
Gestern wurde die Vollversammlung der Internationalen Vereinigung der Generaloberinnen (UISG) in Rom eröffnet. Katholisches.info berichtete über die „feministischen Geister über dem Konklave“, die Druck auf die Papstwähler auszuüben versuchen, um die Fortsetzung der progressiven Agenda zu erreichen. Die Bestätigung kommt von einem Artikel von Agency Press (AP), einem der drei Big Player unter den Presseagenturen der globalen Meinungsmacher:
„Sie haben keine Stimme bei der Papstwahl, aber fast 900 Oberinnen der katholischen Frauenorden der Welt versammelten sich am Montag in Rom, um einen Kurs für die Zukunft festzulegen, nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt, an dem die Kardinäle im Konklave zusammenkommen werden, um den Nachfolger von Papst Franziskus zu wählen“, so Giovanna Dell’Orto von AP, die den Artikel mit Unterstützung der AP-Vatikankorrespondentin Nicole Winfield verfaßte.
Ordensoberinnen in Ordenskleid sind auf der Vollversammlung eindeutig in der Minderheit (siehe Titelbild).
Schwester Mary Barron, die UISG-Vorsitzende, gab gleich zu Beginn der Vollversammlung zu verstehen, daß sie sich inhaltlich das Pontifikat eines Franziskus II. wünscht. Sie forderte die in der UISG zusammengeschlossenen Oberinnen und die von diesen weltweit geleiteten 650.000 Ordensfrauen auf, dafür zu beten, daß „die Kardinäle die richtige Wahl treffen“.
Sr. Barron wurde deutlicher und gab sehr konkret zu verstehen, was sie sich unter der „richtigen Wahl“ vorstellt: Die Kardinäle sollen nämlich „darüber nachdenken, wie sie die Vision von Franziskus weiterführen können“. Und ebenso:
„Wir müssen wachsam sein, um unseren Teil dazu beizutragen, die Flamme der Erneuerung in der Kirche am Leben zu erhalten.“
Das Zusammenfallen der Vollversammlung mit dem Vorkonklave und dem Konklave sei zwar „Zufall“, doch legte die UISG-Spitze gesteigerten Wert darauf, keine Verschiebung vorzunehmen, die eigentlich aufgrund der Sedisvakanz zu erwarten gewesen wäre.
Dell’Orto deutet eine strukturelle Benachteiligung an, die man in der UISG sieht, wenn sie gleich zu Beginn darauf hinweist, daß weder die Ordensfrauen noch Frauen überhaupt den Papst mitwählen dürfen. Allerdings wurden 108 der 133 Papstwähler von Franziskus ernannt, wie die Autorin nachschiebt und worauf die UISG-Führung ihre Hoffnung zu setzen scheint.
Bei der Eröffnung der UISG-Vollversammlung saß Sr. Nathalie Becquart in der ersten Reihe, die 2021 von Franziskus zur ersten Untersekretärin des Generalsekretariats der Bischofssynode ernannt wurde.
Ihre Ernennung, wie auch jene von Sr. Raffaella Petrini zur Präsidentin der Päpstlichen Kommission für den Staat Vatikanstadt, also zur Regierungschefin des Kirchenstaates, „wurde von vielen als Zeichen dafür gewertet, daß die streng männlich geprägte katholische Hierarchie endlich Frauen die Übernahme von Entscheidungsbefugnissen auf hoher Ebene gestatten würde“, so Dell’Orto.
So meldeten sich gleich gestern Stimmen zu Wort, die durch den nächsten Papst eine Fortsetzung der Beförderungen von Ordensfrauen in Führungspositionen wünschen. Eine von ihnen war Sr. Delphine Kalisha von den Schwestern der Barmherzigkeit in Sambia. Die Ernennungen durch Franziskus „haben uns Frauen in der Kirche Hoffnung gegeben“, so Kalisha. Offensichtlich gab es unter Benedikt XVI. und Johannes Paul II. keine Hoffnung. Der marxistische Blick auf angebliche „strukturelle Benachteiligungen“ gehört zu den Grundübeln der Nachkonzilszeit.
Das erinnert an Kardinal Claudio Hummes, den „Papstmacher“ im Konklave von 2013, jenen Brasilianer deutscher Abstammung, der dem erwählten Jorge Mario Bergoglio in der Sixtinischen Kapelle zugeflüstert habe, sich Franziskus zu nennen. Kardinal Hummes sagte 2014, zum ersten Jahrestag des bis heute rätselhaften Amtsverzichts von Benedikt XVI.: „Nun haben die Menschen wieder Vertrauen in die Kirche“.
Sr. Becquart formulierte es gegenüber AP akzentuierter: Die Frauen „wollen besser gehört werden, auf die gleiche Art und Weise wie (andere) angehört werden; geschätzt werden“, ohne zu sagen, wie sie sich das konkret vorstellt, aber mit einer Andeutung:
„Vielleicht sind Sie ein Kardinal oder eine junge Schwester – wir alle sind dazu berufen, Protagonisten zu sein, um die Mission der Kirche fortzuführen.“
Da die Kardinalswürde historisch erst durch Johannes XXIII. kurz vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil mit dem Weiheamt verbunden wurde, gehen die feministischen Blicke schon seit längerem in diese Richtung. Weibliche Purpurträger gefielen manchen sogar sehr gut. Bliebe allerdings noch die Frage, welche „Mission der Kirche fortzuführen“ wäre. Darin scheint nach dem Pontifikat von Franziskus weniger Einigkeit denn je zu herrschen.
Schnell wird klar, was in der UISG den Ton angibt: die Sozialarbeit der Kirche. Diese habe Franziskus in besonderer Weise gefördert, so der Tenor. Sr. Barron ließ keinen Zweifel daran: Sie forderte ihre Mitschwestern auf, „der Vision von Franziskus von einer Kirche, die allen gehört, verpflichtet zu bleiben“. Die UISG-Führung will die bergoglianische Kirche für „Todos, todos, todos“. Was übersetzt besagen will: Wie Franziskus, so Barron, sollten die Ordensfrauen „es wagen, von einer Zukunft zu träumen, die Gottes grenzenlose Liebe widerspiegelt“.
Die Schwerpunkte der ersten Arbeitssitzung gestern waren ganz bergoglianisch geprägt: Es ging um Migration, Klimawandel, ökonomische Ungleichheit und Kriege. In diesem Sinne erfolgten gezielte Wortmeldungen, um der „Hoffnung“ Ausdruck zu verleihen, daß der nächste Papst das Erbe von Franziskus fortsetzen wird.
Eine Schwester merkte in ihrer Wortmeldung an, daß es selbst in Afrika, einem Kontinent, auf dem die katholische Kirche stark wächst, einen Rückgang der Ordensberufungen gebe, was Anlaß zu „großer Zukunftssorge“ sei.
Die UISG-Führung tritt als Pressure Group für eine progressive Agenda auf. Darin wird sie von einem Teil der Römischen Kurie unterstützt, während ihr AP internationale Aufmerksamkeit verschafft.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: UISG (Screenshot)