(Pjöngjang) Die UNO führt erstmals Ermittlungen über Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea durch. Der vorsitzende Richter: „Ich habe viele traurige Fälle gesehen, aber dieser brachte mich zum Weinen.“ Das Schicksal einer Mutter und ihres Kindes in einem nordkoreanischen Konzentrationslager. Wer auch nur als Christ verdächtigt wird, endet im KZ. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, daß jeder dritte Lagerinsasse Christ ist. Das in einem Land, in dem es offiziell so gut wie keine Christen gibt.
Er ist seit 35 Jahren Richter und traurige Fälle, „die auf irgendeine Weise das Herz berühren“, habe er schon viele gesehen, aber noch keine wie diesen. Bei diesem Fall „gab es mehr als eine Zeugenaussage, die mich zum Weinen brachte“. Dies sagte Richter Michael Kirby der BBC. Kirby, ein pensionierter Richter, leitet für die Vereinten Nationen die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea.
Augenzeugen
Der Bericht von Kirbys Untersuchungskommission beruht auf Aussagen direkter Augenzeugen, denen die Flucht aus der kommunistischen Diktatur gelungen ist. Die untersuchten Fälle betreffen daher Menschenrechtsverletzungen, die von den Zeugen persönlich und direkt gesehen wurden. Die UNO forderte die nordkoreanische Regierung mehrfach auf, die Zeugenaussagen anzuhören und die Deserteure zu befragen, doch Pjöngjang lehnt das kategorisch ab. Die Veröffentlichung des Abschlußberichts wird für März 2014 erwartet.
Systematische Folter
Das Bild, das durch die Zeugenaussagen entsteht, ist dramatisch: systematische Folterungen, Tod durch Verhungernlassen, Massenerschießungen, unmenschliche Behandlung in den Konzentrationslagern. Richter Kirby gab nicht viele Details bekannt. Unter den schrecklichsten Fällen gibt es einen, der ihn zu Tränen rührte. Es ist der Fall einer Frau, die von ihren kommunistischen Folterknechten gezwungen wurde, ihr eigenes Kind zu ertränken.
Im Bericht geht es um Kinder, die in den Lagern geboren werden und seit ihrer Geburt in Konzentrationslagern eingesperrt sind, um Gefangene, die man verhungern läßt, um Familien, die gefoltert werden, nur weil sie schwarz ausländisches Fernsehen geschaut haben.
Von Menschen zu Tieren
Kim Song-ju, ein Angehöriger der nordkoreanischen Armee, der desertierte und fliehen konnte, berichtete von den Konzentrationslagern: „Wer dort hineinkommt, ist nicht mehr ein Mensch. Er wird wie ein Tier behandelt.“ Die Zeugenaussagen ehemaliger Gefangener bestätigen diese Aussage. Ungefähr 1500 Nordkoreanern gelingt jedes Jahr die Flucht aus ihrem Land. Laut den gesammelten Informationen gehen Menschenrechtsorganisationen davon aus, daß ein Drittel aller Gefangenen in den nordkoreanischen Konzentrationslagern Christen sind.
Text: Tempi/Giuseppe Nardi
Bild: Tempi