Die Gesellschaft der Göttlichen Liebe

Falsche und echte Reformation


Die heilige Katharina von Genua. An sie und den Beginn der katholischen Erneuerung erinnerte eine Tagung in Rom
Die heilige Katharina von Genua. An sie und den Beginn der katholischen Erneuerung erinnerte eine Tagung in Rom

Von Vero­ni­ca Rasponi

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In den Jah­ren vor der luthe­ri­schen Pseu­do­re­for­ma­ti­on began­nen zwei genue­si­sche Lai­en – die Ade­li­ge Cate­ri­na Fie­schi (1447–1510), ver­mählt mit Giu­lia­no Ador­no, die als hei­li­ge Katha­ri­na von Genua in die Geschich­te ein­ge­hen soll­te, und Etto­re Ver­naz­za (um 1470–1524), ein wohl­ha­ben­der und erfolg­rei­cher Notar sowie Vater drei­er Töch­ter – ein Werk reli­giö­ser und sitt­li­cher Erneue­rung, das am Beginn der gro­ßen katho­li­schen Erneue­rung des 16. Jahr­hun­derts ste­hen sollte.

Gemein­sam grün­de­ten sie in Genua die Gesell­schaft der gött­li­chen Lie­be mit dem Ziel, „die gött­li­che Lie­be, d. h. die Näch­sten­lie­be, in unsern Her­zen ein­zu­pflan­zen und zu ver­wur­zeln“. Die Frucht die­ses Lie­bes­werks war die Grün­dung des Kran­ken­hau­ses für die Unheil­ba­ren, in dem sich die Mit­glie­der der Gesell­schaft, die in Genua fast aus­schließ­lich Lai­en waren, vor allem der Hil­fe für die Opfer der Syphi­lis1 wid­me­ten, einer Krank­heit, die durch die fran­zö­si­sche Armee Karls VIII. nach Ita­li­en gebracht und durch die Auf­lö­sung der Sit­ten begün­stigt wurde.

Ver­naz­za über­trug die­se Erfah­rung nach Rom, wo mit Unter­stüt­zung des Apo­sto­li­schen Stuh­les eben­falls eine Gesell­schaft der gött­li­chen Lie­be ent­stand, der unter ande­rem der Bischof von Chie­ti, Gio­van­ni Pie­tro Cara­fa, der spä­te­re Papst Paul IV., der Pro­to­no­tar und künf­ti­ge Hei­li­ge Gaet­a­no di Thie­ne, der Stu­dent und spä­te­re Bischof von Vero­na Gian Matteo Giber­ti sowie der Pfar­rer von San­ta Doro­tea in Tra­ste­ve­re und spä­te­re Bischof Giu­lia­no Dati angehörten.

Ver­naz­za ver­dan­ken wir den Vor­schlag, die Com­pa­gnia Roma­na (Römi­sche Gesell­schaft) an ein Kran­ken­haus zu bin­den, das man in jenem aus­fin­dig mach­te, das dem hei­li­gen Jako­bus geweiht und wegen sei­ner Nähe zum Mau­so­le­um des Augu­stus als Augu­sta bekannt war. Dies waren die Kei­me der ech­ten katho­li­schen Erneue­rung (Refor­ma­ti­on), die mit dem Kon­zil von Tri­ent ihre Voll­endung fin­den sollte.

Anläß­lich des 500. Todes­ta­ges des Die­ners Got­tes Etto­re Ver­naz­za und des 500. Jah­res­ta­ges der Grün­dung des Ordens der Regu­lar­kle­ri­ker, die als Thea­ti­ner bekannt wur­den, ver­an­stal­te­te die Postu­la­ti­on sei­nes Selig- und Hei­lig­spre­chungs­pro­zes­ses gemein­sam mit dem Thea­ti­ner­or­den eine Tagung zum The­ma: „Die Wer­ke der ‚Gött­li­chen Lie­be‘ zwi­schen Genua und Rom. Näch­sten­lie­be, Kul­tur und reli­giö­ses Leben am Beginn der katho­li­schen Erneue­rung“, die am 4. Juni 2025 in der römi­schen Basi­li­ka Sant’Andrea del­la Val­le unter dem Vor­sitz von Domi­ni­que Kar­di­nal Mam­ber­ti, Kar­di­nal­pro­to­dia­kon und Prä­fekt des Ober­sten Gerichts­ho­fes der Apo­sto­li­schen Signa­tur, statt­fand.

In den präch­ti­gen Räum­lich­kei­ten der histo­ri­schen Sakri­stei von San­t’An­drea del­la Val­le wur­den die Arbei­ten nach einer Ein­füh­rung durch den Juri­sten Emi­lio Artig­lie­ri, Postu­la­tor des Selig­spre­chungs­pro­zes­ses von Etto­re Ver­naz­za und von Her­zo­gin Oli­va Sal­via­ti, eröff­net. Sie ent­stammt einem alten flo­ren­ti­ni­schen Adels­ge­schlecht2, das spä­ter nach Rom ver­pflanzt wur­de und der Kir­che zahl­rei­che Kar­di­nä­le schenk­te, dar­un­ter Anto­nio Maria Sal­via­ti (1537–1602), dem wir die Neu­grün­dung des genann­ten Hos­pi­tals zum hei­li­gen Jakob verdanken.

Her­zo­gin Sal­via­ti erzähl­te die Geschich­te des Kran­ken­hau­ses bis hin zu den jüng­sten gericht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen, bei denen sie vor dem Ober­sten Gerichts­hof einen Pro­zeß gegen die Regi­on Lati­um gewann, die die alte römi­sche Ein­rich­tung schlie­ßen woll­te. Anschlie­ßend sprach Prof. Rober­to de Mat­tei über „Die katho­li­sche Erneue­rung in einer Zeit der Kri­se“ und Pater Mar­ce­lo Raúl Zubia, Gene­ral­vi­kar des Thea­ti­ner­or­dens, über “Die gött­li­che Lie­be und den Ursprung des Thea­ti­ner­or­dens“. Bei­de Refe­ren­ten spann­ten den histo­ri­schen Rah­men, in dem sich die erste katho­li­sche Erneue­rung des 16. Jahr­hun­derts ent­wickel­te – inspi­riert von den Wor­ten des Kar­di­nals Aegi­di­us von Viter­bo, des dama­li­gen Gene­ral­pri­o­rs der Augu­sti­ner-Ere­mi­ten, in sei­ner Eröff­nungs­re­de auf dem Fünf­ten Late­r­an­kon­zil am 3. Mai 1512:

„Die Men­schen müs­sen durch die Reli­gi­on ver­än­dert wer­den, nicht die Reli­gi­on durch die Menschen“.

Dies, so erin­ner­te Pro­fes­sor de Mat­tei, war der Grund­satz, der die Gesell­schaf­ten der gött­li­chen Lie­be inspi­rier­te und eine ech­te katho­li­sche Refor­ma­ti­on ein­lei­te­te, die der fal­schen pro­te­stan­ti­schen Refor­ma­ti­on ent­ge­gen­ge­setzt war, die behaup­te­te, die Reli­gi­on zu ändern, um die Men­schen zu ändern.

Am Ende der Kon­fe­renz, an der ein zahl­rei­ches und aus­ge­wähl­tes Publi­kum teil­nahm, wur­de eine fei­er­li­che Mes­se von Kar­di­nal Domi­ni­que Mam­ber­ti in der Basi­li­ka San­ta Maria del­la Val­le zelebriert.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL


1 Die Syphi­lis, eine über­trag­ba­re Geschlechts­krank­heit, wur­de 1493, so die aner­kann­te Theo­rie, von den Ame­ri­ka-Ent­deckern aus der Neu­en Welt ein­ge­schleppt. Umge­kehrt schlepp­ten die Euro­pä­er, ohne es zu wis­sen, die Pocken und Masern nach Ame­ri­ka ein, die dort bis dahin unbe­kannt waren. Die fran­zö­si­sche Armee, damals an ver­schie­de­nen Fron­ten im Ein­satz, ver­brei­te­te die Syphi­lis in Euro­pa wei­ter, wes­halb sie auch als „Fran­zo­sen­krank­heit“ bekannt wurde.

2 Das Her­zogs­ge­schlecht geht auf Goti­fred im 12. Jahr­hun­dert zurück.

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1 Kommentar

  1. Man kann die Luthe­ri­sche Refor­ma­ti­on auch als Revo­lu­ti­on sehen, dann wäre die katho­li­sche Gegen­be­we­gung eine Konterrevolution.
    Und Reak­tio­när ein Ehrentitel.

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