Gottes Allmacht ist anders, als wir uns Macht vorstellen


Papst Benedikt XVILie­be Brü­der und Schwestern!

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In den Betrach­tun­gen über »Was ist Glau­be?« in die­sem Jahr des Glau­bens sind wir in der letz­ten Kate­che­se beim Cre­do ange­langt und haben den Satz »Ich glau­be an Gott« betrach­tet. Das Wort »Gott« ist dann ver­se­hen mit zwei Zusät­zen: »den Vater, den All­mäch­ti­gen«. Und heu­te möch­te ich die­se bei­den Titel, vor allem den Titel »Vater« mit euch betrach­ten. Es ist heu­te schwer, von dem Wort »Vater« her ein Bild Got­tes zu gewin­nen, weil der Vater in unse­rer Gesell­schaft kaum noch erscheint. Ein Theo­lo­ge hat gesagt, heu­te müß­te man nicht nur das Gleich­nis vom ver­lo­re­nen Sohn, son­dern ein »Gleich­nis vom ver­lo­re­nen Vater« schrei­ben. Er ist nicht mehr da oder ver­zerrt vor­han­den. Was sagt uns das Wort »Vater«? Wenn wir es hier in unse­rer heu­ti­gen Wirk­lich­keit kaum noch wahr­haft über­zeu­gend aus­ge­drückt fin­den – obwohl wir die Kri­se nicht ver­grö­bern sol­len –, so zeigt uns jeden­falls die Hei­li­ge Schrift das Urbild des­sen auf, was Vater-Sein sein soll­te, was Vater-Sein Got­tes bedeu­tet. Der Bezug auf die Gestalt des Vaters läßt uns etwas von Got­tes Lie­be ver­ste­hen, die grö­ßer ist als die eines jeden Men­schen. Die Schrift sagt uns: Schon vor der Erschaf­fung der Welt hat Gott uns geliebt, und er beglei­tet unser gan­zes Leben mit sei­ner Lie­be und Gna­de. Er ist ein Vater, der sei­ne Kin­der nie ver­läßt, son­dern sie in Lie­be und Treue trägt und hält, der sei­ne Son­ne über Böse und Gute auf­ge­hen läßt (vgl. Mt 5,45), der die Vögel des Him­mels und die Blu­men klei­det und der um uns nicht weni­ger sorgt als um Vögel und Blu­men (vgl. Mt 6,26ff). In Jesus Chri­stus wird das Gesicht des Vaters offen­bar. Er ist das »Eben­bild des unsicht­ba­ren Got­tes« (Kol 1,15). In ihm kön­nen wir sehen, was Vater­schaft Got­tes heißt. An Gott Vater glau­ben heißt, unter dem Wir­ken des Hei­li­gen Gei­stes an den Sohn glau­ben. Gott ist für uns Vater, da er sei­nen Sohn für uns hin­gibt, unse­re Sün­den ver­zeiht und uns den Geist schenkt, der uns rufen läßt: »Abba, Vater« (Röm 8,15). Im Oster­ge­heim­nis leuch­tet schließ­lich das Gesicht Got­tes voll­ends auf. Und da ist nun das Wort von der All­macht: Ist Gott wirk­lich all­mäch­tig, wenn es so viel Böses in der Welt gibt, wenn es so eine unge­heu­re Macht des Nega­ti­ven gibt? Vie­le zwei­feln heu­te an der All­macht Got­tes. Aber Got­tes All­macht ist anders, als wir uns Macht vor­stel­len. Es ist nicht Macht, die zuschlägt, son­dern Macht, die gütig ist, die Frei­heit gibt und die heilt, die war­ten kann und die den ande­ren durch Lie­be über­zeugt. Gott hat einen Teil sei­ner Macht wirk­lich an uns abge­tre­ten, als er uns die Frei­heit gab, die er respek­tiert mit all ihren Kon­se­quen­zen. Frei­heit ist ihm so kost­bar, daß er auch die­se Kon­se­quen­zen hin­nimmt, und er, das gan­ze über­blickend, weiß, daß er es kann und darf. Got­tes All­macht bedeu­tet, daß er auf unse­re Bekeh­rung war­tet, daß er nicht durch Gewalt uns vom Bösen abbringt, son­dern durch die über­zeu­gen­de Güte sei­nes Erbar­mens, durch die Güte sei­nes Soh­nes. Und ich glau­be, wir soll­ten ein­mal dar­über nach­den­ken, was das bedeu­tet: Gott war­tet auf mei­ne Bekeh­rung, war­tet dar­auf, daß ich frei zu ihm kom­me, daß ich sein Gesicht erken­ne, sein Herz erken­ne, daß ich ihn lie­ben ler­ne und dadurch wahr wer­de. Und so ist er unser wah­rer Vater, wie wir in dem Gleich­nis vom ver­lo­re­nen Sohn sehen, der auch war­tet, der sei­nem Sohn die Frei­heit läßt, sich zu ver­lie­ren, wis­send, daß in sei­nem Her­zen die Sehn­sucht nach dem Vater stark ist und das Böse über­win­den wird. Las­sen wir uns von die­ser Art von Got­tes Macht über­zeu­gen. Nicht die Macht, drein­zu­schla­gen und zu zer­stö­ren, ist die wah­re Macht, son­dern die Macht, gütig zu sein und mit der Macht der Ver­ge­bung zu ver­wan­deln. Das ist die wirk­li­che All­macht, die Macht Got­tes, der wir uns anver­trau­en und die uns ruft, der wir mit unse­rer Frei­heit ant­wor­ten wollen.

Ger­ne hei­ße ich alle Besu­cher und Pil­ger deut­scher Spra­che will­kom­men. Bit­ten wir den Herrn, daß er uns im Glau­ben stärkt, im Glau­ben an sei­ne All­macht und an sei­ne Lie­be, daß wir so aus der Frei­heit der Kin­der leben im Ver­trau­en auf sei­ne Lie­be und sein Erbar­men, das uns das Heil bringt. Von Her­zen seg­ne ich euch alle.

Bild: Ser­gey Gabdurakhmanov/flickr.com

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