libertad