(Freiburg) Die Gebetsvigil Papst Benedikts XVI. mit den Jugendlichen auf dem Freiburger Messegelände zeigte einen sichtlich erfreuten Papst. Wie bei allen früheren Begegnungen fand er einen ausgezeichneten „Draht“ zu den jungen Menschen. Es ist nicht in erster Linie der „Draht“ eines gütigen Vaters, sondern der Zugang den Petrus findet, der den Jugendlichen etwas zu sagen hat und ihnen die Augen für die Wahrheit öffnet.
Angesichts dieser Gemeinschaft zwischen Papst und Jugend verblassten alle „Bemühungen“ der Funktionärsriege des deutschen Verbandskatholizismus, das Zusammentreffen durch kleinere und größere Sticheleien bis hin zum Mißbrauchsskandal zu hintertreiben. Das gilt für die „von oben“ gelenkten Versuche, katholische Jugendgruppen zur Nichtteilnahme anzuhalten und damit dem Nachfolger des Apostels Petrus und der Kirche zu entfremden.
Insgesamt hatte der erneuerungsbedürftige Verbandskatholizismus die Organisation der Vigil fest im Griff. Das entspricht der offiziellen Jugendseelsorge der Erzdiözese Freiburg, die sich auf die revisionsbedürftige Verbandsjugend stützt, die neuen katholischen Gemeinschaften und Jugendgruppen unberücksichtigt läßt.
Die Zeit vor der Ankunft des Papstes wurde nicht für Katechese oder Gebet genützt. An solche Möglichkeiten scheinen Verbandsfunktionäre nicht im Traum zu denken. Stattdessen kam es beim Vorprogramm, als Papst Benedikt XVI. noch nicht auf dem Messegelände eingetroffen war, zu einem schwerwiegenden Mißbrauchsskandal. „Probeweise“ wurde eine „Abstimmung“ durchgeführt. Verbandsfunktionäre animierten in peinlich-besserwisserischem Rebellionsgehabe die Jugendlichen durch hingeworfene „brisante“, in Wirklichkeit suggestiv-manipulierende Fragen aus dem sattsam bekannten antikirchlichen Zersetzungskatalog: „Findet Ihr den Zölibat heute noch zeitgemäß? Sollte das ganze Kirchenvolk den Papst wählen? Steht Ihr persönlich hinter der Sexualmoral des Vatikans?“ und dergleichen mehr.
Es handelte sich nicht um ein „zufälliges“ Ereignis, sondern um eine geplante Provokation gegen den Papst und eine Manipulation der Jugendlichen. Im Pilger-Pack erhielt jeder Jugendliche von den Organisatoren zwei aufblasbare Luftballons, einen roten und einen grünen. Die „politisch korrekten“ Farben sollten Zustimmung und Ablehnung symbolisieren. Mit ihnen konnte „abgestimmt“ werden. Einfach mal die Hand hochhalten. Ganz demokratisch. Das ist die Kirche, wie sie den Funktionären der katholischen Verbandsjugend in Deutschland gefallen würde. Sie erkennen das Wesen der Kirche nicht mehr, die eben nicht die demokratische Summe des Willens einer beliebigen Ansammlung von Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt ist, sondern Christus und die Heiligen und Gläubigen „aller Orte und aller Zeiten“ (Benedikt XVI. im Berliner Olympiastadion) in Aufhebung von Raum und Zeit.
So waren es fast nur Vertreter dieser offiziellen Verbände, die namentlich vor den Papst treten, sich vorstellen und Gedanken äußern durften. Vertreter der jungen, kirchentreuen Gemeinschaften fehlten vollkommen. Von den neun „Offiziellen“ sprach nur ein Mädchen, das der Schönstatt-Jugend über Christus. Der Rest erging sich in substantiell zwar durchaus relevanten Themen, die jedoch ebenso in anderem weltanschaulichen Kontext vorgetragen werden hätten können, aber keine christliche Alternative zur „Welt“ erkennen ließen.
Nicht zufällig traten zwei Jugendliche der KjG (Katholische junge Gemeinde) mit einem T‑Shirt vor den Papst und die Kameras mit der Aufschrift „demokratisch“. Man mag solche demonstrativen Gesten belächeln. Sie bleiben irrelevant, werfen aber ein bezeichnendes Licht auf die Degenerationserscheinungen des deutschen Verbandskatholizismus. Diesem hatte der Papst bei dem Treffen mit der Führungsspitze des Zentralkomitees der Katholiken Deutschlands nur wenige Stunden vor der Begegnung mit den Jugendlichen den Kopf gewaschen. Er erteilte der zyklisch wiederkehrenden Versuchung, sich dem jeweils gerade vorherrschenden Zeitgeist anzupassen, eine klare Absage: „Ohne wirkliche Erneuerung des Glaubens bleibt alle strukturelle Reform wirkungslos.“ Forderungen nach Frauenordination, Abschaffung des Zölibats, Demokratisierung entpuppen sich daher als Scheinlösungen für eine substantiellere Krise. Die Krise der Kirche ist immer eine Krise des Glaubens. Andere Krisen kennt die Kirche nicht, kannte sie nie und wird sie auch nie kennen.
Die organisatorischen Defizite rund um die Papstvigil mit den Jugendlichen, die in Blogs und Foren zurecht kritisiert werden, sind zwangsläufig eine Kritik am deutschen Verbandskatholizismus. Die Begegnung zwischen dem Papst und den Jugendlichen offenbarte neu, dass es nicht die Jugendlichen sind, denen man Teile des katholischen Glaubens und der Glaubensformen „nicht mehr zumuten“ könne. Es ist vielmehr eine Funktionärsriege, die Teile des Glaubens und der Glaubensformen ablehnt und sie deshalb den Jugendlichen nicht „zumuten“ will. In Wirklichkeit wird daraus ein skandalöses Vorenthalten.
Dazu gehört nicht zuletzt die eucharistische Anbetung. Knieten bei der Gebetsvigil in Madrid zwei Millionen Jugendliche mit dem Papst vor dem ausgesetzten Herrn, fehlte in Freiburg diese Rückbindung an den „großen Kraftstrom des Glaubens“ (Benedikt XVI. an das Zentralkomitee der Katholiken). Das lag sicher nicht an den so zahlreich versammelten Jugendlichen. Und es lag sicher nicht an Papst Benedikt XVI.
Das Bleibende der Begegnung zwischen Papst und Jugend sind nicht die schrägen und peinlichen Töne und Gesten verwirrter Funktionärsroutiniers, nicht der „Weichspülkonservenpop“, der „wie ein akustischer Löschschwamm gegen jede Konzentration, gegen jedes Verweilen in der Betrachtung“ andröhnte, wie ein Katholik in einem Blog schrieb.
Das Bleibende ist die Katechese Benedikts XVI. an alle Jugendlichen guten Willens, die mit einem bereiten Verstand und einem offenen Herzen hören. Papst Benedikt XVI. hat bei seinem Deutschland-Besuch reich gesät. Nun kann die Ernte heranreifen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Erzbistum Freiburg im Breisgau