Der Erzbischof von Sydney, George Kardinal Pell, hält sich derzeit im Vatikan auf. Gerard O’Connell von Vatican Insider führte ein Interview mit dem Purpurträger, der zur achtköpfigen Kardinalsdirektorium gehört, das Papst Franziskus als Beratergremium eingesetzt hat.
„Der Typ Papst, den wir jetzt haben, ist wirklich anders“, sagte der Kardinal. Aber Pell zeigte sich auf besorgt über den Gesundheitszustand des Papstes, der, so der australische Erzbischof, ohne Unterlaß arbeite.
Franziskus ist seit 100 Tagen Papst. Welche Aspekte dieser Zeit sind haben sich Ihnen am stärksten eingeprägt?
Sein kürzlich erfolgtes Treffen mit den Harley Davidson Motorradfahren war wohl emblematisch, denke ich. Der Papst fühlte sich mit ihnen ganz in seinem Element und hat sie gesegnet. Das zeigt, daß wie jetzt einen Papst haben, der anders ist. Er ist ein Papst, der die Bedeutung von Symbolen versteht und geneigt ist, die Erzählungen und die Gleichnisse zu erklären, von denen er spricht. Er wählte Franziskus als Name. Der heilige Franz von Assisi hat sich durch viele Dinge unterschieden, dazu gehört auch ein Satz, der ihm zugeschrieben wird, in dem der sich an seine Brüder wandte: „Predigt das Evangelium mit Taten und wenn nötig gebraucht auch die Worte.“ Ich denke, daß der Heilige Vater das alles sehr gut versteht, und deshalb ist sein Lehrstil deutlich verschieden von dem Benedikts XVI. Jemand hat gesagt, daß Benedikt ein guter Lehrmeister für die Intellektuellen war, die Bischöfe und die Priester, aber Franziskus ist sehr viel direkter und spricht zum einfachen Volk.
Was denken sie über die Entscheidung, in Sanctae Marthae zu blieben?
Ich glaube, daß die Entscheidung von einem Menschen getroffen wurde, dem es offensichtlich gefällt, in Gesellschaft zu sein. Wenn ich einen Hypothese wagen darf, dann habe ich den Verdacht, daß das die Entscheidung eines Mannes ist, der nicht kontrolliert werden will. Ich bin für Päpste, die den Papst machen.
Gibt es noch etwas anderes in diesen ersten 100 Tagen des Pontifikats, das sich ihnen eingeprägt hat?
Ich denke, daß er auf seine Gesundheit schauen sollte. Er ist nicht jung und es scheint, daß er ohne Unterlaß arbeitet. Er ist natürlich sehr stark, aber ich denke, daß es im Interesse aller ist, wenn er nicht übertreibt oder besser gesagt, daß er hart arbeitet, aber in einer seinen Kräften angemessenen Form. Mit Sicherheit geht Franziskus in einem außergewöhnlichen Rhythmus vor.
Wie Sie wissen, wird Franziskus in den Ferien in Rom bleiben. Er geht nicht nach Castel Gandolfo…
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. wird nach Castel Gandolfo gehen und ich denke, daß das der Grund ist, weshalb Franziskus entschieden hat, nicht hinzugehen. Castel Gandolfo ist ein wunderschöner Ort und ich würde sehr gerne den Papst seine Ferien dort verbringen sehen, aber der Heilige Vater ist ein Jesuit alten Stils. Er hat ein Gelübde der Armut abgelegt und nimmt es sehr ernst.
Mit seinem Einsatz für ein einfaches Leben, gekennzeichnet von Armut, wird Franziskus zum Vorbild dafür, was es heißt Priester, Bischof und Papst sein. Glauben Sie, daß viele Bischöfe und Priester ihren Lebensstil im Licht dieses Vorbilds überdenken werden?
Zweifelsohne. Der Stil seines Pontifikats, seine Unterweisungen und sein Art zu leben, beeinflussen das Leben der ganzen Kirche. Sicher will Papst Bergoglio nicht, daß der Vatikan gesehen wird, als wäre er ein Renaissancehof oder des 18. Jahrhunderts, sondern vielmehr ein Ort an dem Menschen den Dienst für Christus und die anderen ernst nehmen.
Sie sind einer der acht Kardinäle, die der Papst zu seinen Beratern gemacht hat. Welches sind die wichtigsten Reformen, die er im Vatikan umgesetzt sehen möchte?
Statt mit einer großen Neuorganisation der Kurie zu beginnen – die sich, wie ich meine, zum Großteil nebenbei verwirklichen wird – , so denke ich, sollten wir uns auf bestimmte konkret Probleme konzentrieren. Zum Beispiel werden wir uns fragen müssen, ob der Vatikan über ausreichend Personen verfügt, die transkribieren und darauf wie viele Personen mit Doktorat heute ihre Zeit damit verbringen, zu transkribieren. Das ist nur ein kleines Beispiel für die praktischen Probleme, die heute existieren.
Mit anderen Worten es fehlt an Effizienz auf der Eben der hohen Beamtenschaft in der Kurie?
Wir müssen Disziplin und Motivation verbessern. Ich denke, daß Franziskus große Schritt gemacht hat, was das IOR betrifft, aber es könnte viel mehr gemacht werden. Ich denke, daß die Vatikanfinanzen und die mutmaßlichen Mißverständnisse mit Erzbischof Viganò Aspekte sind, die angegangen werden müssen. Um konkreter zu werden: Ich denke, daß jedes Jahr externe Prüfungen durchgeführt werden sollten, wie dies im gesamten angelsächsischen Raum üblich ist. Zudem herrscht im Vatikan unter jenen, die sich mit Kommunikation befassen, zu wenig Koordination und man investiert zuviel in gewisse Agenturen. Das sind einige praktische Aspekte, mit denen wir uns befassen müssen.
Interview: Gerard O’Connell/Vatican Insider
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider
Wie schade, dass dem Kardinal offenbar nichts besseres einfällt, als die ausgelutschten Klischees über Benedikt und Franziskus zu wiederholen und also zu zementieren.