(Rom) Im Vorfeld des Konklaves veröffentlichen wir die Redebeiträge einiger Kardinäle auf der jüngsten Bischofssynode, die zum zentralen Thema Neuevangelisierung vom 7. bis 28. Oktober 2012 in Rom tagte. Es werden die Beiträge jener Kardinäle veröffentlicht, auf die sich in besonderem Maße das Interesse konzentriert. Die Veröffentlichung soll zugänglich machen, was führende Kirchenmänner zum Thema Neuevangelisierung zu sagen haben und einen Vergleich zwischen diesen ermöglichen. Bereits vorgestellt wurden Timothy Kardinal Dolan, Erzbischof von New York (USA), George Kardinal Pell, Erzbischof von Sydney (Australien), Angelo Kardinal Scola, Erzbischof von Mailand (Italien) und Marc Kardinal Ouellet, Präfekt der Kongregation für die Bischöfe (Vatikan).
Wir setzen fort mit Odilo Pedro Kardinal Scherer, seit 2007 Erzbischof von Sao Paulo in Brasilien. Kardinal Scherer wurde 1949 im südlichsten brasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul geboren, wo fast 30 Prozent der Einwohner deutscher Abstammung sind. Zu ihnen gehört auch der Kardinal, dessen Großvater 1879 aus dem Saarland nach Brasilien eingewandert ist, wo er 1881 die ebenfalls aus Deutschland stammende Anna Oppermann heiratete, mit der er elf Kinder hatte. Bereits der 1996 verstorbene Onkel, Alfredo Scherer, war 1969 von Papst Paul VI. in den Kardinalsrang erhoben worden. 1976 wurde Odilo Scherer für die Diözese Toledo im Bundesstaat Paraná zum Priester geweiht und dort inkardiniert. Er nahm verschiedene Lehraufträge wahr, unter anderem am Priesterseminar dieser Diözese und zuletzt an der Staatlichen Universität von Paraná, während er 1991 an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom in Theologie promovierte. Von 1994 bis 2001 war er unter Kardinal Re an der Bischofskongregation an der Römischen Kurie tätig. Im November 2001 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof von Sao Paulo. Nach der Berufung von Kardinal Hummes zum Präfekten der Kleruskongregation, ernannte Papst Benedikt XVI. Scherer zu dessen Nachfolger als Erzbischof von Sao Paulo. Am 24. November 2007 folgte seine Erhebung in den Kardinalsstand. Ab 2008 bis zur Sedisvakanz war er Mitglied der Kleruskongregation, die sein Vorgänger Hummes leitet, ab 2011 auch Mitglied des neugeschaffenen Dikasteriums für die Neuevangelisierung.
Seine Rede hielt Kardinal Scherer am 13. Oktober 2012 im Rahmen der neunten Generalkongregation.
Die Neuevangelisierung braucht „neue Evangelisierer“. Mehr als neue Methoden und technische Ressourcen sind Verkünder des Evangeliums nötig, die eine tiefe Glaubenserfahrung haben, genährt von der Gemeinschaft mit Gott.
Die Heiligen waren in der Geschichte der Kirche echte Christen und die wirksamsten Evangelisierer. Seit den Zeiten der Apostel und der ersten Märtyrer konnte die Kirche in den schwierigsten Zeiten ihres Bestehens und ihrer Mission auf die Zeugenschaft der Heiligen zählen: heilige Märtyrer und Bekenner, heilige Priester und Kirchenlehrer, heilige Missionare und Prediger, heilige Mystiker, geweihte Jungfrauen, Heilige der Nächstenliebe, heilige Ordensgründer. Diese waren immer wahre Jünger und Missionare Jesu und seine Zeugen in der Welt! In jedem Land haben die lokal oder von der ganzen Kirche verehrten Heiligen stets den Glauben der Gläubigen unterstützt und tun dies noch immer; sie sind ihnen ein Beispiel des Lebens und darüber hinaus brüderliche Fürsprecher. Die Orte der Heiligen (Heiligtümer) sind Orte des Glaubens und der Tröstung für das Volk der Gläubigen.
Deshalb kann die Neuevangelisierung im Leben, im Zeugnis und in der Fürsprache der Heiligen eine unermessliche Quelle finden. Die Verehrung der Heiligen und die „Gemeinschaft“ mit den Heiligen erlauben den Gläubigen, die Nähe zu jenem „Geheimnis des Glaubens“ zu erleben, an das die Kirche glaubt und das von ihr der Welt verkündet wird.
Dieses „Geheimnis des Glaubens“, das der dreifaltige Gott ist, der uns durch Jesus Christus nahe geworden ist, hat vor uns viele Heilige fasziniert und kann auch die Männer und Frauen unserer Zeit faszinieren.
Das Leben, das Zeugnis und die Fürsprache der Heiligen ist ein großer Schatz der Kirche und kann von großer Hilfe für die Neuevangelisierung sein!
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Una Fides