(Rom) In der August-September-Ausgabe der Monatszeitschrift Radici cristiane erschien ein Interview von Thomas J. McKenna mit S.Ex. Raymond Leo Burke, das hier auszugsweise in deutscher Übersetzung erscheint.
Exzellenz, es scheint, daß heute eine laxe Ansicht über den Eucharistieempfang vorherrscht. Warum? Meinen Sie, daß dies die Gläubigen in ihrem Leben als Katholiken beeinflußt?
Eine der Ursachen, weshalb ich meine, daß diese Laxheit entstanden ist, liegt in der ungenügenden Begeisterung für die eucharistische Verehrung, vor allem durch eucharistische Prozessionen, den eucharistischen Segen, durch längere, feierliche Anbetung des Allerheiligsten und durch das 40stündige Gebet. Ohne die Verehrung des allerheiligsten Altarsakraments verlieren die Menschen schnell den eucharistischen Glauben. Wir wissen, daß es einen beachtlichen Prozentsatz an Katholiken gibt, die nicht daran glauben, daß in den eucharistischen Gestalten Christus mit Leib und Blut gegenwärtig ist. Weiters wissen wir, daß ein alarmierender Prozentsatz von Katholiken nicht an der Sonntagsmesse teilnimmt.
Ein anderer Aspekt ist, daß das Verständnis für den Zusammenhang zwischen dem Sakrament der Eucharistie und dem der Beichte verlorengegangen ist. Vielleicht herrschte in der Vergangenheit eine übertriebene Vorstellung, so daß die Menschen meinten, sie müßten vor jedem Kommunionempfang beichten. Aber jetzt gehen die Menschen regelmäßig zur Kommunion und beichten vielleicht nie oder nur sehr selten. Es ging das Bewußtsein für unsere Unwürdigkeit verloren und für die Notwendigkeit, die Sünden zu beichten und Buße zu tun, um die Heilige Eucharistie würdig zu empfangen. Dies summiert sich mit der Meinung, die sich aus weltlichen Vorstellungen entwickelte, daß der Empfang der Eucharistie ein „Recht“ sei, das heißt, daß wir als Katholiken ein „Recht“ auf den Kommunionempfang hätten.
Es gibt Gesetze der Kirche zum Wohl der Gemeinschaft, um ein unangebrachtes Verhalten von Gläubigen zu verhindern. Könnten Sie diese kommentieren und erklären, bis zu welchem Punkt die Kirche und die Hierarchie verpflichtet sind, klärend und korrigierend einzugreifen?
Im Zusammenhang mit der Eucharistie zum Beispiel gibt es im besonderen zwei Artikel, die sich auf den würdigen Empfang des Altarsakraments beziehen. Sie haben zwei Güter zum Ziel. Ein Gut ist die Person selbst, denn der unwürdige Empfang der Eucharistie ist ein Sakrileg. Wenn man es bewußt im Status einer Todsünde tut, ist es ein Sakrileg. Daher muß uns die Heilige Kirche zum Wohl der Person selbst unterweisen und uns daran erinnern, daß wir jedes Mal, bevor wir die Heilige Eucharistie empfangen, unser Gewissen prüfen müssen. Wenn wir eine Todsünde auf dem Gewissen haben, müssen wir vorher diese Sünde beichten und die Absolution erhalten und dürfen erst dann das eucharistische Sakrament empfangen. Oft sind unsere schweren Sünden versteckt und nur uns selbst bekannt und vielleicht noch wenigen anderen. In diesem Fall müssen wir selbst die Situation unter Kontrolle halten und imstande sein, uns zu disziplinieren und die Heilige Kommunion nicht empfangen.
Es gibt aber auch andere Fälle, in denen Personen bewußt schwere Sünden begehen, die öffentlich bekannt sind, wie ein Vertreter des Staates, der bewußt und mit Zustimmung Aktionen unterstützt, die gegen das ewige Gesetz Gottes verstoßen. Zum Beispiel, wenn er öffentlich die Abtreibung unterstützt, die zur Tötung unschuldiger und wehrloser Menschenleben führt. Eine Person, die auf diese Weise eine Sünde begeht, ist öffentlich zu ermahnen, daß sie keine Heilige Kommunion empfängt, bis sie ihr Leben nicht geändert hat. Wenn eine ermahnte Person weiterhin in einer öffentlichen Todsünde lebt und dennoch die Kommunion empfangen will, hat der Priester die Pflicht, sie ihr zu verweigern. Warum? Vor allem zur Rettung der Person selbst, das heißt, um zu verhindern, daß sie ein Sakrileg begeht. Aber auch zur Rettung der ganzen Kirche, um zu verhindern, daß es einen zweifachen Skandal gibt.
Erstens, einen Skandal, der die Vorbereitung auf den Kommunionempfang betrifft. Mit anderen Worten, es muß verhindert werden, daß die Menschen veranlaßt werden zu meinen, man könne in einer Todsünde leben und dennoch die Eucharistie empfangen.
Zweitens könnte es noch eine andere Form des Skandals geben, der die Menschen zu der Meinung verleiten könnte, daß die öffentliche Handlung dieser Person, die bisher von allen für eine schwere Sünde gehalten wurde, keine solche sei, wenn die Kirche dieser Person sogar den Kommunionempfang erlaube. Wenn eine Person des öffentlichen Lebens offen und bewußt die Abtreibung unterstützt und gleichzeitig die Eucharistie empfängt, was sollen die Menschen dann denken? Sie könnten dazu verleitet werden, daß es in gewissen Situationen zulässig sei, unschuldiges Leben im Mutterleib zu töten.
(CR/JF)