(Rom) Über die Schwierigkeit der Stadt des Papstes einen katholischen Bürgermeister zu sichern. Am 9./10. Juni finden in Rom die Stichwahlen für die Wahl des Oberbürgermeisters und damit der künftigen Stadtregierung statt. Zwei Kandidaten, die sich als Katholiken bekennen, stehen sich in der Stichwahl gegenüber: für die Linke der Linksdemokrat Ignazio Marino und für die Rechte der Rechtsdemokrat Gianni Alemanno, der bereits seit 2008 das Amt des Oberbürgermeisters bekleidet. Die Linke regierte die Stadt von 1993 bis 2008.
Das politische Spektrum Roms wird noch von zwei Gruppen geprägt, die in den 70er und 80er Jahren besonders aktionistisch tätig waren: durch die kommunistische Partei KPI und deren Nachfolgegruppen und die neofaschistische Partei MSI und deren Nachfolgeorganisationen.
Die Zeiten christdemokratischer Politiker ist längst Vergangenheit. Seit 20 Jahren kommen die Kandidaten der Rechten aus dem alten neofaschistischen Reservoir. Die Kandidaten der Linken vorwiegend aus dem linkskatholischen Becken. Erst im vierten Anlauf gelang der Rechten 2008 mit Gianni Alemanno (55) der Durchbruch. Alemanno in seiner Jugend Neofaschist, verheiratet mit der Tochter des Sozialrevolutionärs und ehemaligen Vorsitzenden der neofaschistischen Partei Italiens MSI Pino Rauti bewegte sich in seiner politischen Laufbahn Richtung demokratische Mitte. Von 1994 bis 2008 gehörte er dem Italienischen Parlament an, 2001–2006 war er Landwirtschaftsminister der Regierung Berlusconi. Trotz seines unorthodoxen politischen Lebensweges, steht er nicht nur in zentrale Wertefragen der katholischen Kirche nahe.
Ignazio Marino (58), ein bekannter Chirurg, war von 2008 bis 2013 für die Linksdemokraten Sanator im Italienischen Parlament. Mit der Kandidatur zum linksdemokratischen Parteivorsitzenden scheiterte Marino 2009, dafür gewann der im April die Vorwahlen für die Kommunalwahlen und wurde linker Oberbürgermeisterkandidat für Rom. Marino bezeichnet sich wie Alemanno als Katholik und kann im Gegensatz zu diesem auf einen „linearen“ katholischen Lebensweg verweisen, steht aber mit einer „laizistischen Position“ in politischen Fragen und einer „unabhängigen Linie“ in ethischen Fragen in deutlicher Distanz zur katholischen Kirche. Er verkörpert eine Form von „katholischem“ Ralativismus: Er tritt für die „Homo-Ehe“ samt Adoptionsrecht für Homosexuelle ein (Marino spricht von „Schwulenfamilie“) und sein Entwurf eines „biologischen Testaments“ wurde von der katholischen Kirche als versteckte Euthanasie abgelehnt.
Im Wahlkampf standen Fragen zu Familie, Ehe, Erziehungsfreiheit im Vordergrund und machten die Unterschiede in den Positionen der beiden Kandidaten deutlich. In den Wertefragen steht Alemanno der katholischen Kirche trotz seiner frühen politischen Vergangenheit deutlich näher. Im Wahlkampf verwies er auf „überflüßige“ ideologische Steckenpferde der Linken wie die „Homo-Ehe“. Rom habe denselben Kampf bereits bei der Einführung „eingetragener Partnerschaften“ erlebt. Die Linke habe eine „Existenzfrage“ daraus konstruiert. Seit 2005 haben sich, so Alemanno, in Rom aber nur 49 Paare eintragen lassen. Nun werde mit der Forderung der „Homo-Ehe“ dennoch alles wiederholt.