(Kairo) Der verstorbene Patriarch von Alexandrien und Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche, Shenouda III. regierte die koptisch-orthodoxe Kirche für 40 Jahre. In dieser Zeit erlebte die ägyptische Kirche ein Wachstum an Spiritualität, Berufungen und Gottesdienstteilnehmern. Patriarch Shenouda III., der von den orthodoxen Kopten als Papst der Kathedra des heiligen Markus geehrt wird, war ein ägyptischer Patriot von anti-zionistischer Gesinnung. Er scheute nicht den Konflikt mit dem früheren Staatspräsidenten Anwar as-Sadat, der ihn einsperren ließ. Mit dessen Nachfolger Hosni Mubarak ging er ein Bündnis ein, um neue Kirchen bauen zu können. In einem mehrheitlich islamischen Land keine Kleinigkeit. Wie sieht die Zukunft der Kopten nach Shenoudas Tod aus? Ägypten befindet sich zwischen Militärdiktatur und islamischem Fundamentalismus. Zwei Mühlsteine, zwischen denen die Christen aufgerieben zu werden drohen. Die Missionierung der Gesellschaft und der Schutz der Frauen stellen vordringliche Herausforderungen dar, wie der ägyptische Jesuit und Nahost-Experte, Pater Samir Khalil Samir in einer ersten Analyse betont.
Shenouda III. wurde am 3. August 1923 in Abnub in der ägyptischen Provinz Asyut mit dem Namen Nazir Gayed Rafail geboren. Er studierte bis 1949 Geschichte und Archäologie an der Universität Kairo sowie Theologie an der Theologischen Fakultät der koptisch-orthodoxen Kirche. Für einige Jahre war er im Schuldienst tätig. 1954 wurde er Mönch und trat in das Kloster Deir es-Suryan ein, das in der Wüste von Nitra etwa 120 Kilometer von Kairo auf dem Weg nach Alexandria liegt. Das Kloster ist mit dem Kloster Deir Anba Bishoy verbunden. Als Patriarch wählte er alle Bischöfe der ägyptischen Diözesen aus diesen beiden Klöstern.
1962 wurde er vom 116. Patriarchen Kirellos VI. zum Bischof für Kirchenstudien ernannt und nahm den Namen Shenouda an. Am 14. November 1971 erfolgte schließlich seine Wahl zum 116. Patriarchen der koptisch-orthodoxen Kirche. Das war ein Jahr nach dem Tod von Gamal Abdel Nasser, dem Begründer des modernen ägyptischen Staates.
Die Patriarchen der Kopten wie auch alle Bischöfe sind Mönche. Selbst wenn sie einen Laien zum Bischof bestimmen, muß er einige Monate in einem Kloster leben, bevor er geweiht wird.
Die Zeit seines Patriarchats fällt mit den Amtszeiten von Sadat und Mubarak als Staatspräsidenten zusammen. In dieser Zeit gab Shenouda III. seiner Kirche einen starken geistlichen Impuls. Hauptinstrument dafür waren wöchentliche Katechesen, die er dem Papst in Rom gleich, übrigens auch jeweils am Mittwoch, hielt und worin er Fragen der Gläubigen beantwortete. Die Neuerung fand großen Anklang, sodaß jede Woche mehrere Tausend Menschen daran teilnahmen. Mit dem technischen Fortschritt wurden die Katechesen später aufgezeichnet und als Videokassetten verbreitet, zuletzt auch im Internet.
Der Patriarch verfaßte mindestens 50 Bücher, in denen er zu allen wichtigen religiösen Fragen Stellung nahm. Der koptischen Mönchstradition entsprechend kannte er die Heilige Schrift und die Überlieferung faktisch auswendig. Häufig wußte er das Kapitel und sogar den genauen Vers einer Bibelstelle zu nennen, auf die er angesprochen wurde. Er kannte die geistlichen Schriften und Heiligenviten, auf die er ausgiebig in seinen Predigten und Katechesen zurückgriff. Er war kein Theologe im modernen Sinn, schenkte seiner Kirche jedoch reiche spirituelle Anstöße.
Die Erneuerung der Diözesen war ihm ein Anliegen, indem er zahlreiche neue gründete und die bestehenden verkleinerte. Das erlaubt den Bischöfen mehr alltäglichen Kontakt mit ihren Gläubigen zu haben und damit eine stärkere pastorale Führung ihrer Diözesen umzusetzen. Kritiker warfen ihm vor, dies auch zu tun, um mehr seiner Gefolgsleute einzusetzen und sich damit eine Mehrheit in der koptischen Synode zu sichern.
Sein Ruf war bereits als Bischof groß und wuchs noch weiter mit seiner Wahl zum Patriarchen („Baba Shenouda“). Seine Kirche regierte er im besten Sinn des Wortes. Er nahm die Entscheidungsgewalt, die ihm durch die apostolische Sukzession übertragen worden war, wörtlich. Einige Laien nahmen ihm das übel.
Die Ordensberufungen nahmen während seiner Amtszeit deutlich zu, ebenso die Priesterberufungen. Er verstärkte die Studentenseelsorge, empfahl immer wieder, daß jeder Jugendliche einen geistlichen Beistand haben und häufig das Sakrament der Beichte nützen sollte. Mit der Stärkung der Beichte nahm auch die Zahl der Kommunionempfänger zu: nach der Beichte. Auftretende Konflikte mit Laien oder Mitbrüdern im Bischofsamt konnten stets gelöst werden.
Beziehungen zu anderen Christen
Die Beziehungen zu anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften waren problematischer. Protestanten gegenüber konnte er nie eine besondere Beziehungen aufbauen. „Wir müssen von den Protestanten lernen, die Bibel zu studieren“, doch von der Reformation und deren Prämissen hielt er nicht viel, weshalb es auch zu keinen Formen nennenswerter Zusammenarbeit kam. Mit den Katholiken waren die Beziehungen besser.
1973 besuchte er Papst Paul VI. und gemeinsam unterzeichneten die beiden “Päpste“ die erste offizielle Vereinbarung zwischen der katholischen Kirche und einer orthodoxen Kirche. Man vereinbarte gegenseitig, keinen Proselytismus zu betreiben. Der Vorwurf der Proselytenmacherei wurde oft von orthodoxen Kirchen gegen die Katholiken erhoben. Bei umstrittenen Fällen, so das Abkommen, würde sich Shenouda III. an Rom wenden, mit dem die Lösung gefunden werde.
Einmal drohte ein orthodoxes Dorf bei Dayrut in Oberägypten, rund 300 Kilometer südlich von Kairo, das seit Jahren vom zuständigen orthodoxen Bischof vergessen worden war: „Wenn ihr nicht kommt, werden wir Moslems.“ Zuvor hatten sie jedoch bereits Kontakt mit der katholischen Kirche des Nachbarortes aufgenommen und angefragt, ob sie katholisch werden könnten. Pfarrer und Bischof der Diözese Asyut rieten davon ab und bestärkten sie, orthodox zu bleiben. Als sich nichts verbesserte, drohten sie erneut ihrer Kirche, Moslems zu werden. Da gab der katholische Bischof nach und schickte einen katholischen Priester in das Dorf. Dieser Vorfall führte allerdings zu einer ernsthaften Verstimmung zwischen Shenouda und Rom. Rom vermittelte, wie im Abkommen von 1973 vereinbart, eine Lösung: die koptisch-orthodoxe Kirche verpflichtete sich, innerhalb von sechs Monaten eine Lösung für das Dorf zu finden. Als die Frist verstrichen und dennoch nichts geschehen war, traten die Gläubigen, zumindest ein beträchtlicher Teil, zur mit Rom unierten koptisch-katholischen Kirche über. Von Proselytenmacherei konnte keine Rede sein. Es ging um die Sorge, die Seelsorge dieser Gläubigen zu sichern, die sonst Moslems geworden wären.
Die Beziehungen zwischen Katholiken und Orthodoxen verschlechterten sich einige Jahr nach Shenoudas Wahl zum Patriarchen wegen der von ihm auferlegten Richtlinien für gemischtkonfessionelle Ehen. Im Nahen Osten sind Eheschließungen zwischen Katholiken und Orthodoxen sehr häufig und stellen für die Familien keine Probleme dar, weil der Glaube identisch ist, wenn auch mit unterschiedlichen Riten und Traditionen. Es ist im gesamten Orient Brauch, daß die Hochzeit in der Kirche des Bräutigams stattfindet. Die Kinder folgen der Tradition des Vaters. Es gibt allerdings die Möglichkeit zu Vereinbarungen zwischen den Ehepartnern. Jedenfalls bleiben die Ehepartner auch nach der Eheschließung in ihrer jeweiligen Konfession. Shenouda entschied jedoch, daß im Falle einer gemischten Ehe der katholische Ehepartner noch einmal in der koptisch-orthodoxen Kirche getauft werden müsse. Konkret bedeutet dies in den meisten Fällen die katholische Frau. Seine Theologen machten ihn bald aufmerksam, daß die Überlieferung der Kirchenväter keine zweite Taufe kenne. Dennoch behielt Shenouda III. diese im gesamten Christentum unbekannte, ja als Widerspruch abgelehnte Neuerfindung bei, bis heute.
In der Praxis folgten ihm seine Priester meist nicht darin. Was die Ökumene anbelangt, wurden unter seinem Patriarchat nicht große Fortschritte Richtung Einheit von Katholiken und Orthodoxen gemacht. 1984 kritisierte er offen ein Abkommen, das der syrisch-orthodoxe Patriarch Zakkha Iwas mit Papst Johannes Paul II. unterzeichnete. Seither studieren zahlreiche syrisch-orthodoxe Priesteramtsanwärter und Priester an katholischen Hochschulen und Seminaren.
Shenouda hielt Zakkha vor allem vor, ihn nicht vor einem so weitreichenden Abkommen konsultiert zu haben. Syrisch-Orthodoxe, Kopten und Armenier sind als pro-kalzedonische Kirche stark miteinander verbunden. Patriarch Zakkha antwortete, daß ihre Kirchen wohl Schwestern seien, doch unabhängig. Gleichzeitig erinnerte er Shenouda daran, daß dieser 1973 auch ein Abkommen mit Rom unterzeichnet hatte, ohne die Syrer zu fragen.
Beziehungen zum Islam
Was die Beziehungen zum Islam betrifft, sind zahlreiche Begegnungen mit dem Imam der Al-Azhar-Universität in Kairo zu nennen. Shenouda kannte den Koran und die arabische Sprache sehr gut. Er verfaßte selbst Gedichte in arabisch. Er wußte mit den Moslems zu verhandeln, ohne in Glaubensfragen nachzugeben. Die lange Tradition der Unterwerfung der ägyptischen Christen und eine moslemische Oberherrschaft schufen eine ausgeprägte, notgedrungene Geschicklichkeit im Umgang mit Moslems. Shenouda III. beherrschte diese Geschicklichkeit, die es ihm zielsicher ermöglichte, Gesten und Worte zu wählen, ohne die Moslems zu provozieren.
Trotz der fortgesetzten Angriffe gegen Kirchen, Morde und Gewalt an Christen durch moslemische Extremisten, gelang es Shenouda gute Beziehungen zur islamischen Welt zu bewahren, ohne deshalb in zentralen Fragen falsche Kompromisse einzugehen.
Beziehungen zu Anwar as-Sadat
Das Verhältnis zum Staat war stets besonders heikel. Shenouda wurde unter Staatspräsident Anwar as-Sadat zum Patriarchen gewählt. In politischer Hinsicht hatte er stets eine klare Meinung zu den Beziehungen zwischen Ägypten und Israel. Ein Abkommen zwischen den beiden Staaten lehnte er kategorisch ab.
Als Sadat nach Jerusalem ging, vor der Knesset sprach und Staatsverträge abschloß, verurteilte Shenouda diese Politik entschieden. Dabei leiteten ihn keineswegs nur taktische Überlegungen. Die Christen Ägyptens sind eine Minderheit, die inzwischen wenig mehr als zehn Prozent der Bevölkerung ausmacht. Die Moslems betrachten die Christen stets als Verbündete des Westens und damit Israels. Shenoudas Haltung erlaubte es ihm und damit den Kopten, aus dieser Schablone auszubrechen und sich bis zu einem bestimmten Grad als Teil der in Ägypten starken antizionistischen Bewegung zu präsentieren.
Sadat ließ den Patriarchen dafür einsperren und in das KlosterAnba Bishoy in der Wüste Wadi an-Natroun verbannen. Vier Jahre von 1981 bis zur Ermordung Sadats mußte Shenouda dort bleiben. Sadat hatte auch mehrere Bischöfe einsperren lassen. Das laizistische Ägypten kannte nie eine vergleichsweise angespanntere Situation zwischen Staat und Koptischer Kirche.
Sadat stützte sich zudem in seiner Regierung auf die Muslimbrüder, die stets ein harter Feind der Christen waren. Es läßt sich daher sagen, daß die gesamte Regierungszeit von Präsident Sadat für Shenouda ausgesprochen schwierig war.
Beziehung zu Husni Mubarak
Mit der Machtübernahme durch Husni Mubarak vor 31 Jahren änderte sich die Situation. Der Patriarch unterstützte den neuen Präsidenten und umgekehrt. Die beiden schlossen einen persönlichen Pakt, mit dem Shenouda das Verbot zum Bau neuer Kirchen überwinden konnte. In Ägypten schreibt das Gesetz vor, daß eine Kirche nur gebaut werden kann, wenn zehn Vorschriften erfüllt werden. Die Bestimmung kommt einem staatlichen Bauverbot gleich. Der Pakt zwischen Shenouda und Mubarak sah vor, daß sie Jahr für Jahr die Zahl der Kirchenneubauten vereinbarten. Als die Abmachung öffentlich bekannt wurde, gab es wütende Kritik von moslemischer Seite. Mubarak konnte sich jedoch durchsetzen.
Der Pakt sah umgekehrt jedoch vor, daß der Patriarch faktisch alle Entscheidungen des Präsidenten gutheiße. Als im vergangenen Jahr der „Arabische Frühling“ ausbrach und viele Christen an den Kundgebungen auf dem Tahrir-Platz teilnahmen, hielt sich der Patriarch zurück mit einer Unterstützung dieser Bewegung, weil sie sich immer stärker gegen Staatspräsident Mubarak richtete.
Das Problem der Christen ist im Nahen Osten immer das gleiche: Sie befinden sich zwischen zwei Feuern, zwischen einer auf das Militär gestützten Diktatur und dem islamischen Fundamentalismus.
“Unsere Situation im Nahen Osten war immer so schwach und die koptische Kirche ist das Beispiel dafür: unfähig zu Perspektiven, zu Initiativen, zum Einsatz in Gesellschaft und Politik. Die koptische Kirche ist häufig in sich abgeschlossen, sie lebt in einem Ghetto um sich zu schützen und in Ruhe leben zu können. Sie versucht nicht die Gesellschaft zu verändern aus Sorge, es nicht zu schaffen, weil sie eine Minderheit ist“, so Pater Samir. Die Angst vor einer unkontrollierbaren, existenzbedrohenden moslemischen Reaktion kennzeichnet die christlichen Gemeinschaften im gesamten Nahen Osten.
In der Vergangenheit war dem nicht so. Vor 80 oder 50 Jahren war die koptische Kirche viel lebendiger. Erst in der „Moderne“ begann ihr verstärkter Rückzug in die Klöster, in das Gebet, in das innere Leben der Kirche. Der „Arabische Frühling“ weckte viele Hoffnungen auf eine andere Zukunft, auf eine neue Freiheit für Christen und Moslems durch die Ablehnung einer moslemischen Theokratie. Wie es scheint, wurde der „Frühling“ jedoch zum entscheidenden Ventil für die Schaffung eines moslemischen Staates. Das demokratisch gewählte Parlament befindet sich mit Zweidrittelmehrheit in der Hand von Muslimbrüdern und Salafiten.
Dem moslemischen Extremismus steht das Militär gegenüber. Das Militär bestimmt in Ägypten seit den Zeiten Nassers. Der „moderne“ Staat Ägypten gründet seit 60 Jahren auf der Macht des Heeres. Und es sieht nicht danach aus, als sei es bereit diese Machtposition zu räumen. Noch haben sie alle entscheidenden Schalthebel in der Hand. Das neue Parlament kann zwar Beschlüsse fassen, aber nichts durchsetzen. Ägypten befindet sich an einem heiklen Scheideweg. Es könnte endgültig zur Militärdiktatur werden oder sich in ein islamisch-fundamentalistisches Regime verwandeln. Die Perspektiven erklären, warum viele Christen nach einem ersten Moment der Begeisterung vor einer Unterstützung der „Revolution“ zurückschrecken. Patriarch Shenouda hatte von Anfang an Bedenken.
Die Zukunft der orthodoxen Kopten
Unter den koptischen Bischöfen finden sich fähige und starke Persönlichkeiten, die die Führung der koptisch-orthodoxen Kirche übernehmen könnten. Der bisherige Stellvertreter Shenoudas gehört diesem Kreis möglicher Nachfolger nicht an.
Die koptische Kirche ist von spiritueller Stärke, stark im liturgischen Gebet und im Fasten. Die Kopten halten fast 200 Fast- und Bußtage im Jahr. Fasten bedeutet bei ihnen, daß von Mitternacht des Vortages bis 15 Uhr des nachfolgenden Tages nichts zu sich genommen wird, weder Nahrung noch Flüssigkeit. Die Gerichte, die nach dem Fasten bereitet werden, sind sehr leicht. Dieses Fasten, das in Einheit mit Jesus Christus gehalten wird, stärkt den Glauben und die Kraft der Kopten und ist ein zentrales Element, das sie in ihrer Identität ausharren läßt.
Die Kopten verbergen ihr Fasten nach außen, doch wenn die Moslems dennoch davon bemerken, sind sie positiv erstaunt. Im Verhältnis zwischen den beiden Religionen ein kaum zu unterschätzender Aspekt. Das Essen der Kopten ist vegetarisch, selbst Eier, Käse und Milch sind ausgeschlossen. Dieses religiöse Zeugnis der Kopten beeindruckt die Moslems sehr, die allgemein die Christen mit einem dekadenten und atheistischen Westen gleichsetzen.
Für die koptisch-orthodoxe Kirche fällt der Wechsel an der Spitze der Kirche mit großen Herausforderungen zusammen. Es sind Fragen danach, wie die Kirche nach innen gestärkt werden, aber auch nach außen wirken kann. Welche Rolle kann die koptische Kirche im Ägypten von morgen einnehmen? Welchen Einsatz in Gesellschaft und Politik vor allem für die Menschenrechte muß sie dafür bringen, auch aus ihrer Minderheitenposition heraus und auf die reale Gefahr hin, dafür neuer Verfolgung ausgesetzt zu werden? Die Kopten zögern, sich diesen Herausforderungen zu stellen. Die Gründe dafür sind verständlich. Pater Samir sieht für die Christen Ägyptens jedoch eine „sehr wichtige Funktion“, der Frau ihre Würde zurückzugeben, die ihr vom Islam meist verweigert und in dem sie häufig sogar erniedrigt wird.
Das Verhältnis zu den Moslems müsse viel „lebendiger“ werden, so Pater Samir. Es genüge nicht, einfach nur nebeneinander zu leben. In Ägypten kann zum Beispiel ausschließlich der Islam für sich werben in Autobusen, auf Taxis und Werbeflächen aller Art. Die Christen, so Pater Samir, müssen den Moslems sagen, daß es Zeit ist, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Platz für alle ist.
Ein weiterer Aspekt ist die Mission. In Ägypten findet keine Missionierung statt. Die Gründe sind bekannt. Der Islam duldet keine Evangelisierung. Um so dringender ist das ausdrückliche Glaubenszeugnis der Christen. Das würde auch Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit den anderen christlichen Konfessionen bieten. Die Christen sind eine Minderheit, die in zentralen Fragen geschlossen auftreten sollte, um sich nicht zusätzlich zu schwächen, so der ägyptische Jesuit und Nahostexperte Pater Samir Khalil Samir.
Text: Asianews/Giuseppe Nardi
Bild: Asianews