(Jerusalem) Die katholischen Bischöfe des Heiligen Landes verurteilen die allgemeine Gewalteskalation auf israelischer und palästinensischer Seite. In einer Erklärung der Kommission Justitia et Pax verurteilen die katholischen Bischöfe die politischen Führungen beider Seiten, „mit Worten und Taten Öl ins Feuer des Konflikts“ zu gießen. Sie riefen die Religionsführer der jüdischen und muslimischen Seite auf, die Spirale aus Haß und Gewalt zu durchbrechen, indem sie Wege des Friedens und der Gerechtigkeit aufzeigen.
Tote auf beiden Seiten – Wer warf den ersten Stein?
Bereits rund um den Papst-Besuch im Heiligen Land war es zur Gewalteskalation gekommen. Wenige Tage vor der Ankunft von Papst Franziskus waren bei Demonstrationen zum Tag der Nakba, mit dem die Palästinenser, Christen und Moslems an ihre Vertreibung durch jüdische Kampfverbände im israelischen Unabhängigkeitskrieg gedenken, zwei junge Palästinenser getötet worden. Die Palästinenser behaupten, die israelische Armee habe scharf geschossen. Die Armee rechtfertigt sich, nur Gummigeschosse eingesetzt zu haben. Die Tötung der Jugendlichen sei unglücklichen Umständen zuzuschreiben. Die Entführung und Ermordung von drei israelischen Jugendlichen, die mutmaßlich von Hamas-Angehörigen durchgeführt wurde, sei eine Reaktion darauf gewesen. Die israelische Armee tötete auf der Suche nach den drei Entführten sechs Palästinenser. Jüdische Extremisten gestanden als Racheakt für die Ermordung der drei jüdischen Jugendlichen, einen palästinensischen Jugendlichen entführt und bei lebendigem Leib verbrannt zu haben. Die Eskalation wird jeden Tag durch neue Gewalttaten beider Seiten fortgeschrieben.
Nein zu „kollektiver Bestrafung der Palästinenser und Rache“
Die katholischen Bischöfe schreiben in ihrer Erklärung, daß die Hoffnung auf ein Ende der Gewalt, die Papst Franziskus durch seinen Besuch und die Einladung der Präsidenten Israels und Palästinas gesät habe, durch „die unverantwortliche Sprache der kollektiven Bestrafung und Rache, die Gewalt züchte und das Aufkommen von Alternativen erstickt“, erschüttert worden sei. Die gegenwärtige Lage im Gaza-Streifen sei Ausdruck dieses unendlichen Kreislaufs von Gewalt ohne jede alternative Zukunftsperspektive.
Die katholischen Bischöfe kritisierten scharf die israelische Besatzungspolitik und die von Israel betriebene kollektive Bestrafung der Palästinenser. Die „gewalttätige Sprache einer nach Rache schreienden Straße in Israel“ werde durch die israelische Staatsführung und die einseitige Privilegierung der Juden gefördert. Schuld an der Gewaltspirale trage nicht zuletzt die israelische „Besatzung mit all ihren desaströsen Konsequenzen“. Die tragische Ermordung der drei israelischen Jugendlichen werde „ausgenutzt“ für eine „kollektive Bestrafung aller Palästinenser“ und deren „legitimen Wunsch nach Frieden“.
Ja zum Widerstandsrecht gegen Israel – Nein zu Gewalt
Ebenso kritisierten die Bischöfe den gewaltsamen Kampf der Palästinenser gegen die jüdische Besatzungsmacht. Die Ursachen sehen die Bischöfe im „Verlust der Hoffnung auf eine gerechte Lösung des Konflikts auf dem Verhandlungsweg“. Diese Hoffnungslosigkeit der Palästinenser werde von totalitären Kräften ausgenützt. Die katholischen Bischöfe erkennen in der Erklärung ausdrücklich das „Recht der Palästinenser auf Widerstand gegen die israelische Besatzung“ an. Dieses dürfe jedoch weder in Terrorismus ausarten noch mit Terrorismus gleichgesetzt werden.
Die Bischöfe fordern beide Seiten zu einem „radikalen Wandel“ auf. Die jungen Generationen müßten in einem neuen Geist erzogen werden, der die Besatzung- und Diskriminierungsmentalitäten auf beiden Seiten aufbreche. Die politische Führung müsse sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen und dafür auch bereit sein, die eigene politische Karriere zu opfern.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Desertpeace (Screenshot)