Die Causa Wielgus – ein Dilemma ungeahnten Ausmaßes


(JF) Es gibt Anzei­chen dafür, daß die Hin­wei­se auf die Spit­zel­tä­tig­keit von Wiel­gus gezielt in Umlauf gesetzt wur­den. Er paßt nicht in die Kac­zyn­ski-Poli­tik und ist eher ein „Libe­ra­ler“ und erhob sei­ne Stim­me gegen den umstrit­te­nen Rund­funk­sen­der „Radio Marya“. Noch in der Nacht zum Sonn­tag, als der Erz­bi­schof sein Amt schon ange­tre­ten hat­te, soll es Gesprä­che zwi­schen War­schau und dem Hei­li­gen Stuhl gege­ben haben.

Anzei­ge

Die Mehr­heit der pol­ni­schen Katho­li­ken war gegen ein Amt Wiel­gus

In einer von der Zei­tung „Dzi­en­nik“ ver­öf­fent­lich­ten Umfra­ge hat­ten zwei Drit­tel der Befrag­ten erklärt, ein Prie­ster, der mit dem kom­mu­ni­sti­schen Geheim­dienst zusam­men­ge­ar­bei­tet habe, kön­ne kei­ne höhe­ren Funk­tio­nen in der Hier­ar­chie aus­üben. 73 Pro­zent spra­chen sich dafür aus, daß der Vati­kan sei­ne Ent­schei­dung zurück­nimmt. Das dem Druck der ver­öf­fent­lich­ten Mei­nung nach­ge­ben wur­de, ist ein sel­te­ner Vor­gang in der Kirchengeschichte.

Die Erklä­rung von Wiel­gus läßt vie­le Fra­gen offen.

Trotz sei­ner mensch­lich tra­gi­schen Situa­ti­on und sei­ner Erklä­rung sind vie­le Fra­gen der Zusam­men­ar­beit nicht geklärt. Wiel­gus weiß spä­te­stens aus der bis­he­ri­gen Auf­ar­bei­tung der Geheim­dienst­un­ter­la­gen, daß auch klein­ste Imfor­ma­ti­ons­häpp­chen und schein­bar „unwich­ti­ge“ Infor­ma­tio­nen in ihrer Gesamt­heit Druck, Ver­fol­gung des poli­ti­schen Geg­ners zur Fol­ge hat­ten. Hier­zu erklär­te er sich bis­her nicht. Wel­che Berich­te und Infor­ma­tio­nen er lie­fer­te gibt er von sich aus nicht bekannt. Ein „äußerst bru­ta­ler Beam­ter“, so such­te Wiel­gus sei­ne Zusam­men­ar­beit mit der Staats­si­cher­heit zu erklä­ren, habe ihn unter der Andro­hung der Ver­nich­tung zur Unter­schrift genö­tigt, als er in den 70er-Jah­ren einen Paß für sei­ne Rei­sen in die Bun­des­re­pu­blik benö­tig­te. Nie habe er jedoch mit dem Inlands­ge­heim­dienst zusam­men­ge­ar­bei­tet, und er habe nie­man­dem gescha­det. Für die­se Behaup­tung feh­len aber die Bewei­se. Ihm dürf­te auch nicht ganz unbe­kannt gewe­sen sein, wie ande­re, die unter Druck unter­schrie­ben haben, mit der „Zusam­men­ar­beit“ umge­gan­gen sind. Sie haben ein­fach jedem erzählt, daß sie unter Druck unter­schrie­ben haben. Die­se Offen­heit wur­de schnell dem Geheim­dienst bekannt und der „Spit­zel“ war unbrauch­bar. Die Zusam­men­ar­beit Wiel­gus mit dem Geheim­dienst stand auch gegen den Beschluß der pol­ni­schen Bischö­fe, die eine kla­re Fest­le­gung zur Zusam­men­ar­beit mit dem pol­ni­schen Geheim­dienst erlie­ßen: Eine Zusam­men­ar­beit habe zu unterbleiben.

War­um hielt der Vati­kan so lan­ge an Wiel­gus fest?

Die Cau­sa Wiel­gus ist auch ein Gau im vati­ka­ni­schen Kri­sen­ma­nage­ment. Zu Spe­ku­la­tio­nen führt die Äuße­rung des Vati­kans: Der Papst habe Wiel­gus auch in Kennt­nis der Lebens­um­stän­de „bewußt“ sein neu­es Amt gege­ben. Noch am ver­gan­ge­nen Frei­tag, als sich in Polen die Kri­tik an Wiel­gus längst zuge­spitzt und der hohe Wür­den­trä­ger einen „Augen­blick der Schwä­che“ gegen­über dem Geheim­dienst ein­ge­räumt hat­te, zog sich Rom auf die vor zwei Wochen ver­öf­fent­lich­te Erklä­rung zurück: Man habe ihr nichts hinzuzufügen.

An war­nen­den Stim­men aus Kle­ri­ker­krei­sen dürf­te es nicht gefehlt haben. So weist Pater Tade­u­sz Isa­ko­wicz-Zaleski schon seit Jah­ren dar­auf hin, daß es im pol­ni­schen Epi­sko­pat immer noch eine star­ke Lob­by gegen die Auf­ar­bei­tung der Ver­gan­gen­heit gibt. Er hofft nun, daß die Cau­sa Wiel­gus ein Umden­ken bewir­ken wird.

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!