Kardinal Müller: „Ich wünsche mir keinen Franziskus II.“

Sich der gottlosen globalistischen Agenda widersetzen


Kardinal Gerhard Müller rammt derzeit unermüdlich in zahlreichen Interviews weltweit Marksteine in den Boden, um den Rahmen abzustecken, in dem sich die Kirche und das Papsttum zu bewegen haben. Er stemmt sich damit gegen eine horizontale Sichtweise und die globalistische Agenda
Kardinal Gerhard Müller rammt derzeit unermüdlich in zahlreichen Interviews weltweit Marksteine in den Boden, um den Rahmen abzustecken, in dem sich die Kirche und das Papsttum zu bewegen haben. Er stemmt sich damit gegen eine horizontale Sichtweise und die globalistische Agenda

Heu­te ist der sieb­te Tag der Novem­dia­li, der neun­tä­gi­gen Trau­er­zeit für Fran­zis­kus, das ver­stor­be­ne Kir­chen­ober­haupt. Am kom­men­den 7. Mai wer­den sich die Papst­wäh­ler unter den Kar­di­nä­len in die Six­ti­ni­sche Kapel­le zurück­zie­hen, bis sie einen neu­en Nach­fol­ger des Petrus gewählt haben wer­den. Die Span­nung wächst daher von Tag zu Tag. Wäh­rend der Main­stream sei­ne Wunsch­kan­di­da­ten prä­sen­tiert, die die Kir­che zu einem ver­län­ger­ten Arm der glo­ba­li­sti­schen Eli­ten machen sol­len, stemmt sich ein Mann, ein deut­scher Kar­di­nal, dage­gen, indem er in die­sen Tagen uner­müd­lich Inter­views gibt, um klar­zu­stel­len, daß es in der Kir­che und bei die­ser Wahl um etwas ganz ande­res geht. Die­ser Pur­pur­trä­ger ist Ger­hard Mül­ler, einer der pro­fi­lier­te­sten Kri­ti­ker des Pon­ti­fi­kats von Papst Fran­zis­kus. Er wirft die­sem Schwä­che in der Leh­re, Ver­wir­rung in den Insti­tu­tio­nen und ins­ge­samt erra­ti­sche und auto­ri­tä­re Ent­schei­dun­gen vor. Kar­di­nal Mül­ler erhöht damit wahr­schein­lich nicht sei­ne eige­nen Chan­cen auf den Papst­thron. Medi­en wie der Fat­to Quo­ti­dia­no spe­ku­lie­ren dar­über, daß er ohne­hin nicht mit sei­ner Wahl rech­ne und des­halb die Chan­ce nützt, umso deut­li­cher öffent­lich sei­ne Stim­me zu erhe­ben. Damit lei­stet er einen unschätz­ba­ren Dienst, die Koor­di­na­ten zurecht­zu­rücken und den Weg viel­leicht für einen sei­ner Mit­brü­der zu ebnen, die sich dem über­na­tür­li­chen Auf­trag Jesu Chri­sti ver­pflich­tet wis­sen und nicht irgend­wel­chen poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Inter­es­sen. Sein jüng­stes Inter­view gab Kar­di­nal Mül­ler am 30. April der spa­ni­schen Tages­zei­tung El País und am 1. Mai der ita­lie­ni­schen Tages­zei­tung Il Fat­to Quo­ti­dia­no. Das erste Inter­view führt Íñi­go Domín­guez, das zwei­te Fran­ces­co Anto­nio Gra­na. Wir doku­men­tie­ren die Ant­wor­ten des Kardinals:


Kardinal Müller im Gespräch mit El País:

„Schismen in der Kirche entstehen immer dann, wenn es keine Klarheit in der Lehre gibt“

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El País: Sie haben sich sehr kri­tisch über Fran­zis­kus geäu­ßert, was soll­te Ihrer Mei­nung nach kor­ri­giert werden?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Ich habe ihn nie als Per­son kri­ti­siert. Es gab Fra­gen der Gläu­bi­gen, die ich als Bischof beant­wor­ten muß. Zum Bei­spiel hat Jesus die Unauf­lös­lich­keit der Ehe defi­niert. Wie ist es dann mög­lich, in eini­gen Fäl­len Geschie­de­nen [die wie­der gehei­ra­tet haben] die Kom­mu­ni­on zu geben? Die Doku­men­te müs­sen die Wor­te des Pap­stes im Lich­te des Evan­ge­li­ums aus­le­gen und nicht umgekehrt.

El País: War die Kir­che in die­sen Jah­ren in Gefahr?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Ja, denn Papst Fran­zis­kus hat eini­ge sehr gute Din­ge in der sozia­len Dimen­si­on der Kir­che getan, aber wir müs­sen auch über die Mis­si­on der Kir­che spre­chen, die Men­schen in Jesus Chri­stus zusam­men­zu­füh­ren, den Chri­sto­zen­tris­mus. Der Papst leug­ne­te das natür­lich nicht, aber es gab Zwei­fel, nicht an der Sub­stanz sei­ner Leh­re, son­dern an ihrer Dar­stel­lung. Es hat gegen­sätz­li­che Inter­pre­ta­tio­nen gege­ben. Es ist abso­lut not­wen­dig, Chri­stus gehor­sam zu sein.

El País: Sie mei­nen, der Papst hat sich in eini­gen Din­gen geirrt?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Der Papst muß die Wahr­heit sagen. Als die Apo­stel nach Rom kamen, sag­ten sie nicht: „Hier gibt es vie­le Göt­ter, wir kön­nen Chri­stus neben sie stel­len“. Nein, sie sag­ten, daß Chri­stus der ein­zi­ge ist. Jetzt kann man in Chi­na das Por­trät von Xi Jin­ping in Kir­chen auf­stel­len [im Rah­men des umstrit­te­nen Abkom­mens zwi­schen dem Hei­li­gen Stuhl und Chi­na]. Das ist eine Ideo­lo­gie. Wir kön­nen hier nicht mit­ge­hen, Men­schen zu verehren.

El País: Glau­ben Sie, daß Fran­zis­kus sich um Popu­la­ri­tät bemüht hat?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Ja. Dem Volk Got­tes nahe zu sein, ist die Auf­ga­be eines jeden Hir­ten der Kir­che; Popu­lis­mus ist aber eine ande­re Sache. Aber ich will ihn nicht kri­ti­sie­ren, es ist unser Jahr­hun­dert, mit die­sen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln.… Der Papst hat oft gesagt: Ich bin der Pfar­rer der Welt. Ich glau­be nicht, daß das wahr ist. Der Pfar­rer ist der Gemein­de­pfar­rer. Ja, ich ver­ste­he, was er mein­te, aber ich habe den Ein­druck, daß Bischö­fe und Pfar­rer nur Instru­men­te sind, um die Wor­te des Pap­stes zu ver­viel­fäl­ti­gen. Bei all die­sen Inter­views des Pap­stes gab es jeden Tag eine Botschaft.

El País: Ihre Kri­tik an Fran­zis­kus ist, daß er lehr­mä­ßig pro­ble­ma­tisch war.

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Er war kein Pro­fes­sor der Theo­lo­gie wie Ratz­in­ger. Aber das muß ein Papst auch nicht sein. Die Latein­ame­ri­ka­ner sind anders als wir.

El País: Soll­te der näch­ste Papst wie­der Euro­pä­er sein?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Es kommt nicht auf das Land an. Wir müs­sen mehr über Jesus Chri­stus sprechen.

El País: Sie rufen zu einer Kurs­kor­rek­tur auf. Ande­re Stim­men sagen, daß der Weg von Fran­zis­kus unum­kehr­bar sei.

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Die Leh­re der Päp­ste ist nur inso­fern ver­bind­lich, als sie mit der Offen­ba­rung über­ein­stimmt. Was der Papst über zivi­le und welt­li­che Ange­le­gen­hei­ten sagt… Natür­lich muß er eine Mei­nung haben, zum Bei­spiel zur Ein­wan­de­rung. Die Kir­che hat aber kei­ne Lösung für alle Pro­ble­me der Welt, son­dern nur den Auf­trag, die Men­schen zum ewi­gen Leben zu füh­ren, exi­sten­ti­el­le Fra­gen zu beant­wor­ten. Und nicht, zu jedem The­ma Stel­lung zu nehmen.

El País: Hat­ten Sie in den letz­ten Jah­ren Angst vor einem Schisma?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Schis­men in der Kir­che hat es immer dann gege­ben, wenn es kei­ne Klar­heit in der Leh­re gibt. Und der Papst ist zusam­men mit den Bischö­fen für die Klar­heit der Leh­re ver­ant­wort­lich. Die­se Klar­heit ent­steht nicht, wenn einer allein auto­ri­tär sagt: „Wir machen das so“ (er schlägt mit der Faust auf die Stuhl­leh­ne), wie in einer poli­ti­schen Partei.

El País: Sie ste­hen der Syn­oda­li­tät kri­tisch gegen­über. Sie haben gesagt, daß die Kir­che kei­ne Demo­kra­tie ist.

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Die Bischofs­syn­ode besteht aus den Bischö­fen, die das Lehr­amt der Kir­che bil­den. Sie muß von der Mit­ar­beit der Lai­en unter­schie­den wer­den. Die Bischofs­syn­ode darf nicht mit einer Ver­samm­lung ver­wech­selt wer­den, in der Pro­ble­me dis­ku­tiert wer­den. Jetzt aber haben wir eine insti­tu­tio­nel­le Konfusion.

El País: Eines der umstrit­ten­sten The­men war die Zulas­sung der Seg­nung homo­se­xu­el­ler Paare.

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Es war immer mög­lich, ein­zel­ne Men­schen zu seg­nen. Wenn mich Leu­te besu­chen, bit­ten sie mich um einen Segen für ihre Kin­der, und ich fra­ge nicht, ob sie katho­lisch sind. Aber ein Paar als sol­ches zu seg­nen, das nicht ver­hei­ra­tet ist, ist ein Zei­chen, das die Ehe rela­ti­viert, es ent­spricht nicht der christ­li­chen Moral.

Kar­di­nal Mül­ler mit einer kla­ren Aus­sa­gen gegen­über El País: „Schis­men gab es in der Kir­che immer dann, wenn es an Klar­heit in der Leh­re fehlte“

Kardinal Müller im Gespräch mit Il Fatto Quotidiano

„Schluß mit dem Lobbyismus: Ich wünsche keinen zweiten Franziskus“

FQ: Emi­nenz, in wel­chem Geist wer­den Sie die Six­ti­ni­sche Kapel­le betreten?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Im Ver­trau­en auf den Hei­li­gen Geist, denn er lei­tet die Kir­che und wir, die Kar­di­nä­le, haben die Ver­ant­wor­tung, eine neue Per­son zu wäh­len, die nach den Kri­te­ri­en der Natur, des Cha­rak­ters und auch nach den über­na­tür­li­chen Kri­te­ri­en der Treue zur katho­li­schen Leh­re, zur Offen­ba­rung und zur Lie­be Jesu Chri­sti geeig­net ist. Weder der Papst noch irgend­je­mand in der Kir­che darf die­se per­sön­li­che Sen­dung, die von Jesus Chri­stus kommt, näm­lich der Stell­ver­tre­ter Chri­sti auf Erden, der Nach­fol­ger Petri zu sein, mit einem poli­ti­schen Amt ver­wech­seln, mit der Macht, nach dem Geschmack der Welt, der Mas­sen­me­di­en oder der ver­schie­de­nen Lob­bys zu leben und zu spre­chen, die mit ihrer glo­ba­li­sti­schen Agen­da oder ihrer Gen­der-Ideo­lo­gie die Welt nach den Kri­te­ri­en der Gott­lo­sig­keit regie­ren wol­len, die die mensch­li­che Natur leug­nen, die auch die gött­li­che Natur und das gött­li­che Leben leug­nen. Wir wol­len einen Papst, der auch bereit ist, mit sei­nem Wort und sei­nem Leben Mär­ty­rer zu sein.

FQ: Sie haben von Lob­by­ar­beit gespro­chen. Ein umstrit­te­nes Doku­ment des Pon­ti­fi­kats von Fran­zis­kus war die Erklä­rung Fidu­cia sup­pli­cans über die Seg­nung homo­se­xu­el­ler Paa­re. Was wür­den Sie dem näch­sten Papst zu die­sem The­ma vorschlagen?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Fidu­cia sup­pli­cans war nur eine klei­ne Erklä­rung des Prä­fek­ten des Dik­aste­ri­ums für die Glau­bens­leh­re, nicht des gesam­ten Dik­aste­ri­ums. Der Papst hat sie gese­hen und mit einem „F“ unter­zeich­net. Nie­mand weiß genau, was sich hin­ter die­ser Erklä­rung ver­birgt. Es gab kei­ne Bera­tung mit den ande­ren Mit­glie­dern des Dik­aste­ri­ums. Die Auto­ri­tät die­ser Erklä­rung ist also sehr gering. Es gab kei­ne Rezep­ti­on durch die Kir­che in Afri­ka. Nur hier haben eini­ge Leu­te, die die­ser Ideo­lo­gie nahe­ste­hen, geju­belt und gedacht, daß die Kir­che mit die­ser Erklä­rung nun modern gewor­den sei und daß nun alle homo­se­xu­el­len Paa­re in die Kir­che ein­tre­ten wür­den. Ich den­ke, daß die­se Lob­bys die Kir­che nur für ihre Pro­pa­gan­da benut­zen wol­len, aber sie sind nicht an einem neu­en Leben in Jesus Chri­stus interessiert.

FQ: Umstrit­ten war auch das Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des von Fran­zis­kus, das den Gebrauch der latei­ni­schen Mes­se einschränkt.

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Auch die Seel­sor­ge muß im Auge behal­ten wer­den. Es gibt vie­le Men­schen, die die frü­he­re lit­ur­gi­sche Form bevor­zu­gen. Es gibt die­je­ni­gen, die von Kin­des­bei­nen an mit der latei­ni­schen Mes­se auf­ge­wach­sen sind und ein bes­se­res Gespür für sie haben. Es sind Katho­li­ken, die die­se Form der Lit­ur­gie bevor­zu­gen, ohne die Auto­ri­tät des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Öku­me­ni­schen Kon­zils zu leug­nen, was für einen Katho­li­ken nicht in Fra­ge kommt.

FQ: Kar­di­nal Camil­lo Rui­ni for­der­te einen guten und katho­li­schen Papst, d. h. ortho­dox in der Leh­re. Waren die vor­an­ge­gan­ge­nen Päp­ste nicht gut?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Es gibt kei­ne Alter­na­ti­ve. Wir sind kei­ne Dua­li­sten. Aber die Grund­la­ge ist ein­deu­tig die Leh­re. Der Papst ist ver­ant­wort­lich für die Ein­heit der gan­zen Kir­che. Alle Bischö­fe müs­sen in der Ein­heit der Kir­che leben, aber in der Ein­heit in Chri­stus, in der Wahr­heit. Nicht nur eine Ein­heit wie eine poli­ti­sche Par­tei, son­dern eine Ein­heit im Glau­ben. Ande­rer­seits sind der Papst, alle Bischö­fe und sogar die Pfar­rer Hir­ten, gute Hir­ten; sie sind kei­ne Befehls­ha­ber einer Armee, nicht wie eini­ge Poli­ti­ker, die einen gewis­sen Auto­ri­ta­ris­mus haben. Der Papst darf kei­ne schwa­che Per­son sein, er muss einen gesun­den Cha­rak­ter haben.

FQ: Sie und ande­re Kar­di­nä­le, die Berg­o­glio sehr kri­tisch gegen­über­stan­den, sol­len, so hieß es, die Rol­le des älte­ren Soh­nes im Gleich­nis vom ver­lo­re­nen Sohn gespielt haben, der „ver­bit­tert“ ist, weil der jün­ge­re Sohn gefei­ert wird, nach­dem er das Erbe des Vaters ver­praßt hat.

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Im Gegen­satz zu jenen, die Paul VI. wegen Hum­a­nae Vitae oder Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. kri­ti­sier­ten, weil sie die Grund­la­ge des Pri­mats, der als Teil des katho­li­schen Glau­bens gilt, in Fra­ge stell­ten, haben ich und ande­re den Papst wäh­rend sei­nes Pon­ti­fi­kats nicht kri­ti­siert. Ich habe vie­len Gläu­bi­gen in mei­ner Kom­pe­tenz als Bischof, als Prä­fekt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on und auch als Theo­lo­ge aber Ant­wor­ten dar­auf gege­ben, wie wir eini­ge Zei­chen oder Aus­sa­gen von Papst Fran­zis­kus, die falsch inter­pre­tiert oder falsch dar­ge­stellt wur­den, inter­pre­tie­ren kön­nen oder ver­ste­hen soll­ten. Wenn es Zwei­fel gibt über Aus­sa­gen des Pap­stes im Flug­zeug oder über eini­ge sei­ner Doku­men­te, muß man zum Wort Chri­sti zurück­keh­ren, denn das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Öku­me­ni­sche Kon­zil macht das Lehr­amt des Pap­stes nur zu einer for­ma­len Auto­ri­tät. Soge­nann­te Pro­gres­si­ve glau­ben, daß wir mit der Auto­ri­tät des Pap­stes alles tun kön­nen, was wir wol­len, sogar die katho­li­sche Kir­che in eine angli­ka­ni­sche oder luthe­ri­sche Kir­che ver­wan­deln kön­nen, auch wenn uns die Argu­men­te der Hei­li­gen Schrift feh­len. Der Papst hat aber kei­ne abso­lu­te Macht, son­dern nur rela­tiv zu sei­nem Auftrag.

FQ: Haben Sie sich von Fran­zis­kus miß­ver­stan­den gefühlt?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Papst Fran­zis­kus hat­te sei­ne eige­ne Lebens­li­nie und Erfah­rung. Er hat vie­le Auto­bio­gra­fien geschrie­ben, in denen er sei­ne Per­sön­lich­keit erklärt, aber aus theo­lo­gi­scher Sicht ist das alles nicht Teil des Lehr­am­tes. Es sind per­sön­li­che Ele­men­te, die für das Katho­lisch­sein nicht wesent­lich sind: das per­sön­li­che Leben, die Spi­ri­tua­li­tät und die Erfah­rung des Pap­stes. Die mei­sten guten Katho­li­ken ken­nen ihren Bischof nicht per­sön­lich; das ist auch nicht nötig. Heu­te, im Zeit­al­ter der Mas­sen­kom­mu­ni­ka­ti­on, wird jeder Satz des Pap­stes in einer Sekun­de in der gan­zen Welt gehört, mit Vor­tei­len, aber auch mit Nach­tei­len, denn wir sind nicht die Kir­che des Pap­stes. Man­che haben von der Kir­che des Pap­stes Fran­zis­kus gespro­chen. Das tut dem Theo­lo­gen in den Ohren weh. Es gibt nicht die Kir­che von Berg­o­glio, Ratz­in­ger oder Pacel­li. Es gibt nur die Kir­che Jesu Chri­sti, in der der Papst sein Amt als Die­ner der Die­ner Got­tes ausübt.

FQ: Erwar­ten Sie, daß der neue Papst Bene­dikt XVII. hei­ßen wird?

Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler: Es steht dem neu­en Papst frei, sei­nen Namen zu wäh­len, aber in die­ser Situa­ti­on wür­de ich es vor­zie­hen, kei­nen Namen zu haben, der fast als Pro­gramm zur Nach­ah­mung der letz­ten Päp­ste inter­pre­tiert wer­den könn­te. Wir müs­sen die­ser Situa­ti­on ent­kom­men. Man­che sagen: „Wir brau­chen Fran­zis­kus II.“. In dem Sin­ne, daß der näch­ste Papst eine Kopie sei­nes unmit­tel­ba­ren Vor­gän­gers sein soll. Das ist nicht der Sinn die­ses gött­li­chen Hin­wei­ses. Jeder muß mit sei­ner eige­nen Per­sön­lich­keit Jesus Chri­stus nach­fol­gen und das Evan­ge­li­um ver­kün­den, das Evan­ge­li­um bezeu­gen, gemäß den Wor­ten Jesu über den Pri­mat des Petrus.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Il Fat­to Quotidiano/​El País (Screen­shots)

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