Tabubruch “Viva Cristo Rey“ – Papst belebt verbotenen Schlachtruf neu und erinnert an Christus König


(Mexi­ko-Stadt) Nach der bewe­gen­den Begeg­nung mit den Kin­dern am Sams­tag­abend auf der Pla­za de la Paz war der Sonn­tag von Papst Bene­dikt XVI. im mexi­ka­ni­schen León von einem nicht nur für euro­päi­sche Ohren unge­wohn­ten und muti­gen Geden­ken an die anti­ka­tho­li­sche Ver­fol­gung und den Wider­stand der Cri­ste­ros geprägt. Der Papst rief die bedroh­ten gei­sti­gen und geist­li­chen Wur­zeln Mexi­kos in Erin­ne­rung, wie er beim Ange­lus beton­te und aktua­li­sier­te sie. Die Bedro­hung kom­me heu­te auch „durch die Dro­gen­bos­se, die Wer­te­kri­se und die Kri­mi­na­li­tät“.

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In einer spon­ta­nen Akti­on emp­fing der Papst außer­halb des offi­zi­el­len Pro­gramms acht Fami­li­en, die Opfer der Dro­gen­bos­se wur­den. Trotz der Dro­hun­gen durch eini­ge poli­ti­sche Par­tei­en schreck­te Bene­dikt XVI. nicht davor zurück, die Reli­gi­ons­frei­heit als Grund­recht aller Grund­rech­te ein­zu­for­dern. Mexi­ko berei­tet sich auf die näch­sten Wah­len vor und die Anwe­sen­heit des katho­li­schen Kir­chen­ober­haupts löste unter eini­gen Par­tei­en erheb­li­che Ner­vo­si­tät aus und brach­te unver­hoh­le­ne anti-reli­giö­se Regun­gen zum Vorschein.

Papst erin­nert an Chri­sten­ver­fol­gung und Kampf der Cristeros

Beim „Engel des Herrn“ erin­ner­te der Papst an die anti­christ­li­chen Ver­fol­gun­gen in Mexi­ko und den bewaff­ne­ten Wider­stand der Cri­ste­ros, die in einem blu­ti­gen Krieg 1926–1929 für die Frei­heit der Kir­che und der Reli­gi­on kämpf­ten. Die Wort­mel­dung Bene­dikts XVI. bricht ein zen­tra­les Tabu in Mexi­ko. Im poli­ti­schen und öffent­li­chen Leben des mit­tel­ame­ri­ka­ni­schen Lan­des war es bis gestern fak­tisch ver­bo­ten, über die schreck­li­che Chri­sten­ver­fol­gung des vori­gen Jahr­hun­derts zu spre­chen, als die Men­schen ver­trau­ens­voll Zuflucht zu Chri­stus dem wah­ren Herr­scher und zur Got­tes­mut­ter Maria nah­men und zur Ganz­hin­ga­be bereit waren.

In Zei­ten der Prü­fung und des Leids wur­de sie von vie­len Mär­ty­rern ange­ru­fen, die mit dem Ruf „Es lebe Chri­stus König und Maria von Gua­d­a­lu­pe“ ein blei­ben­des Zeug­nis der Treue zum Evan­ge­li­um und der Hin­ga­be an die Kir­che gege­ben haben.“ Mit der Wie­der­be­le­bung des jahr­zehn­te­lang tabui­sier­ten Kampf­rufs der Cri­ste­rosViva Cri­sto Rey! Viva la Vir­gen de Gual­alu­pe“ drück­te Bene­dikt XVI. sei­ner Rei­se einen beson­de­ren und völ­lig uner­war­te­ten Stem­pel auf.

Bene­dikt XVI.: Reli­gi­ons­frei­heit, das Grund­recht aller Grund­rech­te wird angegriffen

Die Zei­chen ste­hen auf Sturm. Der Papst war der Erste, der mit sei­nem fei­nen Gehör eine Ent­wick­lung wahr­nahm. Jenen Angriff auf die Reli­gi­ons­frei­heit und damit das Men­schen­recht aller Men­schen­rech­te. Die Dik­ta­tur des Rela­ti­vis­mus als schwer­wie­gend­ster und maß­geb­lich­ster Fol­ge des „eman­zi­pa­to­ri­schen“ Bruchs mit Gott. Dem Bruch, den die Auf­klä­rung voll­zog. Jene „Auf­klä­rung“, auf die sich erstaun­li­cher­wei­se in sei­ner Antritts­re­de aus­drück­lich der neue deut­sche Bun­des­prä­si­dent Joa­chim Gauck berief, aus­ge­rech­net ein pro­te­stan­ti­scher Pastor noch dazu. Die „Dik­ta­tur“ vor der der Papst seit Jah­ren warnt, zeigt sich heu­te durch einen viel­schich­ti­gen Angriff auf die Reli­gi­ons­frei­heit. Ein Kampf, der in Euro­pa eben­so aus­ge­tra­gen wird wie auf ande­ren Kon­ti­nen­ten. Der wich­tig­ste und fron­tal­ste Angriff fin­det der­zeit jedoch in den USA statt, dem „neu­en aus­er­wähl­ten Land“, wie das Selbst­ver­ständ­nis lautet.

Euro­pa ver­gißt häu­fig sei­ne christ­li­chen Wur­zeln. Das glei­che gilt jedoch auch für Latein­ame­ri­ka. Der Papst rief in sei­ner Pre­digt in León die Men­schen auf, „ tief in das mensch­li­che Herz zu schau­en, beson­ders in den Zei­ten, in denen Schmerz und Hoff­nung bei­ein­an­der lie­gen, wie sie das mexi­ka­ni­sche Volk und auch die ande­ren Völ­ker Latein­ame­ri­kas gera­de durchleben.“

Die Geschich­te der Israe­li­ten im Alten Testa­ment „berich­tet auch von gro­ßen Taten und Kämp­fen. Aber in dem Augen­blick, da sich Isra­el sei­ner wah­ren Bestim­mung stellt, sei­nem maß­geb­li­chen Ziel, der Erlö­sung, setzt es sei­ne Hoff­nung nicht so sehr auf die eige­nen Kräf­te als auf Gott, der ein neu­es Herz erschaf­fen kann, das nicht gefühl­los und selbst­ge­fäl­lig ist. Dies kann uns heu­te dar­an erin­nern – jeden ein­zel­nen von uns wie auch unse­re Volks­ge­mein­schaft, daß, wenn es um die tief­ste Dimen­si­on des per­sön­li­chen wie des gemein­schaft­li­chen Lebens geht, mensch­li­che Stra­te­gien für unse­re Erlö­sung nicht aus­rei­chen. Man muß sich auch an den Einen wen­den, der Leben in Fül­le geben kann, denn er selbst ist der Inbe­griff und Urhe­ber des Lebens, und er hat uns dar­an Anteil gege­ben durch sei­nen Sohn Jesus Christus.“ 

Chri­stus ist der wah­re Herr­scher – Chri­stus König: die Reak­ti­vie­rung der Sym­bol­spra­che der Kirche

In sei­ner Pre­digt griff Bene­dikt XVI. einen zen­tra­len Punkt sei­nes Lehr­am­tes auf, das König­tum Chri­sti, das geist­li­cher Natur sei, sich aber über alle mensch­li­chen Rea­li­tä­ten aus­dehnt und alle Völ­ker umfaßt.

Der Papst äußer­te sei­ne Genug­tu­ung, in León das gro­ße Chri­stus König gewid­me­te Denk­mal auf dem Cubi­le­te sehen zu kön­nen. Im Hub­schrau­ber wur­de Bene­dikt XVI. über den Cubi­le­te geflo­gen, um das Denk­mal aus der Nähe betrach­ten zu kön­nen. „Mein ver­ehr­ter Vor­gän­ger, der seli­ge Papst Johan­nes Paul II., konn­te auf sei­nen Rei­sen in euer Hei­mat­land die­sen für den Glau­ben des mexi­ka­ni­schen Vol­kes sym­bol­träch­ti­gen Ort nicht besu­chen, obwohl er es sich sehn­lichst gewünscht hatte.“

Das Denk­mal ist ein emble­ma­ti­sches Sym­bol für die Chri­sten­ver­fol­gung. Das Christ­kö­nig-Monu­ment wur­de 1923 errich­tet und war eine Ant­wort des katho­li­schen Mexi­kos auf die Poli­tik der anti­kle­ri­ka­len Frei­mau­rer, die die Regie­rung kon­trol­lier­ten. Am 30. Janu­ar 1928 wur­de das Denk­mal auf Befehl der anti­christ­li­chen Regie­rung von Staats­prä­si­dent Plut­ar­co Elà­as Cal­les gesprengt. In den 1940er Jah­ren erlaub­te die anti­kle­ri­ka­le Regie­rung ledig­lich die Errich­tung einer Christ­kö­nigs­sta­tue in einer Kapel­le der Kathe­dra­le von León. Erst 1950 konn­te nach lan­gem Rin­gen das Denk­mal auf dem Cubi­le­te wie­der­errich­tet wer­den, das in sei­ner Gestal­tung anders und viel grö­ßer als das ursprüng­li­che Monu­ment aus­fiel. Es brach­te zum Aus­druck, daß das Chri­sten­tum nicht aus­ge­rot­tet wer­den konn­te, son­dern triumphierte.

In die­sem Monu­ment also wird Chri­stus als König dar­ge­stellt. Aber die Kro­nen, die ihm bei­gege­ben sind, – eine Herr­scher- und eine Dor­nen­kro­ne – zei­gen, daß sein König­tum nicht so beschaf­fen ist, wie es vie­le ver­stan­den haben und ver­ste­hen. Sein Reich besteht nicht in der Macht sei­ner Heer­scha­ren, um die ande­ren mit Kraft und Gewalt zu unter­wer­fen. Es grün­det in einer grö­ße­ren Macht, die die Her­zen erobert: die Lie­be Got­tes, die er der Welt durch sein Opfer gebracht hat, und die Wahr­heit, von der er Zeug­nis gege­ben hat. Dies ist sei­ne Herr­schaft, die ihm nie­mand neh­men kann und die kei­ner ver­ges­sen darf. Des­halb ist es rich­tig, daß die­ses Hei­lig­tum vor allem ein Ort für Wall­fahr­ten, eine Stät­te des inni­gen Gebe­tes, der Bekeh­rung, der Ver­söh­nung, der Suche nach der Wahr­heit und des Emp­fangs der Gna­de ist. Ihn, Chri­stus, wol­len wir bit­ten, daß er in unse­ren Her­zen herr­sche, daß er sie rein, folg­sam und in ihrer Demut hoff­nungs­voll und mutig mache.“

Die Cri­ste­ros gaben ihr Leben für Chri­stus den wah­ren König hin. Was heißt es, das König­tum Chri­sti heu­te zu beken­nen? Indem die Chri­sten „der Ver­su­chung eines ober­fläch­li­chen und gewohn­heits­mä­ßi­gen, manch­mal bruch­stück­haf­ten und unzu­sam­men­hän­gen­den Glau­bens wider­ste­hen. Auch hier muß man die Müdig­keit des Glau­bens über­win­den und „die Freu­dig­keit des Christ­seins, des Getra­gen­seins von dem inne­ren Glück, Chri­stus zu ken­nen und sei­ner Kir­che zuzu­ge­hö­ren, wie­der­erken­nen. Aus die­ser Freu­de kom­men auch die Kräf­te, Chri­stus in den bedrän­gen­den Situa­tio­nen mensch­li­chen Lei­dens zu die­nen, sich ihm zur Ver­fü­gung zu stel­len, ohne nach dem eige­nen Wohl­be­fin­den umzu­schau­en“ (Anspra­che an die Römi­sche Kurie, 22. Dezem­ber 2011).“

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Rora­te Coeli, bene­det­tox­vi­fo­rum, vamo­no­sal­ba­ble

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