Traditionalistische Gemeinschaften sind Hoffnung der Kirche in Frankreich


In der Tages­zei­tung Il Foglio vom 13. Novem­ber 2009 ver­öf­fent­lich­te der ita­lie­ni­sche Jour­na­list Pao­lo Roda­ri eine Ana­ly­se zur Lage der katho­li­schen Kir­che in Frank­reich. Dabei stütz­te er sich offen­sicht­lich auf einen im News­let­ter von Paix Lit­ur­gi­que erschie­ne­nen Beitrag.

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Vor drei Tagen schrieb Le Mon­de in einem Bei­trag, daß die Kir­che Frank­reichs, jene der Hier­ar­chien, einen gro­ßen Teil ihres Ein­flus­ses auf die Kir­chen­lei­tung in Rom ver­lo­ren habe. Das sei vor allem eine Fra­ge der Zah­len: die Kar­di­nä­le Roger Etche­ga­ray und Paul Pop­ard befin­den sich bereits im Ruhe­stand, als ein­zi­ger fran­zö­si­sche Lei­ter eines Dik­aste­ri­ums ver­blieb Jean-Lou­is Tauran, Prä­si­dent des Päpst­li­chen Rats für den inter­re­li­giö­sen Dia­log. Mag sein, dann gibt es noch Domi­ni­que Mam­ber­ti und Jean-Lou­is Bruguà¨s, Kor­se der Erste, aus den Pyre­nä­en der Zwei­te. Sie haben pre­sti­ge­träch­ti­ge Auf­ga­ben, doch erst in der zwei­ten Rei­he der Kurie: Mam­ber­ti als Sekre­tär für die Bezie­hun­gen zu den Staa­ten, und Bruguà¨s als Sekre­tär für das katho­li­sche Erzie­hungs- und Bildungswesen.

Ob Le Mon­de recht hat, läßt sich schwer sagen. Sicher ist – läßt man die Fra­ge nach dem Gewicht an der römi­schen Kurie bei­sei­te -, daß die gesam­te Kir­che jen­seits der Alpen nicht einen ihrer besten Augen­blicke durch­lebt, jeden­falls wenn man die Zah­len betrach­tet. Die­se wie­gen schwer für das Jahr 2008 (jene von 2009 wer­den in eini­gen Wochen ver­öf­fent­licht). Die Diö­ze­san­prie­ster sind 15.000 an der Zahl mit einem Durch­schnitts­al­ter bei 75 Jah­ren. Jedes Jahr wer­den rund 100 Neu­prie­ster geweiht, wäh­rend 900 ster­ben oder aus­schei­den. In eini­gen Diö­ze­sen wer­den die Pfar­rei­en in „Ver­bän­den“ zusam­men­ge­faßt, wo es dann vor­kommt, daß ein Prie­ster zehn, 20 oder auch 40 Kir­chen betreut. Es gibt Diö­ze­sen, die in etwa zehn Jah­ren nur mehr zehn akti­ve Prie­ster haben werden.

Die besorg­nis­er­re­gend­ste Zahl betrifft die Semi­na­ri­sten: 1966 waren es 4536, heu­te sind es weni­ger als 500. Diö­ze­sen wie Pamiers, Bel­fort, Agen, Per­pignan hat­ten kei­ne ein­zi­ge Beru­fung. Die Prie­ster­wei­hen blei­ben nied­rig: nach dem Zwei­ten Vati­ca­num sank deren Zahl erschreckend nach unten: 1956 wur­den 825 Prie­ster geweiht, 2008 waren es rund 90.

Gemein­sam mit allen Diö­ze­sen weint auch Paris. Sie galt als Aus­nah­me im fran­zö­si­schen Pan­ora­ma: eine
blü­hen­de Kir­che mit eben­sol­chem Prie­ster­se­mi­nar und akti­ven Finan­zen. Es waren die 80er und 90er Jah­ren: die Ach­se Woj­ty­la-Lusti­ger (ehem. Erz­bi­schof von Paris) ließ in der Haupt­stadt die Beru­fun­gen blü­hen. Paris hat­te einen jun­gen und zahl­rei­chen Kle­rus. Heu­te – immer bezo­gen auf 2008 – zählt man rund 50 Semi­na­ri­sten, zehn Prie­ster­wei­hen jedes Jahr (für das Jahr 2010 erwar­tet man sie­ben Wei­hen, für 2011 vier).

Betrach­tet man die Zahl der Gläu­bi­gen, ist die Lage nicht bes­ser. Der Rück­gang der reli­giö­sen Pra­xis, sehr stark in den 70er Jah­ren, hält wei­ter an. Die Prak­ti­zie­ren­den sind weni­ge (vier von hun­dert, wenn man unter „prak­ti­zie­rend“ jene ver­steht, die zumin­dest ein­mal im Monat in die Kir­che gehen) und fort­ge­schrit­te­nen Alters.

Dage­gen hal­ten – und das gibt zu den­ken – die Bewe­gun­gen stand (Emma­nu­el, Frà¨res de Saint-Jean, Com­mun­au­té Saint-Mar­tin) und vor allem die tra­di­tio­na­li­sti­schen Grup­pen. Bereits heu­te kommt ein gutes Drit­tel der fran­zö­si­schen Semi­na­ri­sten aus die­sen Gemeinschaften.

Mit 388 sonn­täg­li­chen Seel­sor­ge­or­ten, mehr als vier in jeder Diö­ze­se, macht die triden­ti­ni­sche Sen­si­bi­li­tät ihr Gewicht spür­bar. Ihnen nütz­te, para­do­xer­wei­se, eine gewis­se „Lax­heit“ in der Inter­pre­ta­ti­on des Kon­zils. Ange­sichts einer gegen­über den Sire­nen­ge­sän­gen der Welt zu offe­nen Kir­che ent­stand eine ande­re, die die­se Ver­welt­li­chung nie akzep­tie­ren wollte.

Und heu­te ist es gera­de die­se ande­re, eben die soge­nann­te tra­di­tio­na­li­sti­sche Kir­che, die eine Hoff­nung dar­stellt. Es ist kei­ne lefeb­vria­ni­sche Kir­che. Es ist eine Kir­che, die mit dem Schis­ma von Eco­ne nichts zu tun hat. Drin­nen war und drin­nen bleibt die katho­li­sche Kir­che, wenn auch mit einer ganz beson­de­ren Sen­si­bi­li­tät. Im Jahr 2008 zähl­ten die­se Gemein­schaf­ten 160 Semi­na­ri­sten, das ist mehr oder weni­ger ein Drit­tel aller Diö­ze­san­se­mi­na­ri­sten. Und ihre Zahl steigt.

Es sind Zah­len, die nach­den­ken, teil­wei­se sogar erschrecken las­sen. Gegen­sätz­li­che Posi­tio­nen: Hier das fran­zö­si­sche Epi­sko­pat, das sich in Lour­des zur Herbst­voll­ver­samm­lung ein­fand. Das fran­zö­si­sche Epi­sko­pat (zumin­dest ein gro­ßer Teil davon) gehör­te zu den schärf­sten Geg­nern des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum.

Dort, die tra­di­tio­na­li­sti­schen Gemein­schaf­ten, die es am mei­sten begrüßt haben, weil es sie mit Nach­druck, in dem bestärkt hat, was sie sind: ein Teil der katho­li­schen Kir­che. Und das Epi­sko­pat, Zah­len bei der Hand, wird dem frü­her oder spä­ter Rech­nung tra­gen müssen.

(GN)

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