Amin Gemayel: „‘Arabischer Frühling‘ kein Frühling für die Christen“


(Bei­rut) Der Vor­sit­zen­de der Kataib-Par­tei und ehe­ma­li­ge Staats­prä­si­dent des Liba­non, Amin Gemayel sprach bei einer Podi­ums­dis­kus­si­on in Rom über die Lage im Liba­non und dem Nahen Osten und fand dabei deut­li­che Wor­te zum „Ara­bi­schen Frühling“.

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„Die UN-Blau­hel­me im Liba­non (UNIFIL) wer­den so lan­ge im Süden des Lan­des sta­tio­niert blei­ben, bis es ein glaub­wür­di­ges Abkom­men mit den Israe­lis geben wird, das heißt, sehr lan­ge. Der Frie­den ist noch fern. Isra­el ist nicht zu einem Kom­pro­miß bereit.“ Der füh­ren­de maro­ni­ti­sche Poli­ti­ker beton­te die „Anstren­gun­gen, die von der ara­bi­schen Welt in den ver­gan­ge­nen Jah­ren unter­nom­men wur­den, zum Bei­spiel der Frie­dens­vor­schlag der Sau­dis von 2002“. Der ehe­ma­li­ge Staats­prä­si­dent (1982–1988) hob die „neue Rol­le“ her­vor, die Bei­rut nach dem „Ara­bi­schen Früh­ling“ im Nahen Osten spie­len“ könn­te. „Staa­ten wie der Jemen und Syri­en kön­nen viel von unse­ren demo­kra­ti­schen Tra­di­tio­nen ler­nen. Wir sind ger­ne bereit, ihnen dabei zu hel­fen“, so Gemayel.

Gemayel hat 1982 sei­nen älte­ren Bru­der, Bachir Gemayel (liba­ne­si­scher Staats­prä­si­dent 1982) und 2006 einen Sohn, Pierre Gemayel (Indu­strie­mi­ni­ster 2005/​2006) durch isla­mi­sche Atten­ta­te ver­lo­ren. „Es ist wich­tig, daß die His­bol­lah nicht in den syri­schen Bür­ger­krieg ein­greift. In die­sem Augen­blick ist es wich­tig, das fried­li­che Zusam­men­le­ben der Liba­ne­sen zu schüt­zen und die natio­na­le Ein­heit zu bewah­ren, die dadurch gefähr­det würde.“

Die schii­ti­sche Miliz, so Gemayel, „ist ein Ver­bün­de­ter des Assad-Regimes und der in Syri­en regie­ren­den Baath-Par­tei und gleich­zei­tig des Irans“. Aus die­sem Grund unter­stüt­ze die His­bol­lah das Regime in Damas­kus und hel­fe Bas­har al-Assad, sich gegen sei­ne Geg­ner durch­zu­set­zen. „Unse­re Hoff­nung ist es, daß die His­bol­lah auch die Inter­es­sen des Liba­non im Blick behält. Wir wol­len nicht, obwohl wir die syri­schen Demo­kra­ten unter­stüt­zen, daß unser Land in die blu­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung hin­ein­ge­zo­gen wird.“ Gemayel erin­ner­te dar­an, daß der Liba­non in der Ver­gan­gen­heit mehr­fach schwe­re Situa­tio­nen durch­leb­te, die mit den aktu­el­len Ereig­nis­sen in Syri­en ver­gleich­bar sei­en. Obwohl der syri­sche Bür­ger­krieg nicht wenig Aus­wir­kun­gen auch auf den Liba­non hat, ver­su­chen wir die Ereig­nis­se gleich zu behan­deln, wie bereits zuvor jene in Tune­si­en, Ägyp­ten und im Jemen: mit Klug­heit, um nicht jene Sta­bi­li­tät unse­res Lan­des zu unter­gra­ben, nach der sich in die­ser Pha­se die Men­schen aller Staa­ten des Nahen Ostens sehnen.“

Die Ver­hält­nis­se in den ara­bi­schen Staa­ten sind in Bewe­gung und ver­än­dern sich täg­lich. In die­ser Situa­ti­on „ist der Liba­non ein wich­ti­ges Bei­spiel für das fried­li­che Zusam­men­le­ben zwi­schen ver­schie­de­nen Reli­gio­nen und Kon­fes­sio­nen. Wir wis­sen, daß die maro­ni­ti­schen Chri­sten fester und tra­gen­der Bestand­teil der liba­ne­si­schen Gesell­schaft sind, wie es die kop­ti­schen Chri­sten in Ägyp­ten sind. Es ist wich­tig, die­se Rea­li­tät zu beto­nen, anzu­er­ken­nen und zu ver­tei­di­gen. Es war genau die Aner­ken­nung die­ser Rea­li­tät, die es dem Liba­non erlaub­te, einen fried­li­chen Modus viven­di zu fin­den und damit jenen Auf­trag zu erfül­len, den Papst Johan­nes Paul II. ein­ge­for­dert hatte.“

Aus der­sel­ben Lie­be zur Wahr­heit und aus Respekt vor der Rea­li­tät dür­fe man nicht ver­schwie­gen, daß im Zuge des „Ara­bi­schen Früh­lings“ die Chri­sten­ver­fol­gung stark zuge­nom­men hat. Es sind die ara­bi­schen Chri­sten, die unter den Augen eines völ­lig gleich­gül­ti­gen Westens ver­folgt wer­den, so Gemayel. Gera­de auch des­halb hof­fen vie­le, nicht nur die Chri­sten, daß die Ankün­di­gung des Latei­ni­schen Patri­ar­chen von Jeru­sa­lem, Fouad Kar­di­nal Twal, über einen mög­li­chen Besuch Papst Bene­dikt XVI. im Liba­non im Sep­tem­ber, Bestä­ti­gung fin­det. „Das wäre ein Ereig­nis von gro­ßer Bedeu­tung für alle Chri­sten des Nahen Ostens“, so der ehe­ma­li­ge liba­ne­si­sche Staats­prä­si­dent Amin Gemayel.

Text: BQ/​Giuseppe Nardi
Bild: Bus­so­la Quotidiana

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