Können oder wollen die Bischöfe nicht mehr die Wahrheit sagen?

Ein Kommentar zur Jugendsynode und deren Nachklang


Jugendsynode 2018: Können oder wollen die Bischöfe nicht mehr die Wahrheit sagen?
Jugendsynode 2018: Können oder wollen die Bischöfe nicht mehr die Wahrheit sagen?

von Dr. Mar­kus Büning*

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Was wir Katho­li­ken seit eini­gen Jah­ren in Sachen Wer­te­ver­mitt­lung sei­tens eini­ger Tei­le des Lehr­am­tes erle­ben, ist gera­de­zu aben­teu­er­lich. Wenn in eini­gen Jahr­zehn­ten sich die Kir­chen­hi­sto­ri­ker mit die­ser Epo­che beschäf­ti­gen wer­den, wer­den sie – vor­aus­ge­setzt sie haben einen ech­ten katho­li­schen Geist – sich die Augen rei­ben und fra­gen, ob dies alles denn über­haupt noch katho­lisch war, was sich wäh­rend die­ser Zeit so abspielte.

Ins­be­son­de­re bei der Bewer­tung der prak­ti­zier­ten Homo­se­xua­li­tät besteht seit eini­gen Jah­ren bei eini­gen Bischö­fen die Ten­denz, nicht mehr den Kate­chis­mus zitie­ren zu wol­len. Immer­hin hat Fran­zis­kus bei sei­nem Wort vom Urtei­len noch ganz all­ge­mein dar­auf hin­ge­wie­sen, dass dies­be­züg­lich ja noch der Kate­chis­mus gel­te. Immer­hin, möch­te man in Zei­ten die­ser gro­ßen Zeit­geist­ver­wirrt­heit meinen.

Auch das Abschluss­do­ku­ment der Jugend­syn­ode ver­heißt hier nichts Gutes. Ich jeden­falls las­se mich mit die­sen Pla­ti­tu­den, die letzt­lich nichts­sa­gend sind, nicht abspei­sen. Nr. 150 des besag­ten Doku­ments (lei­der ist der Text der­zeit nur auf Ita­lie­nisch zugäng­lich; vgl. hier). schafft es ganz offen­kun­dig nicht, die Din­ge hier auf den Punkt zu brin­gen. Ein Hin­weis, am besten ein aus­drück­li­ches Zitat auf den Welt­ka­te­chis­mus, wäre hier mehr als hilf­reich gewe­sen. Wir kon­ser­va­ti­ve Katho­li­ken sol­len uns wohl jetzt damit zufrie­den geben, dass der Ver­tu­schungs- und Pro­pa­gan­da­be­griff LGBT nicht auf­taucht. Ja, wir sol­len uns jetzt wohl freu­en, dass der lit­ur­gi­sche Segen für sol­che Part­ner­schaf­ten im sel­bi­gen Doku­ment noch nicht gefor­dert wird.

Nein, so ein­fach ist das nicht! Die­se Syn­ode hat an die­ser Stel­le eben eines nicht gebracht: KLARHEIT! Und nun tönt es ja schon allent­hal­ben, dass die gute offe­ne Atmo­sphä­re der Syn­ode ein Impuls sei, die Din­ge hier fort­zu­ent­wickeln. Ich ahne lei­der nur eines: Die kom­men­de Akzep­tanz der Sün­de und die wei­te­re Kaschie­rung schwer sünd­haf­ten Ver­hal­tens als ver­meint­lich gut, wenn man denn treu mit­ein­an­der lebt.

Schon heu­te Mor­gen wird beim Lesen der ein­schlä­gi­gen Inter­net­por­ta­le deut­lich, wie die Ent­wick­lung jetzt wei­ter­ge­hen wird. Bischof Oster aus Pas­sau äußer­te sich so: „Auch im Umgang mit Homo­se­xu­el­len müs­se sich etwas ändern. Nie­mand sei von der Lie­be Got­tes aus­ge­schlos­sen ‚und damit auch nicht von der Kir­che‘. Der Papst sei bei die­sem The­ma ‚ein Vor­rei­ter‘. Wie homo­se­xu­el­le Part­ner­schaf­ten und deren Sexua­li­tät bewer­tet wer­de, sei noch ein­mal ‚eine ande­re Frage‘“(zit. nach).

Was muss sich denn nun kon­kret ändern, Herr Bischof? Ich blei­be bei die­ser Äuße­rung wei­ter rat­los zurück. Natür­lich ist nie­mand, wirk­lich nie­mand von der Lie­be Got­tes aus­ge­schlos­sen. Kein gläu­bi­ger Katho­lik wür­de dies im Ansatz bezwei­feln. Aber was heißt die­ser Satz denn bit­te schön in die­sem kon­kre­ten Kon­text? Heißt das etwa, dass man nun doch jedem sein Leben las­sen soll, so wie er will und eben nicht so, wie es unser guter Schöp­fer­gott will? Was ist mit der Schöp­fungs­ord­nung, mit der guten Ord­nung, die eben die­ser lie­ben­de Gott den Men­schen geschenkt hat, damit er wirk­lich erfüllt und als gan­zer Mensch leben kann? „Als Mann und Frau erschuf ER ihn!“ (vgl. Gen 1,27). Das und nichts ande­res steht in mei­ner Bibel, auf den ersten Sei­ten des Buches, wel­ches und kün­det von der gro­ßen Geschich­te Got­tes mit den Men­schen, die wir Heils­ge­schich­te nen­nen. Und aus die­sem Satz fol­gen doch ethi­sche Hand­lungs­an­wei­sun­gen an den Men­schen: Als Mann und Frau! Eben nicht als Frau und Frau, eben nicht als Mann und Mann! Ist das denn alles so schwer, Herr Bischof? Und vor die­sem Hin­ter­grund ist es dann eben nicht eine „ande­re Fra­ge“, wie man gleich­ge­schlecht­li­che Part­ner­schaf­ten und deren Sexua­li­tät zu beur­tei­len habe. Nein, Herr Bischof, dies ist eine Kern­fra­ge nach dem schöp­fungs­ge­mä­ßen Sein! Hier geht es um eine Kern­fra­ge des Mensch­seins, nicht um eine bei­läu­fi­ge, jetzt nicht zu beant­wor­ten­de Frage.

Ist es nicht viel­mehr so, dass die so aus­wei­chen­den Bischö­fe sich hier ändern, ja bekeh­ren müs­sen? Müs­sen sie sich nicht ein­mal selbst­kri­tisch fra­gen, ob sie nicht inzwi­schen Gefahr lau­fen, dem poli­ti­schen Druck bestimm­ter Grup­pen der­ma­ßen nach­zu­ge­ben und so nicht mehr in der Lage sind, die Din­ge wirk­lich schöp­fungs­theo­lo­gisch zu beur­tei­len und zu bezeu­gen vor den Augen aller Welt.

Ich fra­ge die­se Bischö­fe fol­gen­des: Gibt es über­haupt den von Geburt an gleich­ge­schlecht­lich ori­en­tier­ten Men­schen? Ja, gibt es das über­haupt oder ist die­se Sicht­wei­se bereits der erste Schritt in eine Fal­le, die hier von der Lob­by­sei­te auf­ge­stellt wird? Mei­nes Wis­sens konn­te bis­her eben kein „Homo-Gen“ gefun­den wer­den. Wenn es also bereits falsch ist, vom anthro­po­lo­gi­schen Befund her davon aus­zu­ge­hen, dass Men­schen mit die­ser Nei­gung zur Welt kom­men, dann muss es doch logi­scher­wei­se klar sein, dass jeder Mensch, der aus wel­chen Grün­den auch immer auf die­se „Emp­fin­dungs­schie­ne“ gekom­men ist, wie­der dar­aus fin­den kann. Dann ist doch immer Bekeh­rung mög­lich! Und dann ist eben genau dies der Weg beglei­ten­der Lie­be: Du bist von Gott unend­lich geliebt! Du bist sein Kind! Und die Kir­che, Dei­ne Mut­ter, wird Dir Wege auf­zei­gen, dass Du wie­der schöp­fungs­ge­mäß Dei­ne Sexua­li­tät leben kannst. War­um höre ich von einem solch einem pasto­ra­len Kon­zept nichts? War­um? Haben unse­re Bischö­fe inzwi­schen die Hoff­nung ver­lo­ren, dass Men­schen sich ändern, ja bekeh­ren kön­nen? Die­se Fra­gen lie­gen doch auf dem Tisch. Wie­so stellt sie kei­ner von die­sen Her­ren mehr.

Offen­kun­dig fehlt es hier an jeder Form der christ­li­chen Hoff­nung! Ja, im Kern geht es hier um die­se Tugend. Wir müs­sen als Kir­che doch das erklär­te Ziel haben, alle­samt in die Kir­che des Him­mels ein­ge­hen zu dür­fen. Und dies wer­den wir nicht, wenn wir die Hoff­nung auf­ge­ben, dass ein jeder Mensch sich bekeh­ren kann.

Statt­des­sen wird dann ein fal­sches Ver­ständ­nis geheu­chelt: „Ja, wenn sie denn in Treue zusam­men­le­ben, dann ist das ein Wert… Ja, man muss die Homo­se­xua­li­tät neu bewer­ten… Ja, wir müs­sen ganz neue Wege gehen und auf die­se Men­schen zuge­hen…“ Zu die­sem aus bischöf­li­chen Mün­dern gehör­ten „Ja,…!“ sage ich ein kla­res: „Nein!“

Nein, wir dür­fen eben nicht auf­hö­ren von der guten Schöp­fungs­ord­nung zu spre­chen. War­um? Weil wir „Ja!“ sagen zum guten Schöp­fungs­wil­len Got­tes: Als Mann und Frau schuf ER ihn, den Men­schen! Und weil das so ist und eben nicht anders, ist prak­ti­zier­te Homo­se­xua­li­tät schöp­fungs­wid­rig, gegen Got­tes Ord­nung und objek­tiv immer, ja immer, als schwer sünd­haft zu beur­tei­len. Dafür brauch ich gar kei­ne Bibel­stel­le. Auf sol­che exege­ti­schen Quis­qui­li­en alla Wucher­pfen­nig las­se ich mich erst gar nicht ein, gehe dann ja nur auf das Glatt­eis moder­ner Exege­se, die mei­stens gar nichts taugt, um der Wahr­heit wirk­lich und ernst­haft auf die Spur zu kom­men. Nein, das Wis­sen um Got­tes guten Plan für den Men­schen führt mich zu mei­ner Hal­tung, die auch immer noch die offi­zi­el­le Leh­re der Kir­che ist. Genau dar­um heißt es im Kate­chis­mus ja dann auch so: „Gestützt auf die Hei­li­ge Schrift, die sie als schlim­me Abir­rung bezeich­net (vgl. Gen 19, 1–29; Röm 1, 24–27; 1 Kor 6,9–10; 1 Tim 1,10), hat die kirch­li­che Über­lie­fe­rung stets erklärt, ‚daß die homo­se­xu­el­len Hand­lun­gen in sich nicht in Ord­nung sind‘ (CDF, Erkl. ‚Per­so­na huma­na‘ 8). Sie ver­sto­ßen gegen das natür­li­che Gesetz, denn die Wei­ter­ga­be des Lebens bleibt beim Geschlechts­akt aus­ge­schlos­sen. Sie ent­sprin­gen nicht einer wah­ren affek­ti­ven und geschlecht­li­chen Ergän­zungs­be­dürf­tig­keit. Sie sind in kei­nem Fall zu bil­li­gen.“ (KKK 2357).

Genau die­se Ergän­zungs­be­dürf­tig­keit ergibt sich ja aus der posi­ti­ven Aus­sa­ge der Gene­sis, wonach der Mensch eben als Mann und Frau, in die­ser Bezo­gen­heit auf­ein­an­der, geschaf­fen wor­den ist. Hört die Kir­che auf, die­se Wahr­heit klar und unmiss­ver­ständ­lich zu sagen, läuft sie Gefahr, dem guten Schöp­fer­gott gegen­über nur noch eines zu sein: Undank­bar für sein gutes Werk!

*Mar­kus Büning, gebo­ren 1966 in Ahaus (West­fa­len), stu­dier­te katho­li­sche Theo­lo­gie und Phi­lo­so­phie in Mün­ster in West­fa­len und Mün­chen sowie Rechts­wis­sen­schaf­ten an den Uni­ver­si­tä­ten von Kon­stanz und Mün­ster; 2001 Pro­mo­ti­on zum Dok­tor der Rechts­wis­sen­schaf­ten, zunächst Assi­stent an den Uni­ver­si­tä­ten Kon­stanz und Mün­ster, dann Ein­tritt als Jurist in den Ver­wal­tungs­dienst. Der aus­ge­wie­se­ne Kir­chen­recht­ler ver­öf­fent­lich­te zahl­rei­che Publi­ka­tio­nen zu kir­chen­recht­li­chen und theo­lo­gi­schen The­men und über Hei­li­ge. Dr. Mar­kus Büning ist ver­hei­ra­tet und Vater von zwei Kin­dern. Er ist von der Kir­che aner­kann­tes Opfer des sexu­el­len Miß­brauchs durch Kleriker.

Bild: VaticanNews/​Youtube (Screen­shot)

 

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