ISIS-Islamisten von USA in Syrien unterstützt, im Irak bekämpft – Christen marginalisiert


ISIS-Islamisten(Bag­dad) Die Stadt Fallud­scha in der Pro­vinz Anbar im Nord­irak ist seit Frei­tag der ver­gan­ge­nen Woche der Kon­trol­le des ira­ki­schen Staa­tes ent­glit­ten. Nach bewaff­ne­ten Kämp­fen mit sun­ni­ti­schen Auf­stän­di­schen und Dschi­ha­di­sten des Isla­mi­schen Staa­tes im Irak und der Levan­te (ISIS) muß­ten sich Poli­zei und Armee aus dem Gebiet zurück­zie­hen. Am Mon­tag for­der­te der ira­ki­sche Mini­ster­prä­si­dent Nuri Al Mali­ki in einer Fern­seh­bot­schaft die sun­ni­ti­sche Bevöl­ke­rung auf, die „Ter­ro­ri­sten“ aus dem Land zu jagen, um „die Gefahr eines bewaff­ne­ten Kon­flikts“ mit der Armee zu ver­mei­den, die zu einem Gegen­schlag bereit­ste­he. Die USA lie­fern dem Irak zusätz­li­che Waf­fen, damit die Regie­rung Al Mali­ki den ISIS bekämpft, wäh­rend sie gleich­zei­tig den ISIS in Syri­en bewaff­nen, damit er die Regie­rung Assad bekämpft. Die Chri­sten des Irak wur­den in den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren seit dem US-Mili­tär­ein­satz gegen Sad­dam Hus­sein 2003 von einer geschätz­ten Min­der­heit zu einer ver­folg­ten, dezi­mier­ten und mar­gi­na­li­sier­ten Minderheit.

Falludscha außer Kontrolle

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Laut Scheich Ali Al Ham­mad, einem ört­li­chen, sun­ni­ti­schen Stam­mes­füh­rer, hät­ten die mit Al-Qai­da ver­bün­de­ten ISIS-Kämp­fer die Stadt bereits ver­las­sen. Al Ham­mad sag­te zur Nach­rich­ten­agen­tur AFP, daß „die bewaff­ne­ten Män­ner in der Stadt alles Söh­ne des Stam­mes sei­en, um Fallud­scha zu ver­tei­di­gen“. Ein ande­rer Zeu­ge demen­tier­te gegen­über AFP die­se Infor­ma­ti­on und behaup­tet, die ISIS-Dschi­ha­di­sten sei­en nach wie vor in der Stadt. Sie hät­ten ledig­lich ihre schwar­zen Fah­nen ver­schwin­den las­sen, um einem fron­ta­len Kampf mit der Armee aus dem Weg zu gehen.

Fest steht, daß Fallud­scha der Kon­trol­le des Staa­tes ent­glit­ten ist, unab­hän­gig davon ob die Isla­mi­sten des ISIS noch in der Stadt sind oder nicht. Die Kämp­fe, die zur isla­mi­sti­schen Über­nah­me von Fallud­scha führ­ten, waren am 30. Dezem­ber in der Pro­vinz­haupt­stadt Anbar aus­ge­bro­chen. Die Regie­rung ließ durch die Poli­zei ein Lager der sun­ni­ti­schen Oppo­si­ti­on räu­men. Die Sun­ni­ten pro­te­stier­ten damit gegen ihre Aus­gren­zung durch die Zen­tral­re­gie­rung in Bag­dad. Der Kon­flikt, der dabei mit den Sicher­heits­kräf­ten aus­brach, wei­te­te sich in der Fol­ge auf das Umland aus und erfaß­te auch Fallud­scha. Nach einer Woche des Kamp­fes, muß­ten sich Poli­zei und Armeein­hei­ten zurück­zie­hen. Die ent­schei­den­de Waf­fen­hil­fe lie­fer­ten die Kämp­fer des Isla­mi­schen Staa­tes im Irak und der Levan­te (ISIS), die der­zeit vor allem in Syri­en gegen die Regie­rung Assad kämpfen.

Diskriminierung der Sunniten

Laut Washing­ton Post unter­stüt­ze die Bevöl­ke­rungs­mehr­heit von Fallud­scha nicht den ISIS, wage es aber nicht, sich die­sem offen ent­ge­gen­zu­stel­len. Gleich­zei­tig berich­tet die ame­ri­ka­ni­sche Tages­zei­tung, daß die­sel­be Bevöl­ke­rung aller­dings auch fest ent­schlos­sen sei, die ira­ki­sche Poli­zei und Armee nicht mehr in die Stadt zurück­zu­las­sen. Die ört­li­che sun­ni­ti­sche Bevöl­ke­rung sei gegen die Zen­tral­re­gie­rung: „Wir alle sind gegen Al Mali­ki“, zitiert die Washing­ton Post eine anony­me Quel­le. „Unser Ziel ist es, den Irak von Al Mali­ki , sei­nen Mili­zen und den Safa­wi­den zu befrei­en“. Mit den Safa­wi­den sind die ira­ni­schen Schii­ten gemeint, die mit dem ira­ki­schen Mini­ster­prä­si­den­ten ver­bün­det sind. Al Mali­ki ist ira­ki­scher Schi­it, der in den 80er Jah­ren im ira­kisch-ira­ni­schen Krieg auf der Sei­te des Iran gegen Sad­dam Hus­sein gekämpft hat­te. Die Safa­wi­den regier­ten von 1501–1765 in Per­si­en und mach­ten dort den schii­ti­schen Islam zur Staats­re­li­gi­on. Ihr Reich umfaß­te neben dem heu­ti­gen Iran auch die schii­ti­schen Gebie­te des Irak, Tei­le Paki­stans und Zen­tral­asi­ens sowie Syri­ens, der Tür­kei und des Südkaukasus.

US-Militärhilfe verlängert nur Bürgerkrieg

Die Regie­rung von US-Prä­si­dent Oba­ma beschleu­nigt die Waf­fen­lie­fe­run­gen an die ira­ki­sche Regie­rung ein­schließ­lich Auf­klä­rungs­droh­nen. Damit bewaff­nen die USA die ira­ki­sche Regie­rung, um im Irak gegen den ISIS zu kämp­fen, wäh­rend sie in Syri­en über Golf­staa­ten den ISIS bewaff­nen, damit er gegen die Regie­rung Assad kämpft. Laut Ken­neth Pol­lack von der Boo­kings Insti­tu­ti­on in Washing­ton sei das eigent­li­chen Pro­blem in der Pro­vinz Anbar jedoch die Unfä­hig­keit der ira­ki­schen Regie­rung, ein aus­rei­chen­des Aus­kom­men mit den Sun­ni­ten zu fin­den. „Zusätz­li­che Waf­fen und Droh­nen lösen die­ses Pro­blem nicht“, so Pol­lack zur Washing­ton Post. „Sie ver­schlech­tern viel­mehr die Lage, weil sie Al Mali­ki ermun­tern, eine mili­tä­ri­sche statt einer poli­ti­schen Lösung zu ver­su­chen. Damit wird der Bür­ger­krieg verlängert“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Tempi

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