
Das Amt für die liturgischen Feiern des Papstes veröffentlichte den Kalender für den Monat Juni, der zahlreiche Termine für das neue Kirchenoberhaupt enthält, dabei fällt jener für das Fronleichnamsfest auf, das Hochfest des Leibes und Blutes Christi, mit dem sein Vorgänger Franziskus sein ganzes Pontifikat hindurch Probleme hatte.
Fronleichnam ist eines der strahlendsten und ehrfurchtgebietendsten Feste im Kirchenjahr. Es dient dazu, das unaussprechliche Geheimnis der allerheiligsten Eucharistie – die Realpräsenz Jesu Christi im Altarsakrament – mit besonderer Festlichkeit zu begehen, Ihn anzubeten und diese Realität der ganzen Welt zu verkünden. Die Kirche ruft der Welt freudig zu: „Ecce panis angelorum“, „Seht das Brot der Engel“. Die Fronleichnamsprozession dient der öffentlichen Verehrung und dem öffentlichen Glaubensbekenntnis. Die Prozession führt aus den Kirchen hinaus auf die Straßen, um der Welt zumindest kurz einen himmlischen Augenblick auf Erden zu zeigen.
Doch genau mit diesem Moment hatte Franziskus wie auch mit dem Gründonnerstag seine Probleme. Den Gründonnerstag machte er unsichtbar und die jahrhundertealte große Fronleichnamsprozession in Rom ließ er beschneiden und schließlich aus dem päpstlichen Kalender streichen. Beide Momente des Kirchenjahres waren in römischen Tradition fest verwurzelt und sind mit der Lateranbasilika verbunden, der Bischofskirche der Diözese Rom. Doch obwohl Franziskus verbal nicht sein Papsttum betonte, sondern darauf beharrte, der Bischof von Rom zu sein, zeigte er, genau mit jenen festen Terminen im Jahr Probleme zu haben, die mit seinem Amt als Bischof von Rom und seiner Bischofskirche verbunden waren. Das war nur einer von zahlreichen Widersprüchen des argentinischen Pontifikats.
Besonderen Ausdruck fand das in seiner Distanz, die Franziskus gegenüber der römischen Fronleichnamsprozession zeigte, sodaß diese während seines Pontifikats nie in ihrer traditionellen Form durchgeführt wurde.
- 2013 nahm Franziskus an der Prozession teil, kniete aber nicht vor dem Allerheiligsten, sondern ging zu Fuß hinterher.
- 2014 und in den folgenden Jahren sagte Franziskus seine Teilnahme an der Prozession mit und ohne Begründung ab und ließ sich mit dem Auto nach Santa Maria Maggiore bringen.
- 2017 verlegte er die Zelebration des Fronleichnamsfestes auf den darauf folgenden Sonntag, um eine „größere Teilnahme“ der Bevölkerung zu ermöglichen, dabei war die traditionelle Fronleichnamsprozession immer außerordentlich gut besucht.
- 2018 wechselte Franziskus in den „Gründonnerstagsmodus“, indem er seine Bischofskirche verließ, um in eine Vorstadtpfarrei zu gehen, wegen der Nähe zu „sozialen Brennpunkten“ (ohne dort an der Prozession teilzunehmen).
- 2019 verschwand das Fronleichnamsfest aus dem liturgischen Kalender des Papstes, während Franziskus in einer anderen Vorstadtpfarrei war.
- 2020 und 2021 zelebrierte Franziskus das von ihm beschnittene Fest „wegen der Corona-Einschränkungen“ im Petersdom, während die schon im Jahr zuvor aus dem Kalender gestrichene Fronleichnamsprozession gestrichen blieb.
- 2022 und 2023 nahm Franziskus aus gesundheitlichen Gründen gar nicht an Zelebrationen teil und das Fest verschwand ganz aus dem päpstlichen Kalender.
- 2024 kehrte Franziskus erstmals seit 2017 zu Fronleichnam (gefeiert am Sonntag, wie von Franziskus angeordnet) in seine Bischofskirche zurück. Er zelebrierte aber nicht und nahm auch nicht an der Fronleichnamsprozession teil.
Unter Vatikanisten wurde bereits vor Jahren gescherzt: „Wer Informationen zum verschollenen Fronleichnamsfest haben sollte, möge sich bitte an das Amt für die liturgischen Feiern des Papstes wenden“.

In Ländern, in denen Fronleichnam kein gesetzlicher Feiertag ist, wird es am folgenden Sonntag gefeiert, so auch in Italien, wo 1977 im Zuge einer Arbeitsrechtsreform mehrere gesetzliche Feiertage an kirchlichen Festtagen abgeschafft wurden. Im selben Jahr entschied die Bischofskonferenz, das Fronleichnamsfest am Sonntag nach dem eigentlichen liturgischen Datum zu begehen, mit einer Ausnahme. Der Papst zelebrierte das Fest weiterhin am Donnerstag, da er die Weltkirche repräsentiert und damit nicht an die Regelung eines einzelnen Landes gebunden ist.
Die Verlegung auch der päpstlichen Feier des Fronleichnamsfestes vom Donnerstag auf den folgenden Sonntag hatte Franziskus damit begründet, der Bevölkerung eine größere Teilnahme zu ermöglichen. Das Gegenteil war jedoch der Fall. Seit die Fronleichnamsprozession nicht mehr am Donnerstag abend, sondern am Sonntag vormittag stattfindet, hat sich die Teilnahme reduziert, denn am Sonntag wird das Fest in allen Pfarreien gefeiert.
Der Kalender für die liturgischen Feiern von Papst Leo XIV. sieht das Fronleichnamsfest wieder vor. Der neue Papst wird es in der Lateranbasilika zelebrieren und zwar mit der Prozession und dem Eucharistischen Segen. Allerdings wird es am Sonntag, dem 22. Juni stattfinden und nicht am Donnerstag, dem 19. Juni, dem eigentlichen liturgischen Festtag.
Dies könnte den schon getroffenen Vorbereitungen geschuldet sein, wobei der Vatikan soeben durch den Tod von Franziskus und die Wahl von Leo XIV. gezeigt hat, wie leistungsfähig er auf unerwartete Veränderungen reagieren und aufwendige Ereignisse wie eine Papstwahl problemlos und kurzfristig bewältigen kann. Es wird sich in den kommenden Jahren zeigen, ob es dabei bleiben oder ob der Heilige Stuhl nächstes Jahr wieder zum liturgischen Festtag am Donnerstag zurückkehren wird.

Text. Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshots)