Pro multis: Der Bruch mit Benedikt XVI.

Zwischen Franziskus und Benedikt XVI. paßt mehr als nur ein Blatt


Kardinal Bassetti (rechts), Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz, überreichte Papst Franziskus am 28. August ein Exemplar der italienischen Ausgabe des Missale Romanum.
Kardinal Bassetti (rechts), Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz, überreichte Papst Franziskus am 28. August ein Exemplar der italienischen Ausgabe des Missale Romanum.

(Rom) Ab Ostern des kom­men­den Jah­res, also ab dem 4. April 2021, wird in Ita­li­en in allen Pfar­rei­en die neue, drit­te Aus­ga­be des Mis­sa­le Roma­num in ita­lie­ni­scher Spra­che ver­pflich­tend zur Anwen­dung gelan­gen. Die ein­zel­nen Bischö­fe kön­nen für ihre Juris­dik­ti­on die Anwen­dung bereits frü­her anord­nen. Es han­delt sich um die Über­set­zung der drit­ten latei­ni­schen Edi­tio typi­ca des Novus Ordo, die für die gesam­te Welt­kir­che maß­geb­lich ist. Die­se war bereits 2002 ver­öf­fent­licht wor­den und in Kraft getre­ten. Gan­ze 18 Jah­re dau­er­te ihre Über­tra­gung in die ita­lie­ni­sche Volks­spra­che. Das hat sei­ne Grün­de, und das Ergeb­nis birgt Überraschungen.

Anzei­ge

Der Novus Ordo, das Ergeb­nis der von Paul VI. gewoll­ten Lit­ur­gie­re­form, war 1969 pro­mul­giert wor­den. 1970 wur­de die erste Edi­tio typi­ca vor­ge­legt. Wegen der Hastig­keit, mit der die Lit­ur­gie­re­form durch­ge­zo­gen wur­de, war bereits 1975 eine Neu­aus­ga­be not­wen­dig gewor­den. Die jewei­li­gen ita­lie­ni­schen Über­set­zun­gen davon erschie­nen 1973 und 1983.

Brauch­te es für die Über­set­zung der ersten Aus­ga­be der Edi­tio typi­ca drei Jah­re, waren für die zwei­te bereits acht Jah­re not­wen­dig und für die drit­te nun gan­ze acht­zehn Jah­re. Ange­sichts der „gering­fü­gi­gen“ Ände­run­gen, die auf den ersten Blick in der neu­en Aus­ga­be, die am 28. August Papst Fran­zis­kus über­reicht wur­de, erkenn­bar sind, müs­sen die Grün­de anders­wo gesucht wer­den, vor allem bei dem, was nicht geän­dert wurde.

Die ab dem kom­men­den Kir­chen­jahr gebrauch­te Neu­über­set­zung wur­de bei der Herbst­voll­ver­samm­lung 2018 der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz beschlos­sen. Das Mis­sa­le wird ab Ende Sep­tem­ber im Buch­han­del für 110 Euro erhält­lich sein. Der Ver­trieb erfolgt über den Vati­kan­ver­lag.

Die wich­tig­sten Ände­run­gen, an die sich das gläu­bi­ge Volk wird gewöh­nen müs­sen, dazu gehö­ren „inklu­si­ve“ For­mu­lie­run­gen, die „Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit“ schaf­fen sol­len, im Überblick: 

  • Im Schuld­be­kennt­nis wer­den künf­tig die „fra­tres“ in die Geschlech­ter auf­ge­teilt: Ich beken­ne Gott, dem All­mäch­ti­gen, und euch, Brü­dern „und Schwe­stern“.
  • Im Glo­ria: Statt „Frie­den auf Erden den Men­schen guten Wil­lens“ wird es hei­ßen „Frie­den auf Erden den von Gott gelieb­ten Men­schen“.
  • Vater­un­ser: Statt „und füh­re uns nicht in Ver­su­chung“ wird es hei­ßen „und laß uns nicht in Ver­su­chung fal­len“.
  • Eben­so wird ins Vater­un­ser ein „auch“ ein­ge­fügt: „Wie auch wir ver­ge­ben unse­ren Schul­di­gern“.
  • Ein­la­dung zur Kom­mu­ni­on: „Selig, die zum Mahl des Lam­mes gela­den sind“.
  • Im Zwei­ten Hoch­ge­bet: Statt „Sen­de dei­nen Geist auf die­se Gaben her­ab und hei­li­ge sie“ wird es hei­ßen „Hei­li­ge die­se Gaben durch die Aus­gie­ßung dei­nes Gei­stes“.

Wenn eini­ge die­ser Neu­for­mu­lie­run­gen in deut­schen Ohren gar nicht so neu klin­gen, dann liegt es am Gewicht deut­scher Theo­lo­gen und ihrer beson­de­ren Affi­ni­tät zum Novus Ordo.

Galt zuvor für die gesam­te römi­sche Kir­che das latei­ni­sche Mis­sa­le, führ­te die Über­set­zung in die Volks­spra­chen fak­tisch in jeder zu eige­nen Schwie­rig­kei­ten. Kri­ti­ker spra­chen von einem Pro­du­zie­ren von Pro­ble­men ohne jede Not und ihrem Multiplizieren.

Aus­schlag­ge­bend für die Neue­run­gen waren, wie es bei der Bekannt­ga­be hieß:

  • grö­ße­re Treue gegen­über dem latei­ni­schen Original;
  • geeig­ne­te­re Wortwahl;
  • grö­ße­re Ausdrucksstärke;
  • ange­mes­se­ne­res Verständnis;
  • leich­te­re Singbarkeit.

Über­haupt ist die drit­te Aus­ga­be der Edi­tio typi­ca von einer ver­stärk­ten Rück­kehr zum lit­ur­gi­schen Gesang geprägt, und dabei kon­kret zur Gre­go­ria­nik oder zumin­dest zu einer an sie ange­lehn­ten Sing­wei­se. Das Sin­gen soll stär­ker als Teil der hei­li­gen Lit­ur­gie zur Gel­tung kom­men und auch von den Gläu­bi­gen so ver­stan­den wer­den. Der Gesang, so heißt es, ist nicht nur Ver­zie­rung oder gar Unter­hal­tung, son­dern not­wen­di­ger und inte­gra­ler Bestand­teil der fei­er­li­chen Lit­ur­gie. Es sei daher dar­auf zu ach­ten, daß die Musik und der Gesang zur Wür­de der Lit­ur­gie und eben­so zur Zeit im Kir­chen­jahr und zum unmit­tel­ba­ren Anlaß pas­sen. Die Nach­we­hen des „kir­chen­mu­si­ka­li­schen“ Umbruchs der 70er Jah­re, mit Gitar­re und Trom­meln, sol­len offen­bar zurück­ge­drängt wer­den. Dazu gehört, daß das Vater­un­ser künf­tig in der Mes­se nicht mehr gebe­tet, son­dern gesun­gen wird. 

Die freie Musik­wahl, die Kir­chen in aller­lei ver­wan­del­te, ent­sprang jenem Geist, bei dem der Schritt zum lit­ur­gi­schen Miß­brauch nicht mehr weit ist. Die römi­sche Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung brand­mark­te erst vor kur­zem die Ver­wen­dung von Bier statt Wein, und von Hosti­en, die mit Honig oder Zucker gesüßt sind. 

Die Gre­go­ria­nik soll dem Gesang in der Lit­ur­gie einen feste­ren Rah­men geben und auch text­lich fest­ge­schrie­be­nen For­mu­lie­run­gen fol­gen. Dazu gehört, daß unter allen Instru­men­ten der Orgel der Vor­zug zu geben ist, wäh­rend die Ver­wen­dung wei­te­rer Instru­men­te vom Bischof geneh­migt wer­den kann, aber eher die Aus­nah­me blei­ben sollte.

Die Unterlassung

Die bedeu­tend­ste Neue­rung der neu­en ita­lie­ni­schen Mis­sa­le-Über­set­zung ist jedoch eine Unter­las­sung. Und die­se ist die Haupt­ur­sa­che für die schwer nach­voll­zieh­ba­re Ver­spä­tung, mit der die Über­set­zung in Kraft tritt. Die­se Unter­las­sung wird kaum the­ma­ti­siert. Eine Dis­kus­si­on ist offen­bar nicht erwünscht.

In der Neu­über­set­zung fehlt die seit vie­len Jah­ren erwar­te­te und von Bene­dikt XVI. gewoll­te ori­gi­nal­ge­treue Über­set­zung der Wand­lungs­wor­te „pro mul­tis“. Statt „für alle“, was einer Inter­pre­ta­ti­on der Her­ren­wor­te gleich­kom­me, so Bene­dikt XVI., soll­te in Wort­treue „für vie­le“ ver­wen­det wer­den, ita­lie­nisch „per mol­ti“ (statt „per tut­ti“).

18 Jah­re nach der Edi­tio typi­ca und 14 Jah­re nach der For­de­rung nach Wort­treue wer­den die Wand­lungs­wor­te pro mul­tis in Ita­li­en wei­ter­hin nicht wort­ge­treu, son­dern inter­pre­tie­rend wiedergegeben.

Die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. (FSSPX), die den Novus Ordo zur Gän­ze ablehnt, mach­te am 1. Sep­tem­ber in einer Stel­lung­nah­me auf die Unter­las­sung auf­merk­sam – was etwas besa­gen will.

Drei Mona­te nach sei­ner Wahl zum Papst im Jahr 2005 mach­te sich Bene­dikt XVI. ans Werk, um einen zen­tra­len Punkt in der Pro­gram­ma­tik sei­nes Pon­ti­fi­kats umzu­set­zen: eine ori­gi­nal­ge­treue­re Wie­der­ga­be der Wand­lungs­wor­te in den Volks­spra­chen. Dazu beauf­trag­te er die römi­sche Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on die Mei­nung des Wel­tepi­sko­pats einzuholen.

Am 17. Okto­ber 2006 rich­te­te die Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on dann ein Schrei­ben an alle Bischofs­kon­fe­ren­zen mit sechs trif­ti­gen Grün­den, das pro mul­tis mit „für vie­le“ zu übersetzen:

  • Die Wor­te sind dem hei­li­gen Evan­ge­li­um ent­nom­men (Mt 16,28, Mk 14,24) und der grie­chi­sche Begriff πολλοί (pol­loi) bedeu­tet „vie­le“ und nicht „alle“.
  • Im römi­schen Ritus wur­de immer pro mul­tis gesagt.
  • Die öst­li­chen Riten haben glei­che oder gleich­wer­ti­ge Begriffe.
  • Die exak­te Über­set­zung von pro mul­tis ist „für viele“.
  • Die wie­der­hol­ten Auf­for­de­run­gen des Vati­kans zur Sicher­stel­lung einer genau­en Übersetzung.
  • Und das wich­tig­ste Argu­ment schließ­lich: die Unter­schei­dung zwi­schen objek­ti­ver und sub­jek­ti­ver Erlösung.

Die objek­ti­ve Erlö­sung meint, daß das Kreu­zes­op­fer Chri­sti genügt, um die gesam­te Mensch­heit zu ret­ten. Das Heil ist aber weder ein Auto­ma­tis­mus noch erfolgt es kol­lek­tiv. Die ein­zel­ne See­le muß dar­an mit­wir­ken, sie wol­len, die eige­ne Schuld bereu­en und ihrem Erlö­ser fol­gen. Die sub­jek­ti­ve Erlö­sung meint die der ein­zel­nen See­le. Doch nicht alle wer­den geret­tet, wie Jesus Chri­stus im Evan­ge­li­um sagt, wenn Er vom End­ge­richt spricht (Mt 25,31–46).

Seit die­ser Auf­for­de­rung durch die Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on ist die Kor­rek­tur der genann­ten Wand­lungs­wor­te in meh­re­ren Sprach­krei­sen und durch die mei­sten Bischofs­kon­fe­ren­zen erfolgt. Den Auf­takt mach­te der eng­li­sche Sprach­raum. Obwohl das Dekret der Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on den Bischofs­kon­fe­ren­zen zwei Jah­re Zeit ein­ge­räumt hat­te, hiel­ten sich eini­ge nicht dar­an. Eben­so­we­nig wur­den die Gläu­bi­gen im deut­schen und ita­lie­ni­schen Sprach­raum, wie es Bene­dikt XVI. ange­regt hat­te, von den Bischö­fen auf die ange­ord­ne­te Ände­rung der Wand­lungs­wor­te vorbereitet.

Mas­si­ver Wider­stand dage­gen reg­te sich im deut­schen Sprach­raum und in Ita­li­en. 2010 stimm­ten 171 von 187 Mit­glie­dern der Ita­lie­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz für die Bei­be­hal­tung der seit 1973 gebräuch­li­chen Über­set­zung. Bene­dikt XVI. beharr­te, weil er die „inklu­si­ve“ Über­set­zung für theo­lo­gisch unzu­tref­fend hielt, wes­halb sie durch eine dem Aus­sa­ge­ge­halt der Her­ren­wor­te ange­mes­se­ne­re Über­set­zung ersetzt wer­den sollte.

Bei der Fra­ge, ob pro mul­tis als „für vie­le“ oder wie seit weni­gen Jahr­zehn­ten als „für alle“ über­setzt wird, geht es zwar „nur“ um ein ein­zi­ges Wort, doch hin­ter die­sem einen Wort kann sich ein grund­sätz­li­cher Unter­schied zwi­schen dem katho­li­schen Glau­bens­ver­ständ­nis und einer neu­re­li­giö­sen Aller­lö­sungs­leh­re ver­ber­gen. Mal­colm Kar­di­nal Ran­jith drück­te es so aus: Es gel­te, einem „über­trie­be­nen Heils­op­ti­mis­mus“ ent­ge­gen­zu­wir­ken. Ein sol­cher wird gera­de pro­gres­si­ven Ver­tre­tern zum Vor­wurf gemacht, die zu den aktiv­sten Ver­tei­di­gern der For­mel „für alle“ gehö­ren. Obwohl ihnen Ände­run­gen sel­ten schnell genug gehen, tre­ten sie in die­sem Punkt als Brem­ser auf, die damit argu­men­tie­ren, den Gläu­bi­gen nicht eine gewohn­te For­mel zu ent­zie­hen. Die von Bene­dikt XVI. ver­ord­ne­te Ände­rung sei ein „Rück­schritt“.

Zwei­tes Hoch­ge­bet der neu­en ita­lie­ni­schen Über­set­zung der Edi­tio typi­ca des Mis­sa­le Roma­num.

Am 14. April 2012 ermahn­te Bene­dikt XVI. die reni­ten­ten deut­schen Bischö­fe. Das Schrei­ben, in dem er die theo­lo­gi­sche Not­wen­dig­keit einer getreu­en Über­set­zung anmahn­te, ging an alle Bischö­fe der Welt, war aber im Ori­gi­nal – was für ein päpst­li­ches Doku­ment höchst sel­ten ist – auf deutsch verfaßt.

Im Febru­ar 2013 ver­zich­te­te Bene­dikt XVI. jedoch über­ra­schend auf sein Amt, und die­se Bau­stel­le blieb offen. Und nach der Wahl des neu­en Kir­chen­ober­haupts wit­ter­ten man­che Bischö­fe eine Chan­ce, die Fra­ge mit still­schwei­gen­dem römi­schem Wohl­wol­len aus­zu­sit­zen. Genau das ist in Ita­li­en geschehen.

Papst Fran­zis­kus signa­li­sier­te mit klei­nen, unschein­ba­ren Gesten, daß er sich in die Ent­schei­dun­gen der Bischofs­kon­fe­ren­zen nicht ein­mi­schen und sowohl die eine als auch die ande­re Ent­schei­dung akzep­tie­ren wer­de. Als er im Sep­tem­ber 2015 Kuba und die USA besuch­te, zele­brier­te er da wie dort eine Hei­li­ge Mes­se auf spa­nisch, sprach die betref­fen­den Wand­lungs­wor­te auf Kuba aber als „für alle“, in den USA hin­ge­gen als „für vie­le“. Auf Nach­fra­ge erklär­te das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt, der Papst hal­te sich an die Orts­üb­lich­keit. Eine selt­sa­me Auf­fas­sung, wo doch die Papst­mes­se der Maß­stab für die Meß­ze­le­bra­ti­on ist und nicht umgekehrt. 

Die spa­ni­sche Mis­sa­le-Über­set­zung war damals von der Kuba­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz noch nicht beschlos­sen wor­den, wäh­rend in den USA (auf­grund der bereits in Kraft gesetz­ten eng­li­schen Über­set­zung) für alle Spra­chen im Land, auch die spa­ni­sche, bereits die Über­set­zung „für vie­le“ galt.

Genau die­se ver­meint­li­che päpst­li­che „Neu­tra­li­tät“ war ein star­kes Signal für wider­spen­sti­ge Bischofs­kon­fe­ren­zen wie die ita­lie­ni­sche, daß sie in die­ser Fra­ge kei­nem vati­ka­ni­schen Druck mehr aus­ge­setzt waren. Dabei waren selbst pro­gres­si­ve Theo­lo­gen wie Erz­bi­schof Bru­no For­te am Ende des Pon­ti­fi­kats von Bene­dikt XVI. bereits auf des­sen Posi­ti­on ein­ge­schwenkt. Es schien nur mehr eine Fra­ge der Zeit, bis der Wider­stand implo­diert wäre. Doch es folg­te am 11. Febru­ar 2013 die Ankün­di­gung des Amts­ver­zichts durch Bene­dikt XVI. und am sel­ben Tag jener denk­wür­di­ge und erschüt­tern­de Blitz­ein­schlag in die Kup­pel des Petersdomes.

In der eng­li­schen und spa­ni­schen Mis­sa­le-Über­set­zung wur­de dem Wunsch von Bene­dikt XVI. ent­spro­chen, wodurch für welt­weit gut die Hälf­te aller Katho­li­ken das pro mul­tis zu „für vie­le“ wur­de. Der deut­sche Sprach­raum, für den die Fra­ge nach wie vor offen ist, betrifft rund 30 Mil­lio­nen Katho­li­ken, der ita­lie­ni­sche gut das Dop­pel­te. Bei­de zusam­men machen aber nur sie­ben Pro­zent aller Katho­li­ken aus.

Die ita­lie­ni­sche Mis­sa­le-Über­set­zung ist vier­zehn Jah­re nach der Anwei­sung Bene­dikts XVI., die Wand­lungs­wor­te pro mul­tis in den Volks­über­set­zun­gen zu kor­ri­gie­ren, die erste, die die­se miß­ach­tet. Das ist der Haupt­grund, wes­halb sich die Her­aus­ga­be so lan­ge hin­zog. Man woll­te, wenn auch nur aus Höf­lich­keit, zu des­sen Leb­zei­ten kei­nen so offen­sicht­li­chen Bruch mit Bene­dikt XVI. Doch sie­ben­ein­halb Jah­re nach sei­nem Amts­ver­zicht lebt Bene­dikt noch immer. Eine wei­te­re Ver­zö­ge­rung war nicht mehr zu begründen.

Mit Rücken­deckung von Papst Fran­zis­kus wird mit der Neu­über­set­zung der Edi­tio typi­ca ein wei­te­rer zen­tra­ler Punkt des Vor­gän­ger­pon­ti­fi­kats in sei­ner Inten­ti­on zer­bro­chen. Die ita­lie­ni­sche Tages­zei­tung Il Giorn­a­le titel­te am ver­gan­ge­nen 2. September: 

„Berg­o­glio löscht Ratz­in­ger aus.“

Das gilt vor­erst nur für die ita­lie­ni­sche Über­set­zung, der aller­dings als inof­fi­zi­el­ler Lin­gua fran­ca der Kir­che ein beson­de­res Gewicht zukommt. Mehr noch wird mit die­sem Schritt die „Dezen­tra­li­sie­rung“ der Kir­che vor­an­ge­trie­ben. Die Zer­le­gung in Natio­nal­kir­chen. So wie es Län­der gibt, in denen Amo­ris lae­ti­tia in der Inten­ti­on von Fran­zis­kus nicht gilt, son­dern wei­ter­hin die über­lie­fer­te Ehe­leh­re, so gibt es ab dem 4. April 2021 zahl­rei­che Län­der, in denen in der Volks­spra­che die genann­ten Wand­lungs­wor­te als „für vie­le“ gespro­chen wer­den, in Ita­li­en aber als „für alle“.

Auch in die­sem Punkt erweist sich die „Dezen­tra­li­sie­rung“ im pro­gres­si­ven Sinn als ein Instru­ment der Zersetzung.

Gera­de wur­de in Ita­li­en ein neu­es Buch vor­ge­legt, mit einem Vor­wort von Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin, das eine per­fek­te Kon­ti­nui­tät zwi­schen Bene­dikt XVI. und Papst Fran­zis­kus behaup­tet. Angeb­lich, wie es 2013 hieß, pas­se kein Blatt Papier zwi­schen die bei­den Päp­ste. Das neue ita­lie­ni­sche Mis­sa­le wider­legt die­se Behauptung.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: vati​can​.va/​R​a​dio Spa­da (Screen­shots)

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5 Kommentare

  1. Inter­es­san­te und gute Zusam­men­fas­sung des gesam­ten Vor­gangs, sei­ner Hin­ter­grün­de und Bedeu­tung. Hier: „Man woll­te, wenn auch nur aus Höf­lich­keit, zu des­sen Leb­zei­ten kei­nen so offen­sicht­li­chen Bruch mit Bene­dikt XVI. Doch sie­ben­ein­halb Jah­re nach sei­nem Amts­ver­zicht lebt XVI. noch immer. Eine wei­te­re Ver­zö­ge­rung war nicht mehr zu begrün­den“ fehlt aller­dings offen­sicht­lich der Papst­na­me „Bene­dikt“.

  2. Ich emp­feh­le den Vor­trag von Dr gre­go­ri­us Hes­se über Die hl Mes­se als Opfer
    Dort erklärt er auch die Vater­un­ser Bit­te. Ich bin erschüt­tert über die Dumm­heit und Bor­niert­heit in Rom.

  3. Als ob irgend­ei­ne Neue­rung in den letz­ten Jahr­zehn­ten den Glau­ben bes­ser zum Aus­druck gebracht hät­te. Jede Neue­rung fällt dadurch auf, den Glau­ben abzu­schwä­chen, zu rela­ti­vie­ren oder zu kon­kre­ti­sie­ren, was dem unaus­sprech­li­chen Geheim­nis Got­tes schlicht nicht ent­spricht. Ver­schlech­te­rung: „Sen­de dei­nen Geist auf die­se Gaben her­ab und hei­li­ge sie“ wird es hei­ßen „Hei­li­ge die­se Gaben durch die Aus­gie­ßung dei­nes Gei­stes“. Bei der alten Vari­an­te, ist es Gott anheim gestellt, wie er die Hei­li­gung letzt­lich voll­zieht, bei der neu­en Vari­an­te wird impli­zit die Real­prä­senz relativiert,
    indem die Aus­gie­ßung dei­nes Gei­stes gesagt wird. Damit soll wohl ver­mie­den wer­den, dass Gläu­bi­ge an eine Wesens­ver­wand­lung glau­ben, auch ohne Aus­gie­ssung des Hl. Gei­stes in den Ver­stand eines Menschen.

  4. Machen wir es uns und allen unge­hor­sa­men Bischö­fen immer wie­der bewusst:

    Am 17. Okto­ber 2006 rich­te­te die Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on dann ein Schrei­ben an alle
    Bischofs­kon­fe­ren­zen mit sechs trif­ti­gen Grün­den, das pro mul­tis mit „für vie­le“ zu übersetzen.

    Am 14. April 2012 ermahn­te Bene­dikt XVI. die reni­ten­ten deut­schen Bischö­fe. Das Schrei­ben, in dem er die theo­lo­gi­sche Not­wen­dig­keit einer getreu­en Über­set­zung anmahn­te, ging an alle Bischö­fe der Welt, war aber im Ori­gi­nal – was für ein päpst­li­ches Doku­ment höchst sel­ten ist – auf deutsch verfaßt.

    Was ist gesche­hen? Im deut­schen Sprach­raum und in man­chen ande­ren Län­dern nichts!
    Die Wand­lungs­wor­te wur­den nicht kor­rekt in die Volks­spra­chen über­setzt! Eine Ungeuerlichkeit!
    Die­se unge­hor­sa­men Bischö­fe sol­len sich schä­men und im Übri­gen kei­nen Gehor­sam von­sei­ten ihrer Prie­ster ver­lan­gen, solan­ge sie selbst nicht gehorchen!

  5. Das Pro­blem liegt ja nicht nur in dem „für vie­le“. Ich habe schon Vari­an­ten der Mess­fei­er gehört, die im Text sehr frei über­setzt waren. Zum Bei­spiel statt „dann nahm er den Kelch“ wur­de „dann nahm Jesus den Kelch“ gesagt. Das ist eine Modi­fi­ka­ti­on der Gottheit/​Menschlichkeit des Erlösers.
    In die­se Rich­tung geht es auch bei Bene­dikts Anlie­gen. Der Ori­gi­nal­text darf nicht ver­än­dert werden. 

    Aus escha­to­lo­gi­scher Sicht soll­te es uns auf­hor­chen las­sen, wenn Bene­dikt in die­ser Zeit auf das „für vie­le“ beson­ders Wert legt. Es scheint rele­vant gewor­den zu sein. Die Offen­ba­rung des Johan­nes zeigt das ein­deu­tig an. 

    Das Sakra­ment der Eucha­re­stie besitzt eine Dimen­si­on der Wir­kung. Ist die­se Wir­kung, von der das See­len­heil der Teil­neh­men­den ja abhängt, tat­säch­lich in jedem Got­tes­dienst gleich? Oder kann ein dahin­ge­hund­ster Got­tes­dienst die sakra­men­ta­le Wir­kung teil­wei­se bis kom­plett abschwächen?

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