Die schwarzen Hosen des Papstes

Papstgräber und der Fall Rupnik


Papst Franziskus zeigte sich gestern erstmals ohne das weiße Gewand des Papstes in schwarzer Hose und einer Art von schwarzweißem Poncho
Papst Franziskus zeigte sich gestern erstmals ohne das weiße Gewand des Papstes in schwarzer Hose und einer Art von schwarzweißem Poncho

Nach 38 Tagen in der Gemel­li-Kli­nik und zwei Wochen in der Zurück­ge­zo­gen­heit von San­ta Mar­ta wird Papst Fran­zis­kus seit ver­gan­ge­nem Sonn­tag wie­der in der Öffent­lich­keit gezeigt. Nach dem über­ra­schen­den Auf­tritt beim Ange­lus am Sonn­tag und dem damit ver­bun­de­nen Pas­sie­ren der Hei­li­gen Pfor­te wur­de Fran­zis­kus gestern durch den Peters­dom gescho­ben. Erstaun­li­cher­wei­se zeig­te sich das Kir­chen­ober­haupt erst­mals ohne das wei­ße Gewand des Pap­stes. Wur­de es vom Papst der Gesten bereits abge­legt? Damit der Gesten aber nicht genug.

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Gestern um 13 Uhr wur­de Fran­zis­kus über­ra­schend durch den Peters­dom gescho­ben. Er grüß­te dabei eini­ge zufäl­lig sich fort befin­den­de Per­so­nen. Bei die­sem Auf­tritt trug er nicht das wei­ße Gewand des Pap­stes. So hat­te man ihn oder einen ande­ren Papst vor ihm noch nie gese­hen. War er wie­der der Jesu­it gewor­den, der er vor­her war? Die schwar­zen Hosen hat­te er ja nie abge­legt, sie waren unter dem wei­ßen Gewand immer sicht­bar, wie auch die schwar­zen Schu­he, die er auch als Jesu­it getra­gen hat­te. Das Papst­ge­wand war dar­über ange­legt, eine immer schon selt­sam anmu­ten­de Kom­bi­na­ti­on, die den Ein­druck einer Über­ge­stülpt­heit ver­mit­tel­te, wie man es manch­mal mit gemisch­ten Gefüh­len auch bei man­chen Ordens­leu­ten wahrnimmt.

War­um ein sol­cher Auf­tritt gestern? War kei­ne Zeit, das wei­ße Gewand anzu­zie­hen? War­um nicht?

Stel­len wir die Fra­ge anders­her­um. Was hat­te Fran­zis­kus so Drin­gen­des oder Eili­ges zu tun? Fran­zis­kus wur­de zum soge­nann­ten Altar von Pius X. (1904–1914) gebracht, was nichts ande­res meint als das Grab die­ses hei­li­gen Pap­stes, mit dem Fran­zis­kus eigent­lich herz­lich wenig ver­bin­det. Pius X. ist der Schrecken aller Pro­gres­si­ven, wie man die dama­li­gen Moder­ni­sten heu­te zu nen­nen pflegt. Der hei­li­ge Papst aus dem Vene­to bekämpf­te die­se Gei­stes­strö­mung in der Kir­che tat­kräf­tig. Zugleich besich­tig­te Fran­zis­kus auch die soeben restau­rier­ten Grä­ber von Paul III. (1534–1549) und Urban VIII. (1623–1644).

Was mach­te Fran­zis­kus also im Peters­dom? Sol­che Besu­che sind vor­her von ihm nicht über­lie­fert. Wir kön­nen fest­stel­len, wenn man einen Nen­ner suchen will, daß er drei Grä­ber besuch­te. Ein Signal? Die drei Grä­ber befin­den sich an ganz unter­schied­li­chen Stel­len im Peters­dom. Die dort begra­be­nen Päp­ste schei­nen aller­dings kein inhalt­li­ches Ziel gewe­sen zu sein, denn es läßt sich kein roter Faden erken­nen, schon gar nicht wirk­lich zu Franziskus:

Paul III. war ein Papst der katho­li­schen Erneue­rung nach den pro­te­stan­ti­schen Spal­tun­gen. Er berief 1545 das Kon­zil von Tri­ent ein und erkann­te 1540 den soeben gegrün­de­ten Jesui­ten­or­den an. Was ein Bezug wäre.
Urban VIII. war ein Papst des barocken Glan­zes, dem man aus­ge­präg­ten Nepo­tis­mus nach­sagt und der vor allem als Mäzen auf­trat. Unter ihm fand der Pro­zeß gegen Gali­leo Gali­lei statt, über den sich im kol­lek­ti­ven Bewußt­sein bis heu­te von Kir­chen­fein­den ver­brei­te­te Schwar­ze Legen­den hal­ten.
Pius X., der Hei­li­ge unter den Genann­ten, zeich­ne­te sich durch tie­fe Fröm­mig­keit und volks­na­he Spi­ri­tua­li­tät aus. Sein Haupt­feld, mit dem er in der Kir­chen­ge­schich­te ver­zeich­net ist, war vor allem der bereits genann­te Kampf gegen den Modernismus.

Fran­zis­kus bat die ihn beglei­ten­den Sicher­heits­kräf­te, die bei­den Restau­ra­to­ren zu sich zu rufen, die letz­te Arbei­ten an den restau­rier­ten Grä­bern vor­nah­men, um ihnen die Hand zu schüt­teln und für ihre Arbeit zu danken.

Stellt der Jesui­ten­or­den ein ver­bin­den­des Glied zwi­schen den drei Päp­sten dar? Auch das läßt sich nicht bestä­ti­gen. Wäh­rend Paul III. die­sen damals ganz jun­gen Orden för­der­te und aner­kann­te, hat­te Urban VIII. ein ziem­lich ambi­va­len­tes Ver­hält­nis zu ihm, da er mit Kon­flik­ten der Jesui­ten zu ande­ren Orden und euro­päi­schen Mon­ar­chien kon­fron­tiert war. Pius X. hin­ge­gen hat­te eine posi­ti­ve Hal­tung zum 1814 wie­der her­ge­stell­ten Orden, den er als Ver­tei­di­ger der Tra­di­ti­on sowie in Bil­dung und Mis­si­on unter­stütz­te. Lan­ge ist es her.

Apropos Jesuiten. Apropos Rupnik

Vor­erst unbe­kannt ist, ob Fran­zis­kus inzwi­schen das Rup­nik-Bild in sei­nem Arbeits­zim­mer in San­ta Mar­ta abge­hängt hat. Gestern nahm der Gene­ral­obe­re des Jesui­ten­or­dens Pater Arturo Sosa am Sitz der römi­schen Aus­lands­pres­se zum Werk des ehe­ma­li­gen Jesui­ten und Künst­ler­prie­sters Mar­ko Ivan Rup­nik Stel­lung, der des viel­fa­chen schwe­ren Miß­brauchs beschul­digt wird. Gene­ral Sosa sagt, daß es „kei­ne ein­heit­li­che Regel“ im Umgang mit Rup­niks Wer­ken gebe. Wört­lich sag­te der aus Vene­zue­la stam­men­de Jesuit:

Arturo Sosa, Gene­ral­obe­rer des Jesui­ten­or­dens, gab gestern in Rom eine Pressekonferenz

„Ich den­ke, es gibt kei­ne ein­heit­li­che Regel für alles, son­dern es hängt davon ab, wie sehr es jeman­den wirk­lich verletzt.“

Die Fra­ge des Umgangs mit dem Rup­nik-Opus ist dem­nach eine Fra­ge, ob jemand sei­ne Ent­fer­nung ver­langt oder nicht, wobei Sosa ein­schrän­kend hin­zu­füg­te, daß „nicht eine ein­zel­ne Per­son eine sol­che Ent­schei­dung [der Ver­hül­lung oder Ent­fer­nung] tref­fen soll­te“. Es sei viel­mehr die „Gemein­schaft“, die „in einen kol­lek­ti­ven Ent­schei­dungs­pro­zeß ein­tre­ten“ müsse.

Die ein­sti­ge Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on hat­te in der Ver­gan­gen­heit bereits Rup­niks Exkom­mu­ni­ka­ti­on fest­ge­stellt, die jedoch wun­der­sa­mer­wei­se auf höhe­re Inter­ven­ti­on nicht exe­ku­tiert wur­de. Auf öffent­li­chen Druck hin ord­ne­te Fran­zis­kus schließ­lich eine erneu­te Unter­su­chung des Fal­les an, der sich seit bald zwei Jah­ren ergeb­nis­los hinzieht.

Etwas selt­sam fiel die Reak­ti­on von Gene­ral Sosa zu mög­li­chen wei­te­ren Anzei­gen aus, indem er sag­te: „Wir haben kei­ne Angst. Wenn es Beschwer­den gibt, sind sie will­kom­men“. Bis­her sind an die 30 Beschwer­den in der Cau­sa Rup­nik beim Orden eingegangen.

Rup­nik sei aller­dings nicht mehr Mit­glied des Jesui­ten­or­dens, wie Sosa beton­te. Er sei gera­de des­halb im Juni 2023 aus­ge­schlos­sen wor­den, weil er nicht mit dem „Hei­lungs­pro­zeß“ koope­rier­te. Die Gesell­schaft Jesu ver­su­che im Ein­ver­neh­men mit den Opfern „Wege der Hei­lung“ zu fin­den, was eine indi­vi­du­el­le Ant­wort erfor­de­re, denn jede Wun­de sei anders.

Wie Fran­zis­kus mit Rup­niks Erbe umgeht, könn­te sich dem­nächst erwei­sen, sobald neue Bil­der aus sei­nem Arbeits­zim­mer ver­öf­fent­licht wer­den. Was ist zu dem gest­ri­gen und dem vor­he­ri­gen Auf­tritt zu sagen, auch dem kur­zen Emp­fang für König Charles III. des Ver­ei­nig­ten König­reichs Groß­bri­tan­ni­en und sei­ner Frau Camil­la? Offen­bar han­delt es sich um erste Ver­su­che, im Zuge der Gene­sung ein öffent­li­ches Han­deln des Pap­stes aus­zu­lo­ten. Vor allem aber, so der Ein­druck, soll Fran­zis­kus der Öffent­lich­keit gezeigt wer­den, um sei­ne Hand­lungs­fä­hig­keit unter Beweis zu stel­len, die zuletzt stark ange­zwei­felt wur­de. Ob die­se tat­säch­lich gege­ben ist, muß sich erst noch zei­gen. Fran­zis­kus zeig­te auch gestern gro­ße Pro­ble­me beim Sprechen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Video/​Facebook/​X (Screen­shots)

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1 Kommentar

  1. Eine wohl begin­nen­de demen­zi­el­le Sym­pto­ma­tik scheint hier so offen­sicht­lich durch, dass es erschreckend ist? Der Auf­zug des Pap­stes unter­streicht das über­deut­lich und macht jede Spe­ku­la­ti­on nahe­zu über­flüs­sig, wie es um ihn steht.

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