Die skandalöse Aussage Leos XIV.

"Wir warten darauf, dass der Papst etwas Katholisches sagt"


Mit spontanen Interviews folgt Leo XIV. seinem Vorgänger Franziskus – und sorgt für Irritationen
Mit spontanen Interviews folgt Leo XIV. seinem Vorgänger Franziskus – und sorgt für Irritationen

Von Ivan Poljaković*

Anzei­ge

Kar­di­nal Bla­se Cupich, der Erz­bi­schof von Chi­ca­go kroa­ti­scher Her­kunft, ist einer der lau­te­sten Ver­fech­ter von Berg­o­gli­os „Theo­lo­gie“, ange­fan­gen vom syn­oda­len Weg bis zur Seg­nung gleich­ge­schlecht­li­cher Paa­re.1 Wel­che häre­ti­sche Idee auch immer in der Kir­che auf­taucht, er ist der erste, der sie akzep­tiert, zumin­dest in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten. Des­halb war er Berg­o­gli­os Lieb­ling, aber jetzt scheint er auch der Lieb­ling von Leo XIV. zu sein.

Kar­di­nal Cupich kün­dig­te näm­lich die Ver­lei­hung der kirch­li­chen Aus­zeich­nung für das Lebens­werk an den US-Sena­tor Dick Dur­bin an, der in der Öffent­lich­keit dafür bekannt ist, die Abtrei­bung (bis zur Geburt) und ande­re anti­ka­tho­li­sche Ansich­ten zu för­dern, wes­halb der ört­li­che Bischof von Spring­field, Illi­nois, Tho­mas Paprocki, ihm ver­bot, die Hei­li­ge Kom­mu­ni­on zu emp­fan­gen. Ein Dut­zend sei­ner Bischofs­kol­le­gen reagier­te sehr scharf auf die­se Ankün­di­gung und sag­te, dass die Ver­lei­hung eines Kir­chen­prei­ses an einen sol­chen Mann einen Skan­dal unter den Gläu­bi­gen aus­lö­sen würde.

Zu den ersten, die reagier­ten, gehör­te gera­de Bischof Paprocki, der auch Vor­sit­zen­der des Komi­tees für kano­ni­sche Ange­le­gen­hei­ten und Kir­chen­lei­tung der Ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz ist: 

„Die Ent­schei­dung, Dur­bin die­se Ehre zu ver­lei­hen, ist äußerst falsch. Wenn das pas­siert, wird es die Quel­le eines rie­si­gen Skan­dals sowohl unter den Katho­li­ken als auch in der Öffent­lich­keit sein. Natür­lich wer­den die Men­schen ver­wirrt sein, ob die Kir­che in ihrer Ableh­nung der Abtrei­bung auf­rich­tig ist, ob die Kir­che die Abtrei­bung wirk­lich als eine Fra­ge von Leben und Tod betrach­tet und ob die Kir­che glaubt, dass die Wür­de des Men­schen wirk­lich bedroht ist. Eini­ge Katho­li­ken mögen zu dem Schluss kom­men, dass die Abtrei­bung doch nicht so wich­tig ist… Da die­se Ent­schei­dung die Gefahr birgt, den Gläu­bi­gen ein Ärger­nis zu sein und die Gemein­sam­keit der kirch­li­chen Gemein­schaft zu zer­rei­ßen, soll­te sie für nich­tig erklärt wer­den.“2

Auf die Fra­ge einer EWTN-Jour­na­li­stin am 30.9.2025, was er davon hält, die­sen Preis an den betref­fen­den Sena­tor zu ver­lei­hen, der sich für die Abtrei­bung aus­spricht, ant­wor­te­te Papst Leo XIV. wie folgt:

„Ich ken­ne mich mit dem kon­kre­ten Fall nicht sehr gut aus. Ich den­ke, es ist sehr wich­tig, sich die Gesamt­ar­beit anzu­se­hen, die der Sena­tor wäh­rend sei­ner 40-jäh­ri­gen Tätig­keit im Senat der Ver­ei­nig­ten Staa­ten gelei­stet hat. Ich ver­ste­he die Schwie­rig­kei­ten und Span­nun­gen, aber ich den­ke, wie ich in der Ver­gan­gen­heit gesagt habe, dass es wich­tig ist, sich mit vie­len Fra­gen zu befas­sen, die mit der Leh­re der Kir­che zusammenhängen.

Jemand, der sagt, ich sei gegen Abtrei­bung, aber sagt, ich sei für die Todes­stra­fe, ist eigent­lich nicht für das Leben. Jemand, der sagt, ich sei gegen Abtrei­bung, aber mit der unmensch­li­chen Behand­lung von Migran­ten in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten ein­ver­stan­den ist, ich weiß nicht, ob das für das Leben ist.

Ich weiß nicht, ob irgend­je­mand die gan­ze Wahr­heit dar­über hat, aber vor allem möch­te ich dar­um bit­ten, dass es mehr Respekt für­ein­an­der gibt und dass wir gemein­sam ver­su­chen, sowohl als Men­schen, in die­sem Fall als ame­ri­ka­ni­sche Bür­ger oder Bür­ger des Staa­tes Illi­nois, als auch als Katho­li­ken, zu sagen, dass wir all die­se ethi­schen Fra­gen wirk­lich sorg­fäl­tig betrach­ten und als Kir­che einen Weg nach vor­ne fin­den müs­sen. Die Leh­re der Kir­che zu jedem die­ser The­men ist sehr klar.“3

Das ist eine abso­lut skan­da­lö­se Aus­sa­ge, die ich von kei­nem Katho­li­ken erwar­ten wür­de, geschwei­ge denn vom Papst. Es ist ganz offen­sicht­lich, dass hier Leo zur Ver­tei­di­gung von Kar­di­nal Cupich und Sena­tor Dur­bin aus­hol­te. Es ist höchst unwahr­schein­lich, dass er nicht mit dem Fall ver­traut ist, nach­dem tage­lang über die­sen Skan­dal geschrie­ben wur­de, schließ­lich ist Pre­vost Ame­ri­ka­ner, es ist schwer zu glau­ben, dass er Dur­bin und sei­ne seit lan­gem bestehen­den anti­ka­tho­li­schen Ansich­ten nicht kennt. Immer­hin hat der Jour­na­list schon in der Fra­ge selbst erklärt, dass Dur­bin für die Abtrei­bung ist. Der Papst recht­fer­tigt Dur­bin in die­sem ersten Teil der Ant­wort, weil er angeb­lich auch etwas Gutes getan hat. Jeder hat auch etwas Gutes getan. Sicher­lich hat Hit­ler auch etwas Gutes getan. Im zwei­ten Teil der Ant­wort sagt Leo: „Jemand, der sagt, ich sei gegen Abtrei­bung, aber sagt, ich sei für die Todes­stra­fe, ist eigent­lich nicht für das Leben.“ Bedeu­tet das also, dass die katho­li­sche Kir­che nicht für das Leben ist, wenn man bedenkt, dass die Kir­che seit zwei Jahr­tau­sen­den lehrt, dass die Todes­stra­fe zuläs­sig ist?!

Alle Kir­chen­vä­ter leh­ren, dass die Todes­stra­fe prin­zi­pi­ell zuläs­sig ist.4 Papst Inno­zenz I., Inno­zenz III., Paul III., Juli­us III., Pius IV., St. Pius V., Six­tus V., Cle­mens VIII., Pius IX., Leo XIII., St. Pius X., Pius XII. – sie alle lehr­ten aus­drück­lich, dass die Todes­stra­fe zuläs­sig ist.5 Waren sie alle gegen das Leben?! Schließ­lich sei die Todes­stra­fe von Gott selbst ein­ge­führt wor­den: „Wer also das Blut eines Men­schen ver­gießt, mit dem soll das­sel­be gesche­hen: Er muss hin­ge­rich­tet wer­den. Denn ich habe den Men­schen als mein Eben­bild geschaf­fen“ (Gen 9,6). Ist Gott gegen das Leben? Hier sehen wir also, dass Leo das glei­che Muster wie­der­holt wie Berg­o­glio, der es immer bes­ser wuss­te als Gott.

Wir haben auch eine impli­zi­te Bestä­ti­gung der Todes­stra­fe im Neu­en Testa­ment: „Jeder­mann sei den obrig­keit­li­chen Gewal­ten unter­tan; denn es gibt kei­ne Obrig­keit, die nicht von Gott wäre; die vor­han­de­nen aber sind von Gott ver­ord­net. Wer sich also der Obrig­keit wider­setzt, der wider­strebt der Ord­nung Got­tes; die aber wider­stre­ben, zie­hen sich selbst die Ver­ur­tei­lung zu. Denn die Herr­scher sind nicht wegen guten Wer­ken zu fürch­ten, son­dern wegen bösen! Willst du also die Obrig­keit nicht fürch­ten, so tue das Gute, dann wirst du Lob von ihr emp­fan­gen! Denn sie ist Got­tes Die­ne­rin, zu dei­nem Besten. Tust du aber Böses, so fürch­te dich! Denn sie trägt das Schwert nicht umsonst; Got­tes Die­ne­rin ist sie, eine Räche­rin zur Stra­fe an dem, der das Böse tut“ (Röm 13,1–4). Wir müs­sen wis­sen, dass zum Zeit­punkt der Abfas­sung die­ses Brie­fes das Schwert ein Sym­bol der Hin­rich­tung war, und aus die­sem Grund wer­den die­se Ver­se in der Exege­se als Bestä­ti­gung der Todes­stra­fe inter­pre­tiert. Schließ­lich ver­wen­det Jesus selbst das Wort „Schwert“ im glei­chen Sin­ne: „Die­je­ni­gen, die das Schwert ergrei­fen, wer­den durch das Schwert umkom­men“ (Mt 26,52).

Danach sagt Leo: „Jemand, der sagt, ich bin gegen Abtrei­bung, aber mit der unmensch­li­chen Behand­lung von Migran­ten in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten ein­ver­stan­den ist, ich weiß nicht, ob das für das Leben ist“. Ich habe noch nie gehört, dass ein Katho­lik die unmensch­li­che Behand­lung von Migran­ten befür­wor­tet, nicht nur in den USA, son­dern anders­wo. Leo bezieht sich wahr­schein­lich auf ille­ga­le Migran­ten und ihre Depor­ta­ti­on. Aller­dings ist die Depor­ta­ti­on ille­ga­ler Migran­ten, also der­je­ni­gen, die im Gehei­men die Gren­ze ille­gal über­quert haben, kein unmensch­li­ches Ver­fah­ren, son­dern die Umset­zung eines gerech­ten Geset­zes, das den Staat vor ille­ga­len Grenz­über­trit­ten schützt, die unwei­ger­lich eine erhöh­te Kri­mi­na­li­täts­ra­te mit sich brin­gen. Wie wir soeben im Brief an die Römer lesen, ist die Regie­rung ver­pflich­tet, das Gemein­wohl zu schüt­zen. Es ist eine Sache, wenn Migran­ten auf regu­lä­rem lega­lem Wege Asyl bean­tra­gen, und eine ganz ande­re, die Gren­ze ille­gal zu über­que­ren. Offe­ne Gren­zen, die von allen mög­li­chen Kri­mi­nel­len unkon­trol­liert über­schrit­ten wer­den kön­nen, sind eine neue Tak­tik der extre­men Lin­ken, mit der sie eine auf christ­li­chen Wer­ten basie­ren­de Gesell­schaft been­den wol­len. Leo hat sei­nen Stand­punkt zu ille­ga­len Migran­ten – der im Ein­klang mit der poli­ti­schen extre­men Lin­ken steht – mehr­fach als Bischof Pre­vost öffent­lich gemacht. Um sei­ne Ansich­ten zu unter­mau­ern, poste­te er am 13. Febru­ar 2025 unter ande­rem einen Link zu einem Arti­kel in der dis­sen­tie­ren­den Jesui­ten-Zeit­schrift Ame­ri­ca, in dem das neue Dog­ma der Lin­ken – offe­ne Gren­zen – ver­tei­digt wird.6 Erin­nern wir uns dar­an, dass Berg­o­glio das glei­che Man­tra wie­der­hol­te und Trump für sei­ne Grenz­kon­trol­len kri­ti­sier­te, wäh­rend er gleich­zei­tig selbst die här­te­sten Stra­fen für ille­ga­le Migran­ten im Vati­kan einführte.

Die Sozi­al­leh­re der Kir­che „erkennt das Recht der Staa­ten an, den Ein­tritt von Per­so­nen und ihre Gren­zen zu kon­trol­lie­ren. Sie haben das Recht und die Pflicht, ihre Sou­ve­rä­ni­tät sowie die inne­re Ord­nung zu schüt­zen, die Sicher­heit, die grund­le­gen­den Men­schen­rech­te und Frei­hei­ten garan­tiert. Auf die­se Wei­se kön­nen die Staa­ten prak­ti­sche Ent­schei­dun­gen tref­fen, die die Ein­wan­de­rung steu­ern.“7

Am Ende sagt Leo, dass dies sehr kom­ple­xe The­men sind und dass er nicht weiß, ob irgend­je­mand die gan­ze Wahr­heit dar­über hat. Erstens, das sind über­haupt kei­ne kom­ple­xen, son­dern sehr ein­fa­che Fra­gen, zwei­tens, die katho­li­sche Kir­che hat die gan­ze Wahr­heit dar­über, man muss nur die Leh­re der Kir­che ken­nen. Am Ende sagt er jedoch, dass die Leh­re der Kir­che zu jedem die­ser The­men klar ist. Ja, die Leh­re der Kir­che ist in all die­sen Fra­gen klar, aber es scheint, dass Leo sie nicht versteht.

Jemand wird sagen: ‚Sie sind so gemein, Sie war­ten nur dar­auf, dass der Papst etwas Fal­sches sagt‘. Nein, ganz im Gegen­teil: Wir war­ten nur dar­auf, dass der Papst etwas Rich­ti­ges sagt – etwas Katho­li­sches. Doch es scheint: Seit Berg­o­glio das Papst­tum usur­piert hat, war­ten wir ver­geb­lich darauf.

*Ivan Pol­ja­ko­vić, gebo­ren 1956 in Subo­ti­ca, stu­dier­te Angli­stik und Ger­ma­ni­stik an den Uni­ver­si­tä­ten Inns­bruck, Cam­bridge, Zagreb, Rostock und Auck­land, wo er meh­re­re Jah­re leb­te und an einer katho­li­schen Schu­le unter­rich­te­te, er war bis 2021 Assi­stenz­pro­fes­sor und Lei­ter des Fremd­spra­chen­zen­trums an der Uni­ver­si­tät Zadar und ist aus­ge­bil­de­ter Religionslehrer.

Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)


1 Kar­di­nal Bla­se Joseph Cupich – Bericht des Car­di­na­li­um Cole­gii (10.7.2025)

2 Sen. Dur­bin Is Unfit to Recei­ve Any Catho­lic Honor – First Things (7.10.2025)

3 https://x.com/RaymondArroyo/status/1973129208751616030 (7.10.2025)

4 Yes, tra­di­tio­nal Church tea­ching on capi­tal punish­ment is defi­ni­ti­ve – Catho­lic World Report (9.10.2025)

5 Päp­ste – Zur Todes­stra­fe (11.10.2025)

6 Robert Prevost’s Posts on Social Media Que­sti­on Trump’s Immi­gra­ti­on Poli­cy – News­week (9.10.2025)

7 Päpst­li­cher Rat für die Seel­sor­ge für Migran­ten und Rei­sen­de: Migra­ti­on und die Sozi­al­leh­re der Kir­che, 1.b Men­schen auf der Flucht, N° 88–89 – Migra­ti­on und die Sozi­al­leh­re der Kir­che (9.10.2025)

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