Am heutigen 18. Mai fand die Amtseinführung von Papst Leo XIV. statt. In seiner Predigt an das auf dem Petersplatz und den angrenzenden Straßen versammelte Volk rief er vor allem zur Einheit der Kirche auf und betonte den Primat der Liebe.
Einige andere Stellen wären wohl etwas erklärungsbedürftig, besonders die „Aufwertung“ der „religiösen Kultur eines jeden Volkes“. Das Wort „valorizzare“ bedeutet „aufwerten“, „zur Geltung kommen lassen“, „hervortreten lassen“. Implizit kann es im übertragenen Sinn aber auch „wertschätzen“ bedeuten. Da keine offizielle Übersetzung der Ansprache durch den Heiligen Stuhl vorliegt, müssen wir uns in der Übersetzung an die eigentliche Wortbedeutung halten. Ein weiterer auffälliger Punkt ist die Aussage: Die Kirche solle handeln, „ohne uns der Welt überlegen zu fühlen“. Die Kirche ist der Welt aber per definitionem überlegen, denn sonst bräuchte es sie nicht. „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch“ (Joh 14,27). Die Kirche sollte keine Arroganz zeigen, gewiß, aber diese Aussage in der Antrittsrede des Papstes wirkt ambivalent. Die Kirche sollte aus ihrer langen Erfahrung ausreichend wissen, daß ihr noch keine Verneigung vor „der Welt“ etwas gebracht hat. Da es sich um die offizielle Antrittsansprache des neugewählten Papstes handelt, klingt jede Kritik als wollte man das Haar auf der Bürste zählen, was an dieser Stelle aber nicht getan werden soll. Darum hier nun der vollständige Text der Antrittsansprache von Leo XIV.:
Liebe Brüder Kardinäle,
Brüder im Episkopat und im Priesteramt!
Geehrte Autoritäten und Mitglieder des Diplomatischen Korps!
Ein Gruß an die Pilger, die anläßlich des Heiligen Jahres der Bruderschaften gekommen sind!
Brüder und Schwestern!
Ich grüße Sie alle mit einem Herzen voller Dankbarkeit zu Beginn des mir anvertrauten Amtes. Augustinus schrieb: „Du hast uns für dich geschaffen, [Herr] und unser Herz hat keine Ruhe, bis es in dir ruht“ (Bekenntnisse, 1, 1.1).
In diesen vergangenen Tagen haben wir eine besonders intensive Zeit erlebt. Der Tod von Papst Franziskus hat unsere Herzen mit Traurigkeit erfüllt, und in diesen schweren Stunden fühlten wir uns wie die Menschenmenge, von der das Evangelium sagt, daß sie „wie Schafe ohne Hirten“ waren (Mt 9,36). Gerade am Ostertag empfingen wir seinen letzten Segen, und im Licht der Auferstehung begegneten wir diesem Moment in der Gewißheit, daß der Herr sein Volk niemals verläßt, es sammelt, wenn es verstreut ist, und es „wie ein Hirte seine Herde hütet“ (Jer 31,10).
In diesem Geist des Glaubens hat sich das Kardinalskollegium zum Konklave versammelt; aus unterschiedlichen Geschichten und unterschiedlichen Wegen kommend, haben wir den Wunsch in Gottes Hände gelegt, den neuen Nachfolger Petri, den Bischof von Rom, zu wählen, einen Hirten, der fähig ist, das reiche Erbe des christlichen Glaubens zu bewahren und gleichzeitig seinen Blick weit in die Ferne zu richten, um sich den Fragen, Sorgen und Herausforderungen von heute zu stellen. Begleitet von Eurem Gebet, haben wir das Wirken des Heiligen Geistes gespürt, der die verschiedenen Musikinstrumente zu stimmen vermochte und die Saiten unserer Herzen in einer einzigen Melodie schwingen ließ.
Ich wurde ohne jeden Verdienst auserwählt und komme mit Furcht und Zittern zu Euch als ein Bruder, der ein Diener Eures Glaubens und Eurer Freude sein will, um mit Euch den Weg der Liebe Gottes zu gehen, der uns alle in einer Familie vereint sehen will.
Liebe und Einheit: Das sind die beiden Dimensionen der Sendung, die Jesus Petrus anvertraut hat.
Das Evangelium erzählt uns davon und führt uns an den See von Gennesaret, denselben See, an dem Jesus seine vom Vater erhaltene Sendung begonnen hatte: die Menschheit zu „fischen“, um sie aus den Wassern des Bösen und des Todes zu retten. Als er am Ufer dieses Sees vorbeikam, rief er Petrus und die anderen ersten Jünger dazu auf, wie er „Menschenfischer“ zu sein; und nun, nach der Auferstehung, sind sie an der Reihe, diese Mission fortzuführen, immer wieder das Netz auszuwerfen, um die Hoffnung des Evangeliums in die Gewässer der Welt einzutauchen, um auf dem Meer des Lebens zu segeln, damit alle in die Umarmung Gottes gelangen.
Wie kann Petrus diese Aufgabe erfüllen? Das Evangelium sagt uns, daß dies nur möglich ist, weil er in seinem eigenen Leben die unendliche und bedingungslose Liebe Gottes erfahren hat, selbst in der Stunde des Versagens und der Verleugnung. Deshalb verwendet das Evangelium, wenn Jesus Petrus anspricht, das griechische Verb ἀγαπάω (agapao), das sich auf die Liebe Gottes zu uns bezieht, darauf, daß er sich ohne Vorbehalt und ohne Berechnung anbietet, anders als bei der Antwort des Petrus, die eher die Liebe der Freundschaft beschreibt, die wir untereinander austauschen.
Wenn Jesus Petrus fragt: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“ (Joh 21,16), bezieht er sich also auf die Liebe des Vaters. Es ist, als würde Jesus zu ihm sagen: Nur wenn du diese Liebe Gottes, die niemals versagt, kennengelernt und erfahren hast, wirst du meine Lämmer hüten können; nur in der Liebe Gottes, des Vaters, wirst du deine Brüder und Schwestern mit einem „Mehr“ lieben können, das heißt, indem du dein Leben für deine Brüder und Schwestern opferst.
Petrus wird also mit der Aufgabe betraut, „mehr zu lieben“ und sein Leben für die Herde hinzugeben. Das Amt des Petrus ist gerade durch diese verpflichtende Liebe gekennzeichnet, denn die Kirche von Rom wird von der Liebe geleitet und ihre wahre Autorität ist die Liebe Christi. Es geht nie darum, andere mit Unterdrückung, religiöser Propaganda oder Machtmitteln zu vereinnahmen, sondern immer und ausschließlich darum, so zu lieben wie Jesus.
Er – sagt der Apostel Petrus selbst – „ist der Stein, der von euch, den Bauleuten, verworfen wurde und zum Eckstein geworden ist“ (Apg 4,11). Und wenn der Stein Christus ist, muß Petrus die Herde hüten, ohne jemals der Versuchung zu erliegen, ein einsamer oder über andere gestellter Führer zu sein, der sich zum Herrn über die ihm anvertrauten Menschen macht (vgl. 1 Petr 5,3); im Gegenteil, er ist aufgefordert, dem Glauben seiner Brüder zu dienen und mit ihnen gemeinsam zu gehen: Wir sind in der Tat alle „lebendige Steine“ (1 Petr 2,5) und durch unsere Taufe dazu berufen, in brüderlicher Gemeinschaft, in der Harmonie des Geistes, im Miteinander der Verschiedenheit das Gebäude Gottes zu errichten. Wie der heilige Augustinus sagt: „Die Kirche besteht aus all denen, die mit ihren Brüdern im Einklang sind und ihren Nächsten lieben“ (Sermon 359,9).
Dies, liebe Brüder und Schwestern, möchte ich als unseren ersten großen Wunsch formulieren: eine geeinte Kirche, ein Zeichen der Einheit und der Gemeinschaft, die zum Sauerteig für eine versöhnte Welt wird.
In unserer Zeit gibt es noch zu viel Zwietracht, zu viele Wunden, verursacht durch Haß, Gewalt, Vorurteile, Angst vor dem anderen, ein Wirtschaftsparadigma, das die Ressourcen der Erde ausbeutet und die Ärmsten an den Rand drängt. Und wir wollen in diesem Teig ein kleiner Sauerteig der Einheit, der Gemeinschaft und der Brüderlichkeit sein. Wir wollen der Welt in Demut und Freude sagen: Schaut auf Christus! Nähert euch Ihm! Nehmt sein Wort an, das erleuchtet und tröstet! Hört auf seinen Vorschlag der Liebe, um seine eine Familie zu werden: In dem einen Christus sind wir eins. Und das ist der Weg, den wir gemeinsam gehen müssen, unter uns, aber auch mit unseren christlichen Schwesterkirchen, mit denen, die andere religiöse Wege gehen, mit denen, die die Unruhe der Gottsuche pflegen, mit allen Frauen und Männern guten Willens, um eine neue Welt aufzubauen, in der Frieden herrscht.
Das ist der missionarische Geist, der uns beseelen muß, ohne uns in unsere eigene kleine Gruppe einzuschließen oder uns der Welt überlegen zu fühlen; wir sind aufgerufen, allen die Liebe Gottes anzubieten, damit jene Einheit verwirklicht wird, die die Unterschiede nicht aufhebt, sondern die persönliche Geschichte eines jeden Menschen und die soziale und religiöse Kultur eines jeden Volkes aufwertet.
Brüder, Schwestern, dies ist die Stunde der Liebe! Die Liebe Gottes, die uns untereinander zu Brüdern und Schwestern macht, ist das Herzstück des Evangeliums, und mit meinem Vorgänger Leo XIII. können wir uns heute fragen: Wenn dieses Kriterium „in der Welt vorherrschen würde, würde dann nicht sofort alle Zwietracht aufhören und der Friede zurückkehren“ (Enzyklika Rerum novarum, 21).
Bauen wir mit dem Licht und der Kraft des Heiligen Geistes eine Kirche auf, die sich auf die Liebe Gottes gründet und ein Zeichen der Einheit ist, eine missionarische Kirche, die ihre Arme für die Welt öffnet, die das Wort verkündet, die sich von der Geschichte beunruhigen läßt und die zu einem Sauerteig der Eintracht für die Menschheit wird.
Gemeinsam, als ein Volk, als Brüder alle, laßt uns auf Gott zugehen und uns gegenseitig lieben.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)

Was bis jetzt deutlich zutage tritt, ist die ausschließliche Verankerung des neuen Papstes im II. Vatikanischen Konzil und die Zeit danach.
So zelebrierte Papst Leo XIV treu innerhalb der Vorgaben des Novus Ordo, wobei er das selten benutzte Eucharistische Hochgebet I benutzte und die Hl. Kommunion sowohl in die Hand als auch in den Mund austeilen ließ.
Er ist eben der erste Papst, der bewusst nur die nachkonziliare Kirche erlebt hat. (Zum Zeit des Konzilsbeginns war er gerade 7 Jahre alt.)
Robert Prevost wurde 1955 geboren. Da dürfte er die Initiationssakramente und seine Erstbeichte noch in der überlieferten Form empfangen haben. An seine Erstkommunion und Firmung im Kindesalter kann man sich noch sehr gut erinnern, es sind prägende Ereignisse für das ganze Leben.
Die Webseite Summorum-pontificum.de zitiert einen bemerkenswerten Satz aus einem längeren Interview, das Robert Prevost im September 2023 anlässlich seiner Kardinalsernennung gegeben hatte:
„(…) wenn wir unsere Prioritäten aufstellen und die Herausforderungen abwägen, die vor uns liegen, müssen wir uns darüber im Klaren sein, daß die Dringlichkeiten beispielsweise in Italien, Spanien, den Vereinigten Staaten, Peru oder China höchstwahrscheinlich nicht dieselben sind, bis auf eines: die grundlegende Herausforderung, die Christus den Katholiken hinterlassen hat, nämlich das Evangelium zu verkünden, und zwar, daß es überall dasselbe sei.“
Quelle: https://www.summorum-pontificum.de/cont_articles/25/m05/16_gleiches%20evangelium.html
Wenn es tatsächlich die Prämisse des neuen Pontifex ist, das Wort Gottes überall gleich zu verkündigen, kann und darf man erklärungsbedeürftige Formulierungen und ambivalent klingende Aussagen in seiner Antrittsansprache durchaus wohlwollend interpretieren.
Seit längerer Zeit plagt mich der Gedanke, daß „die Kirche“ leer-geredet wird. Immer das selbe, Gottes unermeßliche Liebe, nie klare Worte zu Wesentlichem. Deshalb wählen Katholiken auch Parteien mit zerstörerischem Charakter. Und CDUCSU gehen den Weg der Democrazia Cristiana.
Heute in der Zeitung: „Papst Leo rügt den Kapitalismus.“ Der Kapitalismus ist unschuldig. Er wird von bösen Menschen schlecht gemacht. Und für die gilt Jesu Wort vom Nadelöhr.
Außerhalb der Kirche kein wirkliches Heil. Und das Heil ist gegeben durch die hl. Schrift, die wahren und gültigen Lehren, die jedermann im Katechsimus lesen und verinnerlichen kann. Und darum wird und muß es auch Mission geben im Hinblick auf Getaufte in den getrennten Kirchen und christlichen Gemeinschaften sowie Mission im Hinblick auf andere Religionen und Ideologien. Der Weg zu Christus muß vielen anderen verkündet werden. Die anderen kennen diesen Weg nicht und wie sollten sie mit der Kirche diesen Weg gehen können? Das schreibt jedenfalls „schon“ der hl. Apostel Paulus, daß insbesondere den Heiden und ihren Religionen der Weg und die Wahrheit, das Evangelium gesagt werden muß.
Was Papst Leo XIV. in seiner Predigt gesagt hat, klingt wie eine Fortsetzung der falschen Wege, klingt eine wenig wie „Abu Dhabi“.
Der Papst wird seine Worte sicherlich noch verdeutlichen.
Papst Leo wählt einen sachlichen und unaffektierten Stil. Er nimmt sein eigenes Empfinden aus der Argumentation zurück. Dabei kann übersehen werden, wie bedeutungstief die Aussagen sind. Da sind sie wieder, die drei Formen der Liebe, die schon die alten Griechen unterschieden. Agape, Philia und Eros. Liebe ist das Schlachtfeld des ablaufenden Weltgerichts. Die Häretiker predigen den Eros. Sie suchen Befriedigung des Liebesbedürfnisses unter der Vorherrschaft des Egoismus. Der Eros wird von Papst Leo disklassifiziert: „Das ist der missionarische Geist, der uns beseelen muß, OHNE uns in unsere eigene kleine Gruppe einzuschließen oder uns der Welt überlegen zu fühlen“. Eros einmal als Gruppenegoismus und dann unter der Ausrichtung des persönlichen Hochmuts. Die Agape steht als göttlicher Einfluss, etwas, was der Mensch nicht aus sich selbst haben kann. In ihr sieht er die Bedingung für pastorales Wirken. Der Begriff Philia wird nicht namentlich erwähnt, aber als freundschaftlichen Liebe beschrieben. Das Wohl der Freundschaft steht in der Philia über Gruppen- und Eigeninteressen.
Bevor Jesus in die Welt kam, kannte die Menschheit die Agape nicht. Der Mensch besaß noch nicht die Fähigkeit, aus sich selbst heraus Gott zu lieben. Noch durften wir Gott nicht den Vater nennen. Der Gott des alten Testamentes erscheint deshalb als autoritärer Schöpfer, der gefürchtet werden muss. Die Schreiber der Bücher des alten Testamentes besaßen nicht die Entflammung für den Vater. Die Entflammung kommt mit Jesus Christus. „Das Reich Gottes ist inwendig in Euch“ bedeutet, Agape brennt im Herzen des Menschen und läßt ihn den Vater suchen. Agape entflammt den Wunsch, Gottes Gesetz nicht aus Furcht einzuhalten, sondern aus der Liebe zum Vater. Wir wollen dem Vater gefallen.
Die Apostel sprechen von dem Gesetz der Freiheit, weil die Entflammung uns aus dem alten Bund befreit. Der alte Bund ist das stoische Einhalten der Gesetze ohne Liebe zum Gesetzgeber. Paulus hat in Athen die Stoiker ausgespien, weil die alte Zeit der Vernunft ohne Liebe überwunden war. Paulus hat in Athen die Epikuräer ausgespien, weil sie noch in der egoistischen Liebe des Eros standen.
Auf dem Schlachtfeld des Weltgerichts stehen die Blinden, die die Liebe Gottes in uns auslöschen wollen. Ohne diese Liebe verfällt der Mensch der Sünde. Die blinden Führer propagieren die Überschreitung des Gesetzes durch das Ausleben der Begierden.
Jakobus beschreibt in 1,14 den Weg des Eros: „Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“ Johannes zeigt uns das Bild des fahles Pferdes, dessen Reiter der Tod ist.
Auf dem Schlachtfeld steht Leo XIV und deutet uns sachlich in die richtige Richtung.