(Mexiko-Stadt) Die beiden vergangenen Wochenenden standen in zwei lateinamerikanischen Staaten ganz im Zeichen einer katholischen Widerstandsbewegung, wie sie sich seit einigen Jahren auch in Europa formiert. In Mexiko gingen am 10. September mehr als eine Million Menschen auf die Straßen, um gegen die Legalisierung der „Homo-Ehe“ und für die Familie zu demonstrieren. In Chile demonstrierten am 3. September mehr als 120.000 Menschen für das Lebensrecht der ungeborenen Kinder, das von der Linksregierung unter der sozialistischen Staats- und Regierungschefin Michelle Bachelet bedroht wird.
„Die Bilder sprechen für sich allein“, so Nuova Bussola Quotidiana (NBQ) über das Menschenmeer, das sich am vergangenen Samstag in Mexiko-Stadt und 120 anderen mexikanischen Städten versammelte, um gegen den Gesetzentwurf der sozialdemokratischen Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto zu protestieren.
Eine Million Menschen demonstrierte in Mexiko für die Familie und gegen die Gender-Ideologie
Der gewaltige Zustrom zu den Kundgebungen, die von den katholischen Bischöfen des Landes unterstützt wurden, „müssen nicht nur die Regierung von Peña Nieto zum Nachdenken bringen. Sie können auch den europäischen Pro-Family-Organisationen zeigen, daß eine neue Saison des Zeugnisses unerläßlich ist“, so NBQ. Gemeint sind damit die europäischen Pendants zur lateinamerikanische Bewegung wie Manif pour tous (Frankreich), Family Day (Italien), Demo für alle (Bundesrepublik Deutschland), um nur einige zu nennen.
Die Kundgebungen vom vergangenen Samstag in 120 Städten der 32 mexikanischen Staaten waren erst ein Vorgeschmack. In zwei Wochen wird eine zentrale Kundgebung in Mexiko-Stadt folgen, die – daran dürfte auch im Regierungspalast niemand einen Zweifel haben – eine imposante Massenkundgebung sein wird.
Die Menschen gingen gegen die „Homo-Ehe“ und für die natürliche Familie aus Vater, Mutter und Kindern auf die Straße. Sie demonstrierten zugleich gegen die Gesetze, mit denen die Gender-Ideologie an den Schulen eingeführt werden soll. Die neuen Gender-Gesetze stellen eine zwangsweise Indoktrinierung der Kinder dar, mit denen die Homosexualisierung gefördert und Ehe und Familie zertrümmert werden sollen.
Die Massenbewegung erhob sich gegen die Bestrebungen von Staatspräsident Enrique Peña Nieto, der in den vergangenen Monaten angekündigt hatte, den Artikel IV der Konstitution der Rechte der Person ändern zu wollen, um das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom Juni 2015 zu „integrieren“, mit dem ein Verbot der „Homo-Ehe“ für verfassungswidrig erklärt wurde. Bemerkenswerterweise fällte das mexikanische Höchstgericht das homophile Urteil zeitgleich mit dem Obersten Gerichtshof der USA, der ebenfalls mit einem Federstrich die Schutzbestimmungen für Ehe und Familie im Verfassungsrang zahlreicher US-Staaten wegwischte. Die „Homo-Ehe“ wurde von einer Mehrheit der Höchstrichter der USA und Mexikos zeitgleich für ein „höheres Gut“ erklärt, als der Schutz von Ehe und Familie.
Mexiko ist ein Bundesstaat wie die USA. Zahlreiche Staaten gaben zu verstehen, daß sie das Urteil des Bundesgerichts nicht akzeptieren wollen. Nur acht von 32 Staaten haben sich dem Urteil gebeugt. Deshalb startete der linke Staatspräsident eine Offensive, um auch den anderen Staaten die Gender-Ideologie aufzuzwingen. „In unserem Land kann es nicht Staaten geben, in denen einige Rechte geschützt werden und in anderen nicht“, so der Staatspräsident.
Gegen dieses „Gleichheitsgerede, hinter dem sich eine familienfeindliche Ideologie versteckt“, mobilisierte nun der Frente Nacional por la Familia, wie sich die mexikanische Variante der Manif pour tous nennt. Der Frente, der von den mexikanischen Bischöfen unterstützt wird, brachte im Februar 2016 im mexikanischen Senat einen Entwurf zu einer Verfassungsreform ein. Der Entwurf sieht vor, daß die Ehe als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau auf Bundesebene in den Verfassungsrang erhoben werden soll. Die Petition wurde von 200.000 Bürgern eingebracht. Die Linksregierung ließ den Entwurf in einer Schublade verschwinden. Er wurde bis heute nicht einmal auf irgendeine Tagesordnung gesetzt.
Die Folge war nun eine beeindruckende Massenmobilisierung gegen die Gender-Ideologie, die von vielen Menschen als „totalitäre Zwangsmaßnahme“ gesehen wird.
120.000 Menschen demonstrierten in Chile für das Leben und gegen die Abtreibung
In Chile gingen eine Woche zuvor die Menschen für das Lebensrecht der ungeborenen Kinder auf die Straße, einem anderen Thema derselben Front. Der Schutz von Ehe und Familie und der Schutz der ungeborenen Kinder sind die beiden Seiten derselben Medaille.
120.000 Menschen demonstrierten gegen die Pläne der chilenischen Linksregierung, erste Breschen in den Schutzwall für das Leben zu schlagen. Der chilenische Senat billigte vor kurzem den Entwurf der sozialistischen Präsidentin Michelle Bachelet. Die Tötung ungeborener Kinder durch Abtreibung soll zwar „nur“ in bestimmten Fällen genehmigt werden (schwere Mißbildungen, Vergewaltigung, Lebensgefahr für die Mutter). Es besteht aber kein Zweifel, daß es sich dabei nur einen ersten Schritt zur völligen Freigabe der Abtreibung handelt. Bachelet trat in den Jahren 2010–2014 zwischen ihren Amtszeiten als chilenische Staatspräsidentin, als UNO-Untersekretärin und Leiterin der Frauenagentur UN Women international als Abtreibungslobbyistin auf.
Die Demonstration mit 120.000 Teilnehmern in Santiago de Chile war die größte Kundgebung für das Leben, die Chile bisher erlebte. Sie richtete sich gegen den Abtreibungsentwurf, aber auch gegen die christdemokratische Partei PDC, die stärkste Partei der Regierungskoalition ist. Die Stimmen der sieben christdemokratischen Senatoren waren ausschlaggebend, daß der Senat das Abtreibungsgesetz beschließen konnte. Ohne die Christdemokraten könnte Bachelet nicht regieren.
Die 120.000 Kundgebungsteilnehmer, die selbst regierungsnahe Medien beeindruckten, erschweren es Bachelet, ihren Abtreibungskurs ungehindert fortzusetzen. In wenigen Tagen wird ihr Abtreibungsgesetz dem zuständigen Parlamentsausschuß zur Schlußabstimmung vorgelegt.
Auch die Lebensrechtskundgebung von Santiago de Chile wurde von den Bischöfen des Landes unterstützt, während sich in Europa zahlreiche Bischöfe von ähnlichen Kundgebungen fernhalten oder sogar distanzieren.
Zusammen mit den Katholiken mobilisierten auch andere christliche Konfessionen. Neben Orthodoxen fanden sich Pfingstler, Methodisten und Anglikaner, sodaß chilenische Tageszeitungen schrieben, daß erstmals alle christlichen Konfessionen gemeinsam für eine Sache eintreten.
Der Marsch für das Leben, zu dem die Kundgebung wurde, führte zum Paseo Bulnes gegenüber dem Palacio Moneda, dem Sitz der chilenischen Regierung.
Kardinal Ricardo Ezzati, der Erzbischof von Santiago de Chile, sagte vor dem Regierungspalast: „Wir feiern alle zusammen das Leben. Das Leben, von dem wir wünschen, daß es im Schoß einer jeden Mutter heranwachsen kann und ihr ein Lächeln und ein neues Licht schenkt.“
In Chile wurde die Farbe Rot gewählt, um Ja zum Lebensrecht und Nein zur Abtreibung zu sagen. Tausende von Kundgebungsteilnehmern trugen blutrote T‑Shirts mit einer weißen Hand, die der Tötung ungeborener Kinder Einhalt gebietet. In Mexiko wurde die Farbe Weiß der Reinheit gewählt, um Ja zur Familie und Nein zur „Homo-Ehe“ zu sagen.
Beide Kundgebungen, die Kundgebung für das Leben in Chile und die Kundgebungen für die Familie in Mexiko, sind auch Zeugnis für die gute und mögliche Zusammenarbeit zwischen mündigen Laien und den Bischöfen, die bereit sind, den Gläubigen voranzugehen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: #defendemoslafamilia/chileesvida (Screenshots)