Die feierliche Messe von Kardinal Burke an der Kathedra Petri

Das Aufleuchten einer Morgenröte, während in der Welt so viele flüchtige Sterne fallen


Kardinal Raymond Burke zelebrierte am 25. Oktober erstmals wieder ein Pontifikalamt im überlieferten Römischen Ritus im Petersdom
Kardinal Raymond Burke zelebrierte am 25. Oktober erstmals wieder ein Pontifikalamt im überlieferten Römischen Ritus im Petersdom

Von Rober­to de Mattei*

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Das Ereig­nis besitzt eine Bedeu­tung – auch eine sym­bo­li­sche –, die weit über das hin­aus­geht, was man sich heu­te viel­leicht vor­zu­stel­len ver­mag; und sei­ne Erin­ne­rung ver­dient es, der Betrach­tung des Histo­ri­kers von mor­gen anver­traut zu werden.

Es war gegen 14:30 Uhr, als unter den maje­stä­ti­schen Gewöl­ben der Basi­li­ka des hei­li­gen Petrus der Gesang des Cre­do erklang, kraft­voll into­niert von einer Pro­zes­si­on von mehr als zwei­hun­dert Prie­stern, die lang­sam ein­her­schritt, gefolgt von meh­re­ren tau­send Gläu­bi­gen, Teil­neh­mern der XIV. Inter­na­tio­na­len Wall­fahrt Ad Petri Sedem.

Nach­dem sie die Hei­li­ge Pfor­te durch­schrit­ten hat­ten, erreich­te die Pro­zes­si­on die erha­be­ne Apsis der Peters­ba­si­li­ka, wo sich die monu­men­ta­le Kathe­dra Petri erhebt, umge­ben von Mar­mor, Bron­ze und Strah­len der Herr­lich­keit. Das Genie Ber­n­i­nis hat hier nicht nur ein künst­le­ri­sches Mei­ster­werk geschaf­fen, son­dern zugleich ein Sym­bol der kirch­li­chen Tra­di­ti­on, die seit zwei Jahr­tau­sen­den treu bewahrt wird.

Die Prie­ster ord­ne­ten sich in zwei Rei­hen zu bei­den Sei­ten des Altars, über­ragt von der gro­ßen bron­ze­nen Thron­kap­sel, wel­che den Stuhl Petri birgt, und flan­kiert von den mäch­ti­gen Sta­tu­en der vier Kir­chen­leh­rer: der latei­ni­schen – des hei­li­gen Ambro­si­us und des hei­li­gen Augu­sti­nus – sowie der grie­chi­schen – des hei­li­gen Atha­na­si­us und des hei­li­gen Johan­nes Chry­so­sto­mus. Über dem Thron, in einem gol­de­nen und licht­durch­flu­te­ten Strah­len­kranz, erglänz­te die Tau­be des Hei­li­gen Gei­stes, ein­ge­faßt in das berühm­te Ala­ba­ster­fen­ster, und ver­brei­te­te ein war­mes Leuch­ten über die gesam­te Apsis.

Zu den Sei­ten der Tri­bü­ne wachen die Grab­mä­ler Urbans VIII., eben­falls ein Werk Ber­n­i­nis, und Pauls III., des Pap­stes, der das Kon­zil von Tri­ent ein­be­rief, gleich­sam noch heu­te über das Herz des Petrus-Pri­mats. Oben, im Gewöl­be, erzählt die Dar­stel­lung der Schlüs­sel­über­ga­be an den hei­li­gen Petrus von den Ursprün­gen der päpst­li­chen Auto­ri­tät, wäh­rend seit­lich die Sze­nen des Mar­ty­ri­ums des hei­li­gen Petrus und der Ent­haup­tung des hei­li­gen Pau­lus ein hei­li­ges Dra­ma bil­den, das vom ver­gos­se­nen Blut für den Glau­ben kündet.

Eine ein­drucks­vol­le­re Kulis­se hät­te es für die fei­er­li­che Zere­mo­nie, die kurz nach 15 Uhr begann, kaum geben kön­nen: Da zog Sei­ne Emi­nenz Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke, eme­ri­tier­ter Patron des Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser­or­dens, in die Basi­li­ka ein, um ein fei­er­li­ches Pon­ti­fi­kal­amt im über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus zu zele­brie­ren, unter­stützt von Zere­mo­nia­ren, die dem Got­tes­dienst jene erha­be­ne Wür­de ver­lie­hen, die ihm gebührt.

Die bereit­ge­stell­ten neun­hun­dert Stüh­le erwie­sen sich als unzu­rei­chend für die Men­ge, die drei- bis vier­mal so zahl­reich war – Män­ner und Frau­en, Jun­ge und Alte aus allen Tei­len der Welt. Das Beson­de­re des Ereig­nis­ses lag gera­de im Ort selbst: eine Sze­ne­rie, die in der Welt ihres­glei­chen sucht, in der Archi­tek­tur, Skulp­tur, Theo­lo­gie und Geschich­te mit­ein­an­der ver­schmel­zen, um die Sen­dung der Kir­che und des Papst­tums sicht­bar zu machen – den Glau­ben zu bewah­ren und ihn über die Jahr­hun­der­te weiterzugeben.

In sei­ner viel­be­ach­te­ten Pre­digt erin­ner­te Kar­di­nal Bur­ke an das hun­dert­jäh­ri­ge Jubi­lä­um der Erschei­nung des Jesus­kin­des, das zusam­men mit der Got­tes­mut­ter von Fati­ma der Ehr­wür­di­gen Die­ne­rin Got­tes Schwe­ster Lucia dos San­tos am 10. Dezem­ber 1925 erschien. Dabei, so sag­te er, „hat der Herr uns das Schmer­zens­rei­che und Unbe­fleck­te Herz Mari­ens gezeigt, bedeckt mit vie­len Dor­nen – ver­ur­sacht durch unse­re Gleich­gül­tig­keit und Undank­bar­keit, und durch unse­re Sün­den. Beson­ders die Got­tes­mut­ter von Fati­ma möch­te uns vor dem Übel des gott­lo­sen Kom­mu­nis­mus bewah­ren, der die Her­zen vom Her­zen Jesu – der ein­zi­gen Quel­le des Heils – ent­fernt und sie zur Rebel­li­on gegen Gott und gegen die Ord­nung führt, die Er in der Schöp­fung ein­ge­setzt und in das Herz eines jeden Men­schen ein­ge­schrie­ben hat.

Durch ihre Erschei­nun­gen und die Bot­schaft, die sie den Hir­ten­kin­dern – den hei­li­gen Fran­cis­co und Jac­in­ta Mar­to sowie der Ehr­wür­di­gen Lucia dos San­tos – anver­trau­te, eine Bot­schaft, die der gan­zen Kir­che gilt, warn­te die Madon­na vor dem Ein­fluß der athe­isti­schen Kul­tur selbst auf die Kir­che, der vie­le zum Abfall vom Glau­ben und zur Preis­ga­be der katho­li­schen Wahr­hei­ten geführt hat.

Zugleich hat uns die Got­tes­mut­ter gelehrt, Akte der Lie­be und der Süh­ne zu voll­brin­gen für die Belei­di­gun­gen, die dem Hei­lig­sten Her­zen Jesu und ihrem Unbe­fleck­ten Her­zen zuge­fügt wer­den – durch die Andacht der Ersten Sams­ta­ge des Monats. Die­se besteht dar­in, die eige­nen Sün­den sakra­men­tal zu beich­ten, wür­dig die hei­li­ge Kom­mu­ni­on zu emp­fan­gen, fünf Gesät­ze des hei­li­gen Rosen­kran­zes zu beten und der Got­tes­mut­ter Gesell­schaft zu lei­sten, indem man über die Geheim­nis­se des Rosen­kran­zes medi­tiert (…). Die Andacht der Ersten Sams­ta­ge ist unse­re Ant­wort des Gehor­sams gegen­über der himm­li­schen Mut­ter, die es nicht ver­säu­men wird, für uns alle Gna­den zu erfle­hen, deren wir – und die gan­ze Welt – so drin­gend bedür­fen.

Der Kar­di­nal erin­ner­te sodann an den acht­zehn­ten Jah­res­tag der Ver­öf­fent­li­chung des Motu Pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum, durch das Papst Bene­dikt XVI. die regel­mä­ßi­ge Fei­er der hei­li­gen Mes­se in die­ser Form – seit den Zei­ten des hei­li­gen Gre­gor des Gro­ßen in Gebrauch – ermög­licht hat­te. „Wir dan­ken Gott“, sag­te er, „denn durch das Sum­morum Pon­ti­fi­cum wächst in der gan­zen Kir­che das Ver­ständ­nis und die Lie­be zu dem gro­ßen Geschenk der hei­li­gen Lit­ur­gie, so wie sie uns in unun­ter­bro­che­ner Linie von der apo­sto­li­schen Über­lie­fe­rung, von den Apo­steln und ihren Nach­fol­gern über­lie­fert wor­den ist.

Die Fei­er wur­de beglei­tet von den Klän­gen des gre­go­ria­ni­schen Gesangs der Musik­ka­pel­le des Pan­the­ons, die sich wie ein hei­li­ger Hauch aus­brei­te­ten und das Gebet der Anwe­sen­den mit dem unzäh­li­ger Gene­ra­tio­nen von Gläu­bi­gen ver­ein­ten, die vor ihnen in die­ser Apsis den Blick erho­ben hat­ten – auf der Suche nach der Wahr­heit der Leh­re und dem Trost des Glaubens.

Ein Mär­ty­rer die­ses Glau­bens war der alba­ni­sche Kar­di­nal Ernest Simo­ni, der der Fei­er in der ersten Rei­he bei­wohn­te, zusam­men mit Kar­di­nal Wal­ter Brand­mül­ler. Vom kom­mu­ni­sti­schen Regime 1963 inhaf­tiert, ver­brach­te Kar­di­nal Simo­ni über fünf­und­zwan­zig Jah­re sei­nes Lebens in Zwangs­ar­beit, bis zu sei­ner Frei­las­sung im Jahr 1991. Heu­te ist er bekannt für die Kraft sei­ner Exor­zis­men, und am Ende der Mes­se sprach er vom Ambo aus eine ver­kürz­te Fas­sung des Exor­zis­mus gegen Satan und die rebel­li­schen Engel, den Papst Leo XIII. im Jahr 1884 – auf Ein­ge­bung des Erz­engels Micha­el – ver­faßt hat­te, nach­dem er eine erschüt­tern­de Visi­on von Dämo­nen gehabt hat­te, die sich sam­mel­ten, um die Kir­che zu zerstören.

Die Fei­er ende­te nach dem Sal­ve Regi­na mit dem fei­er­li­chen Gesang des Chri­stus vin­cit, wäh­rend tie­fe Rüh­rung Prie­ster und Gläu­bi­ge ergriff. In vie­len Gesich­tern spie­gel­te sich das Lei­den jener wider, die – um der über­lie­fer­ten Mes­se treu zu blei­ben – Miß­ver­ständ­nis­se, Prü­fun­gen und Demü­ti­gun­gen auf sich genom­men hat­ten. Nun aber, inmit­ten die­ser alten Lit­ur­gie, schie­nen die gol­de­nen Strah­len der Apsis, die Gestal­ten der Evan­ge­li­sten und der Kir­chen­vä­ter Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart in einer ein­zi­gen Umar­mung zu ver­ei­nen – vor der Kathe­dra Petri.

Zum ersten Mal seit Inkraft­tre­ten von Tra­di­tio­nis cus­to­des (2021) war die Fei­er der tra­di­tio­nel­len Mes­se am Altar der Kathe­dra in der Vati­ka­ni­schen Basi­li­ka wie­der gestat­tet wor­den. Wäh­rend der ersten Wall­fahr­ten ad Petri Sedem wur­de die triden­ti­ni­sche Mes­se noch in Sankt Peter zele­briert, doch in den letz­ten Jah­ren war dies nicht mehr erlaubt. Erst die Erlaub­nis des regie­ren­den Pap­stes Leo XIV. mach­te die­ses Ereig­nis mög­lich – ein Ereig­nis, das vie­len wie das Auf­leuch­ten einer Mor­gen­rö­te erschien, wäh­rend in der Welt so vie­le flüch­ti­ge Ster­ne gefal­len sind oder sich anschicken, in der Nacht zu verglühen.

*Rober­to de Mat­tei, Histo­ri­ker, Vater von fünf Kin­dern, Pro­fes­sor für Neue­re Geschich­te und Geschich­te des Chri­sten­tums an der Euro­päi­schen Uni­ver­si­tät Rom, Vor­sit­zen­der der Stif­tung Lepan­to, Autor zahl­rei­cher Bücher, zuletzt in deut­scher Über­set­zung: Ver­tei­di­gung der Tra­di­ti­on: Die unüber­wind­ba­re Wahr­heit Chri­sti, mit einem Vor­wort von Mar­tin Mose­bach, Alt­öt­ting 2017, und Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil. Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te, 2. erw. Aus­ga­be, Bobin­gen 2011.
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Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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