
Von Caminante Wanderer*
Auf der sozialen Plattform X (@CaminaWanderer) hatte ich vor einigen Wochen interessante Diskussionen mit einem jungen Salesianer (@EmiArruaba) über verschiedene Themen. Ich bin überzeugt, daß es sich um einen Priester handelt, der seinem Amt mit Hingabe nachgeht und das Erbe großer Salesianer fortführt, die in Argentinien eine bedeutende Rolle spielten – etwa Monsignore Juan Cagliero oder Pater José Fagnano.
Mein Gesprächspartner zeigte jedoch auch deutlich die Eigenheiten seines Ordens. So versicherte er mir zum Beispiel, daß er niemals akzeptieren werde, daß die Bescheidenheit von Papst Franziskus – etwa seine Entscheidung, im Gästehaus Santa Marta statt im Apostolischen Palast zu wohnen – die Kirche jährlich zweieinhalb Millionen Euro kostete. Sein Unglaube gründet sich darauf, daß die Nachricht in Il Tempo erschienen war, einer italienischen Zeitung mit konservativer Ausrichtung; und der gute Pater würde niemals einem konservativen Medium sein Vertrauen schenken. Die Rechnungen müsse er wenn schon, selbst anstellen – und man muß zugeben: Die Salesianer sind gut mit Zahlen. Und auch darin, beträchtliche Erbschaften an Land zu ziehen.
Dieser befreundete Pater trägt die Prägung seiner Ausbildung unübersehbar in sich. Deshalb gerät er regelrecht in Rage, wenn ich den Erzbischof von Buenos Aires als den „Nicht-Kardinal García Cuerva“ bezeichne. Ich entgegne ihm, es handle sich schlicht um eine Tatsachenfeststellung: Cuerva ist kein Kardinal. Er jedoch hält das für eine respektlose Ironie, die das Ansehen des Erzbischofs untergrabe und die kirchliche Gemeinschaft verletze.
Umso mehr, wenn sich die Kritik gegen Papst Franziskus richtet – denn der Salesianer gehört zu dessen „Witwern“ – und er erinnert mich daran: „Wer die Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri verletzt, verletzt den ganzen Leib der Kirche.“ Ich war über diesen tiefgreifenden theologischen Irrtum erstaunt und sagte es ihm auch, doch ich muß einräumen, daß mein priesterlicher Freund in einem wesentlichen Punkt recht hat: Die Communio, oder koinonía, ist – auch wenn der Mißbrauch des Begriffs durch progressive Strömungen bei uns mitunter eine gewisse Irritation auslöst – ein zentrales Element der Kirche.
Der Begriff der Communio (koinonía auf Griechisch, communio auf Latein) drückt die Einheit der Kirche aus, verstanden als mystischer Leib Christi, in dem die Gläubigen mit Christus und untereinander verbunden sind. Die Bischöfe spielen dabei eine zentrale Rolle als Garanten dieser Einheit. Die Kirchenväter haben diese Idee in drei Hauptdimensionen entfaltet: eucharistische Einheit – die Eucharistie als Sakrament der Gemeinschaft mit Christus und untereinander; episkopale Einheit – die Bischöfe als Nachfolger der Apostel, die über die Lehre und die Einheit der Teilkirchen wie der Gesamtkirche wachen; und doktrinäre Einheit – das Festhalten am apostolischen Glauben als Fundament der kirchlichen Gemeinschaft.
Ignatius von Antiochien, Schüler des Apostels Johannes, schreibt an die Epheser: „Wo der Bischof ist, dort ist auch die Gemeinde (koinótēs), so wie dort, wo Christus ist, auch die katholische Kirche ist.“ Ähnliche Aussagen finden sich in seinen anderen Briefen an die sieben Gemeinden. Irenäus von Lyon sagt: „Die apostolische Überlieferung, sichtbar in der ganzen Welt, kann in jeder Kirche erkannt werden von jenen, die die Wahrheit sehen wollen, und wir besitzen die Sukzession der Bischöfe, denen die Apostel die Kirche anvertraut haben.“ Und weiter in Adversus haereses: „Man muß den Bischöfen der Kirche gehorchen, die die Nachfolge der Apostel innehaben … denn sie sind es, die die Verkündigung der Wahrheit bewahren.“
Cyprian von Karthago schreibt in De unitate Ecclesiae: „Der Bischof ist das Fundament der Einheit; niemand kann in der Kirche sein, wenn er nicht in Gemeinschaft mit seinem Bischof ist“, und in einem seiner Briefe fügt er hinzu: „Wo Einheit mit dem Bischof herrscht, kann es kein Schisma geben, denn der Bischof ist durch die apostolische Sukzession das Band der Einheit.“ Athanasius von Alexandrien schreibt in der Historia arianorum: „Die Bischöfe, die sich im Konzil versammeln, bewahren den Glauben der Kirche, denn die Communio der Kirche hängt von der Wahrheit des apostolischen Glaubens ab.“ Und im Brief an Afros: „Die Gemeinschaft der Kirche gründet sich auf den Glauben der Apostel, den die Bischöfe gegen die Häresien zu bewahren haben.“ Leo der Große schließlich schreibt in seinem Tomus ad Flavianum: „Die Gemeinschaft der Bischöfe im apostolischen Glauben sichert die Einheit der Kirche unter der Leitung des Stuhles Petri.“
Diese kleine, bei weitem nicht erschöpfende Florilegium zeigt, wie notwendig die Einheit – die Communio – in der Kirche ist. Und wir alle erinnern uns an das Wort des Herrn: „Alle sollen eins sein: wie du, Vater, in mir bist und ich in dir“ (Joh 17,21). Diese Einheit vollzieht sich rund um den Bischof. Mit anderen Worten: Die Communio der Kirche zu brechen, indem man sich vom Bischof trennt, ist eine ernste – nein, eine äußerst ernste – Angelegenheit, denn Christus selbst hat gewollt, daß seine Kirche auf den Bischöfen als Nachfolgern der Apostel gegründet ist. In diesem Punkt hat der tweetende Salesianer recht.
Doch ich glaube, daß er dabei einen entscheidenden Aspekt übersieht. Diese koinonía, die Gemeinschaft mit dem Bischof und durch ihn mit dem Papst von Rom, ist kein Stammesband, das uns aus bloßer Loyalität oder emotionaler Verbundenheit an einen Anführer fesselt. In der Kirche leitet sich die Autorität der Bischöfe aus der apostolischen Sukzession ab – wie die patristischen Texte klar zeigen –, nicht aus persönlicher Ausstrahlung oder der Fähigkeit, das Volk zu bewegen. Und daß die Autorität des Bischofs und seine Rolle als Mittelpunkt der Einheit aus der apostolischen Sukzession stammt, bedeutet nicht nur eine mechanische Weitergabe des Bischofsamtes, sondern auch das Bekenntnis und die Bewahrung des apostolischen Glaubens. Ich wiederhole Athanasius:
„Die Gemeinschaft der Kirche gründet sich auf den Glauben der Apostel, den die Bischöfe gegen die Häresien zu bewahren haben.“
Wenn daher ein Bischof – oder selbst der Papst –, wie es unter Franziskus nicht selten geschah, aufhört, diesen Glauben zu verkünden, und stattdessen Lehren verbreitet, die ihm widersprechen, dann verrät er seine Rolle als Zentrum der kirchlichen koinonía. In Wahrheit sind sie es dann, die die Communio aufkündigen. Sie zu kritisieren oder ihnen gar den Gehorsam zu verweigern, ist dann nicht ein Bruch der Einheit – wie es der Salesianer behauptet –, sondern kann im Gegenteil zur Pflicht werden. Denn über der Communio steht die Wahrheit – oder besser: Die Wahrheit ist das Fundament der Communio. In solchen Fällen wird die Communio nicht verletzt, sondern im eigentlichen Sinn gestärkt. Denn die Kirche besteht nicht nur aus den heute auf Erden lebenden Getauften, sondern auch aus denen, qui nos praecesserunt cum signo fidei et dormiunt in somno pacis, „die uns mit dem Zeichen des Glaubens vorausgegangen sind und im Schlaf des Friedens ruhen“. Die Communio umfaßt die ganze Kirche.
Und wenn der Nicht-Kardinal García Cuerva sein apostolisches Amt dazu nutzt, den Peronismus politisch zu propagieren, seine Reden auf soziologische Plattitüden reduziert und seine vorrangige Aufgabe – nämlich Zeuge des apostolischen Glaubens zu sein – vernachlässigt, dann hat er aufgehört, das Band der Communio zu sein. Dann ist er kein Faktor der Einheit mehr, sondern im Gegenteil deren Zersetzung.
Ich glaube, die meisten, die dies nun lesen, sind sich dessen bewußt. Doch es lauert eine Gefahr: nämlich, daß wir uns an die Ungehorsamkeit gewöhnen. Denn faktisch leben wir in einem ständigen Zustand des Ungehorsams gegenüber den Bischöfen – und selbst dem Papst. Die tiefe Krise, die die Kirche in den letzten Jahrzehnten durchlebt hat – vor allem gekennzeichnet durch den massenhaften Glaubensabfall von Bischöfen –, hat unsere Haltung gerechtfertigt: Um dem apostolischen Glauben treu zu bleiben, mußten wir unseren Bischöfen ungehorsam sein. Doch die eigentliche Gefahr sehe ich darin, daß dieser Ungehorsam zum Automatismus wird, daß er unser Urteilsvermögen trübt, unsere Vernunft verdunkelt, und wir – weil es leichter ist, ungehorsam zu sein als gehorsam – vorschnell und ohne Prüfung die Communio aufkündigen, sobald uns der Bischof oder der Papst nicht apostolisch genug erscheint.
In diesem Sinne halte ich den jüngsten Brief von Pater John Fullerton, dem Distriktsoberen der Piusbruderschaft in den Vereinigten Staaten, für ausgesprochen klug und von wahrhaft kirchlicher Gesinnung. Ich lade alle ein, ihn zu lesen.
In Argentinien haben wir es übrigens leichter als in anderen Gegenden. Ob García Cuerva, Colombo oder Barba – es handelt sich um Personen, die, obwohl sie Mitra und Bischofsstab tragen, mehr als deutlich gezeigt haben, daß sie den katholischen Glauben in seiner Gesamtheit nicht bekennen, zweifelhafte oder gar falsche Aussagen machen und jene verfolgen, die treu zur überlieferten Lehre der Kirche stehen wollen. Schwieriger wird es bei der Frage nach dem Papst. Wie ich bereits ausgeführt habe, halte ich den folgenden Schluß für äußerst bedenklich – ein klassisches Beispiel für einen Syllogismus in barbara: „Das Zweite Vatikanische Konzil ist schlecht. Papst Leo folgt dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Also ist Papst Leo schlecht.“ Man kann das Mittelglied auch austauschen gegen: „von Franziskus ernannt“; „spricht von Synodalität“; „bestätigt modernistische Bischöfe“; „feiert den Novus Ordo“, usw.
Es ist verständlich, daß ein vereinfachender Schluß oft bequemer ist – und daß nicht alle für komplexere Gedankengänge gemacht sind, auch wenn diese gar nicht so kompliziert wären. Doch unverständlich ist, wenn man daraus den Schluß zieht, die Notwendigkeit kirchlicher Communio zu verachten. Gerade jetzt, wo der gegenwärtige Pontifex – bislang – den apostolischen Glauben in ungewohnter Klarheit und Festigkeit verkündet.
*Caminante Wanderer, argentinischer Philosoph und Blogger
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Caminante Wanderer
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