Leider hat Trump bezüglich der Ukraine recht

Die Hauptverantwortlichen des Ukraine-Krieges


Der "Rechte Sektor" in der Ukraine handelte. Das grüne Licht dafür kam aber aus Washington und London.
Der "Rechte Sektor" in der Ukraine handelte. Das grüne Licht dafür kam aber aus Washington und London.

Der Ukrai­ne-Kon­flikt betrifft uns alle, weil unse­re Regie­run­gen sich in die­sen Kon­flikt ein­ge­mischt haben, um ein­sei­tig Par­tei für die Regie­rung in Kiew zu ergrei­fen, anstatt auf frie­dens­er­hal­ten­de Maß­nah­men zu set­zen. Durch aggres­si­ves und undi­plo­ma­ti­sches Auf­tre­ten der ukrai­ni­schen Regie­rung, aber auch der EU-Kom­mis­si­on, eini­ger Regie­run­gen von EU-Mit­glied­staa­ten und vor allem Groß­bri­tan­ni­ens ist eine Aus­wei­tung des Krie­ges und eine direk­te Invol­vie­rung wei­te­rer euro­päi­scher Staa­ten zwar im Augen­blick unwahr­schein­lich, aber nicht mehr grund­sätz­lich aus­zu­schlie­ßen. Eini­ge EU-Ver­tre­ter oder EU-freund­li­che Poli­ti­ker schei­nen einen Krieg mit Ruß­land gera­de­zu her­bei­zu­seh­nen. Die EU und die genann­ten Regie­run­gen set­zen die US-Poli­tik von Joe Biden und der US-Demo­kra­ten fort, obwohl die aktu­el­le US-Regie­rung unter dem Repu­bli­ka­ner Donald Trump von die­ser anti-rus­si­schen Poli­tik abge­rückt ist. Durch gigan­ti­sche neue Schul­den der Regie­run­gen und der EU bekom­men alle Bür­ger die Kriegs­trei­be­rei zu spü­ren. In die­sem Kon­text fällt ein Auf­satz des Poli­tik­wis­sen­schaft­lers und all­ge­mein aner­kann­ten Exper­ten für inter­na­tio­na­le Kon­flik­te und geo­po­li­ti­sche Fra­gen, Prof. Alan J. Kuper­man, in der Zei­tung The Hill auf. The Hill mit Sitz in Washing­ton D.C. steht der Demo­kra­ti­schen Par­tei nahe und ist für ihre noto­ri­sche Anti-Trump-Posi­ti­on bekannt. Die Zei­tung erscheint nur, wenn der US-Kon­greß tagt, was ihre Nähe zum (demo­kra­ti­schen) poli­ti­schen Macht­zen­trum der USA und glo­ba­li­sti­scher Inter­es­sen unter­streicht. Dies macht den Auf­satz umso inter­es­san­ter, der auch und gera­de in Euro­pa Auf­merk­sam­keit verdient:

Leider hat Trump bezüglich der Ukraine recht

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Von Alan J. Kuperman*

Ich stim­me Prä­si­dent Trump sel­ten zu, aber sei­ne jüng­sten kon­tro­ver­sen Äuße­run­gen zur Ukrai­ne sind größ­ten­teils wahr. Sie erschei­nen nur des­halb so absurd, weil die west­li­che Öffent­lich­keit seit mehr als einem Jahr­zehnt mit Des­in­for­ma­tio­nen über die Ukrai­ne gefüt­tert wird. Es ist an der Zeit, drei wich­ti­ge Punk­te klar­zu­stel­len, die ver­deut­li­chen, war­um die Ukrai­ner und der ehe­ma­li­ge Prä­si­dent Joe Biden – und nicht nur der rus­si­sche Prä­si­dent Wla­di­mir Putin – die Haupt­ver­ant­wor­tung für den Aus­bruch und die Auf­recht­erhal­tung des Krie­ges in der Ukrai­ne tragen.

Erstens waren es, wie kürz­lich durch über­wäl­ti­gen­de foren­si­sche Bewei­se belegt und sogar von einem Gericht in Kiew bestä­tigt wur­de, ukrai­ni­sche rechts­ge­rich­te­te Mili­tan­te, die 2014 die Gewalt aus­lö­sten, die Ruß­lands ersten Ein­marsch in den Süd­osten des Lan­des, ein­schließ­lich der Krim, pro­vo­zier­te. Zu die­ser Zeit hat­te die Ukrai­ne einen pro-rus­si­schen Prä­si­den­ten, Vik­tor Janu­ko­witsch, der 2010 freie und fai­re Wah­len mit der star­ken Unter­stüt­zung der eth­ni­schen Rus­sen im Süd­osten des Lan­des gewon­nen hat­te.
Im Jahr 2013 beschloß er, die wirt­schaft­li­che Zusam­men­ar­beit mit Ruß­land fort­zu­set­zen, anstatt mit der EU, wie zuvor geplant. Pro-west­li­che Akti­vi­sten reagier­ten mit einer meist fried­li­chen Beset­zung des Mai­dan-Plat­zes in der Haupt­stadt Kiew und der Regie­rungs­bü­ros, bis der Prä­si­dent Mit­te Febru­ar 2014 schließ­lich sub­stan­ti­el­le Zuge­ständ­nis­se anbot, wor­auf­hin sie sich weit­ge­hend zurück­zo­gen.
Doch genau in die­sem Moment began­nen mili­tan­te pro-west­li­che Rechts­ra­di­ka­le, die den Platz beherrsch­ten, auf die ukrai­ni­sche Poli­zei und die ver­blie­be­nen Demon­stran­ten zu schie­ßen. Die Poli­zei schoß zurück auf die Mili­tan­ten, die dar­auf­hin fälsch­li­cher­wei­se behaup­te­ten, die Poli­zei habe die unbe­waff­ne­ten Demon­stran­ten getö­tet. Aus Empö­rung über die­ses offen­sicht­li­che Mas­sa­ker der Regie­rung stürm­ten die Ukrai­ner die Haupt­stadt und ver­trie­ben den Prä­si­den­ten, der zu sei­nem Schutz nach Ruß­land floh.
Putin reagier­te mit der Ent­sen­dung von Trup­pen auf die Krim und von Waf­fen in die süd­öst­li­che Don­bass-Regi­on im Namen der dort leben­den eth­ni­scher Rus­sen, die der Mei­nung waren, daß ihr Prä­si­dent Janu­ko­witsch auf unde­mo­kra­ti­sche Wei­se gestürzt wur­de. Die­ser Hin­ter­grund recht­fer­tigt die rus­si­sche Inva­si­on zwar nicht, erklärt aber, daß sie kei­nes­wegs „unpro­vo­ziert“ war.

Zwei­tens trug der ukrai­ni­sche Prä­si­dent Wolo­dym­yr Selen­skyj zu einem umfas­sen­de­ren Krieg bei, indem er gegen Frie­dens­ver­ein­ba­run­gen mit Ruß­land ver­stieß und mili­tä­ri­sche Hil­fe sowie die NATO-Mit­glied­schaft anstreb­te. Die als Minsk 1 und 2 bekann­ten Abkom­men waren unter sei­nem Vor­gän­ger, Prä­si­dent Petro Poro­schen­ko, in den Jah­ren 2014 und 2015 aus­ge­han­delt wor­den, um die Kämp­fe im Süd­osten zu been­den und gefähr­de­te Trup­pen zu schüt­zen.
Die Ukrai­ne soll­te dem Don­bass bis Ende 2015 eine begrenz­te poli­ti­sche Auto­no­mie gewäh­ren, was nach Putins Ansicht aus­rei­chen wür­de, um zu ver­hin­dern, daß die Ukrai­ne der NATO bei­tritt oder ihr als Mili­tär­ba­sis dient. Lei­der wei­ger­te sich die Ukrai­ne sie­ben Jah­re lang, die­se Ver­pflich­tung zu erfül­len.
Selen­skyj hat­te im Wahl­kampf 2019 sogar mit dem Ver­spre­chen gewor­ben, end­lich die Ver­ein­ba­run­gen umzu­set­zen, um einen wei­te­ren Krieg zu ver­hin­dern. Doch nach­dem er sei­nen Wahl­sieg errun­gen hat­te, mach­te er einen Rück­zie­her, da er offen­bar weni­ger das Risi­ko eines Krie­ges fürch­te­te, als gegen­über Russ­land schwach zu wir­ken.
Statt­des­sen stei­ger­te Selen­skyj die Waf­fen­im­por­te aus NATO-Län­dern, was für Putin das Faß zum Über­lau­fen brach­te. Am 21. Febru­ar 2022 erkann­te Ruß­land dann die Unab­hän­gig­keit des Don­bass an, ent­sand­te „frie­dens­si­chern­de“ Trup­pen dort­hin und for­der­te Selen­skyj auf, sei­nen Antrag auf mili­tä­ri­sche Unter­stüt­zung und NATO-Mit­glied­schaft zurück­zu­zie­hen.
Als Selen­skyj sich erneut wei­ger­te, wei­te­te Putin am 24. Febru­ar 2022 sei­ne Mili­tär­of­fen­si­ve mas­siv aus. Ob absicht­lich oder nicht, hat­te Selen­skyj die rus­si­sche Aggres­si­on pro­vo­ziert, obwohl das natür­lich nicht Mos­kaus anschlie­ßen­de Kriegs­ver­bre­chen entschuldigt.

Drit­tens hat auch Joe Biden ent­schei­dend zur Eska­la­ti­on und Auf­recht­erhal­tung der Kämp­fe bei­getra­gen. Als Putin Ende 2021 sei­ne Trup­pen an der Gren­ze zur Ukrai­ne mobi­li­sier­te und die Umset­zung der Mins­ker Ver­ein­ba­run­gen for­der­te, schien es offen­sicht­lich, daß Ruß­land ein­mar­schie­ren wür­de, falls Selen­skyj nicht ein­lenkt, um zumin­dest eine Land­brücke zwi­schen dem Don­bass und der Krim zu schaf­fen.
Wenn Prä­si­dent Biden dar­auf bestan­den hät­te, daß Selen­skyj der For­de­rung Putins nach­kommt, wäre dies gesche­hen, weil die Ukrai­ne bereits exi­sten­ti­ell von der Mili­tär­hil­fe der USA abhän­gig war. Statt­des­sen über­ließ Biden Selen­skyj die Ent­schei­dung und ver­sprach, daß die USA im Fal­le einer rus­si­schen Inva­si­on „schnell und ent­schlos­sen“ reagie­ren wür­den, was Selen­skyj als grü­nes Licht für eine Kon­fron­ta­ti­on mit Putin inter­pre­tier­te.
Wäre Trump Prä­si­dent gewe­sen, hät­te er wahr­schein­lich kei­nen sol­chen Blan­ko­scheck aus­ge­stellt, sodaß Selen­skyj kei­ne ande­re Wahl gehabt hät­te, als die Mins­ker Ver­ein­ba­run­gen umzu­set­zen, um einen Krieg zu ver­mei­den. Selbst wenn Selen­skyj sich immer noch gewei­gert und den Ein­marsch Ruß­lands pro­vo­ziert hät­te, hät­te Trump ihm das Veto­recht bei den Frie­dens­ge­sprä­chen ver­wei­gert, das Biden leicht­sin­ni­ger­wei­se gewähr­te, indem er erklär­te: „Nichts wird ohne die Ukrai­ne ent­schie­den“.
Die­ses Ver­spre­chen hat die Ukrai­ne auf tra­gi­sche Wei­se dazu ermu­tigt, den Krieg in Erwar­tung einer ent­schei­den­den US-Mili­tär­hil­fe zu ver­län­gern, die Biden dann aus Angst vor einer nuklea­ren Eska­la­ti­on ver­wei­ger­te. Auf die­se Wei­se hat Biden in der Ukrai­ne fal­sche Hoff­nun­gen geweckt und einen Krieg unnö­ti­ger­wei­se aus­bre­chen las­sen und fort­ge­setzt, in dem allein in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren Hun­dert­tau­sen­de getö­tet oder ver­wun­det wur­den, wobei sich die Front­li­ni­en in die­ser Zeit um weni­ger als 1 Pro­zent des ukrai­ni­schen Ter­ri­to­ri­ums ver­scho­ben haben.

Die Grund­zü­ge einer Ver­ein­ba­rung zur Been­di­gung der Kämp­fe lie­gen auf der Hand, auch wenn die Ein­zel­hei­ten noch aus­ge­han­delt wer­den müs­sen, wie Trump und Putin in einem Tele­fo­nat fest­stell­ten. Ruß­land wird wei­ter­hin die Krim und ande­re Tei­le des Süd­ostens beset­zen, wäh­rend die übri­ge Ukrai­ne nicht der NATO bei­tre­ten wird, aber Sicher­heits­ga­ran­tien von eini­gen west­li­chen Län­dern erhält. Das Trau­ri­ge dar­an ist, daß ein sol­cher Plan schon vor min­de­stens zwei Jah­ren hät­te ver­wirk­licht wer­den kön­nen, wenn Prä­si­dent Biden die Mili­tär­hil­fe davon abhän­gig gemacht hät­te, daß Selen­skyj einen Waf­fen­still­stand aushandelt.

Noch tra­gi­scher ist die Tat­sa­che, daß jedes Frie­dens­ab­kom­men, das nach dem Krieg zustan­de kommt, für die Ukrai­ne schlim­mer sein wird als die Mins­ker Ver­ein­ba­run­gen, die Selen­skyj dum­mer­wei­se wegen sei­ner poli­ti­schen Ambi­tio­nen und sei­ner nai­ven Erwar­tung unbe­grenz­ter US-Unter­stüt­zung fal­len­ge­las­sen hat.

*Alan J. Kuper­man ist Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­ty of Texas in Austin, wo er Mili­tär­stra­te­gie und Kon­flikt­ma­nage­ment lehrt.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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