(Stuttgart/Trier) Die Formalisierung einer Einigung zwischen dem Heiligen Stuhl und der Priesterbruderschaft St. Pius X., die am Sonntag, den 6. Mai eine Heilig-Rock-Wallfahrt nach Trier organisiert und damit auch öffentliche Sichtbarkeit zeigen will, rückt immer näher. Unterdessen erklärte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse, der von Papst Benedikt XVI. in Berlin die Handkommunion ertrotzte, in einem KNA-Interview unter Berufung auf Kurienkardinal Kurt Koch, der „Vatikan wird Piusbrüdern nicht nachgeben“. Bei der Stellungnahme handelt es sich in erster Linie um eine Eigeninitiative Thierses, die seine eigene Meinung wiedergibt. In der Piusbruderschaft läßt sich ein ganz anderes Bild erkennen. In jüngster Zeit nahmen sowohl Pater Franz Schmidberger, der Obere des Deutschen Distrikts der Bruderschaft als auch Pater Niklaus Pfluger, der Erste Assistent des Generaloberen der Bruderschaft positiv zur sich abzeichnenden Versöhnung mit Rom Stellung.
Pater Pfluger sprach am 29. April bei einer Veranstaltung der Actio Spes Unica im deutschen Hattersheim darüber. „Unerwarteterweise begann Pater Pfluger die Geschehnisse in den vergangenen Monaten bis zum heutigen Tag offenzulegen. Und er gab außerdem bekannt, daß diese Ereignisse Bischof Fellay bewogen haben, vom bisherigen Grundsatz der Bruderschaft in den Verhandlungen mit Rom Abstand zu nehmen“, wie es im Bericht der Veranstalter heißt, und auf das Versöhnungsangebot Papst Benedikts XVI. einzugehen.
„Kein praktisches Abkommen ohne eine lehrmäßige Einigung“ habe, so Pater Pfluger, ursprünglich die Verhandlungsmaxime der Bruderschaft gelautet. Es sei aber deutlich geworden, „daß Papst Benedikt XVI. so sehr an einer kanonischen Lösung für die Bruderschaft interessiert ist, daß er bereit ist, mit ihr ein Abkommen zu schließen, auch wenn diese die strittigen Texte des II. Vatikanischen Konzils und die Neue Messe nicht anerkennt.“ Sollte sich die Bruderschaft „aber unter diesen Umständen immer noch einer Vereinbarung verweigern, wurde ihr eine mögliche erneute Exkommunikation in Aussicht gestellt“, so Pater Pfluger in Anspielung auf das Treffen zwischen William Kardinal Levada und dem Generaloberen Fellay am 16. März 2012 in Rom.
„Unter diesen Umständen hält es der Generalobere, Bischof Bernard Fellay, nicht für möglich, das Angebot des Papstes zurückzuweisen. Es käme einem Abgleiten in den Sedisvakantismus gleich, sollte man sich dem Wunsch des Heiligen Vaters auch dann noch verschließen, wenn dies mit keinerlei Anerkennung falscher Glaubenslehren verbunden sei“, wie der Erste Assistent in Hattersheim ausführte.
Pfluger erinnerte daran, daß bereits Erzbischof Marcel Lefebvre, der Gründer der Piusbruderschaft, 1987 und 1988 „einen sehr weitgehenden Vorschlag für ein Abkommen“ vorgelegt hatte, „mit dem er eine Zwischenlösung erreichen wollte, die für die Kirche insgesamt von Vorteil gewesen wäre.“ Der Vorschlag, den Erzbischof Lefebvre damals „zu unterschreiben bereit gewesen war“, hätte von der Bruderschaft „weitaus größere Zugeständnisse“ abgefordert.
Es sei zur Kenntnis zu nehmen, daß „falsche Lehren“ heute auch „auf ein Machtwort des Papstes [nicht] von heute auf morgen aus der Welt“ verschwinden würden, so Pfluger, der zur Verdeutlichung an historische Beispiele erinnerte, daß der Arianismus auch nach seiner Verurteilung noch Jahrzehnte nachwirkte, und 50 Jahre nach Ende des Konzils von Trient noch Mißstände fortdauerten, deren Behebung sich erst schrittweise einstellte.
„Die Anerkennung der Priesterbruderschaft sei schließlich eine offizielle Bestätigung für die Bedeutsamkeit der Tradition, was in der gesamten Kirche äußerst einflußreich wäre. Und sie würde das Unrecht ihrer Stigmatisierung wiedergutmachen“, so Pfluger. Auf den Einwand, der Tradition „feindlich gesonnene Ortsbischöfe“, könnten das Wirken der Bruderschaft künftig behindern, antwortete Pfluger: „Die Bewegung hin zur Tradition, vor allem der Wunsch der jungen Priester, die Alte Messe zu lesen, sei inzwischen so stark, daß sie trotz Einschüchterung und Unterdrückung nicht mehr aufzuhalten sei. Sie sei mittlerweile stark genug, daß sich die Bruderschaft gegen die absehbaren Forderungen der modernistischen Bischöfe wehren werde können.“
Der deutsche Distriktobere Pater Franz Schmidberger betont im Vorwort zur Mai-Ausgabe des Mitteilungsblattes des Distrikts die „unverbrüchliche Verbundenheit“ mit dem „ewigen Rom“. Man dürfe „nicht erwarten, dass nach dem konziliaren und nachkonziliaren Einbruch von heute auf morgen alles wieder in der streitenden Kirche auf Erden vollkommen ist.“ „Zu ihren menschlichen Unvollkommenheiten zählen sogar auch Irrtümer, wenn sie nicht direkt der geoffenbarten Wahrheit widersprechen“, so Schmidberger. „Vergessen wir also inmitten unseres Kampfes nicht den ersten Grundsatz von Erzbischof Lefebvre: Die Kirche ist von Christus auf Petrus gegründet. Ihm hat er die Schlüssel des Himmelreiches anvertraut und ihn beauftragt, die ganze Herde zu weiden. Mag der Acker der Kirche noch so sehr vom Unkraut überwuchert sein, dass man den Weizen fast nicht mehr sieht – die Kirche hat die Verheißung des ewigen Lebens; der Herr ist bei ihr alle Tage bis ans Ende der Zeiten. Es ist seine Kirche, nicht die unsrige. Wir haben kein Verfügungsrecht über sie. Wir dürfen die Kirche nicht zu menschlich, zu politisch und diplomatisch sehen.“
„Wenn Rom uns nun aus dem Exil zurückruft, in das wir 1975 mit der Aberkennung der Approbation und noch mehr 1988 mit dem Exkommunikationsdekret verstoßen worden sind, dann ist dies ein Akt der Gerechtigkeit und zweifellos auch ein Akt echter Hirtensorge Papst Benedikts XVI. Und dafür sind wir dankbar“, so Schmidberger.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: pius.info