Gescheiterter Opportunismus – wenn die Kirche wie ein Buchgeschäft agiert

Lust am eigenen Untergang?


Sind Protestantisierungstendenzen in der katholischen Kirche letztlich gar Ausdruck einer Lust zum eigenen Untergang?
Sind Protestantisierungstendenzen in der katholischen Kirche letztlich gar Ausdruck einer Lust zum eigenen Untergang?

Von Uwe Lay

Stel­len wir uns ein­mal ein Buch­ge­schäft vor, neu eröff­net von einem pro­mo­vier­ten Ger­ma­ni­stik­stu­den­ten voll idea­li­sti­schen Elans, sei­ner zukünf­ti­gen Kund­schaft gute Lite­ra­tur zu offe­rie­ren. Nur, die Kun­den kom­men zwar ins anspre­chend gestal­te­te Buch­ge­schäft, doch sie kau­fen nichts, fast nichts. Das Buch­pro­jekt: „Das gute Buch“ droht zu schei­tern, denn die zum Ver­kauf ange­bo­te­nen Bücher ent­spre­chen nicht dem Geschmack der poten­ti­el­len Käufer.

Schritt für Schritt muß nun der Idea­list Rea­list wer­den, weil er von sei­nem Geschäft sei­nen Lebens­un­ter­halt zu ver­die­nen hat: Die guten, aber fast unver­käuf­li­chen Bücher wer­den ersetzt durch Gut­ver­käuf­li­ches, ein paar Klas­si­ker ste­hen wohl noch im Regal, daß viel­leicht ein Schü­ler doch noch mal Goe­the oder Ähn­li­ches lesen muß…, aber sonst nur noch Tri­via­les, aber eben mit guter Verkaufbarkeit.

Darf die­sem des­il­lu­sio­nier­ten Buch­händ­ler nun sein Rea­lis­mus als Oppor­tu­nis­mus ange­krei­det werden?

Man könn­te mei­nen, daß die Katho­li­sche Kir­che nicht nur im deutsch­spra­chi­gem Rau­me ähn­lich agiert als rea­li­stisch gewor­de­ne Kir­che: Sie wirft die Leh­ren, die dog­ma­ti­schen wie die mora­li­schen, über Bord, um end­lich nur noch das zu leh­ren, was den poten­ti­el­len Kun­den gefällt. War­um? Damit die Kir­che end­lich wie­der gut ankommt.

Nun keh­ren wir zurück zum Bild des Buch­händ­lers: Was, wenn er sein Buch­sor­ti­ment radi­cal moder­ni­siert , alles Niveau­vol­le remit­tiert hat und trotz­dem kein Kun­de mehr kauft als vor­dem, ja, wenn nun gar noch weni­ger Bücher ver­kauft wür­den? Die EKD hat die­ses Moder­ni­sie­rungs­pro­gramm ja nun schon längst hin­ter sich – hier ist alles schon grau­er All­tag gewor­den, was die Kir­chen­re­for­mer der Katho­li­schen Kir­che als ihre Uto­pien fei­ern: Pfar­re­rin und Bischö­fin, die Unver­bind­lich­keit aller Glau­bens­leh­ren, die Demo­kra­ti­sie­rung der Kir­che und die völ­li­ge Erset­zung der christ­li­chen Moral durch die Ideo­lo­gie der poli­ti­schen Kor­rekt­heit. Und der Erfolg die­ser erfolg­ten Modernisierung? 

Die EKD kommt noch viel schlech­ter an als die Katho­li­sche Kir­che! Sie ver­kauft viel weni­ger Bücher als die im Ver­gleich zu ihr noch con­ser­va­ti­ve Katho­li­sche Kirche.

Was emp­feh­len uns nun aber selbst deut­sche Reformbischöfe?

So viel wie mög­lich dem Pro­te­stan­tis­mus sich anzu­äh­neln. Das ist sinn­wid­rig, wie wenn der Trai­ner von Bay­ern Mün­chen auf die Fra­ge, wie sie Fuß­ball­mei­ster wer­den wol­len, respon­dier­te: Wir wer­den uns an den abstiegs­be­droh­ten Nürn­ber­gern orientieren!

Ist es wirk­lich prak­ti­zier­ter Oppor­tu­nis­mus, wenn sich halb­wegs noch Erfolg­rei­che an Abstiegs­be­droh­ten ori­en­tie­ren? Aber dar­auf läßt sich die gan­ze inner­ka­tho­li­sche Reform­de­bat­te redu­zie­ren: Je pro­te­stan­ti­scher wir wer­den, desto bes­ser wird es wer­den! Nur, um den Ver­gleich mit einem Buch­ge­schäft fort­zu­füh­ren: Die EKD steht sozu­sa­gen schon mit einem Fuße in der Insol­venz, ist theo­lo­gisch schon längst bank­rott, und ihre Kun­den ver­liert sie zu Hauf.

Was nützt dann der EKD und der Katho­li­schen Kir­che ihr dem Zeit­geist Hin­ter­her­lau­fen, wenn es ihnen die Kun­den nicht ein­mal hono­rie­ren? Von Gott, und daß die Kir­che ihm zu gefal­len habe, reden ja nur noch „Vor­kon­zi­lia­re“. Unter dem Oppor­tu­nis­mus wird ver­stan­den, das Eige­ne auf­zu­ge­ben, um auf die­se Wei­se erfolg­reich zu sein durch die Anpas­sung an etwas, das eigent­lich mit dem Eige­nen inkom­pa­ti­bel ist.

War­um soll nun die­ser Weg des Oppor­tu­nis­mus gewählt wer­den, wenn von Anfang an klar ist, daß so die Lage der Katho­li­schen Kir­che sich nur noch mehr ver­schlech­tern wird? 

Die Refor­mer glei­chen so einem Lun­gen­arzt, der einem an einer Lun­gen­ent­zün­dung Erkrank­ten emp­fiehlt, täg­lich viel mehr Ziga­ret­ten zu rau­chen. Ist die­ser kirch­li­che „Oppor­tu­nis­mus“ am Ende viel­leicht gar nicht einem Sich­an­pas­sen um des Erfol­ges wegen gezollt, son­dern gar einer Lust am eige­nen Untergang? 

Text: Uwe Lay
Bild: AZ (Screen­shot)

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