
Aldo Maria Valli, der ehemalige Leiter der Religionsabteilung des italienischen Staatsfernsehens RAI, ein intelligenter, aber scharfer Kritiker des Pontifikats von Franziskus, befaßt sich auf seinem Blog Duc in altum mit dem neuen Papst Leo XIV.
Folgen wir Papst Leo mit Vertrauen, indem wir für ihn beten
Von Aldo Maria Valli*
Wie so oft hat ein Beitrag von mir in Duc in altum zahlreiche Reaktionen von Lesern hervorgerufen. Ich beziehe mich auf den Artikel Schießt nicht auf Leo, in dem ich meine traditionalistischen Freunde auffordere, mit der Kritik am neuen Papst sparsam umzugehen und nicht in Sektiererei zu verfallen. Etwa zwei Drittel der Kommentare sagen mir ‚bravo‘, während ein Drittel mich für zu optimistisch und sogar ein wenig vergeßlich hält.
Ein lieber Freund des Blogs schreibt mir zum Beispiel:
„Es geht nicht darum, wie Sie sagen, jedes Komma umzudrehen! Es geht um die Fakten, und zwar schwerwiegende Fakten, der persönlichen Geschichte von Prevost. Seine Corona-Impf-Haltung ist kein Komma, sondern eine sehr ernste Tatsache, an der noch immer Millionen von Menschen leiden, die kein Arzt heilen will oder kann. Die Haltung zur Masseneinwanderung ist kein Komma. Sie ist der Grund, warum in unseren Städten eine Ausgangssperre verhängt wurde, um Unruhen zu vermeiden. Eine glanzvolle Karriere in Bergoglios Schlepptau ist kein Komma. Wir wissen sehr wohl, wie er diejenigen behandelt hat, die nicht genau in seine Fußstapfen getreten sind! Ja, er hat sich viel besser präsentiert als der Argentinier, ohne Zweifel; aber dazu hat es nicht viel gebraucht… Er hat gut gesprochen, seine Predigt vor den Kardinälen war perfekt. Aber es ist besser, die ersten Fakten abzuwarten, finde ich. Wie lange wird es dauern, bis er diese widerliche Figur Fernández absetzt? Wie lange wird es dauern, bis er die Verfolgungen gegen die Franziskaner der Immakulata und so viele andere erstklassige kirchliche Realitäten rückgängig macht? Inwieweit wird er Amoris laetitia widerrufen oder korrigieren? Es scheint mir zumindest vernünftig, vorsichtig zu sein.“
Nun gebe ich zu, daß ich den Päpsten, insbesondere den neuen Päpsten, gegenüber leicht verliebt bin. Sobald ich sie auf der Segensloggia erscheinen sehe, nehme ich einen Blankowechsel heraus. Ich vertraue ihnen. So war es auch bei Franziskus (trotz einiger vager Bedenken), und ich habe drei Jahre gebraucht, bevor ich alle meine Bedenken geäußert habe. Andere haben es schon viel früher verstanden und waren sicherlich weitsichtiger als ich.
Was Papst Leo angeht, sage ich: Das Debüt war meiner Meinung nach sehr gut. Nun warten wir erst einmal ab. Gibt es einen Schatten in seiner Vergangenheit? Gewiß, aber der Heilige Geist ist am Werk, und die ausgeübte Funktion verändert auf jeden Fall die Person.
Ich würde mich freuen, wenn Papst Leo XIV. in den Apostolischen Palast zurückkehren würde, aber ich kann mir vorstellen, daß dies, selbst wenn er es wollte, kurzfristig nicht möglich sein wird, da die päpstliche Wohnung schon seit langem verlassen ist. Ich würde mich freuen, wenn er den Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Fernández, ablösen und ihm ein Ticket ohne Rückfahrkarte geben würde. Aber ich bin mir bewußt, daß er dazu nicht sofort in der Lage sein wird. Es gibt viele Dokumente von Bergoglio, die widerrufen oder korrigiert werden müssen, aber der neue Papst wird nicht in der Lage sein, alles mit einem Streich wegzuwischen.
Ich wiederhole: Warten wir ab. Aber mit Zuversicht und im Gebet für Papst Leo, nicht mit dem Gewehr im Anschlag und dem Schuß im Lauf. Es ist gut, wachsam zu sein, aber wir sollten uns davor hüten, die Hoffnung zu verlieren.
Ja, laßt uns für Papst Leo beten. Denn wir werden sehen, daß die Linken verschiedener Couleur und Herkunft bald damit beginnen werden, ihn auf den Rost zu legen und zu versuchen, sich seiner zu bemächtigen. Das gilt auch für die Modernisten innerhalb der Kirche. Wenn er also, vor allem am Anfang, mit Bedacht handelt, muß man dafür Verständnis haben.
Kardinal Német aus Belgrad berichtete, daß der neue Papst bei einem Abendessen erklärte, er habe den Namen Leo zu Ehren von Leo XIII. gewählt. Und er tat dies mit einer interessanten Bemerkung: „Wir befinden uns mitten in einer neuen Revolution: Zur Zeit Leos XIII. war eine industrielle Revolution im Gange, jetzt ist die digitale Revolution im Gange“.
Dies ist ein Thema, über das ich schon vor einigen Tagen sprechen wollte. Zu den enormen Problemen, mit denen sich Leo XIV. (der, wie wir nicht vergessen sollten, auch einen wissenschaftlichen Hintergrund hat) auseinandersetzen muß, gehört die rasante und tiefgreifende technologische Revolution, die bereits jetzt, an dem Punkt, an dem wir uns befinden, die Idee der menschlichen Identität selbst in Frage stellt. Wir denken dabei an die künstliche allgemeine Intelligenz oder AGI (Artificial General Intelligence), die darauf abzielt, die menschliche Fähigkeit, Probleme zu lösen und durch Abstraktionen zu denken, zu replizieren und die „alte“ künstliche Intelligenz zu überwinden. Dies sind Entwicklungen, die notwendigerweise auch die Philosophie und die Theologie in Frage stellen, so daß Papst Leo im 21. Jahrhundert in der Tat vor einer Revolution steht, die vielleicht viel tiefgreifender und heimtückischer ist als diejenige, mit der Leo XIII. am Ende des 19. Jahrhunderts zu tun hatte.
Schließlich erwähne ich, daß er ein Missionar ist, ein Element, das nicht nur eine pastorale Bedeutung hat. Sie werden sich an die unglückselige Erklärung von Abu Dhabi erinnern, die Bergoglio unterzeichnete und in der er sagte, daß alle Religionen Wege zu Gott sind. Wenn alle Religionen Wege sind, die zu Gott führen, entfällt die Notwendigkeit der Evangelisierung und damit auch die Notwendigkeit der Missionierung. Die Wahl eines missionarischen Papstes kommt also einer impliziten Widerlegung der Erklärung von Abu Dhabi und des darin enthaltenen religiösen Indifferentismus gleich.
Ich schließe mit dem Exorzismus, der auf dem Sockel des Obelisken auf dem Petersplatz steht, weil er mir gefällt und ich ihn für notwendig halte:
„Ecce Crucem Domini! Fugite partes adversae! Vicit Leo de tribu Juda, Radix David! Alleluja!“
Einleitung/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia/Duc in altum (Screenshot)
Nach den Prophezeiungen des Malachias (wahrscheinlich des hl. Philipp Neri) ist Leo XIV. ziemlich sicher Petrus der Römer. Demgemäß wird er die Herde durch viele Mühsale führen. Und das kann nur der Kampf um die Wahrheit innerhalb der Kirche sein verbunden mit dem Kampf gegen viele andere Feinden in der Welt und womöglich verschiedener Religionen. Papst Leo besitzt meiner Meinung nach das Wissen und die Intellektualität, um gegen alle Anfechtungen zu siegen und dazu braucht er dringend das Gebet.