Von Roberto de Mattei*
Das Ereignis besitzt eine Bedeutung – auch eine symbolische –, die weit über das hinausgeht, was man sich heute vielleicht vorzustellen vermag; und seine Erinnerung verdient es, der Betrachtung des Historikers von morgen anvertraut zu werden.
Es war gegen 14:30 Uhr, als unter den majestätischen Gewölben der Basilika des heiligen Petrus der Gesang des Credo erklang, kraftvoll intoniert von einer Prozession von mehr als zweihundert Priestern, die langsam einherschritt, gefolgt von mehreren tausend Gläubigen, Teilnehmern der XIV. Internationalen Wallfahrt Ad Petri Sedem.
Nachdem sie die Heilige Pforte durchschritten hatten, erreichte die Prozession die erhabene Apsis der Petersbasilika, wo sich die monumentale Kathedra Petri erhebt, umgeben von Marmor, Bronze und Strahlen der Herrlichkeit. Das Genie Berninis hat hier nicht nur ein künstlerisches Meisterwerk geschaffen, sondern zugleich ein Symbol der kirchlichen Tradition, die seit zwei Jahrtausenden treu bewahrt wird.
Die Priester ordneten sich in zwei Reihen zu beiden Seiten des Altars, überragt von der großen bronzenen Thronkapsel, welche den Stuhl Petri birgt, und flankiert von den mächtigen Statuen der vier Kirchenlehrer: der lateinischen – des heiligen Ambrosius und des heiligen Augustinus – sowie der griechischen – des heiligen Athanasius und des heiligen Johannes Chrysostomus. Über dem Thron, in einem goldenen und lichtdurchfluteten Strahlenkranz, erglänzte die Taube des Heiligen Geistes, eingefaßt in das berühmte Alabasterfenster, und verbreitete ein warmes Leuchten über die gesamte Apsis.
Zu den Seiten der Tribüne wachen die Grabmäler Urbans VIII., ebenfalls ein Werk Berninis, und Pauls III., des Papstes, der das Konzil von Trient einberief, gleichsam noch heute über das Herz des Petrus-Primats. Oben, im Gewölbe, erzählt die Darstellung der Schlüsselübergabe an den heiligen Petrus von den Ursprüngen der päpstlichen Autorität, während seitlich die Szenen des Martyriums des heiligen Petrus und der Enthauptung des heiligen Paulus ein heiliges Drama bilden, das vom vergossenen Blut für den Glauben kündet.
Eine eindrucksvollere Kulisse hätte es für die feierliche Zeremonie, die kurz nach 15 Uhr begann, kaum geben können: Da zog Seine Eminenz Kardinal Raymond Burke, emeritierter Patron des Souveränen Malteserordens, in die Basilika ein, um ein feierliches Pontifikalamt im überlieferten Römischen Ritus zu zelebrieren, unterstützt von Zeremoniaren, die dem Gottesdienst jene erhabene Würde verliehen, die ihm gebührt.
Die bereitgestellten neunhundert Stühle erwiesen sich als unzureichend für die Menge, die drei- bis viermal so zahlreich war – Männer und Frauen, Junge und Alte aus allen Teilen der Welt. Das Besondere des Ereignisses lag gerade im Ort selbst: eine Szenerie, die in der Welt ihresgleichen sucht, in der Architektur, Skulptur, Theologie und Geschichte miteinander verschmelzen, um die Sendung der Kirche und des Papsttums sichtbar zu machen – den Glauben zu bewahren und ihn über die Jahrhunderte weiterzugeben.
In seiner vielbeachteten Predigt erinnerte Kardinal Burke an das hundertjährige Jubiläum der Erscheinung des Jesuskindes, das zusammen mit der Gottesmutter von Fatima der Ehrwürdigen Dienerin Gottes Schwester Lucia dos Santos am 10. Dezember 1925 erschien. Dabei, so sagte er, „hat der Herr uns das Schmerzensreiche und Unbefleckte Herz Mariens gezeigt, bedeckt mit vielen Dornen – verursacht durch unsere Gleichgültigkeit und Undankbarkeit, und durch unsere Sünden. Besonders die Gottesmutter von Fatima möchte uns vor dem Übel des gottlosen Kommunismus bewahren, der die Herzen vom Herzen Jesu – der einzigen Quelle des Heils – entfernt und sie zur Rebellion gegen Gott und gegen die Ordnung führt, die Er in der Schöpfung eingesetzt und in das Herz eines jeden Menschen eingeschrieben hat.
Durch ihre Erscheinungen und die Botschaft, die sie den Hirtenkindern – den heiligen Francisco und Jacinta Marto sowie der Ehrwürdigen Lucia dos Santos – anvertraute, eine Botschaft, die der ganzen Kirche gilt, warnte die Madonna vor dem Einfluß der atheistischen Kultur selbst auf die Kirche, der viele zum Abfall vom Glauben und zur Preisgabe der katholischen Wahrheiten geführt hat.
Zugleich hat uns die Gottesmutter gelehrt, Akte der Liebe und der Sühne zu vollbringen für die Beleidigungen, die dem Heiligsten Herzen Jesu und ihrem Unbefleckten Herzen zugefügt werden – durch die Andacht der Ersten Samstage des Monats. Diese besteht darin, die eigenen Sünden sakramental zu beichten, würdig die heilige Kommunion zu empfangen, fünf Gesätze des heiligen Rosenkranzes zu beten und der Gottesmutter Gesellschaft zu leisten, indem man über die Geheimnisse des Rosenkranzes meditiert (…). Die Andacht der Ersten Samstage ist unsere Antwort des Gehorsams gegenüber der himmlischen Mutter, die es nicht versäumen wird, für uns alle Gnaden zu erflehen, deren wir – und die ganze Welt – so dringend bedürfen.“
Der Kardinal erinnerte sodann an den achtzehnten Jahrestag der Veröffentlichung des Motu Proprio Summorum Pontificum, durch das Papst Benedikt XVI. die regelmäßige Feier der heiligen Messe in dieser Form – seit den Zeiten des heiligen Gregor des Großen in Gebrauch – ermöglicht hatte. „Wir danken Gott“, sagte er, „denn durch das Summorum Pontificum wächst in der ganzen Kirche das Verständnis und die Liebe zu dem großen Geschenk der heiligen Liturgie, so wie sie uns in ununterbrochener Linie von der apostolischen Überlieferung, von den Aposteln und ihren Nachfolgern überliefert worden ist.“
Die Feier wurde begleitet von den Klängen des gregorianischen Gesangs der Musikkapelle des Pantheons, die sich wie ein heiliger Hauch ausbreiteten und das Gebet der Anwesenden mit dem unzähliger Generationen von Gläubigen vereinten, die vor ihnen in dieser Apsis den Blick erhoben hatten – auf der Suche nach der Wahrheit der Lehre und dem Trost des Glaubens.
Ein Märtyrer dieses Glaubens war der albanische Kardinal Ernest Simoni, der der Feier in der ersten Reihe beiwohnte, zusammen mit Kardinal Walter Brandmüller. Vom kommunistischen Regime 1963 inhaftiert, verbrachte Kardinal Simoni über fünfundzwanzig Jahre seines Lebens in Zwangsarbeit, bis zu seiner Freilassung im Jahr 1991. Heute ist er bekannt für die Kraft seiner Exorzismen, und am Ende der Messe sprach er vom Ambo aus eine verkürzte Fassung des Exorzismus gegen Satan und die rebellischen Engel, den Papst Leo XIII. im Jahr 1884 – auf Eingebung des Erzengels Michael – verfaßt hatte, nachdem er eine erschütternde Vision von Dämonen gehabt hatte, die sich sammelten, um die Kirche zu zerstören.
Die Feier endete nach dem Salve Regina mit dem feierlichen Gesang des Christus vincit, während tiefe Rührung Priester und Gläubige ergriff. In vielen Gesichtern spiegelte sich das Leiden jener wider, die – um der überlieferten Messe treu zu bleiben – Mißverständnisse, Prüfungen und Demütigungen auf sich genommen hatten. Nun aber, inmitten dieser alten Liturgie, schienen die goldenen Strahlen der Apsis, die Gestalten der Evangelisten und der Kirchenväter Vergangenheit und Gegenwart in einer einzigen Umarmung zu vereinen – vor der Kathedra Petri.
Zum ersten Mal seit Inkrafttreten von Traditionis custodes (2021) war die Feier der traditionellen Messe am Altar der Kathedra in der Vatikanischen Basilika wieder gestattet worden. Während der ersten Wallfahrten ad Petri Sedem wurde die tridentinische Messe noch in Sankt Peter zelebriert, doch in den letzten Jahren war dies nicht mehr erlaubt. Erst die Erlaubnis des regierenden Papstes Leo XIV. machte dieses Ereignis möglich – ein Ereignis, das vielen wie das Aufleuchten einer Morgenröte erschien, während in der Welt so viele flüchtige Sterne gefallen sind oder sich anschicken, in der Nacht zu verglühen.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Verteidigung der Tradition: Die unüberwindbare Wahrheit Christi, mit einem Vorwort von Martin Mosebach, Altötting 2017, und Das Zweite Vatikanische Konzil. Eine bislang ungeschriebene Geschichte, 2. erw. Ausgabe, Bobingen 2011.
Bücher von Prof. Roberto de Mattei in deutscher Übersetzung und die Bücher von Martin Mosebach können Sie bei unserer Partnerbuchhandlung beziehen.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana

Hinterlasse jetzt einen Kommentar