Der Schleier in der Liturgie

Eine Wiederentdeckung


Der Schleier der Frau in der heiligen Liturgie
Der Schleier der Frau in der heiligen Liturgie

Im Ver­lag Os Justi ist eine über­ar­bei­te­te und erwei­ter­te Neu­auf­la­ge von Anna Elis­sa: „Man­til­la: The Veil of the Bri­de of Christ“ erschie­nen. Das Buch: „Man­til­la: Der Schlei­er der Braut Chri­sti“ befaßt sich mit der bis 1965 gel­ten­den Pra­xis in der Kir­che, daß Frau­en ihr Haupt bedecken soll­ten, wenn sie die Kir­che betre­ten, so wie umge­kehrt für den Mann gilt, daß er sein Haupt ent­blö­ßen soll. Auf alle Fra­gen rund um die Ver­schleie­rung der Frau in der Lit­ur­gie fin­den Sie in die­sem Buch eine inter­es­san­te Antwort.

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Am Ende des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils wur­de die ent­spre­chen­de Vor­schrift für Frau­en, in der Kir­che das Haupt zu bedecken, auf­ge­ho­ben. Wäh­rend die Fra­ge bei Frau­en hef­tig dis­ku­tiert und emo­tio­nal behan­delt wur­de, war dies umge­kehrt bei Män­nern nicht der Fall, obwohl die­se nicht min­der in einem Akt der eman­zi­pa­to­ri­schen Auf­leh­nung die Vor­schrift ableh­nen und bekämp­fen hät­ten kön­nen, die sie umge­kehrt genau so betrifft.

Die Fra­ge der Ent­schleie­rung der Frau ging mit einer Ent­wick­lung in der Mode ein­her und wur­de schließ­lich auch vom Femi­nis­mus befeu­ert. Das Bewußt­sein der reli­giö­sen Bedeu­tung der Kopf­be­deckung, die all­ge­mein bis ins 20. Jahr­hun­dert hin­ein Teil des gesell­schaft­li­chen Klei­der­ka­nons war, hat­te sich im Lau­fe der Zeit ver­flüch­tigt. Die neu­en Moden und Fri­su­ren tra­ten in den Vor­der­grund. Das Kopf­tuch, die Haupt­ver­schleie­rungs­form, wie sie zuletzt in unse­ren Brei­ten auf­trat, wur­de vor allem im urba­nen Bereich mit den neu­en Moden abge­legt, ohne daß noch ein reli­giö­ser Aspekt damit ver­knüpft wur­de. Eine offen­sicht­lich inner­lich aus­ge­höhl­te Pra­xis wur­de pro­blem­los von der Mode­ent­wick­lung hin­weg­ge­fegt, zumal in der Kir­che nie­mand dage­gen Wider­stand lei­sten woll­te, da die Über­zeu­gung vor­herrsch­te, daß die Auf­bruch­stim­mung des Kon­zils einen neu­en Wind mit sich brin­gen wür­de, wes­halb die alten Zöp­fe ohne­hin abge­schnit­ten wer­den sollten.

Die neue Aus­ga­be von Anna Elis­sas Buch

Auch heu­te hat sich nichts grund­sätz­lich geän­dert. Selbst in Gemein­den der Tra­di­ti­on, zumin­dest im deut­schen Sprach­raum, ist die Ver­schleie­rung der Frau meist kein The­ma. Es wird der indi­vi­du­el­len Befind­lich­keit über­las­sen. Wohin­ge­gen Män­ner unver­än­dert beim Betre­ten des Got­tes­hau­ses ihr Haupt ent­blö­ßen, auch im Winter.

Das The­ma könn­te Gemein­den „spal­ten“, wird ein­ge­wor­fen. Es gebe einen star­ken Wider­stand bei den Frau­en gegen die Ver­schleie­rung. War­um eigent­lich? Gewiß, die Mode, die Frisur…

Anna Elis­sa, die Autorin, ist Indo­ne­sie­rin. Nach ihrem Medi­zin­stu­di­um an der Uni­ver­si­tät Peli­ta Hara­pan mach­te sie die Fach­arzt­aus­bil­dung zur Psych­ia­te­rin an der Uni­ver­si­tät von Indo­ne­si­en. Die ver­hei­ra­te­te Frau und Mut­ter gehört dem Drit­ten Orden des hei­li­gen Domi­ni­kus an, bekannt auch als Domi­ni­ka­ni­scher Lai­en­or­den (Ordo Lai­corum Sanc­ti Domi­ni­ci), und ist vor allem an der Tho­mi­stik inter­es­siert. Das ist der Grund, war­um die erste Aus­ga­be des Buches vor neun Jah­ren in Indo­ne­si­en erschie­nen ist. Die zwei­te Aus­ga­be wur­de mit Farb­bil­dern ergänzt. Sie wur­de not­wen­dig, da die Erst­aus­ga­be auf so gro­ßes Inter­es­se stieß, daß sie bald aus­ver­kauft war. Die Neu­aus­ga­be erfolg­te nun in dem in Rom ange­sie­del­ten Ver­lag Os Justi, der mit der Domi­ni­ka­ner­ge­mein­schaft ver­bun­den ist.

Die im Buch­ti­tel genann­te Man­til­la stammt aus der spa­ni­schen katho­li­schen Tra­di­ti­on und bezeich­net hand­ge­fer­tig­te, fei­ne Spit­zen­schlei­er, auch bekannt als Man­til­la-Schlei­er, wie sie heu­te noch von man­cher Braut bei ihrer Hoch­zeit getra­gen werden.

Anna Elis­sa gelingt es in ihrer Dar­stel­lung auf gut 150 Sei­ten das Augen­merk auf die Schön­heit der katho­li­schen Sym­bo­le zu len­ken. Sie nimmt die Leser­schaft, vor allem die Lese­rin­nen, mit auf eine Ent­deckungs­rei­se, eine Wie­der­ent­deckung einer ohne Not auf­ge­ge­be­nen Pra­xis, die sich nie gegen Frau­en rich­te­te oder gar repres­siv war, son­dern Aus­druck des Frau­seins ist, also die beson­de­re Wür­de der Frau her­vor­hebt, die sich von jener des Man­nes unter­schei­det. Er ent­blößt, sie bedeckt. Dar­in zeigt sich bereits die gleich­wer­ti­ge und respekt­vol­le Aner­ken­nung bei­der Geschlech­ter. Wie auch in ande­ren Berei­chen woll­ten jedoch vie­le Frau­en in den 60er Jah­ren den Män­nern nach­ei­fern, ohne zwi­schen welt­li­chem und kirch­li­chem Bereich zu unter­schei­den. Abge­se­hen davon haben sich dadurch man­che in oft gefähr­li­che Sack­gas­sen bege­ben, wie jenen der Sexu­el­len Revo­lu­ti­on und der Abtreibung.

Anna Elis­sa, die Autorin

Anna Elis­sa ver­steht es, das The­ma nicht nur umfas­send, son­dern auch aus­ge­wo­gen und vor allem wert­schät­zend dar­zu­stel­len. Das Buch eig­net sich daher beson­ders auch für jene Frau­en, die den über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus erst ken­nen­ler­nen. Es sind kei­ne beson­de­ren Vor­kennt­nis­se von Nöten, schon gar nicht muß man das Buch vor Neu­an­kömm­lin­gen ver­stecken, weil man man­che The­men erst „spä­ter“ anspre­chen möch­te. Die Autorin über­nimmt flie­ßend selbst die Ein­füh­rung, so geschieht alles in einem Durch­gang. Und sie tut dies gekonnt.

Sie appel­liert weder an Nost­al­gie noch pocht sie auf ver­gan­ge­ne kul­tu­rel­le Nor­men. Viel­mehr behan­delt sie das The­ma fun­diert, indem sie ihre Argu­men­ta­ti­on auf die bei­den Testa­men­te der Hei­li­gen Schrift stützt, eben­so wie auf die Kir­chen­vä­ter, den hei­li­gen Tho­mas von Aquin und auf lit­ur­gi­sche und kir­chen­recht­li­che Tex­te, aber nicht zuletzt auch auf päpst­li­che Dokumente.

Peter Kwas­niew­ski schreibt zur Neu­aus­ga­be auf New Lit­ur­gi­cal Move­ment:

Das Buch „ist der gründ­lich­ste, auf­schluß­reich­ste und hei­ter­ste Leit­fa­den zur Ver­schleie­rung, der je geschrie­ben wur­de – ein Buch, das Ihnen Ant­wor­ten auf Ihre eige­nen Fra­gen sowie auf die immer wie­der­keh­ren­den Fra­gen von Freun­den, Ver­wand­ten und Frem­den geben wird.“

Die Autorin stellt ihren Wunsch zur Schön­heit auch in der Gestal­tung unter Beweis. Das zeig­te sich bereits in der Schwarz-Weiß-Aus­ga­be, umso mehr aber nun in der neu­en Farb­aus­ga­be, die einen ech­ten Gewinn darstellt.

Im drit­ten Kapi­tel führt Elis­sa theo­lo­gisch wohl­vor­be­rei­tet die Argu­men­te für die Ver­schleie­rung in der Lit­ur­gie an, wäh­rend sie im vier­ten Kapi­tel den umge­kehr­ten Weg geht und eben­so erschöp­fend und gekonnt auf die gän­gi­gen Ein­wän­de gegen die Ver­schleie­rung antwortet.

Jen­seits der theo­re­ti­schen Fra­ge zeigt sich im fünf­ten Kapi­tel, daß die Autorin den Schlei­er sel­ber trägt, denn hier nun legt sie den Lese­rin­nen inter­es­san­te prak­ti­sche Hin­wei­se in die Hand, wie die Man­til­la getra­gen wer­den kann.

Das sech­ste Kapi­tel geht über den Schlei­er hin­aus, ob als Man­til­la, Hut oder Kopf­tuch, indem Anna Elis­sa auf wei­te­re Berei­che der Hal­tung und des Ver­hal­tens in der Kir­che ein­geht wie bewuß­te Knie­beu­gen, Kreuz­zei­chen, das Knien, den Kom­mu­nion­emp­fang u. a. m.

Schließ­lich fol­gen im sieb­ten Kapi­tel Zeug­nis­se von Frau­en, die den Schlei­er in der Kir­che tra­gen. Sie erklä­ren dar­in, war­um sie die­sen Schritt gegan­gen sind und wes­halb er ihnen wich­tig ist. Dazu kom­men auch Aus­sa­gen von Män­nern und Prie­stern, die ihrer­seits dar­le­gen, war­um sie die­se Pra­xis der Frau­en schät­zen und unterstützen.

Das Vor­wort zum Buch stammt von Msgr. Anto­nio Fili­paz­zi, der damals Apo­sto­li­scher Nun­ti­us in Indo­ne­si­en war, wohin ihn Papst Bene­dikt XVI. ent­sandt hat­te. Seit 2023 ist er nach wei­te­ren Sta­tio­nen im diplo­ma­ti­schen Dienst des Hei­li­gen Stuhls Apo­sto­li­scher Nun­ti­us in Polen.

„Egal, ob Sie schon lan­ge ver­schlei­ert sind, der Ver­schleie­rung skep­tisch gegen­über­ste­hen oder ein­fach nur neu­gie­rig sind, mehr dar­über zu erfah­ren – die­ses Buch ist genau das Rich­ti­ge für Sie!“, so Kwasniewski. 

Schließ­lich gilt es noch die Hoff­nung zu äußern, daß die­ses Buch auch in einer deut­schen Aus­ga­be in den Buch­han­del kommt.

Anna Elis­sa: Man­til­la. The Veil of the Bri­de of Christ, Os Justi Press, Rom 2025, 152 Sei­ten, 23,95 $ (gebun­den), 16,95 $ (Taschen­buch), 9,95 $ (Kind­le).

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Kri­sti Esposito/​hidupkatolik (Screen­shots)

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